Bundessozialgericht, Urteil vom 27.03.2020, Az. B 10 ÜG 4/19 R

10. Senat | REWIS RS 2020, 2317

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Überlanges Gerichtsverfahren - Entschädigungsklage - Bestimmtheit der Verzögerungsrüge - Benennung des Aktenzeichens oder klare Bestimmbarkeit des gerügten Verfahrens - entsprechende Geltung der für Prozesserklärungen geltenden Auslegungsgrundsätze - Vielkläger - Unwirksamkeit der pauschalen Rüge aller anhängigen Verfahren als verzögert - widersprüchliches Verhalten bei Behinderung der Verfahrensbeschleunigung durch unklare Zuordnungen - keine Hinweispflicht des Richters bei unwirksamen Verzögerungsrügen - Schriftformerfordernis - Erhebung von Verzögerungsrügen nur bis Verfahrensabschluss - Präklusionswirkung bei nicht rechtzeitig erhobener Verzögerungsrüge - eigenständige Bewertung der Restzeit mit voller Vorbereitungs- und Bedenkzeit - Wartefrist


Leitsatz

1. Eine Verzögerungsrüge muss sich auf ein mit Aktenzeichen benanntes oder nach dem Inhalt der Erklärung klar bestimmbares Ausgangsverfahren beziehen.

2. Für die Auslegung einer Erklärung als Verzögerungsrüge sind die für Prozesserklärungen geltenden Auslegungsgrundsätze entsprechend heranzuziehen.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 24. Januar 2019 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Verurteilung des beklagten [X.] zur Zahlung einer Entschädigung iHv 2000 Euro wegen überlanger Dauer des vor dem [X.] zunächst unter dem Aktenzeichen [X.] AS 1675/09, sodann unter dem Aktenzeichen [X.] AS 1675/09 und zuletzt unter dem Aktenzeichen [X.] AS 1137/09 geführten Klageverfahrens.

2

Der Kläger, der Volljurist ist und Leistungen nach dem [X.] bezog, beantragte beim zuständigen Grundsicherungsträger die Übernahme der Kosten für [X.] zum Sozial- und Verwaltungsrecht. Den Antrag lehnte der Grundsicherungsträger mit [X.]escheid vom 27.3.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] ab. Hiergegen erhob der Kläger am 24.4.2009 Klage beim [X.], die zunächst unter dem Aktenzeichen [X.] AS 1675/09 geführt wurde, und begehrte die Übernahme der Kosten und die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Nichtbewilligung der Kostenübernahme für die beiden [X.]. Nach Klageerwiderung und einem Ablehnungsgesuch des [X.] vom 5.2.2010 gegen die zuständige [X.] wegen [X.]esorgnis der [X.]efangenheit, das vom L[X.] mit [X.]eschluss vom [X.] (L 1 SF 38/10) zurückgewiesen wurde, wechselte das Verfahren in die Zuständigkeit einer anderen Kammer. Dort wurde es unter dem Aktenzeichen [X.] AS 1675/09 fortgeführt. Deren Vorsitzende beraumte am 14.10.2011 in diesem und in 14 weiteren Klageverfahren des [X.] einen Erörterungstermin auf den 16.11.2011 an. Am 15.11.2011 hob das [X.] den Termin wegen Verhinderung des Terminsvertreters des beklagten [X.] auf und verlegte diesen auf den 11.1.2012. Mit einem nicht zum Klageverfahren [X.] AS 1675/09 gelangten Schreiben vom 15.11.2011 zum Aktenzeichen "[X.] AS 1137/09 u.a.", beim [X.] eingegangen am 17.11.2011, rügte der Kläger die Verschiebung des Erörterungstermins und "die generellen Verzögerungen der zum Teil bereits seit [X.]eginn des Jahres 2009 anhängigen Verfahren". In dem am 11.1.2012 durchgeführten Erörterungstermin zu dem Klageverfahren [X.] AS 1675/09 erklärte der Kläger den Feststellungsantrag bezüglich des [X.] Verwaltungsrecht für erledigt. Mit [X.]eschluss des [X.] vom [X.] wurde das Klageverfahren [X.] AS 1675/09 mit dem Klageverfahren [X.] AS 1137/09 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Aktenzeichen [X.] AS 1137/09 fortgeführt. Nach weiteren Schreiben des [X.] wies das [X.] nach mündlicher Verhandlung vom [X.] mit Urteil vom selben Tag die Klagen ab.

3

Gegen das ihm am [X.] zugestellte Urteil des [X.] erhob der Kläger [X.]erufung beim L[X.], die (zusammen mit einer hinzuverbundenen [X.]erufung) durch [X.]eschluss vom 22.3.2017 zurückgewiesen wurde. Seine Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom [X.][X.] mit [X.]eschluss vom 23.1.2018 ([X.] A[X.]8/17 [X.]) als unzulässig verworfen.

4

Nachdem das L[X.] als Entschädigungsgericht mit [X.]eschluss vom 11.4.2014 dem Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Klage auf Entschädigung von 2000 Euro wegen überlanger Dauer des beim [X.] unter dem Aktenzeichen [X.] 1675/09 geführten Klageverfahrens (nachfolgend: Ausgangsverfahren) bewilligt hatte, hat der Kläger am 15.4.2014 [X.] in dieser Höhe erhoben. Mit Urteil vom [X.] hat das Entschädigungsgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Entschädigung. Im Ausgangsverfahren seien zwar bereits bis zum 3.12.2011 ([X.]punkt des Inkrafttretens des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren <[X.]>) Phasen gerichtlicher Inaktivität im Umfang von 20 Kalendermonaten und im restlichen [X.]abschnitt bis zur Urteilszustellung im Umfang von weiteren 7 Kalendermonaten aufgetreten. Abzüglich einer Vorbereitungs- und [X.]edenkzeit von 12 Monaten übersteige die Verfahrensdauer das angemessene Maß um 15 Kalendermonate. Es fehle aber an einer vom Kläger unverzüglich erhobenen Verzögerungsrüge. Da das Ausgangsverfahren schon zum [X.]punkt des Inkrafttretens des [X.] am 3.12.2011 verzögert gewesen sei, hätte die Verzögerungsrüge vom Kläger binnen drei Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes beim Ausgangsgericht erhoben werden müssen. Von den vom Kläger als [X.] benannten Schreiben vom 15.11.2011, 22.12.2011, 17.7.2012, [X.], [X.] und [X.] seien nur die Schreiben vom 15.11.2011 und 22.12.2011 vor Ablauf dieser Dreimonatsfrist beim [X.] eingegangen. [X.]ei dem Schreiben des [X.] vom 15.11.2011 handele es sich bereits deshalb nicht um eine Verzögerungsrüge, weil maßgeblich allein Äußerungen seien, die nach dem Inkrafttreten des [X.] an das Ausgangsgericht herangetragen worden seien. Auch das [X.] des [X.] vom 22.12.2011 sei keine auf das Ausgangsverfahren bezogene Verzögerungsrüge. Dieses Schreiben weise weder das Aktenzeichen des Ausgangsverfahrens aus noch sei es zu dessen Akte gelangt. Zwar sei ihm zu entnehmen, dass der Kläger die überlange Dauer seiner "bereits seit fast drei Jahren anhängigen Fälle" rügen wolle. Damit sei der Kreis der wegen überlanger Dauer gerügten Verfahren aber nicht eindeutig zu bestimmen. Daran ändere auch die [X.]ezugnahme auf das Schreiben vom 15.11.2011 nichts. Eine Verzögerungsrüge müsse sich auf ein konkret mit Aktenzeichen benanntes oder auf andere Weise eindeutig [X.] Ausgangsverfahren beziehen, sonst werde sie ihrer Warnfunktion nicht gerecht. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass hier sämtliche Verfahren des [X.] bei einer Kammer anhängig gewesen seien. [X.] bleiben könne, ob die Schreiben des [X.] vom 17.7.2012 und [X.] als Verzögerungsrügen für das erstinstanzliche Ausgangsverfahren zu werten seien. Denn für die [X.] ab dem möglichen Rügezeitpunkt 17.7.2012 liege keine entschädigungspflichtige Verzögerung (7 Kalendermonate Verzögerung abzüglich 12 Kalendermonate Vorbereitungs- und [X.]edenkzeit) vor.

5

Gegen dieses Urteil des Entschädigungsgerichts richtet sich die Revision des [X.]. Er rügt eine Verletzung des § 198 [X.] und des Art 23 [X.] sowie der §§ 133, 157 [X.]G[X.] und führt ua aus, das Entschädigungsgericht habe zu Unrecht sein auf das Schreiben vom 15.11.2011 [X.]ezug nehmendes Schreiben vom 22.12.2011 nicht als Verzögerungsrüge ausgelegt, indem es keine unter [X.]erücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips am wirklichen Willen des Entschädigungsklägers orientierte Auslegung vorgenommen habe. Eine besondere Form für die Verzögerungsrüge sei nicht vorgeschrieben. Daher könne sie ohne [X.]enennung eines Aktenzeichens in einem Sammelschreiben beim Gericht erhoben werden. Könne [X.] einer Verzögerungsrüge nicht entnehmen, auf welches Verfahren sie sich beziehe, habe er die Pflicht beim [X.]den nachzufragen.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.]sozialgerichts [X.]erlin-[X.]randenburg vom 24. Januar 2019 aufzuheben und das beklagte Land zu verurteilten, dem Kläger wegen der unangemessenen Dauer des vor dem [X.] zunächst unter dem Aktenzeichen [X.] AS 1675/09 und zuletzt unter dem Aktenzeichen [X.] AS 1137/09 geführten Klageverfahrens eine Entschädigung in Höhe von 2000 Euro zu zahlen.

7

Das beklagte Land beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Es hält das angefochtene Urteil des Entschädigungsgerichts für zutreffend.

9

Die [X.]eteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2, § 153 Abs 1, § 165 Satz 1 [X.]G).

Entscheidungsgründe

[X.]ie zulässige Revision des [X.] ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). [X.]as Entschädigungsgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger mangels wirksamer Verzögerungsrüge iS des § 198 Abs 3 [X.] keinen Anspruch auf Entschädigung wegen unangemessener [X.]auer eines Gerichtsverfahrens nach § 198 Abs 1 Satz 1 [X.] hat.

A. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist der vom Kläger ausschließlich geltend gemachte Anspruch auf Geldentschädigung iHv 2000 Euro wegen überlanger [X.]auer des vor dem [X.] zunächst unter dem Aktenzeichen [X.] A[X.]75/09, sodann unter dem Aktenzeichen [X.] A[X.]75/09 und zuletzt unter dem Aktenzeichen [X.] AS 1137/09 geführten Klageverfahrens. Potentiell entschädigungspflichtig ist zwar gemäß § 198 Abs 6 [X.] [X.] der gesamte [X.]raum eines Gerichtsverfahrens von dessen Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. [X.]ie vom Kläger im Rahmen seiner [X.]ispositionsbefugnis (vgl § 123 [X.]G) vorgenommene Begrenzung der [X.] auf den Ausgleich des ihm infolge der unangemessenen [X.]auer des Klageverfahrens entstandenen Nachteils ist prozessrechtlich zulässig.[X.]ie Beschränkung auf einen Verfahrenszug - hier des Klageverfahrens - stellt einen abtrennbaren Teil des [X.] wegen unangemessener [X.]auer eines über mehrere Instanzen geführten Gerichtsverfahrens dar (vgl [X.]surteil vom 12.2.2015 - [X.] [X.] 1/13 R - [X.], 91 = [X.]-1720 § 198 [X.], Rd[X.]1; BVerwG Urteil vom [X.] - 5 C 1/13 [X.] - juris Rd[X.]1 - 13).

[X.]er [X.] hat das Begehren des [X.] sowohl in prozessualer als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht an §§ 198 ff [X.] zu messen, weil das [X.] in seinem Fall anwendbar war. Art 23 Satz 1 Alternative 1 [X.] eröffnet Entschädigungsansprüche auch für solche Verfahren, die wie das Ausgangsverfahren bei Inkrafttreten des [X.] am 3.12.2011 bereits anhängig waren.

B. [X.]ie [X.] ist zulässig.

1. [X.]ie [X.] ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs 5 [X.]G; vgl stRspr, zB [X.]surteil vom 12.2.2015 - [X.] [X.] 11/13 R - [X.], 102 = [X.]-1720 § 198 [X.], Rd[X.]5; [X.]surteil vom [X.] - [X.] [X.] 2/14 R - [X.]-1720 § 198 [X.] Rd[X.]7).

2. [X.]ie Wartefrist des § 198 Abs 5 Satz 1 [X.] iVm Art 23 Satz 1 [X.], wonach eine [X.] frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden kann, ist ausgehend von dem am 22.12.2011 beim [X.] als Ausgangsgericht per Telefax zum Aktenzeichen [X.] AS 2934/11 eingegangenen Schreiben vom selben Tage, das der Kläger als unverzüglich erhobene Verzögerungsrüge verstanden wissen will, gewahrt. [X.]enn der Kläger hat die [X.] beim L[X.] als Entschädigungsgericht (§ 201 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 202 Satz 2 [X.]G) erst am 15.4.2014 erhoben.

3. Auch die Klagefrist des § 198 Abs 5 Satz 2 [X.] hat der Kläger eingehalten. Er hat bereits vor Rechtskraft des Ausgangsverfahrens einen Antrag auf [X.] für das beabsichtigte Entschädigungsverfahren gestellt und nach Zustellung des [X.] bewilligenden Beschlusses des Entschädigungsgerichts vom 11.4.2014 unverzüglich am 15.4.2014 Klage erhoben.

C. [X.]ie [X.] ist unbegründet.

[X.]em Kläger steht kein Entschädigungsanspruch zu. [X.]enn er hat keine Verzögerungsrüge bezogen auf das Ausgangsverfahren erhoben.

Zu Recht ist das Entschädigungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass dem vom Kläger geltend gemachten Entschädigungsanspruch zunächst Art 23 Satz 2 [X.] iVm § 198 Abs 3 [X.] entgegensteht, weil der Kläger keine Verzögerungsrüge unverzüglich iS des Art 23 Satz 2 [X.] - dh spätestens drei Monate nach Inkrafttreten des [X.] - beim Ausgangsgericht bezogen auf das hier einschlägige Ausgangsverfahren erhoben hat (dazu unter 1.). Wird die Verzögerungsrüge in einem beim Inkrafttreten des [X.] bereits anhängigen Verfahren nicht unverzüglich erhoben, ist eine Entschädigung zwar nur bis zum tatsächlichen [X.]zeitpunkt ausgeschlossen. [X.]ahingestellt bleiben kann, ob die vom Kläger verfassten Schreiben vom 17.7.2012 und [X.] als Verzögerungsrügen in Bezug auf das Ausgangsverfahren anzusehen sind. Selbst wenn bereits das Schreiben vom 17.7.2012 eine das Ausgangsverfahren betreffende Verzögerungsrüge beinhalten sollte, ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Entschädigungsgericht die [X.]spanne ausgehend von einem möglichen [X.]zeitpunkt vom 17.7.2012 bis zum Abschluss des Ausgangsverfahrens im April 2013 nicht als eine entschädigungspflichtige Verzögerung gewertet hat (dazu unter 2.).

1. Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter gemäß § 198 Abs 3 Satz 1 [X.] nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die [X.]auer des Verfahrens gerügt hat. [X.]ie Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen [X.] abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist (§ 198 Abs 3 Satz 2 [X.]). Für anhängige Verfahren, die im [X.]punkt des Inkrafttretens des [X.] am 3.12.2011 schon verzögert waren, gilt dies mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten des Gesetzes erhoben werden muss (Art 23 Satz 2 [X.]). In diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge den Entschädigungsanspruch auch für den vorangegangenen [X.]raum (Art 23 Satz 3 [X.]; vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zum [X.] vom 17.11.2010, BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Art 22; [X.]surteil vom 7.9.2017 - [X.] [X.] 3/16 R - [X.]-1720 § 198 [X.] Rd[X.]9; [X.]sbeschluss vom 26.10.2015 - [X.] [X.] 13/15 B - juris RdNr 6; [X.] Urteil vom 17.7.2014 - [X.] - juris Rd[X.]5). Für bereits vor dem Inkrafttreten des [X.] erhobene Verzögerungsrügen gilt dies allerdings nicht. [X.]a sie keine präventive Warnfunktion iS des § 198 Abs 3 [X.] entfalten konnten, sind sie nicht geeignet, einen Entschädigungsanspruch zu begründen ([X.]sbeschluss vom 26.10.2015 - [X.] [X.] 13/15 B - juris RdNr 6; [X.]sbeschluss vom 12.2.2015 - [X.] [X.] 11/14 B - juris Rd[X.]3; [X.] Urteil vom 17.7.2014 - [X.] - juris Rd[X.]5; [X.] Urteil vom 20.8.2014 - X K 9/13 - juris Rd[X.]1; [X.] [X.] vom 7.11.2013 - [X.]/12 - juris Rd[X.]5).

[X.]as Ausgangsverfahren vor dem [X.] war bereits zum [X.]punkt des Inkrafttretens des [X.] verzögert (dazu unter a). [X.]er Kläger hat jedoch bezogen auf dieses Verfahren keine Verzögerungsrüge innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist (Art 23 Satz 2 [X.]) erhoben (dazu unter b).

a) [X.]as Ausgangsverfahren war nach den Feststellungen des Entschädigungsgerichts bereits im [X.]punkt des Inkrafttretens des [X.] verzögert. [X.]ies steht zu Recht zwischen den Beteiligten außer Streit. [X.]as Entschädigungsgericht hat insoweit bereits Phasen gerichtlicher Inaktivität im Umfang von 20 Kalendermonaten festgestellt, so dass auch nach Abzug einer Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten eine überlange Verfahrensdauer von 8 Monaten gegeben war und damit eine rügepflichtige Situation vorlag. Ob zu diesem [X.]punkt bereits weitere Verzögerungsmonate zu verzeichnen sind, wie der Kläger meint, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung.

b) [X.]er Kläger hat keine Verzögerungsrüge bezogen auf das Ausgangsverfahren unverzüglich iS des Art 23 Satz 2 [X.] beim Ausgangsgericht erhoben.

Unverzüglich ist eine Verzögerungsrüge erhoben, wenn sie spätestens drei Monate nach Inkrafttreten des [X.] beim Ausgangsgericht eingegangen ist (stRspr, zB [X.]surteil vom 7.9.2017 - [X.] [X.] 3/16 R - [X.]-1720 § 198 [X.] Rd[X.]9; [X.]surteil vom [X.] - [X.] [X.] 2/14 R - [X.]-1720 § 198 [X.] Rd[X.]7; [X.] Urteil vom 17.7.2014 - [X.] - juris Rd[X.]2; [X.] Urteil vom 20.8.2014 - X K 9/13 - juris Rd[X.]3). [X.]a das [X.] am 3.12.2011 in [X.] trat, lag von den vom Kläger als "Verzögerungsrügen" bezeichneten Schreiben nur das am 22.12.2011 beim [X.] per Telefax zum Aktenzeichen [X.] AS 2934/11 eingegangene Schreiben vom selben Tag noch innerhalb der dem Kläger eingeräumten [X.]reimonatsfrist. [X.]as Schreiben vom 15.11.2011 scheidet - wie oben ausgeführt - schon deshalb als (eigenständige) Verzögerungsrüge iS des § 198 Abs 3 [X.] aus, weil es vor Inkrafttreten des [X.] beim [X.] eingegangen war. [X.]ie Anforderungen an eine den Vorgaben des [X.] entsprechende Verzögerungsrüge (dazu unter c) werden von dem Schreiben des [X.] vom 22.12.2011 bezogen auf das hier einschlägige Ausgangsverfahren hingegen nicht erfüllt (dazu unter d).

c) Welche konkreten Anforderungen an eine Verzögerungsrüge zu stellen sind, hat der [X.]-Gesetzgeber nicht normiert. Vielmehr stellt der Wortlaut des insoweit maßgeblichen § 198 Abs 3 [X.] keine besonderen Anforderungen an die Form oder den Mindestinhalt einer Verzögerungsrüge (vgl [X.] Beschluss vom 17.12.2015 - 1 BvR 3164/13 - juris RdNr 30; [X.] [X.] vom 7.11.2013 - [X.]/12 - juris Rd[X.]7). [X.]er Norm ist lediglich zu entnehmen, dass ein Verfahrensbeteiligter (§ 198 Abs 6 [X.] [X.]) nur dann eine Entschädigung erhält, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die [X.]auer des Verfahrens gerügt hat (Satz 1). [X.]ie Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen [X.] abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist (Satz 2). Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die [X.] hierauf hinweisen (Satz 3). Anderenfalls werden sie vom Entschädigungsgericht bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt (Satz 4). Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge (Satz 5).

Ein Schriftformerfordernis statuiert § 198 [X.] für die Verzögerungsrüge anders als im verfassungsgerichtlichen Verfahren nicht (vgl § 97b Abs 1 Satz 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz - [X.]G). In den Gesetzesmaterialien ist allerdings verlautbart, dass die Verzögerungsrüge auch mündlich erhoben werden kann (BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Abs 5 Satz 1; zustimmend [X.] [X.] vom 7.11.2013 - [X.]/12 - juris Rd[X.]7; zur Problematik des Formerfordernisses einer Verzögerungsrüge s auch [X.], jurisPR-[X.] 19/2019 [X.] 4). [X.]er [X.] hat diese Frage bislang offen gelassen ([X.]surteil vom [X.] - [X.] [X.] 2/14 R - [X.]-1720 § 198 [X.] Rd[X.]8). Allerdings dürfte die schriftliche Einlegung einer Verzögerungsrüge zur Sicherstellung der Nachweisbarkeit für ein späteres Entschädigungsverfahren ratsam sein ([X.] in [X.]/Voelzke, jurisPK-[X.]G, 1. Aufl 2017, Stand: [X.], § 198 [X.] RdNr 87; [X.], jurisPR-[X.] 19/2019 [X.] 4 C mwN).

[X.]ie Verzögerungsrüge ist in jedem Fall beim [X.] des Ausgangsverfahrens anzubringen. [X.]ies folgt aus der Zweckbestimmung einer Verzögerungsrüge. Hierzu heißt es in den Gesetzesmaterialien, dass die Verzögerungsrüge dem das Ausgangsverfahren "bearbeitenden [X.]" - soweit erforderlich - die (zukunftsgerichtete) Möglichkeit zu einer beschleunigten Verfahrensförderung eröffnen und insofern als Vorwarnung dienen soll (BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Abs 3 Satz 1). [X.]anach hat die Verzögerungsrüge den Charakter einer "Mahnung" (so [X.], [X.]b 2014, 293, 295) an den beim Ausgangsgericht mit der konkreten Sache befassten [X.], eine drohende Verzögerung zu verhindern oder eine reale Verzögerung zu beseitigen und das Verfahren zügig zum Abschluss zu bringen. [X.]eshalb muss die Verzögerungsrüge nach § 198 Abs 3 Satz 1 [X.] bei dem Gericht erhoben werden, bei dem das Verfahren ("die Sache") anhängig ist (vgl BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Abs 3 Satz 1). [X.]amit korrespondierend bestimmt § 198 Abs 3 Satz 5 [X.], dass es einer "erneuten Verzögerungsrüge" bedarf, wenn sich das Verfahren bei einem "anderen Gericht" (zB höheres Gericht im Instanzenzug) weiter verzögert (vgl BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Abs 3 Satz 5). [X.]er Gesetzgeber geht davon aus, dass die mit einer Verzögerungsrüge bezweckte Warn- und Beschleunigungsfunktion nur dann hinreichend zum Tragen kommen kann, wenn sie unmittelbar gegenüber dem [X.] erhoben wird, der das Ausgangsverfahren zu bearbeiten und zu entscheiden hat (ebenso [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 [X.] Rd[X.]04; vgl in diesem Kontext auch BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu § 198 Abs 3 Satz 2, wonach ein Abweichen von der in § 198 Abs 2 Satz 3 [X.] normierten pauschalierten Entschädigungshöhe nach § 198 Abs 2 Satz 4 GG gerechtfertigt sein kann, wenn keine "weitere [X.]" erhoben wird, obwohl sich dies angesichts des [X.] - wie etwa bei einem "[X.]wechsel" - aufdrängt).

An den Inhalt einer Verzögerungsrüge sind nach dem Willen des [X.]-Gesetzgebers nur geringe Anforderungen zu stellen (vgl bereits [X.]surteil vom 12.2.2015 - [X.] [X.] 11/13 R - [X.], 102 = [X.]-1720 § 198 [X.], RdNr 32). Ausweislich der Gesetzesmaterialien muss der Beteiligte lediglich zum Ausdruck bringen, dass er mit der Verfahrensdauer nicht einverstanden ist und eine Beschleunigung des Verfahrens verlangt (BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Abs 3 Satz 3). Ist dies dem Inhalt einer Erklärung in Verbindung mit den Umständen, die für das Gericht offensichtlich sind, zu entnehmen, so wäre es eine bloße [X.], diese Erklärung allein deshalb nicht als Verzögerungsrüge anzusehen, weil sie nicht als solche ausdrücklich bezeichnet oder - insbesondere von nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten - unzulänglich formuliert ist (vgl [X.] Beschluss vom 17.12.2015 - 1 BvR 3164/13 - juris RdNr 31 f; [X.] [X.] vom 7.11.2013 - [X.]/12 - juris Rd[X.]7; [X.], [X.] 2014, 118, 120; [X.], M[X.]R 2013, 1147, 1148).

[X.]er die Verfahrensdauer rügende Beteiligte muss nicht begründen, woraus sich die Unangemessenheit der Verfahrensdauer ergibt und welche Alternativen zur Verfahrensgestaltung in Betracht kommen (anders im verfassungsgerichtlichen Verfahren, wonach nach § 97b Abs 1 Satz 3 [X.]G die Umstände, die die Unangemessenheit der Verfahrensdauer begründen, darzulegen sind). Vorbild für diese Gestaltung ist nach den Gesetzesmaterialien der Widerspruch im Verwaltungsverfahren, an dessen Inhalt keine hohen Anforderungen gestellt werden (BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Abs 3 Satz 3; Guckelberger, [X.]ÖV 2012, 291, 293; vgl zum Widerspruch im Sozialverwaltungsverfahren B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, § 83 Rd[X.], wonach bei der Auslegung eine "großzügige Handhabung ratsam" sei). Unterlässt es der [X.]nde Umstände zu benennen, die für das Maß der gebotenen Zügigkeit wichtig, aber noch nicht in das Verfahren eingeführt sind, ordnet § 198 Abs 3 Satz 4 [X.] an, dass diese Aspekte bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht zu berücksichtigen sind. Aus der benannten Regelung kann indes nicht abgeleitet werden, dass eine Pflicht zur Begründung besteht, bei deren Fehlen der Verzögerungsrüge eben diese Rechtsnatur abgesprochen werden kann (vgl BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Abs 3 Satz 3, Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des [X.]eutschen Bundestags <6. Ausschuss> vom 28.9.2011, BT-[X.]rucks 17/7217 [X.]). Eine Verletzung der Hinweispflicht des [X.] nach § 198 Abs 3 Satz 3 [X.] kann gemäß § 198 Abs 3 Satz 4 [X.] somit lediglich zu einer Verkürzung der entschädigungsrelevanten Überlänge führen (vgl [X.]surteil vom 12.2.2015 - [X.] [X.] 11/13 R - [X.], 102 = [X.]-1720 § 198 [X.], RdNr 32, 34).

[X.]ie Verzögerungsrüge ist eine materielle Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch ([X.]sbeschluss vom 13.7.2017 - [X.] [X.] 2/17 B - juris Rd[X.]1; [X.]sbeschluss vom 27.6.2013 - [X.] [X.] 9/13 B - [X.]-1710 Art 23 [X.] Rd[X.]7; ebenso [X.] [X.] vom 7.11.2013 - [X.]/12 - juris Rd[X.]4). Sie stellt als solche eine haftungsbegründende Obliegenheit des (späteren) Entschädigungsklägers dar (BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Abs 3 Satz 3; Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des [X.], BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu [X.]8; [X.] Urteil vom 17.7.2014 - [X.] - juris Rd[X.]; [X.] in [X.]/[X.], Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 4 Rd[X.]2; Söhngen in [X.], [X.]G, § 202 RdNr 83, Stand der Einzelkommentierung: Februar 2016).

[X.]ie Verzögerungsrüge ist aber kein eigenständiger (präventiver) Rechtsbehelf (BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Abs 3 Satz 3 und [X.] zu [X.]8). Bei ihr handelt es sich auch nicht um eine Prozesshandlung im engeren Sinne, weil sie auf das Prozessrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten und dem Gericht im Ausgangsverfahren nicht unmittelbar rechtsgestaltend einwirkt ([X.] [X.] vom 7.11.2013 - [X.]/12 - juris Rd[X.]8; [X.] in [X.]/[X.], Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 4 Rd[X.]3). [X.]er [X.] lässt dahinstehen, ob deshalb die an Prozesshandlungen zu stellenden Anforderungen im Hinblick auf die Klarheit, Eindeutigkeit und Bedingungsfeindlichkeit derartiger Äußerungen für die Verzögerungsrüge nicht gelten (so aber [X.] [X.] vom 7.11.2013 - [X.]/12 - juris Rd[X.]8). Jedenfalls weist die Verzögerungsrüge Elemente einer Prozesshandlung auf. So gelten für sie bestimmte Fristen (vgl § 198 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 2 [X.], Art 23 Satz 2 [X.]). Vor allem aber soll sie dazu dienen, das Ausgangsverfahren zu beschleunigen, weshalb sie in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich auch als "Beschleunigungsrüge" bezeichnet wird (BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Abs 3 Satz 3). Sie soll im jeweiligen Einzelfall eine "[X.] Beschleunigungswirkung" (so BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu [X.]) auf das Ausgangsverfahren entfalten und nach der gesetzlichen Konzeption so dazu beitragen, dass es nicht zu einer (weiteren) entschädigungspflichtigen Verzögerung kommt (BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Abs 3 Satz 1). Insbesondere diese prozessuale Beschleunigungsfunktion der Verzögerungsrüge rechtfertigt es, sie als "Prozesshandlung eigener Art" (so [X.], jurisPR-[X.] 19/2019 [X.] 4 C; [X.] in [X.], § 9 RdNr 63h, Stand der Einzelkommentierung: Juni 2016; [X.], [X.], 2. Aufl 2013, Anhang zu § 9 Rd[X.]5) oder als "prozesshandlungsähnliches Rechtsinstitut" (so [X.], [X.]ie Kompensation der verlorenen [X.] - Wenn Prozesse Pause machen, 2017, S 1044) anzusehen.

Wegen des prozesshandlungsähnlichen Rechtscharakters sind im sozialgerichtlichen Verfahren für die Auslegung einer Erklärung als Verzögerungsrüge gleichwohl die für [X.] geltenden Auslegungsgrundsätze entsprechend heranzuziehen (vgl im Ergebnis auch [X.] Beschluss vom 17.12.2015 - 1 BvR 3164/13 - juris RdNr 33 f). Hierbei ist die Auslegungsregel des § 133 BGB für Willenserklärungen entsprechend anzuwenden (vgl [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 [X.] Rd[X.]09; [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, § 198 [X.] Rd[X.]19). Maßstab der Auslegung ist der objektive Empfängerhorizont (B[X.] Urteil vom 12.12.2013 - [X.] AS 17/13 R - [X.]-1500 § 192 [X.] Rd[X.]8; [X.] in [X.]/Voelzke, jurisPK-[X.]G, 1. Aufl 2017, Stand: [X.], § 198 [X.] RdNr 88 mwN). [X.]abei ist der Grundsatz einer rechtsschutzgewährenden Auslegung zu beachten (vgl [X.] Beschluss vom 17.12.2015 - 1 BvR 3164/13 - juris RdNr 33; [X.] Urteil vom 26.10.2016 - [X.] - juris Rd[X.]8).

Für die Frage, ob eine Erklärung eine Verzögerungsrüge darstellt und welchen Inhalt sie hat, ist demnach nicht der innere Wille des erklärenden Beteiligten maßgebend, sondern der erklärte Wille, wie ihn das Ausgangsgericht bei objektiver Würdigung unter Berücksichtigung aller erkennbarer Umstände des Einzelfalls zu verstehen hatte (vgl [X.]surteil vom 13.12.2018 - [X.] [X.] 4/16 R - [X.]-1500 § 92 [X.] Rd[X.]7 zur Auslegung eines Klageantrags einer [X.]; B[X.] Urteil vom [X.] - B 9 SB 2/16 R - [X.]-1500 § 92 [X.] Rd[X.]2 zur Auslegung eines Klageantrags im Schwerbehindertenverfahren; BVerwG Urteil vom 27.4.1990 - 8 C 70/88 - juris Rd[X.]3 zur Auslegung eines mehrdeutigen Schriftsatzes als Klageschrift; [X.]sbeschluss vom 12.12.2019 - [X.] [X.] B - juris Rd[X.] allgemein zur Auslegung von [X.]). [X.]abei ist am Wortlaut anzusetzen, aber nicht buchstäblich daran zu haften, vielmehr tritt er hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist zugunsten des Erklärenden davon auszugehen, dass er diejenige Erklärung abgeben will, die seiner wohlverstandenen Interessenlage entspricht und eingelegt werden muss, um das erkennbar angestrebte Ziel zu erreichen (vgl [X.] Beschluss vom 17.12.2015 - 1 BvR 3164/13 - juris RdNr 33; BVerwG Urteil vom [X.] - juris Rd[X.]3; BVerwG Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 - juris RdNr 8; [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, § 198 [X.] Rd[X.]19). [X.]ie Auslegung muss sich am Gesamtinhalt des aus den eingereichten Schriftsätzen erkennbaren Rechtsschutzbegehrens des Erklärenden ausrichten. Gegebenenfalls hat sie deshalb auch den Inhalt mehrerer zum Ausgangsverfahren ergangener Schriftsätze im Zusammenhang zu bewerten (vgl [X.] Beschluss vom 17.12.2015 - 1 BvR 3164/13 - juris RdNr 37; [X.]surteil vom 13.12.2018 - [X.] [X.] 4/16 R - [X.]-1500 § 92 [X.] Rd[X.]7; B[X.] Urteil vom 22.3.1988 - 8/5a [X.] - juris Rd[X.]1; [X.] in [X.]/Voelzke, jurisPK-[X.]G, 1. Aufl 2017, Stand: [X.], § 198 [X.] RdNr 88).

[X.]ie Auslegung einer Erklärung als Verzögerungsrüge durch das Entschädigungsgericht ist vom Revisionsgericht in vollem Umfang und ohne Bindung an die vorinstanzliche Auslegung zu überprüfen (vgl auch [X.] [X.] vom 7.11. 2013 - [X.]/12 - juris Rd[X.]9 f; vgl zu [X.]: [X.]surteil vom 7.9.2017 - [X.] [X.] 1/17 R - [X.]-1710 Art 23 [X.] Rd[X.]9; B[X.] Urteil vom 23.2.2017 - B 11 [X.] 2/16 R - juris Rd[X.]5).

d) Nach den vorgenannten Maßstäben handelt es sich bei dem per Telefax beim [X.] eingegangenen Schreiben des [X.] vom 22.12.2011 nicht um eine Verzögerungsrüge bezogen auf das hier allein in Rede stehende Ausgangsverfahren.

aa) [X.]em steht bereits entgegen, dass dieses Schreiben vom Kläger zu einem Klageverfahren mit dem Aktenzeichen [X.] AS 2934/11 übersandt und deshalb nicht zur Akte des Ausgangsverfahrens gelangt ist. Schon aus diesem Grund konnte das Schreiben den vom [X.]-Gesetzgeber mit einer Verzögerungsrüge verfolgten Zweck einer präventiven Warnung an den mit der konkreten Sache befassten [X.], dass er das Ausgangsverfahren fördern und in angemessener [X.] zum Abschluss bringt soll, nicht erfüllen. [X.]ass das [X.] dieses vom Kläger ausdrücklich nur mit dem Aktenzeichen [X.] AS 2934/11 gekennzeichnete Schreiben fehlerhaft dem mit einem anderen Aktenzeichen versehenen Ausgangsverfahren nicht zugeordnet hat, ist für den [X.] nicht ersichtlich.

bb) Unabhängig davon stellt es aber auch von seinem Inhalt her keine auf das Ausgangsverfahren bezogene Verzögerungsrüge dar.

Bei dem Schreiben vom 22.12.2011 handelt es sich um ein an diesem Tag beim [X.] eingegangenes 21-seitiges Telefax. Auf seiner ersten Seite befindet sich ein vom Kläger selbst erstelltes Empfangsbekenntnis zu der am 19.12.2011 vom [X.] abgesandten Ladung zum 11.1.2012 um 9.30 Uhr in dem Rechtsstreit [X.] AS 2934/11. Auf Seite 2 des Faxes (Seite 3 ist inhaltsgleich) wird unter 1.) auf die anliegende Kopie eines mehrseitigen [X.] (Seiten 4 ff des Faxes) hingewiesen. Unter 2.) bittet der Kläger das Gericht um einen "ungefähren Ablaufplan" der Verhandlung. Unter 3.) heißt es schließlich ua wie folgt:

"Im Übrigen hätte der Kläger sich angesichts seines Schreibens vom 15. November 2011 mit seiner Beschwerde über eine kurzfristige Verschiebung des anberaumten [X.] eine Stellungnahme des Gerichts erwünscht.

An dieser Stelle kann der Kläger deshalb [X.] die bisherigen [X.] in der Bearbeitung seiner bereits seit fast drei Jahren anhängigen Fälle rügen. Es wäre eine Sache, wenn in den anhängigen Fällen immer etwas geschehen wäre. Tatsache aber ist, dass diese größtenteils bei Gericht einfach nur rumlagen und absolut nichts geschehen ist.

[X.]er Kläger hat seine Klage eingereicht. [X.]ie Beklagte hat auf die Klage erwidert - meistens nur mit Verweis auf die Ausführungen in den [X.]. Und dann ist - bis zur Anberaumung der mündlichen Verhandlung [X.] - nichts mehr geschehen. Und die mündliche Verhandlung wurde dann auch noch ohne wirkliche Angabe von Gründen einfach verschoben.

In Anbetracht, dass es sich hier um Fälle aus dem Rechtskreis des [X.]B II handelt, also um Fälle, bei denen es um das [X.] Existenzminimum geht, ist das besonders bedauerlich. (…)"

Zwar ist diesem Schreiben - wenn auch in der vom prozesserfahrenen Kläger gewählten äußeren Aufmachung überraschend und an eher versteckter Stelle (vgl hierzu Lückemann in [X.], ZPO, 33. Aufl 2020, § 198 [X.] Rd[X.]) - bei der gebotenen rechtsschutzgewährenden Auslegung zu entnehmen, dass der Kläger die überlange [X.]auer von Verfahren "aus dem Rechtskreis des [X.]B II" rügen wollte. Bei diesen Verfahren handelt es sich nach dem Wortlaut der Erklärung um seine "bereits seit fast drei Jahren anhängigen Fälle", die "größtenteils bei Gericht einfach nur rumlagen" und bei denen bis auf Klageeinreichung und Klageerwiderung "absolut nichts geschehen" sei.

[X.]iese unbestimmten Angaben des [X.] ermöglichen dem [X.] aber keine klare Zuordnung zu den Verfahren, deren überlange [X.]auer der Kläger mit diesen Äußerungen möglicherweise konkret rügen wollte. Zwar könnten die Formulierung "seiner bereits seit fast drei Jahren anhängigen Fälle" und der Hinweis auf den kurzfristig verschobenen Verhandlungstermin auch auf das streitgegenständliche Ausgangsverfahren hindeuten, das bei Eingang der [X.] seit rund 2 Jahren und 8 Monaten anhängig war und bei dem der bereits anberaumte Erörterungstermin verlegt wurde. [X.]iese [X.]eutung wird jedoch schon dadurch relativiert, dass der Kläger pauschal darauf hinweist, dass in diesen Verfahren "absolut nichts geschehen" sei. Bezogen auf das hier relevante Ausgangsverfahren trifft dies in der vom Kläger gewählten allgemeinen Formulierung jedenfalls insoweit nicht zu, als dass er in diesem Verfahren mit Schreiben vom 5.2.2010 ein Ablehnungsgesuch gegen die für das Ausgangsverfahren zuständige Kammervorsitzende wegen Besorgnis der Befangenheit gestellt hatte und dieses Ablehnungsgesuch vom L[X.] mit Beschluss vom [X.] zurückgewiesen wurde.

Eine hinreichende verfahrensbezogene Konkretisierung ergibt sich schließlich auch nicht aus dem kurzen Hinweis auf das Schreiben vom [X.] [X.]enn der Kläger erwähnt dieses Schreiben lediglich im Zusammenhang mit "seiner Beschwerde über eine kurzfristige Verschiebung des anberaumten [X.]" und beklagt sich in seinem Schreiben vom 22.12.2011 lediglich darüber, dass das Gericht hierzu nicht die vom ihm erwünschte Stellungnahme abgegeben hat. Erschwerend für eine klare Zuordnung zum Ausgangsverfahren kommt in diesem Kontext schließlich noch hinzu, dass das Schreiben vom 22.12.2011 mit einem Aktenzeichen versehen war, welches keinem der 14 Verfahren zugeordnet werden konnte, die vom Ausgangsgericht mit richterlicher Verfügung vom 14.10.2011 zusammen mit dem hier in Rede stehenden Ausgangsverfahren zum Erörterungstermin auf den 16.11.2011 geladen und später mit richterlicher Verfügung vom 14.11.2011 auf den 11.1.2012 verlegt wurden.

cc) Eine Verzögerungsrüge iS des § 198 Abs 3 [X.] muss sich aber auf ein mit Aktenzeichen benanntes oder jedenfalls nach dem Inhalt der Erklärung klar [X.] Verfahren beim Ausgangsgericht beziehen. [X.]enn nur dann kann sie ihre vom Gesetzgeber bezweckte [X.] Beschleunigungswirkung auf das Ausgangsverfahren entfalten.

[X.]ie Benennung eines Aktenzeichens ist zwar keine Rechtspflicht der Beteiligten. Es handelt sich bei ihr vorrangig um eine bloße Ordnungsregel. Sie soll die Weiterleitung eines Schreibens oder Schriftsatzes innerhalb des Gerichts erleichtern und dort für eine rasche verfahrensbezogene Zuordnung und Bearbeitung sorgen (vgl [X.] Beschluss vom 19.3.2018 - 1 BvR 2313/17 - juris Rd[X.]2; [X.] Beschluss vom 12.12.2012 - 2 BvR 1294/10 - juris Rd[X.]; [X.] Beschluss vom 10.6.2003 - [X.]/02 - juris Rd[X.]6; [X.] Beschluss vom 14.3.2017 - 2 Ws 59/17 - juris RdNr 6). Mit dieser Zweckbestimmung unterstützen Aktenzeichen aber die grundsätzliche Zielsetzung des [X.], effektiven Rechtsschutz in angemessener [X.] (Art 19 Abs 4 GG und Art 20 Abs 3 GG sowie Art 6 Abs 1 [X.]) zu gewährleisten (BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu I [X.] und [X.]). Eine klare verfahrensbezogene Zuordnung einer Verzögerungsrüge ist auch deshalb notwendig, weil sie sonst ihre vom [X.]-Gesetzgeber bezweckte Warn- und Beschleunigungsfunktion nicht erfüllen kann. [X.]enn die Verzögerungsrüge soll dem [X.], der das von einem Beteiligten als unangemessen lang empfundene Ausgangsverfahren bearbeitet, zu einer Förderung des Verfahrens anhalten und auf ihn dergestalt mahnend einwirken, dass er das Ausgangsverfahren nunmehr in angemessener [X.] zum Abschluss bringt (vgl BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Abs 3 Satz 1; stRspr, zB [X.]sbeschlüsse vom [X.] - [X.] [X.] 1/19 BH - juris RdNr 8 und [X.] [X.] 2/19 BH - juris RdNr 8; BVerwG Urteil vom 29.2.2016 - 5 C 31/15 [X.] - juris Rd[X.]9). Entsprechend warnen und zur zügigen Arbeit anhalten kann eine Verzögerungsrüge den Ausgangsrichter aber nur, wenn er überhaupt erfährt, dass der Beteiligte im konkreten Verfahren die Verzögerung rügt. [X.]eshalb darf eine Verzögerungsrüge insbesondere bei Beteiligten, die - wie hier der Kläger - eine Vielzahl von Verfahren bei einem Gericht anhängig haben, keinesfalls so allgemein gehalten und formuliert sein, dass es für dieses nicht klar erkennbar ist, welchem oder welchen Verfahren ein solches Schreiben als Verzögerungsrüge zuzuordnen ist. [X.]aran ändert sich in der Regel auch nichts, wenn - wie hier - sämtliche Verfahren nur bei einem Spruchkörper des Gerichts anhängig sind. Selbst dann muss sich aus einer Verzögerungsrüge, die kein oder ein falsches Aktenzeichen trägt, jedenfalls auf andere Weise die Zuordnung zum konkreten Verfahren beim zuständigen Spruchkörper entnehmen lassen. Ist dies nicht möglich, geht die [X.] ins Leere und ist unwirksam.

Für das Erfordernis, dass sich die Verzögerungsrüge auf ein mit Aktenzeichen benanntes oder jedenfalls nach dem Inhalt der Erklärung klar zuordenbares Verfahren beim Ausgangsgericht beziehen muss, spricht auch der spezielle Regelungsgehalt des § 198 Abs 3 [X.] zur [X.]obliegenheit der Beteiligten. Nach § 198 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] kann eine Verzögerungsrüge von einem Beteiligten erst (wirksam) erhoben werden, wenn im jeweiligen Ausgangsverfahren Anlass zur Besorgnis besteht, das Verfahren werde nicht in einer angemessenen [X.] abgeschlossen. Wer eine Verzögerungsrüge bei einem Gericht erheben will, muss daher zunächst in jedem dort anhängigen Verfahren selbst prüfen, ob der konkrete Verfahrensstand diese Besorgnis rechtfertigt, er also (objektive) Anhaltspunkte dafür hat, dass das Verfahren als solches keinen angemessenen zügigen Fortgang nimmt (BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Abs 3 Satz 2; BVerwG Urteil vom 12.7.2018 - 2 WA 1/17 [X.] - juris Rd[X.]2; [X.] Urteil vom 26.10.2016 - [X.] - juris Rd[X.]7; [X.] Urteil vom 21.5.2014 - [X.] 355/13 - juris Rd[X.]6; [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 [X.] Rd[X.]88). Hier ermöglicht dem das Ausgangsverfahren bearbeitenden [X.] nur eine verfahrensbezogene Konkretisierung der [X.] des Beteiligten in der [X.] die Prüfung, ob und welche verfahrensfördernden Maßnahmen er im Hinblick auf diese Äußerung in der (jeweiligen) Sache sinnvollerweise - möglicherweise sogar sofort - einleiten muss. Unabhängig von der stets bestehenden Pflicht des Ausgangsrichters, das Gerichtsverfahren zu fördern und auf eine Entscheidung in angemessener [X.] hinzuwirken (vgl [X.]surteil vom [X.] - [X.] [X.] 12/13 R - [X.]-1720 § 198 [X.] Rd[X.]9; BVerwG Urteil vom 12.7.2018 - 2 WA 1/17 [X.] - juris RdNr 32), besteht allerdings bei einer aus seiner Sicht unzureichenden oder unberechtigten Verzögerungsrüge gegenüber dem [X.] Beteiligten keine Äußerungs-, Hinweis- oder Hinwirkungspflicht nach § 106 Abs 1 [X.]G, weil es sich bei der Verzögerungsrüge nicht um einen (prozessualen oder materiell-rechtlichen) Gesichtspunkt handelt, den das Ausgangsgericht bei seiner verfahrensbeendenden Entscheidung tragend zu berücksichtigen hat (vgl [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 [X.] Rd[X.]77, [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2018, § 198 [X.] Rd[X.]9). Auch eine sonstige Verbescheidung der [X.] durch das Ausgangsgericht hat nicht zu erfolgen (vgl BT-[X.]rucks 17/3802 [X.] zu Abs 3 Satz 1; BT-[X.]rucks 17/7217 [X.]; [X.] in [X.]/[X.], Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 4 Rd[X.]3; [X.] in [X.]/[X.], [X.] zur ZPO, 5. Aufl 2017, § 198 [X.] RdNr 62). Ob im Ausgangsverfahren eine Verzögerungsrüge von einem Beteiligten nach § 198 Abs 3 [X.] wirksam erhoben wurde, hat im Fall einer späteren [X.] allein das Entschädigungsgericht zu prüfen.

Vor allem aber verhält sich insbesondere ein Kläger, der - wie hier - eine Vielzahl von Verfahren beim Ausgangsgericht anhängig hat, widersprüchlich, wenn er einerseits eine Verzögerungsrüge erheben will und damit seinen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz in angemessener [X.] (Art 19 Abs 4 GG und Art 20 Abs 3 GG sowie Art 6 Abs 1 [X.]) anmahnt, andererseits aber die gewünschte Beschleunigung dadurch be- oder gar verhindert, dass er die als überlang empfundenen Verfahren weder durch Aktenzeichen noch auf andere Weise für das Gericht klar bezeichnet. Für einen Beteiligten ist es im Regelfall ohne Weiteres möglich und mit Blick auf die eingeforderte Verfahrensbeschleunigung in jeder Hinsicht zumutbar, dass er das oder die als unangemessen lang empfundenen Verfahren mit den dazugehörigen Aktenzeichen kennzeichnet oder zumindest so konkrete Verfahrensdaten benennt, die dem Gericht eine einfache, klare und zügige Zuordnung der [X.] zum jeweiligen Ausgangsverfahren erlauben (vgl [X.] in [X.] zur ZPO, 5. Aufl 2017, § 198 [X.] Rd[X.]5; [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 [X.] Rd[X.]15; [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, § 198 [X.] Rd[X.]10). [X.]ies gilt im vorliegenden Fall umso mehr als der Kläger Volljurist ist und ihm die üblichen Gepflogenheiten im Rechtsverkehr mit den Sozialgerichten vertraut sind. [X.]as Entschädigungsgericht hat nicht festgestellt, dass der über reichhaltige Prozesserfahrung verfügende Kläger außerstande gewesen ist, eine Verzögerungsrüge zum Aktenzeichen des Ausgangsverfahrens einzureichen. [X.]ies behauptet der Kläger auch selbst nicht.

dd) Musste danach das Schreiben des [X.] vom 22.12.2011 nicht dem Ausgangsverfahren als Verzögerungsrüge zugeordnet werden, kann zur weiteren Präzisierung seines Inhalts nicht auf das zum Verfahren [X.] AS 1137/09 gelangte Schreiben vom 15.11.2011 zurückgegriffen werden. [X.]ies wäre nur dann geboten, wenn das Schreiben vom 22.12.2011 als Verzögerungsrüge zum Ausgangsverfahren gelangt wäre und die für das Ausgangsverfahren zuständige Kammervorsitzende von seinem dann aktenkundigen Inhalt konkret verfahrensbezogene Kenntnis hätte nehmen können. [X.]enn nur unter dieser Voraussetzung käme es darauf an, ob das Schreiben vom 15.11.2011 geeignet ist, den Inhalt des Schreibens vom 22.12.2011 bezogen auf das Ausgangsverfahren zu präzisieren und ihm damit für die zuständige Kammervorsitzende den Erklärungsgehalt einer in diesem Verfahren erhobenen Verzögerungsrüge mit präventiver Warnfunktion zu verschaffen. Von daher kann der [X.] auch offen lassen, ob in einer wertenden Gesamtschau unter ergänzender Heranziehung des Schreibens des [X.] vom 15.11.2011 und den dort enthaltenen [X.]n der Verschiebung des für den 16.11.2011 anberaumten Erörterungstermins sowie der "generellen Verzögerungen der zum Teil bereits seit Beginn des Jahres 2009 anhängigen Verfahren" der notwendige Präzisierungsgrad für eine Verzögerungsrüge bezogen auf das hier relevante Ausgangsverfahren erreicht ist. Aus diesem Grund braucht sich der [X.] ebenfalls nicht mit dem Umstand zu befassen, dass auch das Schreiben vom 15.11.2011 vom Gericht nicht dem bis zum Verbindungsbeschluss vom [X.] unter dem Aktenzeichen [X.] A[X.]75/09 geführten Ausgangsverfahren zugeordnet worden ist und welche rechtlichen Folgerungen aus dieser fehlenden Aktenzuordnung zu ziehen sind.

2. Wird - wie hier - die Verzögerungsrüge in einem bei Inkrafttreten des [X.] bereits anhängigen Verfahren nicht unverzüglich iS des Art 23 Satz 2 [X.] erhoben, ist eine Entschädigung nur bis zum tatsächlichen [X.]zeitpunkt ausgeschlossen ([X.]surteil vom 5.5.2015 - [X.] [X.] 8/14 R - [X.]-1710 Art 23 [X.] Rd[X.]3 ff; [X.] Urteil vom 10.4.2014 - [X.] 335/13 - juris Rd[X.]9). [X.]ahingestellt bleiben kann, ob die vom Kläger verfassten Schreiben vom 17.7.2012 und [X.] als Verzögerungsrügen in Bezug auf das hier relevante Ausgangsverfahren anzusehen sind. [X.]enn selbst wenn bereits das Schreiben vom 17.7.2012 zum Ausgangsverfahren gelangt sein und eine Verzögerungsrüge des [X.] bezogen auf das Ausgangsverfahren beinhalten sollte, ist es im hier vorliegenden Fall im Ergebnis jedenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Entschädigungsgericht vor dem Hintergrund der Übergangsvorschrift des Art 23 Satz 2 und 3 [X.] und der eingetretenen Präklusionswirkung für die [X.] vor der [X.] die [X.]spanne ausgehend von einem möglichen [X.]zeitpunkt vom 17.7.2012 bis zum Abschluss des Ausgangsverfahrens im April 2013 unter Berücksichtigung einer (erneuten) Vorbereitungs- und Bedenkzeit des Ausgangsgerichts von 12 Monaten nicht als eine entschädigungspflichtige Verzögerung gewertet hat (vgl [X.]surteil vom 5.5.2015 - [X.] [X.] 8/14 R - [X.]-1710 Art 23 [X.] RdNr 36).

[X.]ie Schreiben des [X.] vom 31.7. und [X.] scheiden als auf das Ausgangsverfahren bezogene Verzögerungsrügen von vornherein aus, weil sie vom Kläger erst nach Abschluss des Ausgangsverfahrens angefertigt worden sind. Schon aus der präventiven Funktion einer Verzögerungsrüge folgt, dass sie mit entschädigungsanspruchsbegründender Wirkung überhaupt nur so lange erhoben werden kann, wie das Verfahren bei dem Gericht anhängig ist, dessen Verfahrensdauer vom [X.] als unangemessen angesehen wird und dessen Beschleunigung er verlangt. [X.]a danach für das Ausgangsgericht keine Möglichkeit zu einer Reaktion in der Verfahrensführung besteht, ist auch eine Verzögerungsrüge sinnlos (vgl [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 [X.] Rd[X.]91).

3. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 183 Satz 6, § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO.

4. [X.]ie Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 47 Abs 1 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3 Satz 1 GKG. [X.]er Streitwert entspricht der vom Kläger mit der Revision geltend gemachten Entschädigungssumme.

Meta

B 10 ÜG 4/19 R

27.03.2020

Bundessozialgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend SG Potsdam, 12. Januar 2012, Az: S 35 AS 1675/09, Beschluss

§ 198 Abs 3 S 1 GVG, § 198 Abs 3 S 2 GVG, § 198 Abs 5 S 1 GVG, Art 23 S 1 ÜberlVfRSchG, Art 23 S 2 ÜberlVfRSchG, § 133 BGB, § 242 BGB, § 106 Abs 1 SGG, Art 19 Abs 4 GG, Art 6 Abs 1 MRK

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 27.03.2020, Az. B 10 ÜG 4/19 R (REWIS RS 2020, 2317)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2317

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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B 10 ÜG 2/19 R (Bundessozialgericht)


B 10 ÜG 9/13 R (Bundessozialgericht)

Überlanges Gerichtsverfahren - Entschädigungsklage - unangemessene Verfahrensdauer - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Bedeutung der Sache …


B 10 ÜG 11/13 R (Bundessozialgericht)

Überlanges Gerichtsverfahren - Entschädigungsklage - keine Begrenzung der Entschädigung auf den Streitwert im Ausgangsverfahren - …


B 10 ÜG 3/16 R (Bundessozialgericht)

Überlanges Gerichtsverfahren - unangemessene Verfahrensdauer - gleichzeitig neben dem Hauptsacheverfahren geführtes Prozesskostenhilfeverfahren - Annex zum …


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