Bundessozialgericht, Urteil vom 09.04.2014, Az. B 14 AS 23/13 R

14. Senat | REWIS RS 2014, 6433

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Erhöhung der angemessenen Unterkunftskosten durch nicht erforderlichen Umzug - keine Begrenzung der Leistungen auf die bisherigen Unterkunftskosten nach Unterbrechung des Leistungsbezuges für mindestens einen Monat


Leitsatz

Die Begrenzung der Leistungen für Unterkunft und Heizung bei einem nicht erforderlichen Umzug entfaltet nach einer mit der Unterbrechung des Leistungsbezugs von mindestens einem Kalendermonat verbundenen Überwindung der Hilfebedürftigkeit jedenfalls durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens keine Wirkung mehr.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 28. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Höhe der für die [X.] vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 vom Beklagten zu leistenden Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem [X.] ([X.]B II).

2

Der 1971 geborene, alleinstehende Kläger bezieht vom Beklagten seit 1.1.2005 mit Unterbrechungen [X.] ([X.]). Vom 1.8.2005 bis zu seinem Umzug am 15.1.2007 bewohnte er in [X.] eine 32,35 m² große Wohnung, für die er eine monatliche Bruttokaltmiete von 190 [X.] (Nettokaltmiete 149 [X.] und kalte Betriebskosten 41 [X.]) und ab Oktober 2006 eine monatliche Heizkostenvorauszahlung von 17 [X.] zahlte. Der Beklagte bewilligte dem Kläger [X.] unter Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 203,94 [X.] für Dezember 2006 und in Höhe von 209,11 [X.] inklusive einer Nebenkostennachforderung in Höhe von 5,17 [X.] für Januar 2007.

3

Einen vom Kläger am 11.9.2006 gestellten Antrag auf Zusicherung künftiger Unterkunftsaufwendungen vor einem Umzug innerhalb von [X.] in eine teurere Zwei-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 49 m² lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom [X.], Widerspruchsbescheid vom [X.]). Die hiergegen vor dem [X.] ([X.]) erhobene Klage ([X.] AS 61/07) blieb ohne Erfolg, da der Umzug in eine größere Wohnung nicht erforderlich gewesen sei (Urteil vom 8.9.2009).

4

Am [X.] hatte der Kläger den Mietvertrag über die größere Wohnung in [X.] geschlossen, für die er ab Einzug am 15.1.2007 die geschuldete monatliche Bruttowarmmiete von 342,55 [X.] zahlte. Für den [X.]raum vom [X.] bis [X.] bewilligte der Beklagte dem Kläger [X.] unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der vorherigen Unterkunftsaufwendungen von monatlich 209,11 [X.] (bestandskräftiger Bescheid vom 18.1.2007). Diese Bewilligung hob er für die [X.] vom [X.] bis [X.] wegen der Erzielung von Erwerbseinkommen ganz auf und forderte vom Kläger die Erstattung der Leistungen (bestandskräftiger Bescheid vom 21.11.2007). Der Kläger hatte am 11.4.2007 mit der N einen Arbeitsvertrag für Saisonarbeit in [X.] geschlossen, befristet bis 31.12.2007. Er übte die Beschäftigung vom 11.4.2007 bis 14.10.2007 aus, weil das Beschäftigungsverhältnis vorzeitig beendet wurde.

5

Auf den am 11.10.2007 gestellten neuen [X.]-Antrag des Klägers, der weiterhin in der von ihm zuletzt angemieteten Wohnung in [X.] wohnte, bewilligte der Beklagte für die [X.] vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 [X.] in Höhe von monatlich 556,11 [X.], bestehend aus der Regelleistung in Höhe von 347 [X.] und Kosten für Unterkunft und Heizung erneut nur in Höhe von 209,11 [X.] (Bescheid vom 13.11.2007). Der hiergegen mit dem Begehren auf Zahlung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27.11.2008).

6

Das [X.] hat den Beklagten im anschließenden Klageverfahren verurteilt, dem Kläger [X.] unter Berücksichtigung monatlicher Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 336,29 [X.] zu gewähren (Urteil vom 8.9.2009). Der Kläger habe einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen und angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung von 342,55 [X.] abzüglich der [X.] von 6,26 [X.]. Die Vorschrift des § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II finde entgegen der Auffassung des Beklagten keine Anwendung, da sie nur bei Umzügen während eines ununterbrochenen Leistungsbezuges gelte, nicht aber nach zeitweiliger Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Beendigung des Leistungsbezugs. Die vom [X.] zugelassene Berufung des Beklagten beim [X.] (L[X.]) ist erfolglos geblieben (Urteil vom [X.]). Die zu übernehmenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung seien im streitigen [X.] trotz Eingreifens der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II im früheren [X.] nicht der Höhe nach begrenzt, da die Vorschrift nicht nach unterbrochenem Leistungsbezug fortwirkend anwendbar sei. Wer nicht oder nicht mehr im Leistungsbezug stehe, sei auch nicht den Regelungen des [X.]B II unterworfen. Allerdings sei nicht jede Unterbrechung des Leistungsbezugs ausreichend, sondern die Überwindung der Hilfebedürftigkeit aus [X.], dh durch eigenes Einkommen und nicht durch Rückgriff auf Schonvermögen oder nicht nachhaltige Zuwendungen Dritter, für mindestens einen Monat erforderlich. Da der Kläger fünf Monate wegen eigenen Einkommens und fehlender Hilfebedürftigkeit nicht im Leistungsbezug gestanden habe, sei § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II nach seinem neuen [X.]-Antrag nicht mehr anzuwenden.

7

Mit seiner vom L[X.] zugelassenen Revision macht der Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II geltend. Die Voraussetzungen der Norm seien erfüllt, da der Kläger zur [X.] des Mietvertragsabschlusses und Umzugs im Leistungsbezug gestanden habe und der Umzug nicht erforderlich gewesen sei. Die vorübergehende Unterbrechung des Leistungsbezugs infolge der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit stehe der Anwendbarkeit der Norm nicht entgegen, jedenfalls dann nicht, wenn die Unterbrechung nicht mindestens sechs Monate gedauert habe.

8

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 28. Februar 2013 und das Urteil des [X.] vom 8. September 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

Er nimmt auf die Entscheidungen des [X.] und des L[X.] Bezug.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat zu Recht die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] zurückgewiesen, denn der [X.]läger hat Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für die im streitigen [X.]raum vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 bewohnte Wohnung in Höhe von monatlich 342,55 Euro abzüglich der [X.] von 6,26 Euro.

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die vom [X.] begehrte Aufhebung der Urteile des [X.] und des [X.], mithin seine Verpflichtung, dem [X.]läger unter Abänderung des Bescheides vom 13.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2008 für die [X.] vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 weitere [X.]osten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 127,18 Euro zu zahlen. Der Betrag ergibt sich aus der Differenz der vom [X.]läger tatsächlich aufgewendeten [X.]osten für Unterkunft und Heizung für die von ihm im streitigen [X.]raum bewohnte Wohnung abzüglich der [X.] in Höhe von 336,29 Euro und der vom [X.] bewilligten 209,11 Euro. Die Beschränkung des Streitgegenstandes allein auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung war nach der alten, bis 31.12.2010 geltenden und hier anzuwendenden Rechtslage zulässig (vgl nur [X.] vom 7.11.2006 - [X.]b [X.] - B[X.]E 97, 217 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]8). Offen bleiben kann, ob auch unter der Neufassung (nF) der §§ 19 bis 22 [X.]B II zum 1.1.2011 durch das Gesetz zur Ermittlung von [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] ([X.]) eine entsprechende Beschränkung des Streitgegenstandes weiterhin prozessual zulässig ist.

Der [X.]raum ab Antragstellung des [X.] am 11.10.2007 bis 31.10.2007 ist nicht Streitgegenstand, da hierüber vom [X.] mit bestandskräftigem Versagungsbescheid vom 12.11.2007 entschieden worden ist.

2. Rechtsgrundlage für den Anspruch des [X.] auf die tatsächlichen [X.]osten für Unterkunft und Heizung sind § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II iVm §§ 7, 9, 19 [X.]B II in der für die streitige [X.] geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über in der Vergangenheit liegende [X.]räume ist das zum damaligen [X.]punkt geltende Recht anzuwenden.

Der [X.]läger stellte am 11.10.2007 den erforderlichen Antrag auf [X.], welches die [X.]osten für Unterkunft und Heizung umfasst (§ 37, § 19 [X.]B II). Zudem erfüllte er im streitigen [X.]raum nach den von den Beteiligten nicht gerügten und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>) die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 7 Abs 1 Satz 1 [X.], 2 und 4 [X.]B II. Er war auch hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 9 [X.]B II. Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Ausschlusstatbestands 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 [X.]B II) sind nicht ersichtlich.

Nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II hat der [X.]läger grundsätzlich Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe seiner tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Eine Begrenzung der vom [X.] zu zahlenden [X.]osten für Unterkunft und Heizung auf die geringeren bewilligten [X.]osten der zuvor vom [X.]läger bewohnten Wohnung folgt vorliegend nicht aus § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II (dazu unter 3.). Auch eine [X.]ostensenkung nach § 22 Abs 1 Satz 1 iVm § 22 Abs 1 Satz 3 [X.]B II kommt hier nicht in Betracht (dazu unter 4.).

3. § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II in der vom 1.8.2006 bis 31.12.2010 geltenden Fassung (aF), eingeführt durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.] ([X.] 1706), lautete: "Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht."

Auf diese Vorschrift kann sich der Beklagte vorliegend nicht stützen, weil sie bei Eintritt eines neuen Leistungsfalls keine fortwirkende Anwendung findet (vgl auch [X.] in LP[X.]-[X.]B II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 78; [X.] in [X.], [X.]B II/[X.]B XII/[X.], § 22 [X.]B II RdNr 79, 84. EL Stand 11/2013; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B II, [X.] § 22 Rd[X.]3, Stand 10/2012). Eine neuer Leistungsfall liegt hier vor, weil der [X.]läger zu Beginn des streitigen Bewilligungsabschnitts seine frühere Hilfebedürftigkeit durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens für mindestens einen [X.]alendermonat überwunden hatte und aus dem Leistungsbezug ausgeschieden war. Bei dem mit Eintritt seiner erneuten Hilfebedürftigkeit vorliegenden neuen Leistungsfall ist für die zu übernehmenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung allein § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II zugrunde zu legen. Die Voraussetzungen für die fortgesetzte Begrenzung der [X.]osten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II liegen im streitigen [X.]raum trotz Eingreifens der Regelung im früheren Bewilligungsabschnitt (zu deren Voraussetzungen vgl B[X.] Urteil vom 24.11.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 22 [X.]; Urteil vom [X.] - [X.] [X.]/09 R - B[X.]E 106, 147 = [X.]-4200 § 22 [X.]5) nicht vor.

a) Die Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II wird durch eine mit der Unterbrechung des Leistungsbezugs von mindestens einem [X.]alendermonat verbundene Überwindung der Hilfebedürftigkeit jedenfalls durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens begrenzt. Bei Eintritt eines neuen [X.] findet die Vorschrift keine Anwendung. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II, seinem Sinn und Zweck, einer vergleichenden Betrachtung mit § 22 Abs 2 Satz 1 [X.]B II und unter Berücksichtigung von Wertungsgesichtspunkten sowie des Grundsatzes der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns.

Bereits dem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal "weiterhin" ist es immanent, dass unmittelbar vor Eingreifen der Norm ein ununterbrochener Leistungsbezug bestanden haben muss. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber dieses Tatbestandsmerkmal nicht in den seit 1.1.2011 geltenden § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II nF übernommen hat, folgt keine andere Auslegung der hier anzuwendenden alten Fassung. Denn zum einen können hieraus keine Rückschlüsse für die Bewertung der Rechtslage vor diesem [X.]punkt gezogen werden (so bereits zur fehlenden Regelung des [X.]: B[X.] Urteil vom [X.] [X.]/12 R - [X.]-4200 § 11 [X.] RdNr 23; B[X.] Urteil vom 27.9.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 11 [X.] Rd[X.]2). Zum anderen ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass trotz der Wortlautänderung § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II nF dem bisherigen Recht entspricht (BT-Drucks 17/3404, S 98).

Auch aus dem Sinn und Zweck des § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II ergibt sich, dass diese Vorschrift nach einer mit der Unterbrechung des Leistungsbezugs verbundenen Überwindung der Hilfebedürftigkeit bei Eintritt eines neuen [X.] nicht fortwirkt. Mit der nur nach erforderlichen Umzügen vorgesehenen Übernahme höherer, noch abstrakt angemessener [X.]osten für Unterkunft und Heizung soll eine missbräuchliche Leistungsinanspruchnahme durch Ausschöpfung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen verhindert und den [X.]ommunen im Hinblick auf die [X.]ostensteigerungen bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II eine Steuerungsfunktion belassen werden (BT-Drucks 16/1410 [X.], zur ratio legis vgl auch ausführlich B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.]/09 R - B[X.]E 106, 147 = [X.]-4200 § 22 [X.]5, RdNr 21). Beide Ziele sind aber nur während des Leistungsbezugs und gerade nicht mehr ab dem mit der Überwindung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen [X.]alendermonat verbundenen Ende des Leistungsbezugs zu erreichen, da ab diesem [X.]punkt die Vorschriften des [X.]B II für die nicht mehr hilfebedürftige Person nicht mehr gelten und die Leistungsträger keine Möglichkeit der Einflussnahme mehr haben.

Erst durch einen neuen [X.]-Antrag begibt sich die betroffene Person neu - wie die erstmalig hilfebedürftige Person - in das System des [X.]B II und auch nur bei Hilfebedürftigkeit und Leistungsbezug unterliegt sie erneut dessen Regeln (vgl B[X.] Urteil vom 17.12.2009 - [X.] AS 19/09 R - B[X.]E 105, 188 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]9). Dem Umstand, dass ein Mietvertrag über eine teurere angemessene Wohnung noch während des früheren Leistungsbezugs und damit zu einem [X.]punkt abgeschlossen worden war, als die hilfebedürftige Person nicht in der Lage war, die höheren Mietzahlungen für die neue Wohnung selbst zu leisten, wird durch die bis zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Beendigung des früheren Leistungsbezugs eingreifende [X.]ostenbegrenzung des § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II hinreichend Rechnung getragen.

Dieses Ergebnis wird auch durch eine vergleichende Betrachtung mit § 22 Abs 2 Satz 1 [X.]B II aF bzw § 22 Abs 4 Satz 1 [X.]B II nF und den sich daraus ergebenden Wertungsgesichtspunkten bestätigt. Wie der 4. Senat des B[X.] bereits in früheren Entscheidungen betont hat, knüpft die Obliegenheit zur Einholung einer Zusicherung vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft nach § 22 Abs 2 Satz 1 [X.]B II aF bzw § 22 Abs 4 Satz 1 [X.]B II nF und die damit verbundene Möglichkeit einer [X.]ostenbegrenzung nach § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II an den Status als erwerbsfähige hilfebedürftige/leistungsberechtigte Person an (vgl B[X.] Urteil vom 30.8.2010 - [X.] AS 10/10 R - B[X.]E 106, 283 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]8; B[X.] Urteil vom 17.12.2009 - [X.] AS 19/09 R - B[X.]E 105, 188 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]9). Die Vorschriften gelten auch bei Vorliegen eines früheren Leistungsbezugs nicht über dessen Beendigung hinaus, wenn die hilfebedürftige Person nach Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Beendigung des Leistungsbezugs, aber vor dem Eintritt neuer Hilfebedürftigkeit eine neue Wohnung angemietet hat und in diese eingezogen ist, selbst wenn die neue Hilfebedürftigkeit zur [X.] des Vertragsabschlusses bereits absehbar war (B[X.] aaO). Die vorliegende Fallkonstellation rechtfertigt keine andere Behandlung einer ebenfalls erneut hilfebedürftig gewordenen Person.

Auch der dem gesamten Leistungssystem des [X.]B II immanente, in § 1 Abs 1 Satz 1 [X.]B II aF bzw § 1 Abs 2 Satz 1 [X.]B II nF sowie in § 2 [X.]B II normierte Grundsatz der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns spricht für die hier vorgenommene Auslegung des § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II. Die Eigenverantwortung leistungsberechtigter Personen soll insbesondere dadurch gestärkt werden, dass sie dazu beitragen, ihren Lebensunterhalt durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft und damit unabhängig von der Grundsicherung zu bestreiten (vgl [X.]ador in [X.], [X.]B II, 3. Aufl 2013, § 2 RdNr 5; Voelzke in [X.]/[X.], [X.]B II, [X.] § 1 RdNr 27, Stand 2/2012). Hierdurch soll wiederum dem nur temporären Charakter der Leistungsgewährung nach dem [X.]B II Rechnung getragen werden, mit der Folge, dass die Verantwortung des [X.] - und damit auch seine Berechtigung zur [X.]ostenbegrenzung nach § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II - endet, sobald der Leistungsberechtigte aus dem Leistungssystem ausscheidet, selbst dann, wenn das Ende des Leistungsbezugs nur vorübergehend ist und damit letztlich "nur" zu einer Unterbrechung führt. Durch den bei einem neuen Leistungsfall mit einer erneuten Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II verbundenen nochmaligen "Vorwurf", eine teurere Wohnung angemietet zu haben, würden der Grundsatz der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns sowie die vom Gesetzgeber als unterstützenswert erachteten Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit (§ 1 Abs 2 Nr 2 [X.]B II aF/§ 1 Abs 3 Nr 2 [X.]B II nF, §§ 15 ff [X.]B II) konterkariert.

Wie auch der Senat bereits in einer früheren Entscheidung ausgeführt hat, gilt die [X.]ostenbegrenzung des § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II nur, solange nicht Veränderungen in den persönlichen Umständen der betroffenen Person eintreten, die eine Neubestimmung der für sie angemessenen Wohnkosten innerhalb der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen des § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II gerechtfertigt erscheinen lassen (Urteil vom 24.11.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]3). Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns ist die Überwindung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen [X.]alendermonat jedenfalls durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens eine solche Veränderung in den persönlichen Umständen (vgl auch zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit im Zusammenhang mit der Bemessung des sog [X.] bei einmaligen Einnahmen: B[X.] Urteil vom [X.] [X.]/12 R - [X.]-4200 § 11 [X.] RdNr 64; Urteil vom 30.9.2008 - [X.] AS 29/07 R - B[X.]E 101, 291 = [X.]-4200 § 11 [X.]5, Rd[X.]1).

b) In zeitlicher Hinsicht ist als Zäsur für die Begrenzung einer fortgesetzten Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II die vorherige Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Unterbrechung des Leistungsbezugs für mindestens einen [X.]alendermonat erforderlich, aber auch ausreichend (so bereits B[X.] Urteil vom 30.8.2010 - [X.] AS 10/10 R - B[X.]E 106, 283 = [X.]-4200 § 22 [X.], RdNr 22; vgl im Übrigen auch [X.] in LP[X.]-[X.]B II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 78; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B II, [X.] § 22 Rd[X.]3, Stand 10/2012). Nach Ablauf eines [X.]alendermonats liegt bei erneuter Hilfebedürftigkeit ein neuer Leistungsfall vor. Die bloße Abmeldung aus dem Leistungsbezug trotz tatsächlich fortbestehender Hilfebedürftigkeit genügt dagegen nicht, um eine Zäsur mit Blick auf die fortgesetzte Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II zu erreichen.

Diese Anknüpfung an mindestens einen [X.]alendermonat für das Vorliegen eines neuen Leistungsfalls folgt aus dem im [X.]B II geltenden und in der Rechtsprechung des B[X.] bereits mehrfach betonten [X.] (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.]/12 R -, RdNr 26; B[X.] Urteil vom 22.8.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.]-4200 § 11 [X.] RdNr 21 mwN; B[X.] Urteil vom 30.7.2008 - [X.] AS 26/07 R - [X.]-4200 § 11 [X.]7 Rd[X.]; B[X.] Beschluss vom 23.11.2006 - B 11b [X.]/06 B - [X.]-4225 § 2 [X.] Rd[X.]4 f; zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen im Zusammenhang mit der Festlegung des sog [X.] bei Zufluss einmaliger Einnahmen vgl auch B[X.] Urteil vom 30.9.2008 - [X.] AS 29/07 R - B[X.]E 101, 291 = [X.]-4200 § 11 [X.]5, Rd[X.]1). Der [X.]-Anspruch ist auf eine kalendermonatsweise Betrachtung angelegt, wie bereits die in § 41 Abs 1 [X.]B II normierte Festlegung der Berechnungs- und Leistungsabschnitte auf einen [X.]alendermonat zeigt. Zudem wird der Regelbedarf (zuvor: Regelleistung) nach § 20 [X.]B II als Leistung je [X.]alendermonat ausgewiesen und die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung iS von § 22 [X.]B II hat monatsweise zu erfolgen. Die [X.]-Verordnung aF (§ 2) bzw § 11 Abs 2 und 3 [X.]B II nF stellen hinsichtlich der Anrechnung von Einkommen auf den Zufluss von Einnahmen innerhalb eines [X.]alendermonats ab und § 30 [X.]B II aF bzw § 11b Abs 3 [X.]B II sehen einen vom monatlichen Erwerbseinkommen abzusetzenden Freibetrag vor. Auch § 23 Abs 4 [X.]B II aF bzw § 24 Abs 4 [X.]B II nF, wonach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen erbracht werden können, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen, knüpfen an eine kalendermonatsweise Betrachtungsweise an. Nicht zuletzt kommt in § 37 Abs 2 Satz 2 [X.]B II nF, wonach der [X.]-Antrag auf den [X.] zurückwirkt, zum Ausdruck, dass das Gesetz für den [X.]-Anspruch an den [X.]alendermonat anknüpft.

An dieses [X.] des [X.]B II ist in zeitlicher Hinsicht auch für die Zäsur bei der Begrenzung der Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II anzuknüpfen. Hierdurch wird insbesondere dem Grundsatz des Forderns und Förderns Rechnung getragen, indem für die betroffenen Personen Anreize geschaffen werden, ihre Hilfebedürftigkeit durch Erzielung von Einkommen zu überwinden, um bei deren tatsächlicher Realisierung, sei es auch nur für einen [X.]alendermonat, von dem Vorteil der Beendigung der Wirkungsdauer des § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II profitieren zu können.

Dieser Rückgriff auf das [X.] steht überdies mit der Rechtsprechung des 7. Senats des B[X.] im Einklang, wonach bei zu erbringenden Monatsleistungen wie nach dem [X.]B II, dem [X.] oder dem [X.] das Entfallen der Hilfebedürftigkeit für einen Monat genügt, um eine Zäsur für nach § 44 [X.] nachträglich nicht zu erbringende Leistungen zu bewirken (vgl Urteil vom [X.] [X.] R - juris Rd[X.]3; Urteil vom 20.12.2012 - [X.] [X.]11 R - [X.]-3520 § 3 [X.] Rd[X.]4).

Für die vom [X.] unter Bezugnahme auf einen Beschluss des [X.] Sachsen (20.10.2008 - L 3 [X.]/08 AS-ER) geforderte Unterbrechung des Leistungsbezugs von "wesentlich mehr als sechs Monaten" und auch für das Erfordernis eines zeitlichen Moments von sechs Monaten fehlt es dagegen an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. Zwar sieht § 41 Abs 1 Satz 4 [X.]B II als Regelbewilligungszeitraum sechs Monate vor. Dennoch liegt § 41 Abs 1 [X.]B II - wie gezeigt - insgesamt eine kalendermonatsweise Betrachtung der Berechnung und Erbringung der Leistungen nach dem [X.]B II zugrunde. Der sechsmonatige Bewilligungszeitraum folgt dagegen aus Gründen der [X.], weil eine monatsweise Überprüfung der Leistungsvoraussetzungen und Bescheidung nicht mit vertretbarem Aufwand zu realisieren wäre (vgl BT-Drucks 15/1516, S 63).

c) Anhaltspunkte dafür, dass § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II hier aus anderen Gründen fortwirken könnte, bietet der vorliegende Fall nicht, in dem der [X.]läger seine Hilfebedürftigkeit durch Erzielung bedarfsdeckenden Erwerbseinkommens für mehr als einen [X.]alendermonat überwunden hatte und für fünf Monate aus dem Leistungsbezug ausgeschieden war, bevor er erneut hilfebedürftig wurde. Seinem erneuten Leistungsantrag liegt ein neuer Leistungsfall zugrunde.

4. Da § 22 Abs 1 Satz 2 [X.]B II im hier streitigen [X.]raum nicht anwendbar ist, sind nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II die Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind.

Eine hier allein noch denkbare Absenkung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 3 [X.]B II scheidet aus, da es bereits an einer hierfür erforderlichen [X.]ostensenkungsaufforderung des [X.] fehlt. Die vom [X.]läger beantragte Zusicherung war allein aufgrund der fehlenden Erforderlichkeit des Umzugs aus der zuvor bewohnten in die neue Wohnung abgelehnt worden.

Von der festgestellten Bruttowarmmiete von monatlich 342,55 Euro war - wie vom [X.] im Ergebnis vorgenommen - lediglich ein Betrag in Höhe von monatlich 6,26 Euro als [X.] abzuziehen, da eine entsprechende Berücksichtigung bereits durch die Regelleistung in Höhe von 347 Euro erfolgte (vgl hierzu B[X.] Urteil vom 22.9.2009 - [X.] AS 8/09 R - B[X.]E 104, 179 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.] bis 30; [X.]/[X.], [X.]b 2010, 331, 335). Auf die für den streitigen [X.]raum fehlenden hinreichenden Feststellungen des [X.] zu den nach Bruttokaltmiete und Heizkosten aufgeschlüsselten tatsächlichen Aufwendungen des [X.] (zur getrennten Angemessenheitsprüfung von Unterkunfts- und Heizkosten vgl zuletzt B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.]/12 R - [X.]-4200 § 22 [X.] RdNr 21) und zur Angemessenheit der Unterkunftskosten kommt es nicht an.

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 14 AS 23/13 R

09.04.2014

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Dessau-Roßlau, 8. September 2009, Az: S 7 AS 4331/08, Urteil

§ 22 Abs 1 S 1 SGB 2, § 22 Abs 1 S 2 SGB 2 vom 20.07.2006, § 41 Abs 1 SGB 2

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 09.04.2014, Az. B 14 AS 23/13 R (REWIS RS 2014, 6433)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6433

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