Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.08.2020, Az. VIII ZR 161/19

8. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 2110

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Gegenstand

Streitwert in Verbandsprozessen: Verbandsklage gegen die Verwendung von AGB-Bestimmungen; Verbandsklage im Hinblick auf verbraucherschutzgesetzwidrige Praktiken im Sinne des UKlaG; Voraussetzungen für eine Abweichung vom Regelstreitwert; Verwendung eines Dash-Buttons


Tenor

Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Gründe

I.

1

Der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 [X.] eingetragene Kläger hat die Beklagte zum einen auf die Unterlassung der Verwendung einer Klausel in Anspruch genommen, die Bestellungen mittels des von der [X.] verwendeten sogenannten "A.     [X.]s" betrifft. Das [X.] hat die Beklagte zur Unterlassung der beanstandeten Klausel verurteilt und den Streitwert insoweit mit 2.500 € bemessen ([X.], Urteil vom 1. März 2018 - 12 O 730/17, juris Rn. 269).

2

Ferner hat der Kläger die Beklagte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf Unterlassung eines Verstoßes gegen § 312j Abs. 2 BGB sowie eines Verstoßes gegen § 312j Abs. 3 BGB in Anspruch genommen. Das [X.] hat die Beklagte auch insoweit zur Unterlassung verurteilt und den Streitwert jeweils mit 15.000 € bemessen. Zur Begründung hat das [X.] auf die "Vielzahl der Verträge, die in [X.] über den [X.] abgeschlossen" würden, abgestellt ([X.], Urteil vom 1. März 2018 - 12 O 730/17, aaO Rn. 268).

3

Das Berufungsgericht ([X.], [X.], 1067) hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen und den Streitwert in Übereinstimmung mit dem [X.] - ohne Begründung - auf 32.500 € festgesetzt.

4

Die Beschwerde macht geltend, der Wert der mit Revision geltend zu machenden Beschwer der [X.] belaufe sich auf 32.500 €. Zwar sei die Beschwer der [X.] aufgrund der Verurteilung zur Unterlassung der beanstandeten Klausel nach der Rechtsprechung des [X.] nur mit 2.500 € zu bemessen. Jedoch sei die weitere Beschwer der [X.] aufgrund der beiden vom Berufungsgericht angenommenen Verstöße gegen § 312j Abs. 2, 3 Satz 1 BGB jeweils mit 15.000 € zu bewerten, denn aufgrund der Vielzahl der in [X.] über den [X.] abgeschlossenen Verträge handele es sich um eine Frage großer wirtschaftlicher Tragweite.

II.

5

Der Senat beabsichtigt, die Nichtzulassungsbeschwerde der [X.] als unzulässig zu verwerfen, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

6

1. Zwar verkennt die Beschwerde nicht, dass bei einer gegen die Verwendung von [X.] gerichteten Verbandsklage regelmäßig ein Streit- und [X.] in einer Größenordnung von 2.500 € je angegriffener [X.] festzusetzen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 10. April 2018 - [X.], NJW 2018, 1880 Rn. 38 mwN), im gegebenen Fall mithin 2.500 €.

7

2. Diese Grundsätze gelten jedoch nicht nur für die Fälle des Verbots von gesetzwidrigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 1 [X.]), sondern auch für eine im Hinblick auf verbraucherschutzgesetzwidrige Praktiken im Sinne des § 2 [X.] erhobene Verbandsklage ([X.], Beschlüsse vom 21. August 2019 - [X.], und [X.], jeweils juris Rn. 1; vom 5. Februar 2019 - [X.], NJW 2019, 1531 Rn. 10; vom 10. April 2018 - [X.], aaO Rn. 34 f.; vom 22. November 2016 - [X.], [X.], 507 Rn. 16; vom 7. Mai 2015 - [X.], juris Rn. 6).

8

Sie sind ferner nicht nur für die Festlegung des [X.] maßgebend, sondern auch für die nach § 2 ZPO in Verbindung mit § 3 ZPO zu bestimmende Beschwer der in der Vorinstanz unterlegenen [X.]. Dabei gelten sie nicht allein für die Beschwer eines Verbraucherschutzverbandes, sondern auch für die Bemessung der Beschwer des im Unterlassungsprozess unterlegenen Gegners (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. April 2018 - [X.], aaO Rn. 38; vom 5. Februar 2019 - [X.], aaO; vom 21. August 2019 - [X.] und [X.], aaO jeweils Rn. 2; jeweils mwN).

9

3. Allerdings ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, einer etwaigen herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer nach § 2 [X.] angefochtenen Praxis für die betroffenen Verkehrskreise ausnahmsweise Rechnung zu tragen, wenn die Entscheidung über die Zulässigkeit einer bestimmten Praxis nicht nur für die beklagte [X.] und ihre Vertragspartner, sondern für die gesamte Branche von wesentlicher Bedeutung ist, etwa weil es dabei um äußerst umstrittene verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen von großer wirtschaftlicher Tragweite geht, über deren Beantwortung bereits vielfältig und mit kontroversen Ergebnissen gestritten wird (Senatsbeschlüsse vom 10. April 2018 - [X.], aaO Rn. 36; vom 5. Februar 2019 - [X.], aaO Rn. 14; vom 21. August 2019 - [X.] und [X.], aaO Rn. 3; jeweils mwN).

Dabei muss der Beschwerdeführer, um dem Revisionsgericht die Prüfung der in § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO geregelten Wertgrenze von 20.000 € zu ermöglichen, bereits innerhalb der laufenden Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (auch) darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will ([X.], Beschlüsse vom 10. April 2014 - [X.], juris Rn. 5; vom 21. Juni 2018 - [X.]/17, NJW-RR 2018, 1421 Rn. 5; vom 5. Februar 2019 - [X.], aaO Rn. 16; vom 21. März 2019 - [X.], juris Rn. 4; vom 6. Juni 2019 - I ZR 159/18, juris Rn. 5; jeweils mwN).

Hieran fehlt es. Dass der Verwendung eines [X.]s herausragende wirtschaftliche Bedeutung zukommt, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Die Beschwerde verweist lediglich pauschal auf eine "Vielzahl der in [X.] über den [X.] abgeschlossenen Verträge". Das lässt nicht erkennen, ob die nach dem Vorstehenden erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Auch das [X.], dem das Berufungsgericht ohne eigene Begründung gefolgt ist, hat bei seiner Streitwertbemessung keine herausragende wirtschaftliche Bedeutung des [X.]s gesehen. Es hat lediglich verkannt, dass auch bei Klagen nach § 2 [X.] der [X.] 2.500 € beträgt.

III.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab dem Zugang dieses Hinweisbeschlusses.

[X.]     

        

Dr. Schneider     

        

Kosziol

        

Dr. Schmidt      

        

Wiegand      

        

Hinweis:

Das Revisionsverfahren ist durch Verwerfungsbeschluss vom 13. Oktober 2020 erledigt worden.

Meta

VIII ZR 161/19

05.08.2020

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 10. Januar 2019, Az: 29 U 1091/18, Urteil

§ 2 ZPO, § 3 ZPO, § 544 Abs 2 Nr 1 ZPO, § 1 UKlaG, § 2 UKlaG, § 4 UKlaG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.08.2020, Az. VIII ZR 161/19 (REWIS RS 2020, 2110)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2110


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. VIII ZR 161/19

Bundesgerichtshof, VIII ZR 161/19, 13.10.2020.

Bundesgerichtshof, VIII ZR 161/19, 05.08.2020.


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