Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.04.2017, Az. VII ZR 194/13

7. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 12270

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Gegenstand

Mehrvergütungsanspruch des Bauunternehmers wegen witterungsbedingten Unterbrechung der Bauausführung: Mitwirkungspflicht des Auftraggebers bei Abwehr ungünstiger Witterungsverhältnisse


Leitsatz

Es ist vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen keine dem Auftraggeber obliegende erforderliche Mitwirkungshandlung im Sinne des § 642 BGB, während der Dauer des Herstellungsprozesses außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse auf das Baugrundstück in Form von Frost, Eis und Schnee, mit denen nicht gerechnet werden musste, abzuwehren.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 26. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung in Höhe von 95.438,67 € brutto wegen witterungsbedingter Unterbrechung der Bauausführung bei der Errichtung einer Autobahnbrücke.

2

Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit Zuschlagsschreiben vom 1. September 2009 mit der Errichtung einer Autobahnbrücke für die Autobahn [X.] zwischen [X.] und [X.] einschließlich der Rampen. Als vorläufige Auftragssumme vereinbarten die Parteien einen Betrag von [X.]. Sie bezogen unter anderem die Besonderen Vertragsbedingungen der Beklagten und die VOB/B (2006) in den Vertrag ein. Gemäß Ziffer 2.3 der Besonderen Vertragsbedingungen sollte die Bauausführung spätestens am 15. Mai 2010 vollendet sein.

3

Im Januar und Februar 2010 gab es eine außergewöhnlich lange Periode mit Frost, Eis und Schnee, die deutlich über den Durchschnittswerten der vergangenen 30 Jahre lag.

4

Mit Schreiben vom 4. Januar 2010 zeigte die Klägerin der Beklagten die witterungsbedingte Einstellung der Bauarbeiten an. Zur Begründung führte sie aus:

"Die unmittelbar betroffene Leistung ist das Einschalen des [X.] 20. Die Arbeiten werden durch eine ca. 30 cm starke Schneedecke mit darunterliegende[r] Vereisung der Oberflächen verhindert. Die Temperaturen liegen dauerhaft unter -5° C. Eine Weiterführung der Arbeiten ist auch aus Gründen der Arbeitssicherheit nicht möglich."

5

Die Beklagte verlängerte die Ausführungsfrist um den Zeitraum des witterungsbedingten Stillstandes zuzüglich der Anlaufphase für die Wiederaufnahme der Bauarbeiten. Am 8. März 2010 nahm die Klägerin die Bauarbeiten wieder auf. Ein Nachtragsangebot der Klägerin, mit dem sie Kosten für Bauhilfsmittel, Baustelleneinrichtung, Baustellengemeinkosten, Verkehrssicherung, Personal sowie wegen Unterdeckung der Allgemeinen Geschäftskosten in Höhe von (zuletzt) 95.438,67 € brutto aufgrund der witterungsbedingten Verzögerung der Bauausführung geltend machte, lehnte die Beklagte ab.

6

Mit der Klage hat die Klägerin Zahlung dieses Betrages verlangt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.

I.

8

Das [X.]erufungsgericht hat ausgeführt, dass der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben sei.

9

Eine vertragliche Regelung zur Vergütung des Auftragnehmers bei Einstellung der Arbeiten in Fällen unvorhergesehener, besonders ungünstiger Witterungsbedingungen liege nicht vor. Ziffer 10.12 der [X.]esonderen [X.]bedingungen, wonach Maßnahmen für den [X.]au bei ungünstigen Witterungsverhältnissen nicht gesondert vergütet werden, betreffe einen anderen Sachverhalt. Ansprüche aus § 2 Nr. 4, 5, 6, 7 oder 8 VO[X.]/[X.] (2006, im Folgenden nur VO[X.]/[X.]) kämen ebenfalls nicht in [X.]etracht.

Ein Anspruch aus § 642 [X.] scheide aus. Allerdings sei § 642 [X.] über die Verweisung in § 6 Nr. 6 Satz 2 VO[X.]/[X.] anwendbar. Nach der letztgenannten [X.]estimmung bleibe im Fall einer [X.]ehinderung der Anspruch des Auftragnehmers auf angemessene Entschädigung gemäß § 642 [X.] unberührt, sofern nach § 6 Nr. 1 VO[X.]/[X.] eine [X.]ehinderungsanzeige erfolgt oder Offenkundigkeit der [X.]ehinderung gegeben sei. Eine [X.]ehinderungsanzeige der Klägerin liege unstreitig vor. In § 642 [X.] sei ein Sonderfall einer vom Auftraggeber zu vertretenden [X.]ehinderung im Sinne des § 6 Nr. 6 VO[X.]/[X.] geregelt, nämlich der des Unterlassens einer zur Herstellung des Werks erforderlichen Mitwirkungshandlung, mit der er in Annahmeverzug geraten könne. Verschulden sei hierfür nicht erforderlich. Die Voraussetzungen des § 642 [X.] seien indes zu verneinen.

§ 642 [X.] knüpfe an die Obliegenheit des Auftraggebers an, bei der Herstellung des Werks mitzuwirken. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne aus der Verschuldensunabhängigkeit des Anspruchs nicht abgeleitet werden, dass die erforderliche Mitwirkung des Auftraggebers darin bestehe, das [X.]augrundstück stets in bebaubarem Zustand zur Verfügung zu stellen, und er für sämtliche Umstände, auch unvorhergesehene Witterungsverhältnisse, einzustehen habe, die zu einer vorübergehenden Einstellung der [X.]auarbeiten führen. Dies ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des [X.] vom 21. Oktober 1999 ([X.], [X.], 32). Jener Entscheidung habe ein Sachverhalt zugrunde gelegen, bei dem es um die verzögerte Durchführung von Vorgewerken gegangen sei und damit um einen Umstand, auf den der Auftraggeber grundsätzlich Einfluss nehmen könne. Eine Mitwirkung könne dem Auftraggeber auch bei ungünstigen Witterungsverhältnissen obliegen, etwa wenn - vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen - eine vollgelaufene [X.]augrube ausgepumpt werden müsse. Anders liege der Fall hier. Ein Annahmeverzug der [X.]eklagten scheide bereits wegen eines fehlenden Leistungsangebots der Klägerin aus. Sei der Auftragnehmer infolge anderer Umstände als der fehlenden Mitwirkung des Auftraggebers nicht bereit und imstande, die Leistung zu erbringen, komme Annahmeverzug nicht in [X.]etracht. Das sei zu bejahen, weil sich die Klägerin angesichts der unvorhergesehenen, außergewöhnlich ungünstigen Witterungsverhältnisse und nicht wegen Verletzung einer der [X.]eklagten obliegenden Mitwirkung zur Erbringung der Leistung nicht in der Lage gesehen habe. Unvorhergesehene Witterungsverhältnisse könnten, wie § 6 Nr. 2 Abs. 2 VO[X.]/[X.] zeige, in den Risikobereich des Auftraggebers fallen und zu einer Verlängerung der [X.]auzeit führen. Allein deshalb bestehe indes keine Obliegenheit des Auftraggebers, dem Auftragnehmer für die [X.]auausführung auskömmliches Wetter zur Verfügung zu stellen. Während des schlechten Wetters komme der Auftraggeber nicht in Annahmeverzug, weil der Auftragnehmer vorübergehend nicht leistungsfähig sei. Der Auffassung, dass die [X.] eines baureifen Grundstücks die [X.]ehinderung auslöse und demgegenüber die vorübergehende Leistungsunfähigkeit des Auftragnehmers als Zweitursache unerheblich sei, könne nicht gefolgt werden.

II.

Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

1. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen im [X.]erufungsurteil gab es während der [X.]auausführung in den Monaten Januar und Februar 2010 eine außergewöhnlich lange Periode mit [X.], Eis und Schnee, die deutlich über den Durchschnittswerten der vorausgegangenen 30 Jahre lag. Das [X.]erufungsgericht hat seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass es sich dabei hinsichtlich Dauer und Intensität um außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse handelte, die als [X.]ehinderung des Auftragnehmers einzuordnen sind, weil mit ihnen bei Abgabe des Angebots nicht gerechnet werden musste (vgl. § 6 Nr. 2 Abs. 2 VO[X.]/[X.]). Dies ist daher im Revisionsverfahren zugrunde zu legen.

2. Das [X.]erufungsgericht hat zutreffend einen vertraglich geregelten Mehrvergütungsanspruch der Klägerin aufgrund der witterungsbedingten Verlängerung der [X.]auausführung verneint.

Die Parteien haben für den Fall, dass wegen außergewöhnlich ungünstiger Witterungseinflüsse eine [X.]ehinderung des Auftragnehmers vorliegt und eine Verlängerung der Ausführungsfristen gemäß § 6 Nr. 2 Abs. 1 c), Nr. 1 VO[X.]/[X.] erfolgt, keine Anpassung des Vergütungsanspruchs vereinbart.

Ein Mehrvergütungsanspruch ergibt sich mangels Anordnung der [X.]eklagten auch nicht aus § 2 Nr. 5 oder 6 VO[X.]/[X.]. Allein der Umstand, dass eine Störung des [X.] wegen einer witterungsbedingten [X.]ehinderung vorliegt, kann nicht als Anordnung gewertet werden und daher nicht zu Ansprüchen nach § 2 Nr. 5 oder 6 VO[X.]/[X.] führen (vgl. [X.]/[X.]/von [X.], [X.]auvertragsrecht, 2. Aufl., § 631 Rn. 941; [X.]/[X.], Privates [X.]aurecht, 2. Aufl., § 2 VO[X.]/[X.] Rn. 17; [X.], [X.] 2004, 214, 225).

3. Das [X.]erufungsgericht hat auf der Grundlage seiner Feststellungen im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf angemessene Entschädigung gemäß § 6 Nr. 6 Satz 2 VO[X.]/[X.] in Verbindung mit § 642 [X.] verneint. Es ist vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen keine dem Auftraggeber obliegende erforderliche Mitwirkungshandlung im Sinne des § 642 [X.], während der Dauer des Herstellungsprozesses außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse auf das [X.]augrundstück in Form von [X.], Eis und Schnee, mit denen nicht gerechnet werden musste, abzuwehren.

a) § 642 [X.] regelt einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch des Auftragnehmers bei Annahmeverzug des Auftraggebers. Der Auftragnehmer kann nach dieser Vorschrift eine angemessene Entschädigung verlangen, wenn der Auftraggeber eine ihm obliegende Mitwirkungshandlung unterlässt, die bei der Herstellung des Werks erforderlich ist, und hierdurch in Verzug der Annahme gerät. Voraussetzung ist eine erforderliche Mitwirkungshandlung des Auftraggebers bei der Herstellung des Werks. Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers sind dabei in einem weiten Sinn zu verstehen und können sowohl in [X.] als auch in einem Unterlassen bestehen. Maßgebend ist, dass ohne die Mitwirkung des Auftraggebers die Herstellung des Werks nicht erfolgen kann. Ob dem Auftraggeber eine erforderliche Mitwirkungshandlung in diesem Sinne obliegt, kann nur anhand des [X.] ermittelt werden. Art und Umfang der dem Auftraggeber obliegenden erforderlichen Mitwirkungshandlung sind danach durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien gemäß §§ 133, 157 [X.] unter [X.]erücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Art und [X.]eschaffenheit des vom Auftragnehmer herzustellenden Werks und der vom Auftragnehmer übernommenen Leistungspflichten, zu bestimmen; daneben kann auch die Verkehrssitte von [X.]edeutung sein (vgl. [X.]/[X.], 2014, [X.], § 642 Rn. 7, 8, 11; [X.] [X.]/Voit, Stand: 1. Februar 2015, § 642 Rn. 2; MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 642 Rn. 6, 8).

Nach diesen Maßstäben hat die [X.]eklagte keine ihr obliegende Mitwirkungshandlung unterlassen. Allerdings ergibt sich aus dem Umstand, dass die Parteien als herzustellendes Werk die Errichtung einer Autobahnbrücke vereinbart haben, im Wege der Auslegung gem. §§ 133, 157 [X.], dass die [X.]eklagte als erforderliche Mitwirkungshandlung der Klägerin das betreffende [X.]augrundstück während des Herstellungsprozesses für die Erbringung der vereinbarten Leistungen zur Verfügung zu stellen hatte. Hieraus ergibt sich ferner, dass die [X.]eklagte grundsätzlich auch gehalten war, das [X.]augrundstück in einer Weise zur Verfügung zu stellen, dass die Klägerin die von ihr geschuldeten Leistungen erbringen konnte, mithin etwa erforderliche Vorarbeiten, die nicht von der Klägerin zu leisten waren, rechtzeitig durchgeführt wurden. Indes kann dem Vertrag nicht entnommen werden, dass es der [X.]eklagten oblag, für die Dauer des Herstellungsprozesses die nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts zugrunde zu legenden äußeren Einwirkungen in Form von [X.], Eis und Schnee auf das zur Verfügung gestellte [X.]augrundstück abzuwehren. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass die Verhinderung dieser Einwirkungen für eine Fortführung der [X.]auausführung erforderlich gewesen wäre. Eine ausdrückliche Regelung zu einer derartigen Mitwirkungshandlung haben die Parteien nicht getroffen. Sie kann dem Vertrag unter [X.]erücksichtigung des Verständnisses einer redlichen Partei auch nicht konkludent entnommen werden. [X.]ei [X.], Eis und Schnee handelt es sich um Umstände, die von keiner Partei beeinflusst werden können. Darüber hinaus ist es auch tatsächlich oder zumindest mit wirtschaftlich vernünftigen Mitteln nicht möglich, diese Einwirkungen auf das [X.]augrundstück durch Schutzmaßnahmen in einer Weise auszuschließen, dass die Erbringung der anstehenden Leistungen der Klägerin möglich gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund verbietet sich die Annahme, eine hierauf gerichtete Mitwirkungshandlung der [X.]eklagten ergebe sich im Wege der Auslegung auch ohne ausdrückliche Regelung konkludent aus dem Vertrag.

Eine darüber hinausgehende allgemeine Risikozuweisung zu Lasten des Auftraggebers betreffend außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse auf das zur Verfügung zu stellende [X.]augrundstück, mit denen nicht gerechnet werden musste (vgl. dazu [X.], [X.], 721; Diehr, [X.] 2011, 627), ergibt sich weder aus dem Vertrag noch aus dem Gesetz (im Ergebnis ebenso [X.]/[X.], 2014, [X.], § 642 Rn. 35 f.; [X.]/[X.]/[X.], 3. Aufl., § 6 Abs. 6 Rn. 121; [X.]/[X.]/Markus, VO[X.] Teile A und [X.], 5. Aufl., § 6 VO[X.]/[X.] Rn. 24, 28; [X.]/[X.]/[X.], Handbuch [X.]auzeit, 3. Aufl. Rn. 764, 828 f.; [X.]/Pause/[X.], [X.]auvertragsrecht, 2. Aufl., § 642 Rn. 19).

b) Die Entscheidung des Senats vom 21. Oktober 1999 ([X.], [X.], 32) steht dem entgegen der Auffassung der Revision nicht entgegen. Ihr lag ein grundlegend anderer Sachverhalt zugrunde. Der Senat hat seinerzeit ausgeführt, dass ein Anspruch des Auftragnehmers auf angemessene Entschädigung gemäß § 642 [X.] auch dann in [X.]etracht kommen könne, wenn ein für die Leistungen des Auftragnehmers erforderliches Vorgewerk noch nicht hergestellt worden sei, weil der Auftraggeber die ihm obliegende Mitwirkungshandlung, das [X.]augrundstück als für die Leistungen des Auftragnehmers aufnahmebereit zur Verfügung zu stellen, nicht rechtzeitig erbracht habe. In jener Entscheidung ergab sich aus dem Umstand, dass das nach dem [X.] geschuldete Werk die rechtzeitige Herstellung von Vorgewerken erforderte, eine entsprechende, dem Auftraggeber obliegende Mitwirkungshandlung. Die Unterbrechung der [X.]auausführung beruhte nicht auf unbeherrschbaren Witterungseinflüssen, mit denen nicht gerechnet werden musste, sondern auf dem Unterlassen der betreffenden Mitwirkungshandlung. Wegen der Verschuldensunabhängigkeit des Anspruchs kam es nicht darauf an, ob der Auftraggeber dieses wegen verzögerter Planung oder unzureichender Koordination zu vertreten hatte.

Auch die Entscheidung des Senats vom 20. Oktober 2005 ([X.], [X.], 371 = NZ[X.]au 2006, 108) führt, anders als die Revision meint, zu keiner anderen [X.]eurteilung. Jene Entscheidung befasste sich mit einem Anspruch auf angemessene Entschädigung gemäß § 642 [X.] wegen Unterbrechung der [X.]auausführung aufgrund eines unzureichenden Hochwasserschutzes ("Schürmann-[X.]au"). Es gab keine Feststellungen, dass mit dem eingetretenen Hochwasser nicht gerechnet werden musste und dagegen keine geeigneten Vorkehrungen getroffen werden konnten. Vielmehr war der von der [X.]auherrin errichtete Hochwasserschutz aufgrund unzureichender Planung und Ausführung lückenhaft. Die auf dieser Grundlage beruhende Annahme des Senats, die Überflutung der [X.]austelle habe dazu geführt, dass der Auftraggeber die ihm obliegende Mitwirkungshandlung, das [X.]augrundstück dem Auftragnehmer aufnahmebereit zur Verfügung zu halten, nicht habe vornehmen können, steht daher nicht in Widerspruch zu der Entscheidung im Streitfall.

Soweit beiden Entscheidungen für außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse, mit denen nicht gerechnet werden musste, etwas anderes entnommen werden könnte, hielte der Senat daran nicht fest.

4. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht im Wege der ergänzenden [X.]auslegung, da der Vertrag keine planwidrige Regelungslücke aufweist.

a) Eine solche Regelungslücke liegt vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder wenn sie ihn bewusst offen gelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des [X.]schlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und wenn sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt. Dabei kann von einer planwidrigen Regelungslücke nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine [X.]estimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des [X.] eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (vgl. [X.]GH, Urteile vom 4. Dezember 2014 - [X.], [X.], 527 Rn. 27 = NZ[X.]au 2015, 84 und vom 15. November 2012 - [X.], [X.], 236 Rn. 15 m.w.N.). Auch Allgemeine Geschäftsbedingungen können eine planwidrige Regelungslücke enthalten und einer ergänzenden [X.]auslegung zugänglich sein (vgl. z.[X.]. [X.]GH, Urteile vom 18. Juli 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 1697 Rn. 34 und vom 8. Februar 1988 - [X.], [X.]GHZ 103, 228, 234, juris Rn. 19). Ob eine planwidrige Regelungslücke gegeben ist, bestimmt sich durch Auslegung des [X.]. Diese Auslegung kann der Senat vorliegend selbst vornehmen, da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.

b) Danach ist im Streitfall eine planwidrige Regelungslücke zu verneinen. Dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag kann unter [X.]erücksichtigung der einbezogenen Regelungen der [X.]esonderen [X.]bedingungen und der VO[X.]/[X.] sowie der beiderseitigen Interessenlage und der Umstände nicht entnommen werden, dass zur Verwirklichung des ihm zugrunde liegenden Regelungsplans eine ergänzende [X.]bestimmung zur Vergütungsanpassung bei einer [X.]ehinderung durch eine außergewöhnlich lange Periode mit [X.], Eis und Schnee erforderlich gewesen wäre, die Parteien mithin eine dahingehende Vereinbarung getroffen hätten, wenn sie diesen Fall bedacht hätten.

Aus dem Vertrag ergibt sich, dass die Parteien die Problematik ungünstiger Witterungseinflüsse nicht übersehen, sondern hierzu eine Vielzahl von Regelungen in den einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen haben, die die Risikoverteilung betreffen. So sind nach Ziffer 10.12 der [X.]esonderen [X.]bedingungen der [X.]eklagten Maßnahmen für den [X.]au bei ungünstigen Witterungsverhältnissen nicht gesondert zu vergüten. Gemäß § 6 Nr. 2 Abs. 2 der einbezogenen VO[X.]/[X.] gelten Witterungseinflüsse, mit denen bei Abgabe des Angebots normalerweise gerechnet werden musste, nicht als [X.]ehinderung des Auftragnehmers. Im [X.] ist des Weiteren berücksichtigt, dass es Witterungseinflüsse geben kann, mit denen nicht gerechnet werden muss. Diese werden als objektiv unabwendbare Umstände von der Klausel des § 6 Nr. 2 Abs. 1 c) VO[X.]/[X.] erfasst. Sie gelten als [X.]ehinderung des Auftragnehmers und führen unter den Voraussetzungen des § 6 Nr. 1 VO[X.]/[X.] zu einer Verlängerung der Ausführungsfrist. Das zeitliche Risiko, dass die vereinbarte Ausführungsfrist nicht eingehalten werden kann, wird in diesem Fall mithin dem Auftraggeber zugewiesen. Wird die Ausführung durch derartige Witterungseinflüsse für voraussichtlich längere Dauer unterbrochen, kann der Auftragnehmer gemäß § 6 Nr. 5 VO[X.]/[X.] die ausgeführten Leistungen und bestimmte Kosten abrechnen. Dauert die hierdurch verursachte Unterbrechung länger als drei Monate, ist für beide Seiten in § 6 Nr. 7 VO[X.]/[X.] ein Kündigungsrecht nebst näher geregelter Abrechnungsmöglichkeit vorgesehen. Kommt es aufgrund derartiger Witterungseinflüsse vor Abnahme zu einer [X.]eschädigung oder Zerstörung des ganz oder teilweise hergestellten Werks, ist in § 7 Nr. 1 VO[X.]/[X.] ebenfalls eine Abrechnung nach § 6 Nr. 5 VO[X.]/[X.] für die ausgeführten Teile der Leistung vorgesehen. Monetäre Ansprüche des Auftragnehmers im Hinblick auf diesem entstehende Mehrkosten bei Verlängerung der Ausführungszeit aufgrund witterungsbedingter [X.]ehinderung gemäß § 6 Nr. 2 Abs. 1 c), Nr. 1 VO[X.]/[X.] sind im Vertrag dagegen nicht geregelt. Solche Ansprüche sind nur für andere Fälle einer zur Verlängerung der Ausführungszeit führenden [X.]ehinderung vorgesehen. So hat der Auftragnehmer einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 6 Nr. 6 Satz 1 VO[X.]/[X.], wenn die hindernden Umstände vom Auftraggeber zu vertreten sind. Darüber hinaus steht ihm gemäß § 6 Nr. 6 Satz 2 VO[X.]/[X.] auch ohne Verschulden des Auftraggebers der gesetzliche Entschädigungsanspruch gemäß § 642 [X.] zu, sofern ein Annahmeverzug des Auftraggebers infolge des Unterlassens einer erforderlichen Mitwirkungshandlung zu bejahen ist. Die Parteien haben damit eine komplexe Regelung zur Risikoverteilung bei Witterungseinflüssen vorgenommen und dieses Risiko zum Teil dem Auftraggeber und zum Teil dem Auftragnehmer auferlegt.

Sonstige Anhaltspunkte im [X.]werk oder besondere Umstände, die zu der Annahme führen könnten, der Vertrag bedürfe zur Verwirklichung des ihm zugrunde liegenden Regelungsplans einer ergänzenden Auslegung zur Vergütungsanpassung, sind nicht erkennbar.

5. Daneben kann ein Anspruch der Klägerin auch nicht auf die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 [X.] gestützt werden (a.[X.], [X.] 2014, 1213). Die Parteien haben im Vertrag das aus einer Verlängerung der Ausführungszeit gemäß § 6 Nr. 2 Abs. 1 c), Nr. 1 VO[X.]/[X.] resultierende finanzielle Risiko im Hinblick auf etwa entstehende Mehrkosten der [X.]auausführung, wie ausgeführt, grundsätzlich dem Auftragnehmer zugewiesen. [X.]esondere Umstände, die neben den mit der Verlängerung der Ausführungszeit üblicherweise verbundenen finanziellen Nachteilen für den Auftragnehmer dazu führen, dass das nach dem Vertrag zugewiesene Risiko überschritten und ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist, sind weder festgestellt noch erkennbar.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]      

        

Halfmeier      

        

Jurgeleit

        

Graßnack      

        

Sacher      

        

Meta

VII ZR 194/13

20.04.2017

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 26. Juni 2013, Az: 11 U 36/12, Urteil

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 642 BGB, § 6 Nr 6 S 2 VOB B

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.04.2017, Az. VII ZR 194/13 (REWIS RS 2017, 12270)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 2025 WM2018,190 REWIS RS 2017, 12270

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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