Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.10.2008, Az. IV ZB 27/07

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1678

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[X.] BESCHLUSS IV ZB 27/07vom 1. Oktober 2008 in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.] am 1. Oktober 2008 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivil-senats des [X.] vom 7. [X.] wird auf Kosten der Beklagten als unzuläs-sig verworfen. Streitwert: 500 •

Gründe: [X.] Die Klägerin, zweite Ehefrau des am 13. Mai 2006 verstorbenen Erblassers, nimmt die Kinder des Erblassers aus dessen erster Ehe als Erben im Wege der Stufenklage auf Erfüllung eines Vermächtnisses in Anspruch. Das [X.] hat die Beklagten durch Teilurteil vom 1. Juni 2007 verurteilt, durch Vorlage eines Verzeichnisses Auskunft zu erteilen über den Bestand des in den Nachlass gefallenen Geldvermögens ([X.], Guthaben und Wertpapiere) sowie über sämtliche Nachlassverbind-lichkeiten - einschließlich Beerdigungskosten - und Nachlassregelungs-kosten. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten form- und fristgerecht Berufung eingelegt und begründet. 1 - 3 -

2 Das Berufungsgericht hat die Beklagten darauf hingewiesen, es sei nicht ersichtlich, dass der für die Erteilung der Auskünfte erforderliche Aufwand die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO übersteige; die Berufung sei daher unzulässig. Dazu haben beide Parteien Stellung genommen. Durch den angegriffenen Beschluss hat das Berufungsge-richt die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingegangene und begründete Rechtsbeschwerde der [X.].

I[X.] Das nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsmittel ist unzulässig. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeu-tung noch erfordert sie eine Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 ZPO). 3 Auszugehen ist von der ständigen Rechtsprechung des [X.], wonach für die Bemessung des Wertes des [X.] das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Von dem hier nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen kommt es also auf den Aufwand an [X.] und Kosten an, den die Erteilung der geschul-deten Auskunft erfordert ([X.]Z 128, 85, 87 f.; 164, 63, 65 ff.) 4 1. a) Soweit die Beklagten nach dem landgerichtlichen Urteil ver-pflichtet sind, Nachlassverbindlichkeiten und [X.] anzugeben, geht es nach Ansicht des Berufungsgerichts allein um tat-sächliche Angaben, die jedenfalls zunächst weder einer anwaltlichen 5 - 4 -

Prüfung noch einer anwaltlichen Bewertung bedürften; Begriffe wie Nachlassverbindlichkeiten und [X.] seien Allge-meingut und würden deshalb von den Auskunftspflichtigen ohne weiteres richtig verstanden. b) Dem hält die Rechtsbeschwerde entgegen, es müsse verwun-dern, dass die Bedeutung von Begriffen wie Nachlassverbindlichkeiten und [X.] als allgemein verständlich angesehen würden, denn sie seien in der juristischen Literatur umstritten und unklar. § 1967 Abs. 2 BGB rechne zu den Nachlassverbindlichkeiten außer den vom Erblasser herrührenden Schulden auch die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere aus Pflichtteilsrechten, [X.] und Auflagen. Ob dazu außer Zahlungsverpflichtungen auch Verpflichtungen zu [X.], Dulden oder Unterlassen, zur Her-ausgabe von Sachen, zur Duldung der Befriedigung, zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder zu einer Willenserklärung gehörten, sei fraglich. Im Schrifttum werde allerdings vertreten, dass [X.] aller Art in Betracht kommen (vgl. Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl. § 47 I 1 S. 1192). Unterschieden werde zwischen Erblasser-schulden und [X.], für die eine Haftung des Erben auch unabhängig von seiner Erbenstellung in Betracht komme (vgl. [X.]/[X.], BGB [2002] § 1967 [X.]. 5 ff.). Hinsichtlich der den [X.] als solchen treffenden Verbindlichkeiten werde weiter differenziert nach [X.] (etwa aus [X.], Vermächtnissen und Aufla-gen) und [X.] und Erbschaftsverwaltungsschulden (wie Kos-ten der Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen oder der Sicherung des Nachlasses, vgl. [X.]/[X.], aaO § 1967 [X.]. 30 ff., 37 ff.). Unklar sei, was unter [X.] zu verstehen sei; möglicherweise könne man sie mit den in der juristischen Literatur ver-6 - 5 -

wendeten Begriffen [X.] und Verwaltungsschulden gleich-setzen. Fraglich sei, ob auch die Erbschaftsteuer erfasst werde (vgl. [X.]/[X.], aaO § 1967 [X.]. 33); dass deren Höhe nicht ohne anwaltlichen oder steuerberatenden Beistand ermittelt werden könne, liege auf der Hand. Das Berufungsgericht habe sich nicht die Frage gestellt, ob die Beschwerdeführer überhaupt Umfang und Gegenstand ihrer Auskunfts-pflicht ohne sachkundige Hilfe ermitteln könnten. Damit liege sowohl ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG als auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Zudem stelle sich die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob dem Auskunftsverpflichteten, wenn der Umfang seiner Verpflichtung mit Rechtsbegriffen beschrieben werde, gestattet sei, sachkundige Hilfsper-sonen zuzuziehen, oder ob er auf eine Parallelwertung in der [X.] verwiesen sei. 7 c) Damit ist ein Zulassungsgrund (§ 574 Abs. 2 ZPO) nicht darge-tan. 8 Wie auch die Beschwerde nicht verkennt, ist grundsätzlich geklärt, dass die Kosten der Hinzuziehung einer sachkundigen Hilfsperson nur dann berücksichtigt werden können, wenn der Auskunftspflichtige selbst zu einer sachgerechten Auskunft nicht in der Lage ist (vgl. [X.], [X.] vom 25. April 2007 - [X.]/07 - NJW-RR 2007, 1009 [X.]. 7 m.w.[X.]). Aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich nicht, dass sie ohne sachkundige Beratung überhaupt außer Stande seien, vom [X.] herrührende oder infolge des Erbfalls entstandene Verbindlichkeiten zu nennen. Im Hinblick auf welche, näher zu bezeichnende [X.] sie im vorliegenden Fall etwa einer sachkundigen Beratung [X.] - 6 -

über bedürften, ob diese noch von der titulierten Auskunftspflicht erfasst seien oder nicht, tragen die Beklagten nicht vor. Sie begründen auch nicht, weshalb sie zur Ermittlung der Erbschaftsteuer fachlicher Beratung bedürften. In Anbetracht der für die Beklagten als Kinder des Erblassers hohen Freibeträge (je 205.000 • gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) liegt nicht auf der Hand, dass sie überhaupt Erbschaftsteuer zu zahlen haben. Es wäre aber Sache der Beklagten als Berufungskläger gewesen, einen die Berufungssumme übersteigenden Wert glaubhaft zu machen (§ 511 Abs. 3 ZPO). Mithin hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht in seine Schätzung des für die titulierte Auskunftsverpflichtung benötigten Aufwands keine Anwalts- oder Steuerberatungsgebühren aufgenommen. Auf die von der Rechtsbeschwerde vermisste Klärung des Umfangs einer durch Rechtsbegriffe umschriebenen Auskunftsverpflichtung kam es hier nicht an. Der angegriffene Beschluss beruht insoweit auch nicht auf einer Verletzung von [X.]. 103 Abs. 1 oder 3 Abs. 1 GG. Was im Übrigen die in der titulierten Auskunftsverpflichtung ge-nannten Nachlassregulierungskosten betrifft, geht es ersichtlich nicht um einen in der Rechtssprache allgemein gebräuchlichen Begriff, sondern um eine vom Erblasser im notariellen Testament vom 12. Oktober 2004 verwendete Formulierung. Danach erhält die Klägerin als Vermächtnis u.a. das gesamte im Erbfall vorhandene Geldvermögen, "soweit dieses nicht für die Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten und [X.] einschließlich der Beerdigungskosten benötigt wird". Die Rechtsbeschwerde zeigt auch nicht auf, in Bezug auf welche konkre-ten Fragen etwa Meinungsverschiedenheiten über die Reichweite des Rechtsbegriffs Nachlassverbindlichkeiten in Rechtsprechung und Litera-tur bestehen. 10 - 7 -

11 2. a) Soweit sich die Beklagten zur Begründung einer die Beru-fungssumme übersteigenden Beschwer auf ihren persönlichen Aufwand bei der Ermittlung des in den Nachlass gefallenen Geldvermögens beru-fen haben, weil sie bei verschiedenen Kreditinstituten Nachfrage halten müssten, heißt es im angegriffenen Beschluss, die Entstehung von Fremdkosten werde nicht behauptet; der eigene [X.]aufwand könne aber grundsätzlich nicht in Ansatz gebracht werden.
b) Damit weicht das Berufungsgericht nach Auffassung der Rechts-beschwerde von der ständigen Rechtsprechung des [X.] ab, wonach für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstan-des gerade auch auf den Aufwand an [X.] abzustellen ist, den die Ertei-lung der geschuldeten Auskunft erfordert ([X.]Z 128, 85, 87 f.). Es [X.] sich um einen symptomatischen Rechtsfehler, der die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung er-fordere. Der vom Berufungsgericht nicht berücksichtigte [X.]aufwand der Beschwerdeführer zur Einholung von Auskünften bei Kreditinstituten übersteige die Differenz zwischen dem vom Berufungsgericht festgesetz-ten Gegenstandswert von 500 • und der für die Zulässigkeit der Beru-fung erforderlichen Summe von weiteren mindestens 100,01 •. 12 c) Auch insoweit liegt ein Zulassungsgrund nicht vor. Zwar trifft der von der Rechtsbeschwerde angegriffene Satz in der Beschlussbegrün-dung des Berufungsgerichts nicht zu und würde für sich genommen auch in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des [X.] stehen. Das Berufungsgericht hat indessen, obwohl die Beklagten - von der Einholung anwaltlichen Rates abgesehen - keinen anderen Aufwand als den von [X.] vorgetragen haben, den Wert ihrer Beschwer immerhin auf 500 • geschätzt. Das kommt in seiner Festsetzung des Streitwerts 13 - 8 -

für das Berufungsverfahren zum Ausdruck, der nur auf einer Schätzung des Wertes des den Beklagten für die Erteilung der Auskunft entstehen-den [X.]aufwands beruhen kann. Anders hat auch die Rechtsbeschwerde die Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts nicht verstanden. [X.] kann, liest man den angegriffenen Beschluss im Zusammenhang, nicht davon ausgegangen werden, dass nach Meinung des Berufungsge-richts der [X.]aufwand des Auskunftspflichtigen für seine Beschwer überhaupt nicht in Ansatz gebracht werden könne.
d) Jedenfalls wäre die Rechtsbeschwerde nicht begründet. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die Erteilung der Auskunft hier ei-ne berufstypische Leistung darstellen würde oder einen Verdienstausfall zur Folge hätte. Dann aber ist der [X.]aufwand in Anlehnung an den Stundensatz zu bewerten, den der Auskunftspflichtige als Zeuge im Zi-vilprozess erhalten würde (Senat, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - [X.] - [X.] 2004, 290 unter [X.]; Urteil vom 5. Dezember 2001 - [X.]/01 - [X.] 2002, 194 unter [X.]). Dieser beträgt grund-sätzlich 3 • pro Stunde; Zeugen, die einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führen, erhalten für Nachteile bei der Haushaltsführung 12 • je Stunde (§§ 20, 21 [X.]). Selbst wenn man hier von 12 • ausgeht, liegt dem vom Berufungsgericht festgesetzten Streitwert von 500 • ein [X.]-aufwand von mehr als 40 Stunden zugrunde. Einen höheren Aufwand an [X.] oder Kosten haben die Beklagten auch unter Berücksichtigung von Rückfragen bei Kreditinstituten nicht glaubhaft gemacht. Daher ist der angegriffene Beschluss im Ergebnis nicht rechtsfehlerhaft, insbesondere 14 - 9 -

wenn das dem Berufungsgericht von §§ 3, 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO einge-räumte Ermessen berücksichtigt wird (vgl. [X.], Beschluss vom 31. Ja-nuar 2007 - [X.] 133/06 - NJW-RR 2007, 724 [X.]. 5).
Terno [X.] [X.] Dr. [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.06.2007 - 2 O 376/06 - [X.], Entscheidung vom 07.12.2007 - [X.]/07 -

Meta

IV ZB 27/07

01.10.2008

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.10.2008, Az. IV ZB 27/07 (REWIS RS 2008, 1678)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1678

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