Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2018, Az. IX ZR 141/17

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 6500

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:050718U[X.]141.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IX ZR 141/17

Verkündet am:

5. Juli 2018

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2018 durch [X.] [X.], [X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und Meyberg

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 11. Mai 2017 wird auf Kosten des Klägers zu-rückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die E.

Gesellschaft mbH (fortan: Schuldnerin) gab eine kos-tenlose [X.]ung heraus. Zur Deckung ihres Kapitalbedarfs bot die Schuldnerin privaten Anlegern seit Ende
der 90er Jahre die Möglichkeit, sich mit einer Ein-lage als stille Gesellschafter zu beteiligen (sogenannte Medienbriefe). Seit dem [X.] wiesen die Handelsbilanzen der Schuldnerin stets einen [X.] aus. Die Einlagen neu beitretender Gesellschafter verwendete die Schuld-nerin in der Art eines sogenannten Schneeballsystems für Auszahlungen an die stillen Gesellschafter sowie zur Finanzierung ihres Geschäftsbetriebs.

Die Beklagte erwarb in der [X.] zwischen dem 3.
Juni 2008 und dem 7.
September
2009 insgesamt vier Medienbriefe zu je 5.000

Medienbriefe enthielten stets gleichlautende Bestimmungen. Die Schuldnerin zahlte an die Beklagte zwischen dem 1.
Juli 2010 und dem 27.
Dezember 2012 1
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als Vorabvergütungen insgesamt 3.750

ervon führte die Schuldnerin für die Beklagte als Abgeltungssteuer einen Betrag von 989,04

Auf einen Eigenantrag der Schuldnerin vom 23.
Januar 2014 eröffnete das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 18.
März 2014 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenz-verwalter. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 5.
September 2014 auf, die Vorabvergütungen einschließlich der abgeführten [X.] in Höhe von 3.750

erstatten.

Da die Beklagte der Zahlungsaufforderung nicht nachkam, erhob der Kläger Klage auf Zahlung von 3.750

Beklagte antragsgemäß verurteilt; auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelas-senen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe kein [X.] gemäß §
143 Abs.
1, §
134 Abs.
1 [X.] zu. Bei den Zahlungen der Schuldnerin habe es sich nicht um unentgeltliche Leistungen gehandelt. Die Vorabvergütungen seien gerade vertraglich geschuldet gewesen. Die Beklagte 3
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sei nicht nach
Treu und Glauben gehindert gewesen, diesen Anspruch geltend zu machen.

Die Regelung in §
3 der jeweiligen Gesellschaftsverträge enthalte eine Regelung über garantierte Zinszahlungen in Form einer (Mindest-)Verzinsung. Zwar sei der Wortlaut der Klausel
nicht eindeutig. Jedoch ergebe sich dies vor allem aus den Besonderheiten der Vertragsdurchführung. Eine Gewinn-
oder Verlustverteilung gemäß §
4 des Gesellschaftsvertrags sei nicht durchgeführt worden. Trotz ständig erzielter Verluste habe die Schuldnerin die Zahlungen nicht zurückgefordert.

Schließlich sei eine unterlassene Rückforderung nicht nach §
134 Abs.
1 [X.] anfechtbar. Es fehle schon an einer Einigung darüber, dass die Beklagte keinen ausgleichenden Gegenwert zu erbringen gehabt habe. Mangels Gewinn-
und Verlustverteilungen habe die Beklagte nicht wissen können, dass ein Ver-zicht auf eine Rückzahlungsverpflichtung vorliege. Zudem liege eine Gegenleis-tung der Beklagten darin, dass sie durch die Zahlungen von einer Kündigung abgehalten worden sei. Die Schuldnerin habe somit planmäßig den Erhalt der Beteiligungen erkauft.

II.

Dies hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Dem Kläger steht kein [X.] gemäß §
143 Abs.
1 [X.] zu, weil die Vorausset-zungen des
§
134 Abs.
1 [X.]
nicht erfüllt sind.

1. Eine unentgeltliche Leistung liegt im
hier bestehenden
Zwei-Perso-nen-Verhältnis vor, wenn ein Vermögenswert des [X.] zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem [X.] ein entspre-7
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chender Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll ([X.], Urteil vom 20.
April 2017
IX
ZR 252/16, [X.], 1215 Rn. 10 mwN, [X.] in [X.]Z). Hingegen sind Zahlungen des Inhabers eines Handelsgewerbes an einen stillen Gesellschafter, denen ein gewinnunabhängiges Zahlungsversprechen im Ge-sellschaftsvertrag zugrunde liegt, entgeltliche Leistungen, wenn sie die Gegen-leistung für die erbrachte Einlage darstellen. Dies hat der Senat mit Urteil vom 5.
Juli 2018 (IX
ZR 139/17, [X.]) in einer Parallelsache entschieden und näher begründet.

2. Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den angefochtenen [X.] um eine entgeltliche Leistung der Schuldnerin. Die Schuldnerin hat mit den Zahlungen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weder eine Ein-lage zurückgewährt noch [X.] gezahlt, sondern ihre Verpflichtung aus §
3 des Gesellschaftsvertrags erfüllt.

a) §
3 des Gesellschaftsvertrags enthält

wie der Senat mit Urteil vom 5.
Juli 2018 (IX
ZR 139/17, [X.]) entschieden und näher begründet hat

einen Anspruch auf eine garantierte, gewinn-
und verlustunabhängige jährliche Min-destverzinsung der Einlage des stillen Gesellschafters. Die auf dieser Grundla-ge gezahlten Vorabvergütungen stellen mithin eine Gegenleistung für die Einla-ge der stillen Gesellschafter dar, die in Form einer festen Kapitalverzinsung
oder garantierten Mindesttantieme zu Lasten des Kapitals geht.

Soweit bei einem zweigliedrigen stillen Gesellschaftsverhältnis sich die Auslegung des Vertrags gemäß §§
133, 157 BGB iVm §
242 BGB nach dem [X.] des beitretenden Anlegers richtet (vgl. [X.], Beschluss vom 22.
September 2015
II
ZR 310/14, [X.], 266 Rn. 12), hat das [X.] Würdigung festgestellt, dass keine individuellen Um-stände bestanden, die im Rahmen der hier vorliegenden zweigliedrigen stillen 11
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Gesellschaft eine abweichende Auslegung rechtfertigen. Die Revision zeigt sol-che Umstände auch nicht auf.

b) Der Anspruch auf Zahlung einer Vorabvergütung war auch wirksam und durchsetzbar. Der in Form einer stillen Gesellschaft erfolgte Beitritt der [X.] zur Schuldnerin ist wirksam. Dem steht nicht entgegen, dass die Schuldnerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein sogenanntes Schneeballsystem betrieb, weil die Grundsätze über die fehlerhafte Gesell-schaft zur Anwendung kommen
(vgl. [X.], Urteil vom 8.
Juli 2018

IX
ZR 139/17, [X.]).
Die Beklagte war schließlich nicht im Hinblick auf eine Treue-pflicht gehindert, die ihr zustehenden Ansprüche auf Vorabvergütung geltend zu machen
(vgl. [X.], Urteil vom 8.
Juli 2018

IX
ZR 139/17, [X.]).

Kayser
Gehrlein
[X.]

Schoppmeyer
Meyberg

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.08.2016 -
13 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 11.05.2017 -
2 S 8/16 -

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Meta

IX ZR 141/17

05.07.2018

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2018, Az. IX ZR 141/17 (REWIS RS 2018, 6500)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6500

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