Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2006, Az. VIII ZB 96/05

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3220

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[X.]/05vom 7. Juni 2006 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 7. Juni 2006 durch die [X.] Richterin [X.], [X.] Leimert, [X.] und [X.] sowie die Richterin [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.]n wird der Beschluss des [X.] - Zivilkammer 7 - vom 16. September 2005 aufgehoben. Dem [X.]n wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ge-gen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und zur [X.] der Berufung gegen das Urteil des [X.] vom 17. Mai 2005 gewährt. Der [X.] wird auf 4.494,26 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Kläger ist Eigentümer einer in [X.]

gelegenen Wohnung. Mit der Behauptung, der [X.] habe die Wohnung nach dem Auszug der Miete-rin mehrere Monate unberechtigt genutzt, hat der Kläger Zahlung von 4.494,26 • nebst Zinsen und vorgerichtlichen Mahnkosten verlangt. Das [X.] hat den Antrag des [X.]n auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, seiner dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde nicht [X.] und ihn antragsgemäß verurteilt. 1 - 3 - 2 Am 4. Juli 2005, dem letzten [X.], ging bei dem Berufungsgericht unter dem Aktenzeichen des ebenfalls dort anhängi-gen Beschwerdeverfahrens ein vierseitiges Telefax des Prozessbevollmächtig-ten des [X.]n ein, welches aus einem Begleitschreiben, einem Prozesskos-tenhilfeantrag sowie dem Entwurf einer Berufungsschrift bestand. Das [X.] ist von dem Prozessbevollmächtigten des [X.]n unterzeichnet worden und lautet: "In dem Rechtsstreit K.

./. A. wird die weitere Begründung der Beschwerde vom 12.05.2005 zusammen mit der Begründung des heute eingereichten Prozesskostenhilfegesuchs im Beru-fungsverfahren erfolgen, dessen Geschäftszeichen ich unverzüg-lich mitteilen werde". Der [X.] sowie der Entwurf der Berufungsschrift sind nicht unterzeichnet und tragen jeweils den Stempel "Abschrift". In dem [X.] heißt es unter anderem: 3 "–beantrage ich unter Überreichung eines Entwurfs der Beru-fungsschrift, dem Antragsteller als Berufungskläger Prozesskos-tenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens gegen das Urteil des [X.] - 409 [X.]/04 - vom 17.05.2005, zugestellt am 03.06.2005, zu bewilligen und ihm den Unterzeichner als Rechtsanwalt beizuordnen. Nach Bewilligung des voranstehenden Antrags wird der [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen." Im Übrigen kündigte der Prozessbevollmächtigte des [X.]n eine Be-gründung des [X.]s binnen Monatsfrist an und teilte mit, dass sich die wirtschaftlichen oder persönlichen Verhältnisse des [X.]n seit Antragstellung in erster Instanz nicht wesentlich verändert hätten. 4 Durch Beschluss vom 8. August 2005, zugestellt am 17. August 2005, hat das Berufungsgericht den Antrag des [X.]n auf Bewilligung von Pro-zesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung zurückgewiesen und zur [X.] - 4 - gründung ausgeführt, dass der Antrag von dem Prozessbevollmächtigten des [X.]n nicht unterzeichnet worden sei. Mit einem am 30. August 2005 bei dem Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtig-ten hat der [X.] Berufung eingelegt sowie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Berufungseinlegung und -begründung beantragt. Mit Beschluss vom 16. September 2005 hat das Berufungsgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Be-rufung des [X.]n als unzulässig verworfen. 6 I[X.] 1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt, dass der [X.] die Berufungsfrist von einem Monat ab Zustellung des angefochtenen Urteils (§ 517 ZPO) nicht gewahrt habe. Sein Wiedereinset-zungsantrag sei unbegründet (§ 233 ZPO). Der [X.] vom 4. Juli 2005 sei von dem Prozessbevollmächtigten des [X.]n nicht [X.] worden, obwohl dies bei bestimmenden Schriftsätzen erforderlich sei. Der [X.] könne sein Wiedereinsetzungsgesuch auch nicht mit Erfolg darauf stützen, dass sein Prozessbevollmächtigter dem Berufungsgericht am 4. Juli 2005 wenige Minuten vor der Übersendung der nicht unterzeichneten "Ab-schrift" des [X.]es bereits ein Telefax mit dem von ihm unterzeichneten Original übermittelt habe. Ein solches Telefax sei nicht beim Berufungsgericht eingegangen. Insoweit liege ein einem Verschulden des [X.] gemäß § 85 Abs. 2 ZPO gleichstehendes Verschulden seines [X.] wegen nicht ausreichender Büroorganisation der Fristenkon-trolle vor. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehöre der Ausdruck eines 7 - 5 - [X.]. Dies habe der Prozessbevollmächtigte des [X.]n unterlas-sen und lediglich auf ein akustisches Signal vertraut, aus dem sich die [X.] nicht nachvollziehen lasse. 2. Die Rechtsbeschwerde des [X.]n ist statthaft (§§ 574 Abs. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO) und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. 8 a) Zwar hat der [X.] die Frist zur Einlegung der Berufung versäumt. Diese Frist begann mit Zustellung des amtsgerichtlichen Urteils vom 17. Mai 2005 am 3. Juni 2005 und endete damit am Montag, den 4. Juli 2005 (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist jedoch einer [X.], die die Rechtsmittelfrist versäumt, aber spätestens am letzten Tag dieser Frist einen den gesetzlichen Erfordernissen entsprechenden Antrag auf Prozesskostenhilfe (§ 117 ZPO) gestellt hat, nach der Entscheidung über diesen Antrag regelmäßig wegen der Versäumung der Frist Wiedereinset-zung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. nur [X.], Beschluss vom 4. Mai 1994 - [X.], NJW 1994, 2097 unter [X.], m. w. Nachw.). Die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beru-fungsfrist nach Ablehnung eines Prozesskostenhilfegesuchs für die zweite In-stanz kann auch nicht deshalb versagt werden, weil das zugrunde liegende Prozesskostenhilfegesuch keine sachliche Begründung enthält ([X.], [X.] vom 11. November 1992 - [X.] 118/92, NJW 1993, 732 unter [X.]). Der [X.] musste überdies vernünftigerweise nicht damit rechnen, dass sein Antrag wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt werden würde. Das Amtsge-richt hatte die Versagung der Prozesskostenhilfe zwar unter anderem auch [X.] gestützt, diese Erwägungen sind nach der sofortigen Beschwerde des [X.] - 6 - klagten im Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts aber nicht mehr zum Tragen gekommen. Das hat das Berufungsgericht nicht verkannt. 10 b) Das Berufungsgericht geht im Ansatz auch zu Recht davon aus, dass ein schriftlicher Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe als [X.] unterschrieben werden muss, und zwar entweder von der [X.] selbst oder von jemandem, der sie wirksam vertreten kann ([X.], Beschluss vom 4. Mai 1994 aaO unter [X.]), hier von dem Prozessbevollmächtigten des [X.]n. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht beachtet, dass die fehlende Unterschrift unter dem [X.] im vorliegenden Fall aus-nahmsweise unschädlich ist, weil der Prozessbevollmächtigte des [X.]n bereits das Original des ebenfalls am 4. Juli 2005 per Telefax eingegangenen Begleitschreibens unterzeichnete hatte. Der Grundsatz, dass ein bestimmender Schriftsatz zu seiner Wirksamkeit eigenhändiger Unterzeichnung bedarf, gilt nicht uneingeschränkt, sofern der Inhalt einer übermittelten Erklärung und die Person, von der sie ausgeht, [X.] zuverlässig feststehen ([X.]Z 107, 129, 133 f.; [X.], Beschluss vom 14. Februar 2006 - [X.], [X.], 1521 unter [X.] a, jew. m. w. Nachw.). So kann ein unterschriebenes Begleitschreiben genügen, wenn es mit der nicht unterzeichneten Berufungsschrift fest verbunden ist ([X.]Z 97, 251). Eine feste Verbindung kann jedoch bei der Übermittlung Frist wahrender Schriftsätze per Telefax nicht verlangt werden. Dasselbe muss daher auch [X.], wenn nur das Begleitschreiben einer Rechtsmittelschrift von einem postula-tionsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist ([X.], Beschluss vom 27. Januar 1999 - [X.] 167/98, NJW-RR 1999, 855 unter II; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 25. Aufl., § 519 Rdnr. 27). Ein nicht unterzeichnetes Prozesskostenhilfegesuch zur Durchführung eines Rechtsmittels ist nicht [X.] zu behandeln, wenn sich aus einem unterzeichneten Begleitschreiben eine 11 - 7 - vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das [X.] in den Rechtsverkehr zu bringen. Dem Zweck der Schriftform, Rechtssicherheit und insbesondere die Verlässlichkeit der Eingabe zu gewährleisten (GmS-OBG [X.]Z 144, 160, 165), trägt das Telefax vom 4. Juli 2005 insgesamt Rechnung. Bei dem Antrag handelt es sich allerdings um eine Abschrift, die einem Schriftsatz im Rahmen des Verfahrens über die sofortige Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe für die erste Instanz beigefügt war. Soll-ten aus diesem Gesichtspunkt Bedenken dahingehend bestehen, ob der Über-sendung der Abschrift mit diesem Begleitschreiben der anwaltliche Wille zu entnehmen ist, (auch) hiermit das Prozesskostenhilfegesuch anbringen zu wol-len, ist der Antrag aus anderen Gründen als gestellt anzusehen. Wie der Pro-zessbevollmächtigte des [X.]n anwaltlich versichert hat, hat er selbst am 4. Juli 2005 mit einem weiteren Telefax das unterzeichnete Original des aus mehreren Seiten bestehenden [X.]s nebst einer Abschrift des neunseitigen Urteils der Vorinstanz übersandt und sich vergewissert, dass der [X.] ordnungsgemäß abgeschlossen war. Gründe, die gegen die Richtigkeit dieser anwaltlichen Versicherung sprechen könnten, hat das [X.] nicht aufgezeigt. Das glaubhaft gemachte Vorbringen des Pro-zessbevollmächtigten wird im Gegenteil bestätigt durch den Umstand, dass ausweislich einer Mitteilung der gemeinsamen Annahmestelle vom 7. September 2005 noch am 4. Juli 2005 ein von ihm, dem Anwalt, herrühren-des 14-seitiges Telefax beim Berufungsgericht eingegangen ist. Dass dessen Verbleib nicht geklärt werden konnte, kann dem [X.]n nicht zum [X.] gereichen. 12 - 8 - II[X.] 13 Der die Berufung des [X.]n verwerfende Beschluss des Landge-richts ist nach alledem aufzuheben (§ 577 Abs. 4 ZPO). Der [X.] kann dem [X.]n selbst Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur [X.] und Begründung der Berufung gewähren, weil diese Anträge zur End-entscheidung reif sind (§ 577 Abs. 5 ZPO). 1. Nach der Bekanntgabe der Zurückweisung seines [X.] am 17. August 2005 hat der [X.] am 30. August 2005 Berufung eingelegt. Dies geschah rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen (§§ 234 Abs. 1 Satz 1, 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO), zumal die Zweiwo-chenfrist hier erst nach einer Zeitspanne von etwa drei Werktagen für die Über-legung einsetzte, ob der [X.] das Rechtsmittel trotz der ablehnenden Pro-zesskostenhilfeentscheidung auf eigene Kosten durchführen will (st. Rspr. des [X.], [X.]Z 4, 55, 56 f.; [X.]Z 26, 99, 100; [X.], Beschluss vom 28. November 1984 - [X.], NJW 1986, 257 unter II; [X.], [X.] vom 10. November 1998 - [X.], [X.], 1123 unter [X.]; [X.], Beschluss vom 26. April 2001 - [X.], NJW 2001, 2262 unter [X.]; [X.], Beschluss vom 25. September 2001 - [X.] 6/01, NJW-RR 2002, 204 unter 2 b). 14 2. Dem [X.]n ist Wiedereinsetzung auch in die versäumte Rechts-mittelbegründungsfrist zu gewähren (§§ 234 Abs. 1 Satz 2, 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Insbesondere hat er die Berufungsbegründung rechtzeitig nachgeholt. Die Antragsfrist beträgt gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO einen Monat ab Be-kanntgabe der [X.] am 17. August 2005. Wird die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, ist der [X.] aber ebenfalls [X.] noch eine Zeitspanne von etwa drei Werktagen zur Überlegung zuzubil-ligen, ob das Rechtsmittel auf eigene Kosten durchgeführt werden soll. Das gilt, 15 - 9 - wie ausgeführt, nicht nur für die Rechtsmitteleinlegung, sondern auch für des-sen Begründung, sofern beide Fristen - wie hier - gleichzeitig beginnen. Mit Rücksicht darauf ist die Rechtsmittelbegründung am 20. September 2005 rechtzeitig bei dem Berufungsgericht eingegangen. [X.] [X.] [X.] Dr. [X.][X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 17.05.2005 - 409 [X.]/04 - [X.], Entscheidung vom 16.09.2005 - 307 S 119/05 -

Meta

VIII ZB 96/05

07.06.2006

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2006, Az. VIII ZB 96/05 (REWIS RS 2006, 3220)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3220

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