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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - Erstattung von Vorverfahrenskosten - Erfolg des Widerspruchs - Änderung einer vorläufigen Entscheidung über eine Leistungsbewilligung in eine endgültige Entscheidung durch Widerspruchsbescheid - ursächlicher Zusammenhang
Der Widerspruch ist auch dann erfolgreich iS des § 63 Abs 1 SGB 10, wenn er sich gegen eine vorläufige Leistungsablehnung richtet und im Widerspruchsbescheid eine endgültige Leistungsbewilligung erfolgt (Anschluss an BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 35/10 R = SozR 4-1300 § 63 Nr 16).
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 28. Mai 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Der Kläger begehrt Erstattung der in einem Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen.
Der Kläger, dem sein Arbeitgeber am [X.] zum [X.] gekündigt hatte, meldete sich am 25.4.2008 zum 1.6.2008 arbeitslos und beantragte [X.] ([X.]). In der Arbeitsbescheinigung vom 12.6.2008 gab der Arbeitgeber an, die Kündigung sei wegen unentschuldigten Fehlens am Arbeitsplatz erfolgt. Auf Nachfrage der Beklagten übersandte der Arbeitgeber mit Schreiben vom 10.9.2008 die Kopie eines beim Arbeitsgericht eingereichten Schriftsatzes und die Mitteilung des Arbeitsgerichts, wonach Termin auf den 3.12.2008 bestimmt war.
Mit Bescheid vom 1.10.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger vorläufig gemäß § 328 [X.] ([X.]) [X.] für die [X.] vom 1.6. bis 23.8.2008 "in Höhe von 0 Euro" und für die [X.] ab 24.8.2008 bis [X.] in Höhe von 39,65 Euro täglich. Sie teilte mit, über den Auszahlungsanspruch für die [X.] vom 1.6. bis 23.8.2008 werde gesondert entschieden. Mit zwei weiteren Bescheiden vom 6.10.2008 wurde dem Kläger [X.] für die [X.] vom 1.9. bis 4.9.2008 und vom 5.9.2008 bis [X.] in gleicher Höhe von 39,65 Euro täglich bewilligt.
Der Kläger erhob mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 30.10.2008 Widerspruch gegen die drei Bescheide. Der Bevollmächtigte führte [X.] aus, es sei unklar, weshalb drei unterschiedliche Bescheide erlassen worden seien. Die Vorgehensweise, für den [X.]raum 1.6. bis 23.8.2008 keinerlei Leistung zu erbringen, sei unzulässig.
Nachdem der Kläger vor dem Arbeitsgericht am 3.12.2008 mit dem Arbeitgeber einen Vergleich geschlossen hatte, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Kündigung zum [X.] endete und der Kläger eine Abfindung von 8000 Euro erhielt, bewilligte die Beklagte dem Kläger unter Aufhebung des [X.] vom 1.10.2008 [X.] für die [X.] vom 1.6. bis 31.8.2008 in Höhe von 39,65 Euro täglich (Bescheid vom 29.12.2008).
Eine Erstattung der dem Kläger im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, es habe sich zunächst nur um eine vorläufige Bewilligung gehandelt (Bescheid vom 29.12.2008; Widerspruchsbescheid vom 17.2.2009).
Das Sozialgericht ([X.]) hat den Bescheid vom 29.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.2.2009 abgeändert, die Beklagte zur Tragung der außergerichtlichen Kosten für den Widerspruch gegen den Bescheid vom 1.10.2008 verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Das [X.] hat angenommen, der Bescheid vom 1.10.2008 sei vom Kläger erfolgreich angefochten worden; die Widersprüche gegen die Bescheide vom 6.10.2008 seien dagegen nicht erfolgreich gewesen.
Das [X.] (L[X.]) hat auf die Berufung des [X.] das Urteil des [X.] abgeändert und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.2.2009 verurteilt, die außergerichtlichen Kosten des [X.] für den Widerspruch gemäß Schreiben vom 30.10.2008 zu tragen; im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). In den Entscheidungsgründen hat das L[X.] [X.] ausgeführt: Das [X.] sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Widerspruch des [X.] gegen den Bescheid vom 1.10.2008 erfolgreich iS des § [X.] ([X.]B X) gewesen sei. § 328 [X.] stelle keine Rechtsgrundlage für die vorläufige Versagung von Leistungen dar. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts sei notwendig gewesen. Dem [X.] könne nicht gefolgt werden, soweit dieses angenommen habe, der Kläger habe drei Widerspruchsverfahren geführt, von denen lediglich eines erfolgreich gewesen sei. Der Bevollmächtigte des [X.] habe im Schreiben vom 30.10.2008 klargestellt, dass es nur um die Leistungsablehnung für den [X.]raum 1.6. bis 23.8.2008 gehe. Auch die Beklagte sei offensichtlich von nur einem Widerspruchsverfahren ausgegangen.
Mit der vom L[X.] zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 63 Abs 1 S 1 [X.]B X und sinngemäß des § 328 Abs 1 S 1 Nr 3 [X.]. Ein Widerspruch sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (B[X.]) nur dann erfolgreich iS des § 63 Abs 1 S 1 [X.]B X, wenn zwischen dem Rechtsbehelf und der begünstigenden Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne bestehe. Allein der Umstand der Klaglosstellung führe noch nicht zum Erfolg. Nach diesen Maßstäben sei der Widerspruch des [X.] nicht erfolgreich gewesen, weil der angefochtene Bescheid über die vorläufige Ablehnung rechtmäßig gewesen sei. Der Wortlaut des § 328 [X.] schließe die Möglichkeit einer negativen Entscheidung nicht definitiv aus. Eine negative vorläufige Entscheidung diene dem Interessenausgleich zwischen Bürger und Behörde und zugleich der Minimierung des Verwaltungsaufwands. Da die Abhilfeentscheidung auf die Vorlage des arbeitsgerichtlichen Vergleichs zurückgehe, sei die vorliegende Sachverhaltsgestaltung mit den Fällen der nachträglichen Erfüllung von Mitwirkungspflichten vergleichbar, in denen das B[X.] eine Kausalität zwischen Rechtsbehelf und dessen Erfolg verneint habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des L[X.] vom 28. Mai 2010 aufzuheben, das Urteil des [X.] vom 24. Juli 2009 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil des L[X.] für zutreffend und tritt dem [X.] entgegen.
Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 [X.] Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>).
1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler liegen nicht vor. Die Revision und die Berufung sind jeweils zugelassen und damit statthaft. Sie sind auch nicht nach § 144 Abs 4 iVm § 165 [X.] [X.]G ausgeschlossen, weil in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens gestritten wird (vgl [X.], 21 = [X.]-1300 § 63 [X.], Rd[X.] 11 mwN).
2. Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die Beklagte dem Kläger die für den Widerspruch vom 30.10.2008 entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten hat.
Anspruchsgrundlage für die begehrte Erstattung ist § 63 Abs 1 [X.] [X.] Nach dieser Vorschrift hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Dies war bei dem Widerspruch des [X.] vom 30.10.2008 der Fall.
a) Der Senat geht mit dem [X.] davon aus, dass der Widerspruch vom 30.10.2008 nur gegen die im Bescheid vom 1.10.2008 zum Ausdruck kommende Leistungsablehnung gerichtet war und dass deshalb entgegen der Auffassung des [X.] nicht angenommen werden kann, es lägen auch "Widersprüche" gegen die weiteren Bescheide vom 6.10.2008 vor und diese seien nicht erfolgreich gewesen. Das [X.] hat insoweit das [X.] vom 30.10.2008 zutreffend ausgelegt.
b) Ein Erfolg des Widerspruchs iS des § 63 Abs 1 [X.] [X.]B X liegt bereits deshalb vor, weil die Beklagte die im Bescheid vom 1.10.2008 getroffene Entscheidung, dem Kläger für die [X.] vom 1.6. bis 23.8.2008 vorläufig [X.] "in Höhe von 0 Euro" zu gewähren, durch den späteren, die Leistung bewilligenden Bescheid vom 29.12.2008 ersetzt und damit dem Widerspruch abgeholfen hat. Ein Widerspruch hat im Regelfall immer dann Erfolg im Sinne des Gesetzes, wenn ihm die Behörde stattgibt (vgl B[X.] [X.] 3-1300 § 63 [X.] 3 [X.]3, ua mit Hinweis auf BVerwG [X.] 316 § 18 VwVfG [X.]).
Gegen einen Erfolg in dem vorbezeichneten Sinn spricht entgegen der Auffassung der Beklagten nicht der Umstand, dass die Beklagte im Ausgangsbescheid vom 1.10.2008 nur eine vorläufige Entscheidung getroffen hat. Denn es ist dem Adressaten eines Verwaltungsakts nicht verwehrt, auch gegen eine vorläufige Regelung Widerspruch einzulegen (vgl B[X.], Urteil vom 19.10.2011, [X.] [X.]/10 R, zur Veröffentlichung in [X.]-1300 § 63 [X.] 16 vorgesehen). Der Kläger war nach den getroffenen Feststellungen durch den vorläufigen Bescheid der Beklagten, mit dem ihm Entgeltersatzleistungen verweigert worden sind, beschwert und er war deshalb nicht gehindert, auf eine Änderung dieser Entscheidung mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln hinzuwirken (vgl B[X.], Urteil vom 19.10.2011 aaO Rd[X.] 18).
Dahinstehen kann deshalb, ob § 328 Abs 1 [X.] [X.]B III überhaupt Rechtsgrundlage für eine vorläufige Leistungsablehnung sein kann. Dies dürfte allerdings nach dem Gesetzeswortlaut ("Erbringung von Geldleistungen") und nach dem Zweck der Vorschrift, existenznotwendige Leistungen möglichst schnell zur Verfügung zu stellen, zu verneinen sein (in diesem Sinne Eicher in [X.], [X.]B III, § 328 Rd[X.] 1, 41, Stand 2011; [X.], NZS 2001, 240, 243). Etwas anderes folgt nicht aus der von der Revision zitierten Rechtsprechung des B[X.] (ua B[X.]E 82, 198 = [X.] 3-4100 § 242v [X.] 1), die nicht § 328 Abs 1 [X.] [X.]B III betrifft.
c) Die in der Rechtsprechung zu § 63 Abs 1 [X.] [X.]B X geforderte ursächliche Verknüpfung zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung (B[X.] [X.] 3-1300 § 63 [X.] 3 [X.]3 f; [X.]-1300 § 63 [X.] 1 Rd[X.] 9; [X.]-1300 § 63 [X.] 13 Rd[X.] 13 mwN) ist unter den Umständen des vorliegenden Falls ebenfalls zu bejahen. Es genügt insoweit, dass der Abhilfe eine vom Ausgangsbescheid abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage (hier hinsichtlich Eintritt einer Sperrzeit) zugrunde liegt; einer Kausalität zwischen Widerspruchsbegründung und Aufhebung des angefochtenen Bescheids bedarf es nicht (vgl B[X.], Urteil vom 19.10.2011 - [X.] [X.]/10 R - Rd[X.] 20).
Soweit die Revision geltend macht, die Abhilfeentscheidung beruhe auf der Vorlage des arbeitsgerichtlichen Vergleichs und insofern sei die vorliegende Fallgestaltung mit Fällen der nachträglichen Erfüllung von Mitwirkungspflichten vergleichbar, in denen das B[X.] eine ursächliche Verknüpfung zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung verneint habe, folgt ihr der Senat nicht. Denn die von der Revision angeführte Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass ein ursächlicher Zusammenhang dann nicht besteht, wenn dem Widerspruch deswegen stattgegeben wird, weil der Widerspruchsführer während des Widerspruchsverfahrens eine Handlung nachholt, die er bis zur Erteilung des angefochtenen Bescheids pflichtwidrig unterlassen hat (vgl B[X.] [X.] 3-1300 § 63 [X.] 3 [X.]4; B[X.] USK 2001-61; B[X.] [X.]-1300 § 63 [X.] 1 Rd[X.] 10). Im vorliegenden Fall, in dem der arbeitsgerichtliche Vergleich erst am 3.12.2008 zustande gekommen ist, kann keine Rede davon sein, der Kläger habe in der [X.] bis zum Erlass des Bescheids vom 1.10.2008 eine ihm obliegende Mitwirkungshandlung unterlassen. Dies steht auch nicht im Widerspruch zu der Tatsache, dass die Beklagte ausweislich der vom [X.] in Bezug genommenen Verwaltungsakten mit Schreiben vom [X.] den Kläger unter Hinweis auf dessen Mitwirkungspflicht um Vorlage des arbeitsgerichtlichen Vergleichs gebeten hatte.
d) Gegen die Annahme eines Erfolgs iS des § 63 Abs 1 [X.] [X.]B X spricht auch nicht die von der Revision weiter angeführte Entscheidung des B[X.] vom 25.1.2011 (B 5 R 14/10 R = [X.]-1300 § 63 [X.] 15), in der ein Erfolg des Widerspruchs deshalb verneint worden ist, weil überhaupt kein Verwaltungsakt vorlag und der Widerspruch damit ins Leere ging (zu einer solchen Fallgestaltung vgl bereits B[X.] [X.]-1300 § 63 [X.] 2). Im vorliegenden Fall wird auch von der Beklagten nicht bezweifelt, dass sie mit dem Bescheid vom 1.10.2008 einen Verwaltungsakt erlassen hat.
e) Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen war die Zuziehung eines Rechtsanwalts notwendig (vgl § 63 Abs 3 S 2 [X.]B X). Hiervon ist auch die Beklagte von Anfang an ausgegangen.
3. [X.] beruht auf § 193 [X.]G.
Meta
02.05.2012
Urteil
Sachgebiet: AL
vorgehend SG Konstanz, 24. Juli 2009, Az: S 1 AL 566/09, Urteil
§ 63 Abs 1 S 1 SGB 10, § 328 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 3 vom 24.04.2006
Zitiervorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 02.05.2012, Az. B 11 AL 23/10 R (REWIS RS 2012, 6794)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 6794
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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