Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.05.2014, Az. 29 W (pat) 111/12

29. Senat | REWIS RS 2014, 5185

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Babo/BRAVO/BRABO (Gemeinschaftsmarke)" – zur Zulässigkeit des Widerspruchs – zur Kennzeichnungskraft - Warenidentität und –ähnlichkeit – teilweise klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 066 694

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 28. Mai 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und der Richterin k.A. Akintche

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Inhaber der angegriffenen Marke wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 22. August 2012 aufgehoben, soweit die Löschung der Marke 30 2010 066 694 auf den Widerspruch aus der Marke 30 2010 010 084 für folgende Waren und Dienstleistungen angeordnet worden ist:

Klasse 09: fotografische Instrumente, Filminstrumente, optische Instrumente, Wägeinstrumente, Messinstrumente, Signalinstrumente, Kontrollinstrumente, Rettungsinstrumente und [X.] und Apparate, Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Buchbinderartikel, Fotografien, Schreibwaren, Klebstoffe für Papierwaren und Schreibwaren oder für [X.], [X.], Pinsel, Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel), Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist;

Klasse 28: [X.], Spielzeug; Turnartikel und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, Christbaumschmuck;

Klasse 35: Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren der Klassen 3, 4, 6, 8, 9, 11, 14, 15, 16, 18, 21, 22, 24, 25, 26, 27, 28.

Insoweit wird der Widerspruch aus der Marke 30 2010 010 084 zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke der Beschwerdeführer

2

[X.]

3

ist am 15. November 2010 angemeldet und am 17. März 2011 unter der Nummer 30 2010 066 694 als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden für folgende Waren und Dienstleistungen der

4

[X.]: Fotografische Instrumente, Filminstrumente, optische Instrumente, Wägeinstrumente, Messinstrumente, Signalinstrumente, Kontrollinstrumente, Rettungsinstrumente und [X.] und Apparate, Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; [X.], Schallplatten, Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

5

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; [X.] – Buchbinderartikel, Fotografien, Schreibwaren, Klebstoffe für Papierwaren und Schreibwaren oder für [X.], [X.], Pinsel, Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel), Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist;

6

[X.]: [X.], Spielzeug; Turnartikel und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, Christbaumschmuck;

7

Klasse 35: Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren der Klassen 3, 4, 6, 8, 9, 11, 14, 15, 16, 18, 21, 22, 24, 25, 26, 27, 28.

8

Gegen diese Marke, deren Eintragung am 21. April 2011 veröffentlicht wurde, ist aus zwei älteren Marken Widerspruch erhoben worden.

9

Die Beschwerdegegnerin zu 1) hat am 21. Juli 2011 Widerspruch eingelegt aus ihrer Wortmarke 30 2010 010 084

[X.]

die am 3. September 2010 für folgende Waren und Dienstleistungen der

[X.]: bespielte und unbespielte Ton-, Bild- sowie Datenträger aller Art, soweit in [X.] enthalten (ausgenommen unbelichtete Filme), insbesondere Tonbänder, Kassetten, [X.], [X.], Schallplatten, [X.], Audio- und Videobänder, Disketten, CD-ROMs, Digital Versatile Discs (DVD's); Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computer-Software [gespeichert oder herunterladbar]; Brillen [Optik], Brillenetuis; elektronische Publikationen [herunterladbar];

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit in Klasse 16 enthalten), insbesondere Papierservietten, Papiertaschentücher, Toilettenpapier, Haushaltspapier und Papierhandtücher; [X.], insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Kataloge und Prospekte; Buchbinderartikel; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Schreibwaren; Plakate; Abziehbilder; Sammelkarten [Papierwaren]; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für [X.]; [X.]; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern; Druckstöcke;

Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Reise- und Handkoffer, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Aktentaschen; Badetaschen; Brieftaschen; Campingtaschen; Dokumentenkoffer; Dokumentenmappen; Dosen aus Leder oder Ledermappe; Einkaufstaschen; Gehstöcke; Geldbörsen (Geldbeutel), nicht aus Edelmetall; Handkoffer (Suitcases); Handtaschen; Hüfttaschen; Kartentaschen (Brieftaschen); Kästen aus Leder oder Ledermappen; Kindertragetaschen; Kleidersäcke für die Reise; Kosmetikkoffer; Notenmappen; Regenschirme; Reisekoffer; Reisenecessaires (Lederwaren); Reisetaschen; Rucksäcke; Schachteln aus Leder oder Lederpappe; [X.]; [X.]; Schlüsseletuis (Lederwaren); Schultaschen; Schultornister; Verpackungsbeutel (-hüllen, -taschen) aus Leder; Werkzeugtaschen aus Leder (leer);

Klasse 25: Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen; Anzüge; Babywäsche; Babywindeln aus textilem Material, Badeanzüge, -hosen, -mäntel, -mützen, -schuhe; Bikinis; Einstecktücher; Faschings-, Karnevalskostüme; Fußballschuhe; Gürtel (Bekleidung); Gymnastikbekleidung; Gymnastikschuhe, Halstücher; Handschuhe (Bekleidung); Hemden und/oder Hemdblusen; Hosen, soweit in Klasse 25 enthalten; Hüte; Jacken; Kapuzen; Krawatten, Krawattentücher; Lätzchen, nicht aus Papier; Mäntel; Mützen; Oberbekleidungsstücke; Overalls; Pullover; Radfahrerbekleidung; Regenmäntel; Röcke; Schals; Schlafanzüge; Schuhe, soweit in Klasse 25 enthalten; Strandanzüge; Strümpfe; Strumpfhosen; Trikotkleidung; T-Shirts; Unterwäsche;

Klasse 35: [X.], nämlich Absatz-, Markt- und Meinungsforschung; Verteilung von Waren zu Werbezwecken, insbesondere von Flugblättern, Prospekten, Drucksachen und Warenproben; Vermittlung von Werbeverträgen für Dritte; Werbung, insbesondere Rundfunk-, Fernseh-, Kino-, Druck-, Videotext- und Teletextwerbung; Öffentlichkeitsarbeit [Public Relations]; Erstellung von Marketingkonzepten; Vermietung von Werbematerial; Vermietung von Werbefilmen; Vermietung von Werbeflächen, auch in elektronischer Form im [X.]; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Systematisierung und Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken; Aktualisierung von Daten in Computerdatenbanken, verwaltungstechnische Bearbeitung von Bestellungen für Waren und Dienstleistungen (auch für [X.]), insbesondere Bestellannahme, Auftragsbearbeitung, Weiterleitung von Bestellungen, Bearbeitung von Reklamationen und Angebotsnachfragen und Vermittlung von Bestellungen; Erteilung von Auskünften (Information) und Beratung für Verbraucher in Handels- und Geschäftsangelegenheiten [Verbraucherberatung]; Veröffentlichung und Herausgabe von [X.] für Werbezwecke;

Klasse 38: Telekommunikation; elektronische Übertragung und Weiterleitung von Tönen, Bildern, Dokumenten, Nachrichten und Daten; Telefondienste, auch mittels einer Hotline oder eines Callcenters; [X.]; E-Mail-Dienste; Telefaxdienste; Dienstleistungen von Presseagenturen; Bereitstellung des Zugriffs auf Datenbanken in Computernetzwerken; Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken; elektronische Ausstrahlung, Sendung und Weiterleitung von Film-, Fernseh-, Rundfunk-, Videotext-, Teletext-Programmen oder -Sendungen; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen und Informationsangebote zum Abruf aus dem [X.] und aus anderen Datennetzen; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im [X.] über Computerspiele, Videospiele und auf Informationen über damit verwandte Produkte; Telekommunikation mittels Plattformen und Portalen im [X.], insbesondere mittels eines Online-Informationscenters für die Kundenbetreuung im Zusammenhang mit [X.]; Beratung und Auskünfte über Telekommunikation; Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk; [X.]; Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Teleshopping-Dienste und elektronische Marktplätze; elektronischer Austausch von Nachrichten mittels Chatlines, [X.] und [X.]foren; Weiterleiten von Nachrichten aller Art an [X.]-Adressen ([X.]); Verschaffen des Zugriffs zu Datenbanken;

Klasse 41: Unterhaltung, insbesondere Rundfunk- und Fernsehunterhaltung sowie Unterhaltung über das [X.]; Beratung und Auskünfte über Unterhaltung, auch im [X.]; Durchführung von [X.]n im [X.]; Filmproduktion, Videofilmproduktion; Produktion von Rundfunk-, Fernseh- und Hörfunksendungen; Erstellen von Texten (ausgenommen für Werbezwecke), insbesondere für Video- und Teletextprogramme; Filmvermietung [Filmverleih]; Veröffentlichung und Herausgabe von [X.] (ausgenommen für Werbezwecke), insbesondere von Zeitschriften, Zeitungen, Büchern; Erziehung; Ausbildung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;

Klasse 42: technische Beratung; Serveradministration; elektronische Datenspeicherung und elektronische Datensicherung, auch in Computerdatenbanken; Entwurf und Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung; Design und Erstellung von Homepages und [X.]seiten; Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites für Dritte (hosting); Nachforschungen und Recherchen in Datenbanken und im [X.] für die Computertechnik und die wissenschaftliche Forschung; Beratung und Auskünfte über Telekommunikationstechnik; Zurverfügungstellung oder Vermietung von elektronischen Speicherplätzen (Webspace) im [X.]; Vermietung von Computersoftware

eingetragen worden ist, wobei der Widerspruch sich gegen „alle identischen und/oder ähnlichen Waren/Dienstleistungen“ der jüngeren Marke richtet.

Die Beschwerdegegnerin zu 2) hat am 20. Juli 2011 Widerspruch erhoben aus ihrer am 18. Mai 1998 unter der Nummer [X.] 003 eingetragenen Gemeinschaftsmarke

[X.]

die für die folgenden Waren und Dienstleistungen

Verkaufsautomaten und geldbetätigte Spielautomaten; Ersatz- und Zubehörteile für diese Erzeugnisse, soweit sie in dieser Klasse enthalten sind; [X.]; Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Christbaumschmuck

geschützt ist. Auf dem [X.] ist bei der Angabe, gegen welche Waren sich der Widerspruch richtet, sowohl die Alternative

Die Markenstelle für Klasse 35 des [X.]s hat mit Beschluss vom 22. August 2012 die angegriffene Marke auf den Widerspruch aus der Marke 30 2010 010 084 [X.] vollständig gelöscht. Ferner hat sie auf den Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke [X.] 003 die Löschung teilweise ausgesprochen, und zwar für die Waren „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; [X.], Spielzeug; Turnartikel und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, Christbaumschmuck“. Im Übrigen hat sie den Widerspruch aus der Marke [X.] zurückgewiesen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwischen den Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke und der älteren Widerspruchsmarke [X.] bestehe teilweise Identität, teilweise enge Ähnlichkeit. Die Widerspruchsmarke [X.] weise für die – für die Beurteilung der [X.] wesentlichen – Waren und Dienstleistungen eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Lediglich bei den Waren „[X.], insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Kataloge und Prospekte“ könne aufgrund der amtsbekannten langjährigen Verbreitung und Bekanntheit der Zeitschrift „[X.]“ dagegen eine Steigerung der Kennzeichnungskraft angenommen werden. Beim [X.] würden im Gesamteindruck die Gemeinsamkeiten überwiegen, selbst wenn die Widerspruchsmarke im Unterschied zur angegriffenen Marke einen erkennbaren Sinngehalt aufweise. Die [X.] seien einander klanglich ähnlich, die Abweichung der Marken in den Mittelkonsonanten „B“ / „R, V“ könne für keine ausreichende Differenzierung sorgen.

Der Widerspruch aus der Marke [X.] sei nur hinsichtlich der tenorierten Waren und Dienstleistungen begründet, im Übrigen fehle es an einer Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit. Teilweise seien die Waren in den Verzeichnissen identisch enthalten. Die Waren „Verkaufsautomaten und geldbetätigte Spielautomaten sowie Ersatz- und Zubehörteile für diese Erzeugnisse“ lägen ferner im Ähnlichkeitsbereich zu den Waren „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer“. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke [X.] sei durchschnittlich. Eine [X.] sei zu bejahen, da die Widerspruchsmarke lediglich über den zusätzlichen Konsonanten „R“ verfüge, der bei identischem Wortanfang und Wortende kaum ins Gewicht falle.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaber.

Sie sind der Auffassung, der Widerspruch aus der Marke [X.] sei wegen der unklaren Formulierung „alle identischen und ähnlichen Waren und Dienstleistungen“ nur hinsichtlich der identischen Waren und Dienstleistungen zulässig, im Übrigen zu unbestimmt. Er sei jedenfalls unbegründet. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke [X.] sei originär als schwach einzustufen, da „[X.]“ als positive Produktbeschreibung und werbeschlagwortartige Anpreisung verstanden werde. Infolge der langjährigen Verbreitung und Bekanntheit der Zeitschrift „[X.]“ könne daher lediglich eine Steigerung der originär schwachen auf eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft erfolgt sein und dies allenfalls für die Ware „Zeitschriften“. Die sich gegenüberstehenden Zeichen unterschieden sich in Sinngehalt und Schriftbild so stark, dass die kaum erkennbare klangliche Nähe dadurch vollständig neutralisiert werde. [X.] Ähnlichkeit sei wegen der unterschiedlichen Buchstabenzahl nicht gegeben. Klanglich stimmten die Zeichen am Wortanfang und Wortende jeweils nur in einem Buchstaben überein. Durch das Hinzutreten der Konsonanten „R“ und „V“ verändere sich der Klang ausreichend deutlich. Eine klangliche Nähe werde schon durch den vorhandenen Bedeutungsunterschied neutralisiert. Auch seien die zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen teilweise unähnlich, insbesondere hinsichtlich der Waren der [X.] bestehe keine Ähnlichkeit zu den Produkten der Widersprechenden. Allein der Umstand, dass diese Geräte irgendwie auch mit Computertechnik ausgestattet sein könnten, genüge nicht, um pauschal eine [X.] zu Computern zu bejahen. Weiterhin sei bei den Waren der [X.] zumindest „Christbaumschmuck“ nicht ähnlich zu Waren aus Papier und Pappe. Vor allem aber seien „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen…“ nicht ähnlich zu den „Bürodienstleistungen“ der Klasse 35. Die Anbieter von Bürodienstleistungen würden im Allgemeinen nicht zugleich selbst als Groß- oder Einzelhändler von Waren in Erscheinung treten. Vorsorglich führten die Markeninhaber ebenfalls aus, dass kein Bekanntheitsschutz gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] als Löschungsgrund in Betracht komme, da im Rahmen des Widerspruchsverfahrens keine reale [X.] zur Beurteilung stehe und daher nur eine markenmäßig-rechtserhaltende Benutzung der angegriffenen Marke zugrunde gelegt werden könne.

Der Widerspruch aus der Marke [X.] sei ebenfalls teilweise unzulässig, da auf dem [X.] sowohl das Feld, dass sich der Widerspruch gegen alle Waren und Dienstleistungen richten soll, als auch das Feld, dass sich der Widerspruch gegen alle identischen und ähnlichen Waren und Dienstleistungen richten soll, angekreuzt worden sei.

[X.] bestehe keine Ähnlichkeit der angegriffenen Marke zu der Widerspruchsmarke [X.]. Die ältere Marke verfüge über mehr Buchstaben als „[X.]“, sei damit um ein Viertel länger und unterscheide sich auch sonst optisch. Die Marken stimmten am Wortanfang nur in einem Buchstaben überein, was sie klanglich deutlich voneinander absetze. Eine Ähnlichkeit zwischen „Geräten zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer“ und „Verkaufsautomaten und geldbetätigten Spielautomaten“ bestehe nicht, da die [X.] ganz andere Vertriebswege hätten und sich eine eigene Herstellerindustrie gebildet habe.

Die Beschwerdeführer beantragen,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.]es vom 22. August 2012 aufzuheben

Die Beschwerdegegner zu 1) und 2) beantragen jeweils,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin zu 1) führt aus, der Widerspruch sei auch hinsichtlich der im Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren wirksam eingelegt. Die Formulierung „identische und/oder ähnliche Waren“ sei so zu interpretieren, dass sich der Widerspruch gegen alle Waren und Dienstleistungen richte. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke [X.] sei von Haus aus durchschnittlich und durch intensive Benutzung gesteigert. Die Zeitschrift „[X.]“ sei ein überragend bekannter Titel. Die Tatsache, dass es sich bei „[X.]“ um ein Wort mit einem bestimmten Inhalt handele, führe nicht dazu, eine originäre Kennzeichnungsschwäche anzunehmen. Außerdem werde der Zeitschrifteninhalt nicht durch das Wort „[X.]“ beschrieben. Zudem sei die gesteigerte Kennzeichnungskraft der Marke „[X.]“ nicht auf den [X.] beschränkt, sondern erstrecke sich auch auf den [X.]. Die Zeichen seien schriftbildlich und klanglich wegen der identischen Anfangsbuchstaben und der identischen [X.] eng ähnlich. Weiterhin weise das wie ein weiches „w“ gesprochene „v“ eine hohe phonetische Ähnlichkeit mit „b“ auf. Das „r“ werde beim schnellen Aussprechen regelmäßig verschluckt

Die Beschwerdegegnerin zu 2) trägt vor, zwischen dem jüngeren Zeichen und der Widerspruchsmarke [X.] sei [X.] zutreffend bejaht worden, weil die Zeichen in drei von vier Buchstaben, dem Anfangsbuchstaben und der [X.] übereinstimmten und der zusätzliche zweite Buchstabe „R“ in der Widerspruchsmarke leicht überhört und zudem in einem undeutlichen Erinnerungsbild leicht übersehen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Markeninhaber ist hinsichtlich des Widerspruchs aus der Marke [X.] überwiegend begründet, hinsichtlich des Widerspruchs aus der Marke [X.] dagegen unbegründet.

Zwischen den Vergleichsmarken [X.] und [X.] besteht für das angesprochene Publikum lediglich im Umfang der Waren

1. Zulässigkeit der Widersprüche

Die Angriffe der Beschwerde gegen die Zulässigkeit der Widersprüche gehen fehl.

alle Waren und Dienstleistungen richtet (vgl. dazu Kirschneck in Ströbele/[X.], [X.], 10. Auflage, § 42 Rn. 46). Dies folgt aus der Notwendigkeit, Erklärungen rechtserhaltend auszu-legen. Eine Beschränkung auf die erst durch die Widerspruchsentscheidung als solche festgestellten identischen oder ähnlichen Waren bzw. Dienstleistungen wäre eine – für eine Verfahrenserklärung unzulässige – Rechtsbedingung. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, die Erhebung in der erfolgten Form sei unzulässig, berücksichtigt ferner nicht, dass aus dem Widerspruch eindeutig hervorgeht, dass er nicht bedingt erhoben ist. Deshalb ist die Einschränkung auf identische und ähnliche Waren und Dienstleistungen unbeachtlich, nicht dagegen der Widerspruch selbst.

Nichts anderes gilt für den Widerspruch aus der Marke [X.]003 [X.]. Der Umstand, dass in dem [X.] sowohl die Alternative

2. Widerspruch aus der Marke 30 2010 010 084 [X.]

Die Beschwerde hat Erfolg, soweit die Löschung der im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen auf den Widerspruch aus der Marke [X.] angegriffen wird, da zwischen den Marken nur hinsichtlich der im Identitätsbereich liegenden Waren „[X.], Schallplatten“ und „[X.]“, für die die Widerspruchsmarke zudem gesteigerte Kennzeichnungskraft genießt, [X.] besteht.

Die Frage der [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt ([X.] [X.], 1098 Rn. 44 – [X.]/ [X.]; [X.], 933 Rn. 32 – [X.]; [X.], 237 Rn. 18 – PICARO/[X.]; [X.], 1040 Rn. 25 – [X.]/pure; [X.], 235 Rn. 15 – [X.]/[X.]; [X.], 484 Rn. 23 – [X.]; [X.], 905 Rn. 12 – [X.]; [X.], 258 Rn. 20 – INTERCONNECT/T-InterConnect; [X.], 859 Rn. 16 – [X.]; [X.], 60 Rn. 12 – [X.].[X.]). Allerdings kann eine absolute Waren-/Dienstleistungsunähnlichkeit selbst bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ausgeglichen werden (st. Rspr.; vgl. [X.] GRUR Int. 2009, 911 Rn. 34 - [X.]/[X.] [[X.] [X.]]; [X.] 2014, 488 Rn. 9 - [X.]/[X.]; [X.], 1145 Rn. 34 - [X.]; [X.], 484 Rn. 25 - [X.]).

a) Beim Vergleich der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen ist von der [X.] auszugehen. Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere Art, Beschaffenheit, Einsatz- und Verwendungszweck, wirtschaftliche Bedeutung der Waren und Dienstleistungen, der Nutzen für den angesprochenen Verkehr sowie dessen Vorstellung, dass die Waren und Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortung hergestellt, erbracht und in Anspruch genommen werden oder hinsichtlich ihrer Eigenart als konkurrierende Angebote sich in sonstiger Weise ergänzen – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sind, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie – unterstellt man dies – mit identischen Marken gekennzeichnet sind ([X.] [X.], 582 Rn. 85 – [X.]; [X.], 922 Rn. 22 ff. – [X.]; [X.] 2004, 241 – [X.]; [X.] 2001, 507 – [X.]/[X.]). Von [X.] kann nur dann ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Marken die Annahme einer [X.] wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. [X.], a.a.[X.] Rn. 12 – [X.]/[X.]; a.a.[X.] Rn. 34 – [X.]; [X.], 941 Rn. 13 - TOSCA BLU).

Nach diesen Grundsätzen ist für die Waren der Klasse 16 von Identität auszugehen, da sie wörtlich im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke enthalten sind. Gleiches gilt für die Waren der [X.] „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Schallplatten, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer“.

Identität besteht auch zwischen den Waren der jüngeren Marke in [X.] „[X.]“ und den Widerspruchswaren „bespielte und unbespielte Ton-, Bild-, sowie Datenträger aller Art, soweit in [X.] enthalten (ausgenommen unbelichtete Filme)“, da es sich bei letzteren überwiegend um [X.] handelt. Gleiches gilt für die Waren der jüngeren Marke „optische Instrumente“ und der Widerspruchsware „Brille [Optik]“, da Brillen unter den Oberbegriff „optische Instrumente“ fallen.

Die übrigen [X.] in [X.] und 28 weisen z. T. durchschnittliche bis hochgradige Ähnlichkeit auf. Die Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen der jüngeren Marke in Klasse 35 weisen durchschnittliche Ähnlichkeit zu den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke „verwaltungstechnische Bearbeitung von Bestellungen für Waren und Dienstleistungen …“ auf. Denn derartige Arbeiten fallen regelmäßig im Rahmen von Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen an.

Ob und in welchem Grad eine Ähnlichkeit zwischen den weiteren [X.] bzw. –dienstleistungen besteht, kann dahingestellt bleiben, da eine [X.] ohnehin nur bei einigen im Identitätsbereich liegenden Waren – abhängig von der jeweiligen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke – anzunehmen ist.

b) Die Kennzeichnungskraft eines Zeichens ist stets produkt- bzw. dienstleistungsbezogen festzustellen, da sie je nach Ware oder Dienstleistung für die das Zeichen eingetragen ist, unterschiedlich sein kann ([X.] 2004, 235, 237 - [X.]; [X.], 779, 781 - Zwilling/ [X.]). Vorliegend ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke von Haus aus durchschnittlich. Das Wortzeichen „[X.]“ ist ein Ausruf des Beifalls und der Anerkennung insbesondere im Bereich künstlerischer Darbietungen. Als allgemeine Werbeanpreisung für Waren oder für die Vergleichsdienstleistungen in Klasse 35 ist der Begriff nicht üblich (vgl. für Schreibgeräte: [X.], Beschluss vom 27.11.2002, 29 W (pat) 293/98 – [X.]). Auch zu einem Verständnis im Sinne eines Hinweises auf den Inhalt von [X.] oder sonstigen Datenträgern dergestalt, dass sie sich mit beifallswürdigen Darbietungen befassen, gelangt der angesprochene Verkehr nur über mehrere Gedankenschritte. Gleiches gilt für das Verständnis als Qualitätsangabe von Tonaufnahmen.

Für „[X.]; [X.], Schallplatten“ ist allerdings von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen.

Wie dem Senat aus eigener Anschauung bekannt ist, benutzt die Widersprechende die Widerspruchsmarke seit Jahrzehnten als Titel für eine Jugendzeitschrift und veröffentlicht unter ihr seit vielen Jahren bespielte Tonträger mit aktuellen [X.]. Aus den vorgelegten Unterlagen (Basistabelle Medien [X.] und [X.], Anlage 4 zum Schriftsatz vom 02.12.2011, [X.]. 170 d. VA), geht dabei hervor, dass die Zeitschrift [X.] bei 86,3 % der [X.] Bevölkerung ab 14 Jahren bekannt ist. Aus den für die Tonträger vorgelegten Unterlagen (Anlage 12, [X.]. 202 d. VA) ergibt sich, dass „[X.]“ als erfolgreichste [X.] aller Zeiten in [X.], [X.] und der [X.] im Guinness Buch der Rekorde vermerkt war. Die Compilation Serie (Compilation ist in der Musikindustrie die Zusammenstellung von Musikstücken in Zweitverwertung auf Tonträger) erscheint seit 1992 regelmäßig mehrmals im Jahr und erfreut sich insbesondere unter Jugendlichen großer Beliebtheit. Eine Ausstrahlungswirkung der erhöhten Kennzeichnungskraft auf andere Waren und Dienstleistungen kann nur für eng benachbarte Produktbereiche angenommen werden (vgl. [X.]/ [X.], [X.], 3. Auflage, § 14 Rn. 643; [X.] in: [X.]/ [X.], a.a.[X.], § 9 Rn. 150). Für „[X.]“, „[X.]“ und „Schallplatten“ ist damit jedenfalls von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen.

Keine gesteigerte Kennzeichnungskraft besteht allerdings für die übrigen im Ähnlichkeitsvergleich beachtlichen Waren und Dienstleistungen. Die vorgelegten Unterlagen über [X.]-Auftritte und –Plattformen sowie Werbekampagnen haben keinen nennenswerten Aussagewert. Angaben zu Umsatzzahlen, Marktanteilen, Werbeausgaben in Bezug auf konkrete andere Waren oder Dienstleistungen fehlen.

c) Die Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise beim Erwerb der [X.] ist durchschnittlich. Sie setzen sich aus den allgemeinen Verbrauchern sowie – im Fall der Großhandelsdienstleistungen - gewerblichen Abnehmern zusammen. Der allgemeine Verbraucher begegnet den relativ niedrigpreisigen [X.] und –dienstleistungen nicht mit einer erhöhten Aufmerksamkeit.

d) Nach den soeben getroffenen Feststellungen müssen die [X.] im Bereich der identischen Waren bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und einer durchschnittlichen Aufmerksamkeit der Verbraucher einen weiten Abstand einhalten. Diesen Abstand hält die angegriffene jüngere Marke ein. Lediglich dort, wo die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke noch zusätzlich erhöht ist, nämlich bei den [X.] und den bespielten Tonträgern, ist der erforderliche Abstand nicht mehr eingehalten.

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente ([X.], a.a.[X.], Rn. 30 – Culinaria/[X.]; [X.], 1040 Rn. 25 – [X.]/pure; [X.], 909 Rn. 13 – Pantogast; [X.], 905 Rn. 12 – [X.]), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u.a. [X.] [X.], 428 Rn. 53 – [X.]; [X.] 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; [X.] 2000, 420, 421 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können ([X.] GRUR 2005, 1042 Rn. 28 f. - [X.] LIFE; [X.], 64 Rn. 14 - Maalox/[X.]; [X.], 487 Rn. 32 - Metrobus; [X.], 60 Rn. 17 - [X.]). Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, ([X.] und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. [X.] [X.], 413 Rn. 19 - [X.]/SIR; GRUR 2005, 1042 Rn. 28 - [X.] LIFE; [X.] [X.], 235 Rn. 15 - [X.]/[X.]; [X.], 484 Rn. 32 - [X.]).

[X.] und dem [X.] [X.] keine [X.]. Beide [X.] verfügen zwar über identische Anfangs- und [X.], die ältere Marke weist jedoch im besonders beachteten Wortbeginn einen weiteren Konsonanten „R“ auf und auch der dritte Konsonant „V“ unterscheidet sich in seiner Form wesentlich von dem zweiten Konsonanten „B“ der jüngeren Marke, sodass einem einzigen, sich in der [X.] wiederholenden Anfangskonsonanten der jüngeren Marke drei unterschiedlich geformte Konsonanten in der älteren Marke gegenüberstehen. Dadurch ergeben sich eine unterschiedliche Wortform und –länge sowie im Fall der ebenfalls vom Zeichenschutz umfassten Binnenkleinschreibung der Widerspruchsmarke unterschiedliche Oberlängen.

Klanglich stehen sich die Wörter „[X.]“ – ausgesprochen bra-wo - und „[X.]“ – ausgesprochen ba-bo – gegenüber. Trotz einer gewissen Annäherung der Zeichen infolge der identischen Anfangs- und [X.], der identischen [X.] und der [X.] bestehen zwischen diesen im Übrigen ausreichende Abweichungen. So unterscheiden sie sich in der Konsonantenzahl und -folge, was zu einem deutlich abweichenden Klangbild führt. Am erfahrungsgemäß besonders beachteten Anfang der ersten Silbe folgt dem klangschwachen Anfangsbuchstaben „B“ im [X.] das stimmhafte und deshalb deutlich hörbare „R“, während sich im jüngeren Zeichen unmittelbar der Vokal „A“ anschließt. Beide Silben der jüngeren Marke weisen den gleichen Anfangskonsonanten „B“ gefolgt von einem Vokal auf und besitzen damit eine auffällige Doppelung, Dagegen unterscheiden sich im [X.] die Konsonanten an den Silbenanfängen „BR“ und „V-“ deutlich sowohl voneinander als auch von dem [X.] „[X.]“.

Die Unterschiede zwischen „[X.]“ und „[X.]“ werden bei normalen Übermittlungsverhältnissen nicht überhört werden. Bei ungünstigen Übermittlungsverhältnissen wird die Unterscheidbarkeit durch die abweichenden Bedeutungsgehalte der [X.] erleichtert. Das in der ersten Silbe lang gesprochene [X.] wird als [X.] unmittelbar erkannt. [X.] wird in Anlehnung an ähnlich gebildete Wörter mit verdoppelten Konsonanten wie „Papa“, „Mama“, „[X.]“ in der ersten Silbe kurz gesprochen. Es hat in der Jugendsprache die Bedeutung „Chef, Boss“ und ist das Jugendwort des Jahres 2013. Breiten Kreisen bekannt wurde das aus der [X.] (urspr. Bedeutung „Vater“) stammende und auch in [X.] Bevölkerungsgruppen bekannte Wort als Bezeichnung für eine Respektsperson spätestens durch das erfolgreiche Musikvideo des Rappers Haftbefehl mit dem Refrain „[X.] wissen wer der [X.] ist“. Die [X.] vermindern auch die [X.] bei der Unterscheidung der Zeichen aus dem Erinnerungsbild heraus.

Eine klangliche [X.] besteht deshalb nur insoweit, als die Widerspruchsmarke aufgrund erhöhter Kennzeichnungskraft und identischer Waren einen besonders hohen [X.] fordern kann.

In begrifflicher Hinsicht fehlt es den Zeichen - wie bereits oben dargelegt - an einem die Ähnlichkeit begründenden gemeinsamen Bedeutungsgehalt.

Anhaltspunkte für eine [X.] unter sonstigen Gesichtspunkten sind nicht gegeben und auch nicht vorgetragen.

Deshalb war der angegriffene Beschluss für die im Tenor aufgeführten Waren und Dienstleistungen aufzuheben und der Widerspruch insoweit zurückzuweisen.

3. Widerspruch aus der Marke [X.]003 [X.]

Die Beschwerde gegen die von der Markenstelle angeordnete teilweise Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs aus dem Wortzeichen [X.] ist dagegen unbegründet. Zwischen den [X.] besteht insoweit unmittelbare klangliche [X.] gemäß §§ 125 b Nr. 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

Hinsichtlich der Waren „[X.], Spielzeug; Turnartikel und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, Christbaumschmuck“ liegt zwischen den beiden Marken wiederum nach dem Wortlaut der [X.] Identität vor. Die Waren der angegriffenen Marke „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Registrierkassen; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer“ liegen wegen vielfältiger technischer Gemeinsamkeiten im engen Ähnlichkeitsbereich zu den Waren „Verkaufsautomaten und geldbetätigte Spielautomaten sowie Ersatz- und Zubehörteile für diese Erzeugnisse“ [X.]/Stoppel, [X.], 16. Aufl. 2014, [X.], 295).

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist von Haus aus durchschnittlich, da [X.] ein Fantasiezeichen ohne jeglichen Bedeutungsgehalt ist. Konkrete Anhaltspunkte für eine Schwächung oder eine Stärkung der Widerspruchsmarke liegen nicht vor und sind auch nicht vorgetragen.

Den deshalb erforderlichen weiten [X.] hält das jüngere Zeichen in klanglicher Hinsicht nicht ein.

Die jüngere Marke [X.] unterscheidet sich von dem älteren Zeichen lediglich in dem zusätzlichen zweiten Konsonanten „R“, der allerdings bei guten Übermittlungsverhältnissen deutlich zu hören ist. Anfangs- und [X.], [X.] und [X.] sind demgegenüber identisch. Bei ungünstigen Übermittlungsbedingungen kann der dem Konsonanten „B“ folgende zweite Konsonant „R“ allerdings leicht überhört werden. Das ältere Zeichen verfügt auch über keinerlei Bedeutungsgehalt, der die Gefahr klanglicher Verwechslung bei ungünstigen Übermittlungsverhältnissen vermindern oder dem angesprochenen Verbraucher als Differenzierungsmerkmal in Erinnerung bleiben kann. Daher ist die Gefahr klanglicher Verwechslung nicht ausgeschlossen, die Markenstelle hat die Löschung der jüngeren Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Wortmarke [X.] insoweit zu Recht verfügt.

Zu einer vom gesetzlichen Regelfall abweichenden Kostenentscheidung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 [X.] bestand kein Anlass.

Meta

29 W (pat) 111/12

28.05.2014

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.05.2014, Az. 29 W (pat) 111/12 (REWIS RS 2014, 5185)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5185

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