Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2006, Az. I ZR 176/03

I. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 2903

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 29. Juni 2006 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

HGB § 429 Abs. 2, §§ 431, 435 Wird der Frachtführer wegen Beschädigung von Transportgut auf vollen Scha-densersatz in Anspruch genommen, muss der Ersatzberechtigte Anhaltspunkte vortragen, die darauf schließen lassen, dass der Schaden auf ein qualifiziertes Verschulden zurückzuführen ist. Diese können sich etwa aus der Art und dem Ausmaß der Beschädigung des Gutes ergeben. Der Frachtführer muss sich auf diesen Vortrag einlassen und mitteilen, welche Kenntnisse er über den konkre-ten [X.] hat und welche Schadensursachen er ermitteln konnte. Ihn trifft insoweit eine Recherchepflicht.
[X.], [X.]. v. 29. Juni 2006 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 29. Juni 2006 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] v. Ungern-Sternberg, Prof. [X.], Pokrant und Dr. Schaffert für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 12. Zivilsenats des [X.]s vom 30. Juni 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückver-wiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger nimmt die [X.], die [X.], wegen der [X.] auf Schadensersatz in Anspruch. 1 - 3 - Der Kläger übergab einer Schaltermitarbeiterin der [X.]n am 17. November 1999 in [X.] eine Paketsendung zur Beförderung nach [X.]. Hierfür füllte er einen Einlieferungsschein der "[X.]" (dabei handelt es sich um eine Tochtergesellschaft der [X.]n) aus, den er der Schaltermitarbeiterin übergab. Der [X.] enthielt auf der Vorderseite den Hinweis auf die Geltung der [X.] für den Frachtdienst Inland (im Weiteren: [X.]) sowie darauf, dass diese in der Postfiliale zur Einsichtnahme bereitgehalten würden. 2 Die seinerzeit geltenden Abschnitte 2 und 6 der [X.] (Stand: 1.7.1999) hatten unter anderem folgenden Wortlaut: 3 "2. Vertragsverhältnis - Begründung/Ausschluss/Beteiligte - (1) Rechte und Pflichten im Geltungsbereich dieser [X.] werden durch Abschluss eines [X.] zwischen der [X.] und dem Absender begründet. In der Regel kommt die-ser Vertrag durch die Übergabe von Sendungen oder deren Über-nahme in die Obhut der [X.] (Einlieferung bzw. Abho-lung) nach Maßgabe der vorliegenden [X.] zustande. Abweichende Bedingungen sind schriftlich zu vereinbaren. (2) Von der Beförderung ausgeschlossen sind (ausgeschlossene Sendungen): – 5. Sendungen mit einem tatsächlichen Wert von mehr als 50.000 DM – (3) Entspricht eine Sendung hinsichtlich ihrer Beschaffenheit ([X.], Format und Gewicht usw.) oder in sonstiger Weise nicht den in Abschnitt 1 Abs. 2 genannten Bedingungen oder diesen [X.], so steht es der [X.] frei, - 4 - 1. die Annahme der Sendung zu verweigern oder 2. eine bereits übergebene/übernommene Sendung [X.] oder zur Abholung bereitzuhalten oder 3. diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entsprechendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 zu erheben. Das Recht der [X.], ein Vertragsangebot abzulehnen, bleibt, soweit nicht eine gesetzliche Verpflichtung entgegensteht, auch in anderen Fällen unberührt. – 6. Haftung (1) Die [X.] haftet für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahr-scheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen. – (2) Im Übrigen haftet die [X.] für Verlust und [X.] von bedingungsgerechten Sendungen und für die nicht ord-nungsgemäße Erfüllung sonstiger Vertragspflichten nur im Umfang des unmittelbaren vertragstypischen Schadens bis zu bestimmten [X.]. Die [X.] ist auch von dieser Haftung be-freit, soweit der Schaden auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwen-den konnte (z.B. [X.], höhere Gewalt). Die in §§ 425 Abs. 2 und 427 HGB genannten Fälle der [X.] und besonderen Haftungsausschlussgründe bleiben unberührt. –" Das Paket wurde am 19. November 1999 an den Adressaten ausgelie-fert, der den Empfang der Sendung als ordnungsgemäß quittierte. Mit [X.] vom 24. November 1999 reklamierte der Kläger gegenüber der [X.]n die Beschädigung des beförderten Gutes. Die [X.] hat eine Schadensregu-lierung abgelehnt. 4 - 5 - Der Kläger hat behauptet, in dem Paket habe sich (neben einem wertlo-sen Instrument) eine Geige mit einem Schätzwert von 60.000 DM befunden. Dieses Instrument habe er der [X.]n in unbeschädigtem Zustand und ord-nungsgemäß verpackt zur Beförderung übergeben. Bei der Auslieferung an den Empfänger sei die Geige beschädigt gewesen. Bei dem Schaden, durch dessen Behebung Kosten [X.] von 4.698 DM entstanden seien, habe es sich um einen Bodenstimmriss vom Saitenhalter bis zum Steg des Instruments gehandelt. Die Beschädigung habe zu einer Wertminderung der Geige [X.] von 18.000 DM (= 30 % des [X.]) geführt. Von dem Wertminderungsbetrag hat der Kläger in erster Instanz lediglich 15.000 DM geltend gemacht. 5 Der Kläger hat beantragt, 6 die [X.] zu verurteilen, an ihn 19.698 DM nebst Zinsen zu [X.]. Die [X.] ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung ver-treten, ihr stehe gegen den Kläger ein Schadensersatzanspruch wegen [X.] bei Vertragsschluss zu, weil der Kläger mit der Einlieferung der Gei-ge, die nach seinen eigenen Angaben einen Schätzwert von 60.000 DM gehabt habe, gegen § 2 Abs. 2 der zum Vertragsinhalt gewordenen [X.] verstoßen habe. Der Kläger müsse sie, die [X.], so stellen, wie sie bei ordnungsgemäßer Aufklärung über den Wert der Sendung stünde. In diesem Fall wäre es nicht zum Abschluss eines [X.] [X.]. 7 Im Übrigen sei ihre Haftung gemäß § 427 Abs. 1 Nr. 2 HGB ausge-schlossen, weil die Verpackung nicht dazu geeignet gewesen sei, die Geige vor 8 - 6 - typischen Einwirkungen eines Sammeltransports (mehrfaches Umlagern, Über-stauen) zu schützen. Das [X.] hat die [X.] unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 18.400 DM (3.400 DM Reparaturkosten und 15.000 DM Wert-minderung) nebst Zinsen verurteilt. 9 Dagegen hat die [X.] Berufung eingelegt. Der Kläger hat im Wege der Anschlussberufung die Zahlung eines weiteren Wertminderungsbetrages [X.] von 3.000 DM nebst Zinsen begehrt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Anschlussberufung des [X.] zurückgewiesen. 10 Mit der (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision erstrebt der Klä-ger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen [X.]eils sowie die Verurteilung der [X.]n zur Zahlung weiterer [X.] • (= 3.000 DM) nebst Zinsen. Die [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen. 11 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat den von dem Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch für unbegründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt: 12 Es könne offen bleiben, ob es zwischen den Parteien zum Abschluss ei-nes Vertrages über die Beförderung der streitgegenständlichen Sendung [X.] sei. Eine Haftung der [X.]n für eine etwaige Beschädigung der Geige sei nach Abschnitt 6 Abs. 2 der [X.] der [X.]n, die Bestandteil eines 13 - 7 - möglichen [X.] geworden seien, ausgeschlossen. Bei der Regelung in Abschnitt 6 Abs. 2 [X.] handele es sich nicht um eine überra-schende Klausel i.S. von § 3 [X.]G a.F.. Die in Rede stehende Klausel sei auch nicht wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 7 [X.]G a.F. unwirksam. Nach Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V. mit Abschnitt 2 Abs. 3 Nr. 1 ihrer [X.] sei die [X.] nicht verpflichtet gewesen, überhaupt für den Kläger tätig zu werden. Sie habe die Sendung nur wegen der von dem Kläger unterlassenen Angabe über den tatsächlichen Wert des Inhaltes zur Beförderung angenommen. Daher [X.] es als mit dem Regelungszweck des § 11 Nr. 7 [X.]G a.F. vereinbar, wenn die [X.] ihre Haftung auch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ihrer Mitarbeiter ausschließe. Da die [X.] die Sendung im Falle der Kenntnis des von dem Kläger behaupteten Wertes nicht zur Beförderung entgegengenom-men hätte, scheide ihre Haftung vollständig aus. Auch wenn von einem wirksamen Zustandekommen eines [X.] ausgegangen werde und man annehme, dass der in den [X.] Geschäftsbedingungen der [X.]n geregelte Haftungsausschluss unwirksam sei, hätte die Klage im Ergebnis keinen Erfolg. Denn die [X.] könnte einem etwaigen Schadensersatzanspruch des [X.] ihrerseits einen Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei [X.] entgegenhalten, der auf Freistellung von möglichen vertraglichen Schadensersatzansprüchen gerichtet sei. Der Kläger habe es in zurechenbarer Weise unterlassen, eine korrekte Angabe über den behaupteten Wert der ein-gelieferten Sendung zu machen. Hätte er den Wert bei der Einlieferung zutref-fend angegeben, hätte die [X.] nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen die Sendung nicht angenommen und es wäre nicht zum Abschluss eines Transportvertrages gekommen. 14 - 8 - Soweit der Kläger den geltend gemachten Schadensersatzanspruch dar-auf stütze, dass die [X.] es vertragswidrig unterlassen habe, die von ihm gewünschte Transportversicherung zu vermitteln, ergebe sich daraus ebenfalls keine Haftung der [X.]n. Bei korrekter Angabe des Wertes der Sendung wäre es nicht zum Abschluss eines [X.] und damit auch nicht zum Abschluss einer Transportversicherung gekommen. 15 Da dem Kläger schon dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch zustehe, könne auch seine unselbständige Anschlussberufung keinen Erfolg haben. 16 I[X.] Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochte-nen [X.]eils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 17 1. Zwischen den Parteien ist trotz der [X.] in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 [X.] ein wirksamer Frachtvertrag durch schlüssiges Verhalten zu-stande gekommen. Die Entgegennahme der ihrem Inhalt nach nicht erkennba-ren Sendung durch eine Schaltermitarbeiterin der [X.]n konnte aus der Sicht des [X.] nur dahin verstanden werden, dass die [X.] ungeachtet des Wortlauts dieser Klausel einen Vertrag schließen wollte (§§ 133, 157 [X.]). Die [X.] der [X.]n stehen dem nicht entgegen. 18 a) Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die [X.] der [X.]n seien gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 1b [X.]G a.F. wirksam in einen etwaigen Transportvertrag zwischen den Parteien einbezogen worden. Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Befreiung von § 2 [X.]G a.F. gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 1b [X.]G a.F. im [X.] nur für die Bedingungen zur Beförderung von Briefen und adressierten 19 - 9 - Katalogen mit einem Einzelgewicht von weniger als 200 g gilt (vgl. Münch-Komm.[X.]/[X.], 4. Aufl., § 23 [X.]G Rdn. 26; [X.]/[X.]/[X.], [X.]-Gesetz, 9. Aufl., § 23 Rdn. 36c), während es hier um eine Paketsendung geht. Das steht der vom Berufungsgericht angenommenen Einbeziehung der [X.] der [X.]n in einen zwischen den Parteien geschlossenen Beförde-rungsvertrag jedoch nicht entgegen, da - wie der Senat aufgrund des unstreiti-gen Sachverhalts selbst entscheiden kann - die Einbeziehungsvoraussetzungen gemäß § 2 Abs. 1 [X.]G a.F. erfüllt sind. Auf dem von dem Kläger zu den Ak-ten gereichten "[X.] Express", den er vor Einlieferung des Pake-tes von der Schaltermitarbeiterin der [X.]n ausgehändigt erhalten und teil-weise selbst ausgefüllt hat, ist auf der Vorderseite der deutlich erkennbare Hin-weis enthalten, dass "die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] AG für den Frachtdienst Inland gelten, die in (der) Postfiliale zur Einsicht-nahme bereitgehalten werden". Damit ist den Anforderungen des § 2 Abs. 1 [X.]G a.F. genügt (vgl. [X.], [X.]. v. 18.6.1986 - VIII ZR 137/85, NJW-RR 1987, 112, 113 = ZIP 1986, 1126, 1128; [X.]/[X.], [X.], 65. Aufl., § 305 Rdn. 29; MünchKomm.[X.]/[X.] aaO § 2 [X.]G Rdn. 8). b) Gemäß Abschnitt 2 Abs. 2 [X.] kommt zwischen dem Absender und der [X.] AG in der Regel durch die Übergabe von Sendungen oder deren Übernahme in die Obhut der [X.] (Einlieferung bzw. Abho-lung) nach Maßgabe der geltenden [X.] ein Beförderungsvertrag zustande. Eine Einlieferung der streitgegenständlichen Paketsendung ist im vorliegenden Fall erfolgt, da sie von der Schaltermitarbeiterin der [X.]n zur Beförderung angenommen wurde. 20 Der Annahme eines Vertragsschlusses steht nicht die Regelung in Ab-schnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 [X.] entgegen, wonach Sendungen mit einem [X.] - 10 - chen Wert von mehr als 50.000 DM von der Beförderung ausgeschlossen sind (zur Auslegung einer vergleichbaren Bestimmung in den [X.] der [X.]n vgl. [X.], [X.]. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, [X.] ff., zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Die Bestimmung in Ab-schnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 [X.] darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist im systematischen Zusammenhang mit Abschnitt 2 Abs. 3 Nr. 2 und 3 [X.] zu [X.]. Nach diesen Bestimmungen steht es der [X.]n frei, eine nicht be-dingungsgerechte Sendung jederzeit an den Auftraggeber zurückzugeben oder diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entspre-chendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 [X.] zu erheben. Diese Rege-lungen wären überflüssig, wenn über (unerkannt) nicht bedingungsgerechte Sendungen ein Vertrag schon nicht zustande käme (vgl. [X.], [X.]. v. 14.6.2006 - I ZR 75/03, [X.] S. 10). 2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des [X.], dem Kläger stehe schon dem Grunde nach kein [X.] wegen des streitgegenständlichen Transportschadens zu. 22 a) Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des [X.] auf Schadens-ersatz mit der Begründung verneint, eine Haftung der [X.]n für eine etwai-ge Beschädigung der nach der Behauptung des [X.] in dem streitgegen-ständlichen Paket befindlichen Geige sei nach Abschnitt 6 Abs. 2 der [X.] der [X.]n ausgeschlossen. Dem eigenen Vortrag des [X.] zufolge habe es sich bei dem eingelieferten Paket um eine Sendung gehandelt, die nach Ab-schnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 [X.] von der Beförderung ausgeschlossen gewesen sei. Gemäß Abschnitt 2 Abs. 3 Nr. 1 [X.] sei die [X.] daher berechtigt gewe-sen, ein Vertragsangebot des [X.] abzulehnen, was sie auch getan hätte, wenn sie den tatsächlichen Wert der Sendung gekannt hätte. Unter diesen [X.] - 11 - ständen widerspreche es nicht dem Regelungszweck des § 11 Nr. 7 [X.]G a.F., wenn die [X.] ihre Haftung auch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ihrer Mitarbeiter vollständig ausschließe. Diese Beurteilung hält der revisions-rechtlichen Nachprüfung nicht stand. b) In der Revisionsinstanz ist auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes zu unterstellen, dass die der [X.]n zur Beförderung ü-bergebene Geige während des Transports durch ein qualifiziertes Verschulden (§ 435 HGB) der Mitarbeiter der [X.]n beschädigt worden ist. 24 Nach Abschnitt 6 Abs. 1 [X.] haftet die [X.] für Schäden, die auf ei-ne Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, "ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbe-schränkungen". Diese Klausel ist nach dem Zusammenhang der [X.] der [X.]n gemäß dem Grundsatz, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen im Zweifel kundenfreundlich auszulegen sind (vgl. [X.], [X.]. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, [X.]), dahin zu verstehen, dass die in den vorangegangenen und nachfolgenden Bedingungen geregelten Haftungsausschlüsse und Haf-tungsbegrenzungen bei qualifiziertem Verschulden der [X.]n nicht gelten sollen. Auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob eine Haftung der [X.]n gemäß Abschnitt 6 Abs. 2 ihrer [X.] wirksam ausgeschlossen ist, kommt es daher nicht an. 25 Befördert die [X.] eine "nicht bedingungsgerechte" Sendung auf-grund eines wirksam zustande gekommenen Beförderungsvertrags unter Ein-beziehung ihrer [X.], dann richtet sich ihre Haftung nicht nur nach Abschnitt 6 26 - 12 - Abs. 2 ihrer [X.], sondern, was das Berufungsgericht verkannt hat, auch nach deren Abschnitt 6 Abs. 1, in dem keine Unterscheidung zwischen Verbotsgütern und so genannten bedingungsgerechten Sendungen vorgesehen ist. Die [X.] selbst geht danach beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 435 HGB auch bei Verbotsgütern von ihrer vollen Haftung aus (vgl. [X.], [X.]. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, [X.]). Abschnitt 6 Abs. 2 der [X.] behandelt die Haf-tung der [X.]n "im Übrigen", d.h. soweit die Voraussetzungen des Absat-zes 1 nicht vorliegen. Diese Auslegung widerspricht nicht den vom Berufungsgericht erörterten Interessen von Verwender und Absender. Insbesondere wird ein Frachtführer, der nach seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen an sich nur Güter mit ei-nem geringeren Wert befördern will, dadurch nicht gezwungen, Sicherungen in seiner Betriebsorganisation vorzusehen, die für den Transport wesentlich [X.] Güter ausgerichtet sind, weil ein Versender risikolos diesen Transport-weg wählen und Güter von hohem Wert zur Beförderung an den Frachtführer übergeben könnte. Die Haftung nach Maßgabe von Abschnitt 6 Abs. 1 [X.] trifft die [X.] nur bei qualifiziertem Verschulden. Nur insoweit trägt sie demnach auch das Risiko eines Verlusts oder einer Beschädigung von Gütern, bei de-nen sie ansonsten ihre Haftung nach Abschnitt 6 Abs. 2 und Abs. 3 ihrer [X.] beschränkt oder ausgeschlossen hat. Es werden von ihr insoweit auch keine Sicherungsmaßnahmen verlangt, die bei Leistungen, die auf die Beförderung von Paketen mit einem Höchstwert von 50.000 DM gerichtet sind, zur Erfüllung des Vertragszwecks nicht erbracht werden müssen. Um ihren vertraglichen Pflichten zu genügen, muss die [X.] lediglich solche Schutzvorkehrungen treffen, die nach der Art und dem Wert der von ihr nach Maßgabe ihrer [X.] beförderten Güter geboten sind ([X.], [X.]. v. 14.6.2006 - I ZR 75/03, [X.] f.). [X.] ein Versender der [X.]n andere als "[X.] - 13 - gungsgerechte Sendungen" im Sinne ihrer [X.], ohne die [X.] darauf hin-zuweisen, kann das Unterlassen, insbesondere der Angabe eines höheren Werts, außerdem zu einer Verringerung der Schadensersatzpflicht der [X.] unter dem Gesichtspunkt des mitwirkenden Verschuldens des Absenders führen (vgl. [X.] 149, 337, 352 ff.; [X.], [X.]. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04, [X.] 2006, 205, 206 f.). 3. Die Revision wendet sich auch mit Recht gegen die Annahme des Be-rufungsgerichts, Schadensersatzansprüche des [X.] seien jedenfalls [X.] ausgeschlossen, weil der [X.]n ein eigener Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss zustehe, der auf Freistellung von etwaigen vertraglichen Schadensersatzansprüchen des [X.] gerichtet sei. 28 a) Zwar kann nach der Rechtsprechung des [X.] in Fällen schuldhafter Irreführung sowie Falschangaben vor oder bei Vertragsschluss über die § 311 Abs. 2, §§ 280, 249 Abs. 1 [X.] eine Lösung von dem [X.] in Betracht kommen (vgl. [X.], [X.]. v. 31.1.1962 - [X.], NJW 1962, 1196, 1197; [X.]. v. 26.9.1997 - [X.], [X.], 302, 303 f.; [X.]. v. 6.4.2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875 ff.). Eine von dem Kläger möglicherweise verletzte Aufklärungspflicht über den Inhalt der Sendung führte im Streitfall aber nicht zu einem Recht der [X.]n, die [X.] zu verlangen, weil diese Form des Schadensersatzes nicht in den Schutzbereich einer eventuell verletzten Aufklärungspflicht fällt. 29 Der Grundsatz, dass derjenige, der pflichtwidrig ein schädigendes Ereig-nis verursacht, dem Geschädigten für alle daraus entstandenen Schadensfol-gen haftet, gilt nicht ohne Einschränkungen. Es ist anerkannt, dass der Verstoß 30 - 14 - gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz des Schadens verpflichtet, dessen Eintritt die Einhaltung der Pflicht verhindern sollte. Das trifft nicht nur für den Bereich des Deliktsrechts, sondern auch im Vertragsrecht zu. Auch hier muss der Schaden nach Art und Entstehungsweise aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Pflicht bestimmt war. Für vorver-tragliche Schuldverhältnisse gilt nichts anderes (vgl. [X.] 95, 199, 209 f.; 116, 209, 212; [X.], [X.]. v. 17.10.1990 - IV ZR 197/89, [X.], 1396, 1398). b) Nach dem Inhalt der [X.] der [X.]n soll die Mitteilung des Absen-ders, dass es sich bei der Sendung um [X.] handelt, nicht generell und von vornherein den Abschluss eines Beförderungsvertrags mit der [X.]n verhindern. Bis zu einem tatsächlichen Wert von 50.000 DM ist die [X.] nach Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 ihrer [X.] ohnehin bereit, die Sendung zu beför-dern. Bei einem darüber hinausgehenden Wert steht es ihr gemäß Abschnitt 2 Abs. 3 [X.] frei, ein Leistungsverweigerungsrecht auszuüben, vom Vertrag zu-rückzutreten oder diesen durchzuführen. Der Zweck einer eventuellen Mittei-lungspflicht besteht danach ersichtlich nicht darin, einen Vertragsschluss zu verhindern, sondern der [X.]n die Möglichkeit zu geben, von einem even-tuellen Risiko Kenntnis zu nehmen und ihr verschiedene Verhaltensmöglichkei-ten auf diese Kenntnis zu belassen. Dementsprechend besteht der Schaden der [X.]n nicht in dem Vertragsschluss als solchem, so dass die [X.] auch nicht dessen Aufhebung bei einer Verletzung der Aufklärungspflicht [X.] kann (vgl. [X.], [X.]. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, [X.]). Ein [X.] des Versenders ist allein unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens zu berücksichtigen. 31 4. Das angefochtene [X.]eil kann danach mit der bisherigen Begründung nicht aufrechterhalten werden. Eine abschließende Entscheidung in der Sache 32 - 15 - ist dem Senat nicht möglich, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Beschädigung der Geige durch ein qualifiziertes Ver-schulden der Mitarbeiter der [X.]n verursacht worden ist, was die [X.] auch in der Berufungsinstanz in Abrede gestellt hat. Bei den insoweit noch gebotenen Feststellungen ist zu beachten, dass der Geschädigte Anhaltspunkte vortragen muss, die darauf schließen lassen, dass der Schaden auf ein qualifiziertes Verschulden zurückzuführen ist. Diese können sich etwa aus der Art und dem Ausmaß der Beschädigung des Gutes ergeben. Da nur der beklagte Frachtführer Angaben zu den näheren Umstän-den der Schadensentstehung machen kann, hat er sich auf diesen Vortrag ein-zulassen und mitzuteilen, welche Kenntnisse er über den konkreten [X.] hat und welche Schadensursachen er ermitteln konnte. Ihn trifft mithin eine Recherchepflicht. Kann er trotz angemessener Nachforschungen keine Angaben zur Schadensentstehung machen, kann daraus nicht die Vermutung für das Vorliegen der Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens herge-leitet werden. Es gelten insoweit nicht die Grundsätze wie bei einem Verlust des Gutes, bei dem die mangelnde Aufklärung des Ersatzberechtigten im Allgemei-nen auf dem Fehlen von Schnittstellenkontrollen beruht, weil der Eintritt eines Schadens und der Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht nicht (mehr) eingegrenzt werden können (vgl. [X.] 158, 322, 330, m.w.N.). Kann der Frachtführer trotz angemessener Recherchen nichts zur [X.] des Gutes beitragen, bleibt der Ersatzberechtigte für das Vorliegen der Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens des Transporteurs oder seiner Leute gegebenenfalls beweisfällig. 33 Dem Frachtführer bleibt es auch unbenommen, sich auf einen der be-sonderen Haftungsausschlussgründe nach § 427 Abs. 1 HGB zu berufen und 34 - 16 - dessen Voraussetzungen darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen. Die [X.] hat im Streitfall einen Haftungsausschluss gemäß § 427 Abs. 1 Nr. 2 HGB geltend gemacht. Dazu hat das Berufungsgericht bislang ebenfalls noch keine Feststellungen getroffen. II[X.] Danach war das angefochtene [X.]eil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 35 Ullmann Herr Ri[X.] [X.] Bornkamm

ist in Urlaub.

Ullmann

Pokrant Schaffert Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 05.10.2001 - 28 O 104/00 - KG [X.], Entscheidung vom 30.06.2003 - 12 U 301/01 -

Meta

I ZR 176/03

29.06.2006

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2006, Az. I ZR 176/03 (REWIS RS 2006, 2903)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2903

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