Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2003, Az. VIII ZR 157/03

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 404

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BUNDESGERICHTSHOFIM NAMEN DES VOLKESURTEILVIII ZR 157/03Verkündet am:3. Dezember 2003Kirchgeßner,Justizhauptsekretärinals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem RechtsstreitNachschlagewerk:jaBGHZ: neinMHG § 10 Abs. 2Zur Wirksamkeit der Vereinbarung einer Staffelmiete, die während des Laufs einerMietpreisbindung für die Zeit nach ihrer Beendigung geschlossen wird.BGH, Urteil vom 3. Dezember 2003 - VIII ZR 157/03 -LG BerlinAG Wedding- 2 -Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlungvom 5. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und dieRichter Dr. Hübsch, Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Wolstfür Recht erkannt:Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 67des Landgerichts Berlin vom 17. März 2003 wird zurückgewiesen.Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.Von Rechts wegenTatbestand:Die Beklagte ist Mieterin der dem Kläger gehörigen Wohnung in derS. straße in B. . Der von den Parteien geschlossene Mietvertrag lautetauszugsweise:"§ 3 ...Die Wohnung unterliegt bis zum 31.12.2001 der sozialen Miet-preisbindung ...Die monatliche Netto-Kaltmiete beträgt zur Zeit 212,69 DM.Es wird folgende Staffelmiete vereinbart:- Die erste Staffel beträgt 500 DM, wird jedoch erst nach demAuslaufen der sozialen Mietpreisbindung im Januar 2002 fällig. ..."- 3 -Der Kläger verlangte unter Berufung auf diese Vereinbarung nach Ablaufder Mietpreisbindung am 31. Dezember 2001 für die Zeit ab Januar 2002 vonder Beklagten den Betrag von insgesamt 700 DM (357,90 150 DM Betriebskosten und 50 DM Heizkosten. Die Beklagte weigerte sich,eine erhöhte Miete zu zahlen. Sie meint, Miete sei lediglich in der bisherigenHöhe geschuldet.Mit der Klage macht der Kläger die nach seiner Ansicht aufgelaufenenMietrückstände für die Monate Januar 2002 bis Mai 2002 geltend und begehrt- nach teilweiser Klagerücknahme - von der Beklagten Zahlung von 734,45 nebst Zinsen. Er hat in beiden Vorinstanzen obsiegt. Mit der vom Berufungsge-richt zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, er-strebt die Beklagte die Abweisung der Klage.Entscheidungsgründe:I.Das Berufungsgericht hat ausgeführt:Die Staffelmiete sei wirksam vereinbart, da sie erst nach Ablauf derPreisbindung für die Wohnung gelten sollte. Dabei sei es ohne Bedeutung,wenn die Vereinbarung bereits zu einem Zeitpunkt getroffen werde, zu welchemdie Wohnung noch der Mietpreisbindung unterliege. Deshalb dürfe der Klägerden geforderten Betrag verlangen, der sich bei Zugrundelegen der Staffelmieteals Rückstand für die Zeit nach Auslaufen dieser Beschränkung ergebe.- 4 -II.Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, sodaß die Revision der Beklagten zurückzuweisen ist.Für die vor dem 1. September 2001 geschlossene Staffelmietvereinba-rung der Parteien ist § 10 MHG (vgl. jetzt § 557 a BGB) in der Fassung vom21. Juli 1993 (BGBl. I S. 1257), mithin § 10 Abs. 2 MHG anwendbar (Börsting-haus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 557 a BGB Rdnr. 9). Die Wirk-samkeit einer solchen Abrede nach § 10 Abs. 2 MHG, die die Mietvertragspar-teien während der Dauer einer Mietpreisbindung für die Zeit nach deren Ablaufgetroffen haben, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Nach einer An-sicht kann während einer Mietpreisbindung eine Staffelmiete für die Zeit nachAblauf der Bindung nicht wirksam vereinbart werden (OLG Stuttgart, NJW-RR1989, 1357 f.; LG Hamburg, WuM 1997, 331; Börstinghaus in Schmidt-Futterer,Mietrecht, 7. Aufl., § 10 MHG Rdnr. 80 f.; ders. in Schmidt-Futterer, Mietrecht,8. Aufl., § 557 a BGB Rdnr. 20). Zu Recht hat sich das Berufungsgericht jedochder Gegenmeinung angeschlossen, die die Vereinbarung einer Staffelmieteschon vor Ablauf der Preisbindung für unbedenklich hält, sofern diese erst nachdem Ende der Mietpreisbindung einsetzen soll (LG Berlin, NJW-RR 1991, 1040;Palandt/Weidenkaff, BGB, 62. Aufl., § 557 a Rdnr. 2).1. Für die Auffassung des Berufungsgerichts spricht der Grundsatz derVertragsfreiheit des § 305 BGB a.F. (jetzt § 311 Abs. 1 BGB), dem im gegebe-nen Fall eine gesetzliche Bestimmung nicht entgegensteht. In § 10 Abs. 2 MHGwird die Zulässigkeit der Vereinbarung einer Staffelmiete nicht eingeschränkt.Durch § 10 Abs. 3 Nr. 1 MHG, die lediglich eine Anwendbarkeit der Vorschriftender §§ 1 bis 9 MHG für Mietverhältnisse über preisgebundenen Wohnraumausschließt, ist die Vorschrift des § 10 Abs. 2 MHG nicht betroffen; es kann- 5 -deshalb dahingestellt bleiben, ob § 10 Abs. 3 Nr. 1 MHG als zeitliches Verbotzu verstehen (so Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., § 10MHG Rdnr. 81, der allerdings im Anschluß an OLG Hamm, WuM 1993, 108eine Staffelmietvereinbarung im preisgebundenen Wohnungsbau innerhalb derdurch die Kostenmiete bestimmten Obergrenzen als zulässig ansieht) oder obdiese Bestimmung als eine Regelung des Anwendungsbereichs der §§ 1 bis 9MHG zu begreifen ist (vgl. zu dem gleichlautenden § 10 Abs. 2 Nr. 1 MHG a.F.für ein Zustimmungsverlangen des Vermieters nach § 2 Abs. 1 MHG: KG, NJW1982, 2077 und OLG Hamm, NJW 1981, 234 mit Anmerkung Köhler; Münch-Komm-Voelskow, BGB, 3. Aufl., § 10 MHG Rdnr. 22).2. Die Zulassung einer Staffelmietvereinbarung, die vor dem Ablauf derBindungsfrist für die Zeit danach getroffen wird, steht im Einklang mit demZweck des Gesetzes. Die Staffelmiete bietet den Mietvertragsparteien Kalkula-tionssicherheit. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 9/2079 S. 9) sollendem Vermieter Investitionsentscheidungen dadurch erleichtert werden, daß ermit den künftigen Steigerungen der Mieteinnahmen schon zu einem früherenZeitpunkt sicher rechnen kann, um die in den ersten Jahren regelmäßig entste-hende Verlustphase zu überwinden; bei Altbauten wurde im Hinblick auf dieregelmäßig erheblichen Unterhaltungskosten ein entsprechendes Bedürfnis desVermieters anerkannt. Der Mieter wiederum hat die Möglichkeit, sich schonfrühzeitig auf Umfang und Zeitpunkt der auf ihn zukommenden Mieterhöhungeinzurichten (Palandt/Weidenkaff aaO, § 557 a Rdnr. 1), so daß die Vereinba-rung einer Staffelmiete zugleich in seinem Interesse liegt. Diese Gesichtspunktegreifen auch für eine Staffelmiete ein, die während der Dauer einer Mietpreis-bindung für den Zeitraum nach ihrem Ablauf vereinbart wurde. Bei der Zulas-sung einer solchen im vorhinein getroffenen Abrede wird dem Willen des Ge-setzgebers Rechnung getragen, dem Vermieter durch eine Staffelmiete Pla-nungssicherheit in bezug auf den künftig zu erzielenden Mietertrag zu gewähr-- 6 -leisten. Wäre er darauf verwiesen, mit dem Mieter eine Einigung auf eine Staf-felmiete erst nach Ablauf der Mietpreisbindung zu erzielen, hätte dies zur Folge,daß die Preisbindung des Mietverhältnisses trotz rechtlicher Beendigung tat-sächlich noch eine gewisse Zeitlang weiterbestünde (vgl. KG aaO, OLG HammaaO). Die im voraus vereinbarte Staffelmiete bringt unter Umständen aber auchdem Mieter Vorteile. Abgesehen davon, daß er langfristig Klarheit über die aufihn zukommenden Belastungen gewinnt, unter anderem nicht mit Erhöhungenwegen Modernisierungsmaßnahmen des Vermieters rechnen muß, kann sichdie Staffelung finanziell zu seinen Gunsten auswirken. Ist den Mietvertragspar-teien während des Laufs der Mietpreisbindung die Vereinbarung einer Staffel-miete für die Zeit danach gestattet, muß sich der Vermieter nach Beendigungder Preisbindung an der Staffelmiete festhalten lassen, selbst wenn er nunmehreine höhere Miete hätte durchsetzen können, weil die Preise am Wohnungs-markt rascher gestiegen sind, als es die vereinbarte Staffel vorsieht.Dr. Deppert Dr. Hübsch Dr. LeimertWiechers Dr. Wolst

Meta

VIII ZR 157/03

03.12.2003

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2003, Az. VIII ZR 157/03 (REWIS RS 2003, 404)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 404

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