Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.03.2021, Az. 1 StR 242/20

1. Strafsenat | REWIS RS 2021, 7460

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Einreichung einer unvollständigen Einkommensteuererklärung: Strafbarkeit der Kirchensteuerverkürzung


Tenor

1. Das Verfahren wird, soweit es den Angeklagten [X.]       betrifft, im Fall [X.] der Urteilsgründe auf den Vorwurf der Hinterziehung von Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag beschränkt.

2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. November 2019 im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen dahin geändert, dass die Einziehung eines Betrages in Höhe von 58.000 Euro angeordnet wird; die weitergehende Einziehung entfällt.

Von den im Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten, die die Einziehung betreffen, hat die Staatskasse ein Viertel zu tragen; die insoweit angefallene Gerichtsgebühr wird um ein Viertel ermäßigt.

3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

4. Der Angeklagte hat die weiteren Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

5. Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Kostenentscheidung des vorbenannten Urteils wird kostenpflichtig verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in fünf Fällen sowie wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt und den Angeklagten im Übrigen freigesprochen. Wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung hat es zwei Monate der Strafe als vollstreckt erklärt. Darüber hinaus hat das [X.] die Einziehung des Wertes von Taterträgen (Bestechungsgelder und Steuerersparnis) in Höhe von 77.237,15 Euro angeordnet.

2

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg und ist im Übrigen unbegründet (§ 349 Abs. 2 [X.]).

I.

3

Nach den Feststellungen des [X.]s zu Fall [X.] der Urteilsgründe reichte der Angeklagte im Dezember 2011 eine Einkommensteuererklärung für das [X.] beim Finanzamt [X.]           ein, ohne die Bestechungsgelder in Höhe von 48.000 Euro, die er im [X.] erhalten hatte, anzugeben. Auf der Grundlage seiner Angaben erstattete das Finanzamt dem Angeklagten in der Folge vermeintlich zu viel entrichtete Steuern in Höhe von insgesamt 3.637,99 Euro. Nachdem das Finanzamt von im [X.] geflossenen Schmiergeldzahlungen in Höhe von 40.000 Euro Kenntnis erlangt hatte, änderte es seinen Bescheid entsprechend ab. Durch die Nichtangabe der Bestechungsgelder bewirkte der Angeklagte eine Verkürzung von Einkommensteuer in Höhe von 13.450 Euro, von [X.] in Höhe von 763,52 Euro und von Kirchensteuer in Höhe von 1.385,64 Euro.

II.

4

1. Der Senat hat den Vorwurf der Hinterziehung von Kirchensteuer mit Zustimmung des [X.] gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 [X.] von der Strafverfolgung ausgenommen. Entgegen der Ansicht des [X.]s stellt die durch die Einreichung einer unvollständigen Einkommensteuererklärung neben der Verkürzung von Einkommensteuer und [X.] zugleich bewirkte Verkürzung von Kirchensteuer keine Steuerhinterziehung dar (vgl. [X.], Beschluss vom 17. April 2008 - 5 [X.] Rn. 18; [X.] in [X.], [X.], 15. Aufl., § 370 Rn. 21; [X.]/[X.] in [X.], 3. Aufl., § 370 [X.] Rn. 56).

5

Ob mit Blick auf die verkürzte Kirchensteuer eine Strafbarkeit wegen tateinheitlich verwirklichten Betruges (§ 263 StGB) vorliegt, ist bisher nicht entschieden (offen gelassen in [X.], Beschluss vom 17. April 2008 - 5 [X.] Rn. 19 f. mwN; für eine Strafbarkeit: Meyberg in [X.] OWiG, 29. Edition (Stand: 1. Januar 2021), Art. 4 [X.] Rn. 2; [X.] in [X.], 1. Aufl., Art. 4 [X.] Rn. 6; [X.], [X.], 47 ff.; [X.], [X.], 31 ff.; [X.], [X.], 201; gegen eine Strafbarkeit: [X.] in [X.]/[X.], Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 386 [X.] Rn. 31; [X.] in [X.]/[X.]/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 370 [X.] Rn. 88; [X.] in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 386 [X.] Rn. 77 ff. (Stand: November 2016); [X.]. in [X.]/[X.]/[X.], [X.]/FGO, § 370 [X.] Rn. 242 ff. (Stand: Juli 2019); [X.] in Tipke/[X.], [X.]/FGO, § 370 [X.] Rn. 78a (Stand: April 2019); [X.], [X.], [X.] ff.). Da der verkürzte Kirchensteuerbetrag neben dem Betrag der verkürzten Einkommensteuer und des [X.]s nicht beträchtlich ins Gewicht fällt, ist die Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 [X.] zweckmäßig.

6

2. Der Schuldspruch hält in dem nach der Verfahrensbeschränkung verbleibenden Umfang rechtlicher Nachprüfung stand.

7

3. Der Strafausspruch hat Bestand. Da die Kirchensteuer neben der verkürzten Einkommensteuer nebst [X.] nicht beträchtlich ins Gewicht fällt und das [X.] für die Steuerhinterziehung (Tat [X.] der Urteilsgründe) mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen ohnehin eine moderate Strafe festgesetzt hat, kann der Senat ausschließen, dass das [X.] auf eine noch niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte.

8

Dass das [X.] für die Bemessung des Schuldumfangs im Fall [X.] der Urteilsgründe (Steuerhinterziehung) ausgehend von dem Steuerbescheid des Finanzamtes lediglich von im [X.] vereinnahmten Bestechungsgeldern in Höhe von 40.000 Euro - anstatt, wie festgestellt, von 48.000 Euro - ausgegangen ist, beschwert den Angeklagten nicht.

9

4. Die Einziehungsentscheidung hält revisionsgerichtlicher Prüfung nicht in vollem Umfang stand, weil das [X.] rechtsfehlerhaft neben dem Wert der vereinnahmten Bestechungsgelder auch den Wert der hierauf entfallenden Steuerersparnisse nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB eingezogen hat.

Die Einziehung des Wertes der dem Angeklagten in den Jahren 2009 und 2010 zugeflossenen Bestechungsgelder in Höhe von insgesamt 58.000 Euro gemäß § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Soweit das [X.] allerdings daneben den Wert der in Fall [X.] der Urteilsgründe erlangten Steuerersparnis als Taterlangtes eingezogen hat, erweist sich dies als rechtsfehlerhaft. Denn durch die Einziehung sowohl des Wertes der Bestechungsgelder als auch des Wertes der hierauf angefallenen Steuern wird dem Angeklagten im Ergebnis ein höherer Betrag entzogen, als ihm durch die Tat zugeflossen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 5. September 2019 - 1 StR 99/19 Rn. 8). Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen ist daher in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 [X.] aufzuheben, soweit sie den Betrag von 58.000 Euro übersteigt.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und 4 [X.], §§ 465 ff. [X.] analog. Da der Angeklagte mit seinem Rechtsmittel hinsichtlich der Einziehungsentscheidung teilweise Erfolg hat, entspricht es der Billigkeit, ihn lediglich mit drei Vierteln seiner hierfür entstandenen notwendigen Auslagen zu belasten und die insoweit im Revisionsverfahren angefallene Gerichtsgebühr entsprechend zu ermäßigen.

6. Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Kostenentscheidung ist als unbegründet zu verwerfen, weil sie - soweit über die Kosten nicht bereits auf die Revision zu entscheiden war - der gesetzlichen Regelung in § 465 [X.] entspricht.

Raum     

        

     Bellay     

        

Hohoff

        

Ri[X.] [X.] befindet
sich im Urlaub und ist deshalb
an der Unterschriftsleistung
gehindert.

        

        

        
        

Raum   

        

Pernice     

        

Meta

1 StR 242/20

25.03.2021

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 14. Januar 2021, Az: 1 StR 242/20, Beschluss

§ 370 AO, § 52 StGB, § 263 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.03.2021, Az. 1 StR 242/20 (REWIS RS 2021, 7460)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 7460

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 99/19 (Bundesgerichtshof)

Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr: Einziehung ersparter Einkommensteuer auf Schmiergelder


1 StR 265/16 (Bundesgerichtshof)

Verhängung einer Geldbuße gegen einen Nebenbeteiligten im Steuerstrafverfahren: Minderung der Geldbuße gegen eine sog. Leitungsperson …


1 StR 269/22 (Bundesgerichtshof)

Strafzumessung im Steuerstrafverfahren: Steuerhinterziehung in Millionenhöhe; Verschleierung durch Einschaltung einer ausländischen Kapitalgesellschaft und Vortäuschen eines …


1 StR 215/21 (Bundesgerichtshof)

Hinterziehung von Veranlagungssteuern durch Unterlassen: Eintritt des Taterfolgs; versuchte Steuerhinterziehung nach Kenntnis von der Einleitung …


1 StR 127/19 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei und Hinterziehung von Tabaksteuer: Reduzierung der steuerlichen Erklärungspflichten durch den Grundsatz …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.