Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2002, Az. 1 ARs 14/02

1. Strafsenat | REWIS RS 2002, 3837

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[X.]in der Strafsachegegenwegenbewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.hier: Anfrage des [X.] vom 14. Dezember 2001 - 3 StR 369/01- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 3. April 2002 gemäß § 132Abs. 3 [X.] beschlossen:Der Senat hält für den Fall gemeinschaftlichen Handeltreibens [X.] an seiner Rechtsprechung zur einschränken-den Auslegung des [X.] des [X.] nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG fest, die eine un-eingeschrän[X.] Zurechnung der Bewaffnung nach § 25 Abs. 2StGB gegenüber einem Mittäter ausschließt ([X.], 368).Gründe:Der 3. Strafsenat (Beschluß vom 14. Dezember 2001 - 3 StR 369/01)beabsichtigt zu [X.] Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verwirklicht bei gemein-schaftlicher Tatbegehung nicht nur derjenige Täter, der selbst unmittel-bar Zugriff auf die mitgeführte Schußwaffe hat; vielmehr kann die vomgemeinsamen [X.] umfaßte Bewaffnung eines Täters seinen [X.] nach allgemeinen Grundsätzen (§ 25 Abs. 2 StGB) zugerechnetwerden (Aufgabe von [X.], [X.] sieht er sich durch die Rechtsprechung des [X.]. Er hat dem Senat deshalb die Frage vorgelegt, ob dieser an seiner [X.] Rechtsprechung ([X.], 368; Beschluß vom 10. September- 3 -1998 - 1 StR 446/98) festhalte. Der Senat bejaht die Frage. Er bleibt bei seinerRechtsprechung.1. Der Senat hat in seinem Urteil vom 14. Januar 1997 - 1 StR 580/96 -([X.], 368) - dort tragend - den Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMGfr die Flle der Mittterschaft einschrkend ausgelegt: Die Vorschrift [X.], [X.] der [X.] die Schuûwaffe "mit sich [X.]". Das ist nur dann derFall, wenn er selbst die Waffe gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, [X.]er sich ihrer jederzeit bedienen kann. Die erhöhte Mindeststrafdrohung von ffJahren Freiheitsstrafe (nach § 30a Abs. 1, 2 BtMG) kft nach dem Geset-zeswortlaut daran an, [X.] der [X.] selbst "ausreichende Sachherrschaft" rdie Waffe aust. Die Bewaffnung eines Mittters kann ihm nicht r § 25Abs. 2 StGB zugerechnet werden.2. Diese restriktive Auslegung des Tatbestandes des bewaffneten [X.] mit [X.] (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) fr die Flle [X.] rechtfertigt sich aus der Weite des Merkmals des [X.] aus der hohen Mindeststrafdrohung des § 30a Abs. 1, 2 BtMG von ffJahren Freiheitsstrafe. Sie ist aus dem Wortlaut der Vorschrift und der [X.] vorgezeichneten Systematik des materiellen Strafrechts herzu-leiten.a) Der Tatbestand der in Rede stehenden Qualifikation verlangt ein "Mit-sichfren" der Waffe. Bestraft wird, "wer" bei der umschriebenen Tathandlung"eine Schuûwaffe oder sonstige Gegenstmit sich [X.]", die ihrer Art nachzur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind. Dies deutet [X.] in der Verbindung von [X.] und [X.] auf ein Erfordernis ei-iger Zugriffs- und Einwirkungsmöglichkeit hin ("wer ... mit sich" im [X.] von: "nur derjenige, welcher"). Diese Wendung setzt sich zudem systema-- 4 -tisch ab von der Formulierung, [X.] "der [X.] oder ein anderer Beteiligter"gefrliche Mittel bei sich fren [X.] (so § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, § 244 Abs.1 Nr. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB), aber auch von der [X.] § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB, die den zu [X.] als "[X.]" erwt(ªwenn der [X.] ... bei sich [X.]º).In § 125a Nr. 1 StGB (besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs)hingegen ist - wie auch in § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG - neben dem [X.] der "an-dere Beteiligte" nicht aufge[X.]. Das bedingt fr den besonders schweren [X.] eine restriktive Interpretation dahin, eine Zurechnungfremder Bewaffnung [X.]. Auf diese Weise wird bei Gewaltttigkei-ten aus Menschenmengen heraus eine ausufernde Zurechnung der Bewaff-nung vermieden und der aus dem erten Strafrahmen zu bestrafende [X.]-kreis eingegrenzt (BGHSt 27, 56, 59; BGH StV 1981, 74), obgleich die [X.] dort lediglich sechs Monate Freiheitsstrafe betrt (§ 125a Satz 1StGB). Freilich steht hier, bei § 30a BtMG, nicht das Merkmal der Menschen-menge in Rede, worauf der anfragende Senat hinweist. Allerdings wird [X.] des Handeltreibens mit [X.] vom [X.]ehr weit verstanden. Er umfaût jede eitzige, auf [X.] gerichteteTtigkeit, auch wenn sich diese als ein einmaliges, gelegentliches oder ver-mittelndes Ttigwerden darstellt. Es t, [X.] die einverstliche Übertra-gung von [X.] von einer Person auf die andere das Endziel ist.Zur Anbahnung bestimmter Gescfte [X.] es noch nicht gekommen sein.Darauf, [X.] durch die Ttigkeit der Umsatz wirklich gefrdert wird, kommt [X.] nicht an (vgl. nur BGHSt 30, 277, 278; 30, 359, 360 f.; 31, 145, 147 f.;Franke/[X.] BtMG 2. Aufl. § 29 Rdn. 64, und [X.] § 29Rdn. 82 ff., [X.]. m.w.Nachw.). Mithin ksich beispielsweise Fallgestaltun-gen ergeben, in denen etwa der bewaffnete Chef einer Drlerbande- 5 -aus groûer Entfernung mit Mitteln der Telekommunikation seine selbst unbe-waffneten Mittter lenkt und diese [X.]e anbahnen und [X.]. Die Bewaffnung des Chefs hat hier keine spezifisch gefahrensteigerndeAuswirkung auf das [X.] im engeren Sinne. So verlt es sichauch, wenn der Drler, der zuhausr eine Waffe verft, von [X.] mit dem Abnehmer r die Anbahnung eines [X.]s telefonischverhandelt, das Rauschgift aber von seinem unbewaffneten, weit [X.] - in Kenntnis und mit Billigung der Bewaffnung des anderen - bereitgehalten wird und [X.] von diesem rgeben werden soll. Die spezifischeGefahr, [X.] die Waffe beim Handeltreiben mit [X.] zur [X.] Durchsetzung der [X.]interessen eingesetzt wird, besteht hiernicht. Die Weite des Merkmals des Handeltreibens ist deshalb der Grund freine aus Wortlaut und Gesetzessystematik herzuleitende einschrkendeAuslegung im Sinne der Rechtsprechung des Senats ([X.], 368).b) Dieses Verstis [X.] sich mit den Absichten des [X.] in Einklang bringen. [X.] dieser angesichts der hohen Mindeststrafevon ff Jahren Freiheitsstrafe fr das bewaffnete Handeltreiben mit [X.] eine Zurechnung der Bewaffnung nach § 25 Abs. 2 StGB greifenlassen wollen, stte es nahegelegen, den "anderen Beteiligten" - wie bei§ 244 Abs. 1 Nr. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB - ausdrcklich im [X.] aufzufren. Das ist nicht geschehen. Nach den Materialien zu § [X.] BtMG soll dieser Tatbestand anzuwenden sein, wenn bei [X.] die mitge[X.]e Schuûwaffe die Gefrlichkeit [X.], weil die Gefahr besteht, [X.] die [X.] ihre Interessen rcksichtslosdurchsetzen und dabei auch von dem gefrlichen Mittel Gebrauch machen(Entwurf eines Verbrechensbekmpfungsgesetzes, BTDrucks. 12/6853 S. 41).Aus dieser Erwist nicht zwingend zu folgern, [X.] eine Zurechnung der- 6 -Bewaffr § 25 Abs. 2 StGB stattfinden solle. Im Vordergrund stehtvielmehr, dem bewaffnungsbegrten spezifischen Gefrdungspotentialentgegenzuwirken. Selbst wenn man die Gesetzesmaterialien anders - im [X.] des [X.] - interpretieren wollte, so gilt, [X.] eine entspre-chende Vorstellung bei der Gesetzgebung sich jedenfalls nicht im [X.] niedergeschlagen hat.c) [X.] verhindert die an der Rechtauffassung des Senats orien-tierte einschrkende Auslegung des Tatbestandes, [X.] der Tatrichter in derPraxis wegen der hohen [X.] von ff Jahren vorschnell inden Strafrahmen des minder schweren Falles ausweicht, der nur sehr viel nied-rigere Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu ff [X.] (§ [X.] 3 BtMG). Dieser kriminalpolitische Gesichtspunkt hat den Gesetzgeber imrigen auch zu den ausdifferenzierten Strafrahmengestaltungen fr das mate-rielle Strafrecht bewogen, wie er sie unter anderem durch das 6. [X.] gesetzt hat. Andererseits kf der Grundlage der Auslegung desSenats keine Strafbarkeitslcken in dem Sinne entstehen, [X.] [X.] Taten nicht angemessen geahndet werden [X.]n. Bereits der Tatbestanddes Handeltreibens mit [X.] in nicht geringer Menge (§ 29a Abs.1 Nr. 1 BtMG) sieht - ebenso wie § 30a Abs. 1, 2 BtMG - Freiheitsstrafe bis zu15 Jahren vor. Auch bei Anwendung jenes Strafrahmens klle Tatum-stin Rechnung gestellt werden (§ 46 Abs. 1, 2 [X.]) Der Rechtsmeinung des Senats [X.] sich nicht mit Erfolg entgegen-halten, [X.] sie zu einer "gespaltenen [X.]schaft" fre, weil etwa der "[X.]" wegen bloûen Handeltreibens mit [X.] in Tateinheit [X.] zum bewaffneten Handeltreiben, sein untergeordneter, perslichwaffenfrender Mittter aber wegen bewaffneten Handeltreibens [X.] -werden msse. Auch der sog. "Leibwchter-Fall" (Waffenfren des unterge-ordneten engen Begleiters; vgl. dazu 2. Strafsenat in BGHSt 43, 8, 14) [X.]sich nach Ansicht des Senats auf der Grundlage seiner Gesetzesauslegungohne Wertungsungereimtheiten lsen. Ein Teil dieser Fallgestaltungen zeich-net sich dadurch aus, [X.] auch der Mittter des perslich bewaffneten [X.]skraft der Hierarchie in der [X.]gruppe oder aufgrund einer Absprache und we-gen der engen rmlichen Nzur Waffe deren Gefahrenpotential umgehendeinsetzen und in diesem Sinne auf die Waffe zugreifen oder jedenfalls ihrenEinsatz veranlassen kann. Auch der Mittter kann sich ihrer dann selbst jeder-zeit bedienen; er hat eine - unterschiedlich begrte - tatschliche Einwir-kungsmlichkeit. Bei diesem Verstis wird auch dem vom Gesetzgeber insAuge gefassten, durch "[X.]" bedingten Gefahrenersge-sichtspunkt angemessen Rechnung getragen. Eine ausufernde [X.] Bewaffnung - angesichts der Weite des Merkmals "Handeltreiben", [X.] im Blick auf das Gefahrenpotential - fweiterhin nicht statt. [X.] sich: Der Chef des [X.] bewaffneten begleitenden Mittters,der sich in unmittelbarer Nflt, wird ebenfalls stets die tatschliche Zu-griffsmlichkeit auf die Waffe haben. Ähnliches wird bei [X.] sein, von denen einer absprachegemû eine Waffe mit[X.], auf die [X.] der andere zugreifen kann und so eine jederzeit zu realisierende [X.] hat. Solches kann auch fr den Ausgangsfall des[X.] gelten, in dem die Waffe im Handschuhfach des von den [X.] benutzten Pkw lag, der eine Mittter die Waffe auf Verlangen des an-deren mitgenommen hatte und dieser annahm, der andere, den Pkw steuerndeMittter fre die Pistole am Krper. [X.] hier aufgrund einer Absprache undim Blick auf die [X.]struktur eine jederzeit zu realisierende [X.] die Waffe gegeben gewesen, [X.] auch in diesem- 8 -Falle hinsichtlich des Angeklagten von [X.] werden (vgl. dazu schon Senat, [X.] vom [X.] - 1 StR 448/98). Dann stie Rechtsprechung des Senats - der seinein [X.], 368 vertretene Auslegung insoweit hinsichtlich der Frage der [X.] zu realisierenden tatschlichen Herrschaft erweitert (vgl. aaO aber be-reits S. 371 unten) - der vom 3. Strafsenat beabsichtigten Entscheidung [X.] im Ergebnis nicht entgegen. Ob es sich im Ausgangsfall so verhielt,[X.] sich allerdings dem im [X.] mitgeteilten Sachverhalt nicht si-cher entnehmen.[X.] wird in denjenigen Fllen, in denen der selbst unbewaffneteChef einer Gruppierung von [X.] eine Bewaffnung der die [X.] unmittelbar anbahnenden und durchfrenden Mittter aus der Di-stanz befiehlt, eine Zurechnung auf der Grundlage mittelbarer [X.]schaft inBetracht zu ziehen sein (vgl. BGHSt 40, 218, 236/237).3. Abschlieûend weist der Senat auf folgendes hin: Wollte man mit demanfragenden Senat eine Zurechnung der Bewaffnung des Mittters nach § 25Abs. 2 StGB vornehmen, stte jedenfalls eine teleologische Reduktion [X.] des bewaffneten Handeltreibens dahin zu erfolgen, [X.] sich [X.] der qualifikationsspezifische Gefahrzusammenhang zwischen Be-waffnung und Handeltreiben objektiv konkret feststellen lassen und dieser vomgemeinsamen [X.] umfaût sein [X.]. Eine dahingehende Änderung [X.] des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG sollte wegen ihrer grundstzlichenBedeutung indessen dem [X.] Senat fr Strafsachen vorbehalten bleiben.[X.] Nack Wahl Boetticher Schluckebier

Meta

1 ARs 14/02

03.04.2002

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: ARs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2002, Az. 1 ARs 14/02 (REWIS RS 2002, 3837)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 3837

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