Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.07.2018, Az. 1 StR 628/17

1. Strafsenat | REWIS RS 2018, 6290

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Gegenstand

Revision eines Verfallsbeteiligten


Tenor

Die Revision der Verfallsbeteiligten [X.]       gegen das Urteil des [X.] vom 30. Juni 2017 wird als unbegründet verworfen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den nicht revidierenden Angeklagten D.        wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen den ebenfalls nicht revidierenden Angeklagten [X.]hat es wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Zudem hat das [X.] festgestellt, dass die [X.] Firma [X.] aus der Tat des Angeklagten D.        einen Wert von 1.100.999 Euro und die [X.] [X.]       aus der Tat einen Wert von 1.060.000 Euro erlangt haben, wobei beide [X.] in Höhe einer Summe von 1.060.000 Euro als Gesamtschuldner haften. Das [X.] hat weiter festgestellt, dass lediglich wegen Ansprüchen Verletzter nicht auf den Verfall von Wertersatz erkannt wird. Die Revision der [X.]n [X.]       , mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 [X.].

2

1. Das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin wurde innerhalb der [X.] des § 345 Abs. 1 [X.] begründet; der hilfsweise beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedarf es daher nicht.

3

2. Die Revision der [X.]n [X.]      ist nicht gemäß § 300 [X.] in einen Antrag auf Durchführung eines [X.] gemäß § 439 [X.] aF i.V.m. § 14 [X.] umzudeuten, für den nicht das Revisionsgericht, sondern das Gericht erster Instanz zuständig wäre. Zwar wird in der Revisionsbegründung u.a. geltend gemacht, die [X.] habe im Erkenntnisverfahren kein rechtliches Gehör erhalten. Jedoch wird dort ausdrücklich klargestellt, dass für die [X.] das Nachverfahren nicht in Betracht komme, weil in diesem Verfahren gegen die isolierte Feststellung, dass die [X.] etwas erlangt habe (§ 111i Abs. 2 [X.] aF), nichts unternommen werden könne ([X.]. 2).

4

3. Die Revision der [X.]n ist auch statthaft, weil sie geltend macht, sie habe nichts im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB aF (i.V.m. § 316h EGStGB) aus der Tat des Angeklagten D.         – ihres Ehemannes – erlangt, was einen Ausspruch gemäß § 111i Abs. 2 [X.] aF rechtfertigen könnte. Dasselbe gilt, soweit die [X.] Einwendungen gegen den Schuldspruch erhebt, indem sie sich auf die Verjährung der Tat des Angeklagten D.        beruft; denn sie trägt vor, ohne ihr Verschulden im vorausgegangenen Verfahren nicht gehört worden zu sein (vgl. § 437 Abs. 1 [X.] aF).

5

4. Entgegen der Auffassung des [X.] erstrebt die Revision nicht auch die Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten D.      wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr. Zwar erfasst der Antrag in der [X.] der [X.]n auch den „Schuldspruch“ im angefochtenen Urteil. Der Inhalt der [X.] lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass lediglich die die [X.] betreffende Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 [X.] aF angefochten wird und der Schuldspruch nur insoweit angegriffen wird, als er Grundlage für die Verfallsentscheidung gegen die [X.] war. Für die vom [X.] beantragte Teilverwerfung der Revision gemäß § 349 Abs. 1 [X.] besteht daher kein Grund.

6

5. Die von der Beschwerdeführerin erhobene Verfahrensrüge, sie habe ihre prozessualen Rechte als [X.] nicht wahrnehmen können, weil die Hauptverhandlung entgegen § 436 Abs. 1 [X.] aF i.V.m. § 442 Abs. 1 [X.] durchgeführt worden sei, obwohl ihr die Terminsnachricht nicht gemäß § 435 [X.] aF zugestellt worden sei, ist bereits unzulässig.

7

a) Sie ist unzulässig, weil sie den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht genügt. Die Revision teilt nicht mit, dass die Terminsmitteilung vom 31. Mai 2017 der [X.]n [X.]     am 10. Juni 2017 mittels Einwurf in den Briefkasten durch Niederlegung mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden ist ([X.], [X.]. 368 mit Anlage). Dieser Mitteilung hätte es bedurft, da die [X.] aufgrund der zugestellten Terminsmitteilung in die Lage versetzt wurde, von ihren prozessualen Rechten im Rahmen der Hauptverhandlung Gebrauch zu machen.

8

Auf diesen Vortrag kann auch nicht deswegen verzichtet werden, weil die Terminsmitteilung erst nach dem zweiten [X.] zugestellt werden konnte. Damit lagen zwar für die ersten beiden [X.]e die Voraussetzungen für ein Verhandeln ohne die [X.] gemäß § 436 Abs. 1 [X.] aF nicht vor, sodass das [X.] die Hauptverhandlung an diesen beiden Tagen nicht ohne die [X.] hätte durchführen dürfen (vgl. Metzger in [X.], [X.], 81. EL, § 435 Rn. 7 und [X.] in SK-[X.], 4. Aufl., § 435 Rn. 3). Andererseits wird aber gemäß § 431 Abs. 7 [X.] aF der Fortgang des Verfahrens durch die Verfahrensbeteiligung nicht aufgehalten. So hätte – wenn dies nicht bereits im Vorfeld geschehen wäre – die Nebenbeteiligung gemäß § 431 Abs. 4 i.V.m. § 442 Abs. 2 [X.] auch erst während laufender Hauptverhandlung bis spätestens zum Zeitpunkt der Verfallsentscheidung angeordnet werden dürfen. Auch in diesem Fall wären dann die prozessualen Rechte des Nebenbeteiligten, sofern sie ohne Verschulden vorher nicht wahrgenommen werden konnten, im Rechtsmittelverfahren gemäß § 437 Abs. 1 [X.] aF und im Übrigen im Nachverfahren gemäß § 439 [X.] aF gewahrt. Entscheidend ist daher hier, ob die [X.] ihre prozessualen Rechte noch in der Hauptverhandlung hätte geltend machen können. Die weiteren fünf [X.]e nach Zustellung der Terminsnachricht (20., 21., 26., 27. und 30. Juni 2017) hätten aber ausgereicht, um von den prozessualen Befugnissen als [X.] Gebrauch zu machen. Denn der Grundsatz, dass der Fortgang des Verfahrens durch die Verfahrensbeteiligung nicht aufgehalten wird (§ 431 Abs. 7 [X.] aF), kann im Einzelfall durch den Anspruch des [X.]n auf rechtliches Gehör eingeschränkt sein (vgl. [X.] in SK-[X.], 4. Aufl., § 431 Rn. 27). Soweit zur Wahrung der prozessualen Rechte der [X.]n erforderlich, hätte das [X.] deshalb etwa bereits gehörte Zeugen für einen der weiteren [X.]e [X.] laden können, wenn die [X.] nach der Terminsmitteilung noch Einwendungen erhoben oder Anträge gestellt hätte.

9

b) Ein absoluter Revisionsgrund nach § 338 Nr. 5 [X.] kommt insoweit nicht in Betracht, weil ein Nebenbeteiligter keine Person ist, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt. Ein Nebenbeteiligter ist nach § 435 Abs. 1 [X.] aF nicht zum Termin zu laden; ihm ist lediglich im Hinblick auf die sich aus § 436 Abs. 1, § 437 [X.] aF ergebenden Rechtsfolgen der Termin zur Hauptverhandlung bekannt zu machen. Ihm steht es aber frei, ob er an dieser teilnimmt.

6. Die Geltendmachung des Verfahrenshindernisses der Verjährung der Taten der Angeklagten hat ebenfalls keinen Erfolg.

a) Gemäß § 437 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF, § 442 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 14 [X.] erstreckt sich die Prüfung, ob der Verfall dem [X.]n gegenüber gerechtfertigt ist, auf den Schuldspruch des angefochtenen Urteils nur, wenn der [X.] insoweit Einwendungen vorbringt und im vorausgegangenen Verfahren ohne sein Verschulden nicht gehört worden ist. Dies gilt auch, soweit er geltend macht, der Verurteilung des Angeklagten habe ein vom [X.] übersehenes Verfahrenshindernis der Verjährung entgegengestanden (vgl. LR-[X.]/[X.], 26. Aufl., § 437 Rn. 11). Zwar hat hier die [X.] Einwendungen gegen den Schuldspruch erhoben; jedoch war sie nicht ohne ihr Verschulden gehindert, zum Schuldspruch gehört zu werden, da ihr die Terminsnachricht – wie bereits dargelegt – so rechtzeitig zugestellt worden war, dass ihr noch fünf [X.]e verblieben, um Einwendungen zu erheben.

b) Unabhängig davon liegt das geltend gemachte Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung – wie auch im angefochtenen Urteil ([X.]) zutreffend dargelegt – nicht vor.

7. Im Übrigen hat die Revision aus den in der Antragsschrift des [X.] genannten Gründen keinen Erfolg.

Raum     

      

Jäger     

      

Cirener

      

Radtke     

      

Hohoff     

      

Meta

1 StR 628/17

10.07.2018

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG München I, 30. Juni 2017, Az: 5 KLs 562 Js 166033/16

§ 344 Abs 2 S 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.07.2018, Az. 1 StR 628/17 (REWIS RS 2018, 6290)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6290

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 628/17

3 StR 518/19

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