Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.11.2004, Az. 4 StR 368/04

4. Strafsenat | REWIS RS 2004, 905

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[X.] vom 4. November 2004 in der Strafsache gegen

wegen schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.
- 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 4. November 2004 gemäß §§ 154 Abs. 2, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Das Verfahren wird gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, so-weit der Angeklagte in den Fällen 8 und 9 der Urteilsgründe wegen Nötigung verurteilt worden ist. Insoweit trägt die Staats-kasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 17. Mai 2004 a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in drei Fällen,
davon in zwei Fällen in Tateinheit mit sexueller Nötigung (Fälle 1 und 3 der Urteilsgründe) und in einem Fall in [X.] (Fall 7 der Urteilsgründe) und [X.] in weiterer Tateinheit mit Freiheitsberaubung, sowie des sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in einem weiteren Fall (Fall 5 der Urteilsgründe) schuldig ist, b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen
aufgehoben. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Ju-gendkammer zurückverwiesen. - 3 - 4. Die weiter gehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten "des schweren sexuellen Miß-brauchs von Kindern in 3 Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexueller Nötigung, dabei in zwei Fällen im besonders schweren Fall (Vergewaltigung), des [X.], der Freiheitsberaubung in 3 Fällen sowie der Nö-tigung in 2 Fällen" für schuldig befunden und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Be-schlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Der [X.] stellt das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit der Angeklagte in den Fällen 8 und 9 der Urteilsgründe wegen vollendeter Nö-tigung in zwei tatmehrheitlichen Fällen verurteilt worden ist. Die bisherigen Feststellungen tragen den Schuldspruch insoweit nicht. Eine Zurückverweisung zu weiterer Aufklärung erscheint dem [X.] aus den in § 154 Abs. 1 StPO ge-nannten Gründen entbehrlich. Die Einstellung hat die Änderung des Schuldspruchs und den Wegfall der in den Fällen 8 und 9 der Urteilsgründe verhängten [X.] von jeweils sechs Monaten zur Folge. 2. [X.] hält - mit Ausnahme des Falls 5 der Urteilsgründe - auch im übrigen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. - 4 - a) Das [X.] hat den Angeklagten in den [X.], 3 und 7 jeweils zu Recht des schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes für schuldig befun-den, weil er zuletzt im [X.] wegen einer einschlägigen Straftat rechtskräf-tig verurteilt worden ist (§ 176 a Abs. 1 Nr. 4 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung). Entgegen dem Vorbringen der Revision belegen die Feststellungen auch, daß der zur Tatzeit 51jährige Angeklagte in diesen Fällen die sexuellen Handlungen in seiner Wohnung an der zur Tatzeit sechsjährigen [X.] unter Ausnutzung der für das Mädchen bestehenden schutzlosen Lage (§ 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB) vorgenommen hat. Zu Recht rügt der Beschwerdeführer indes, daß das [X.] im Fall 3 der Urteilsgründe den weiter qualifizierenden Um-stand des § 176 a Abs. 1 Nr. 1 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung und das Regelbeispiel eines besonders schweren Falles nach § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB für verwirklicht angesehen hat. Nach den Feststellungen des Urteils ist nicht belegt, daß in diesem Fall die sexuellen Handlungen - wie dies die ge-nannten Strafvorschriften voraussetzen - mit einem Eindringen in den Körper verbunden waren (vgl. BGHR StGB § 176 a Abs. 1 Nr. 1 sexuelle Handlung 1). Die Urteilsgründe ergeben auch nicht, daß es sich hierbei - wie der [X.] meint - um ein bloßes Schreibversehen handelt. Der auf §§ 176 a Abs. 1 Nr. 1, 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB gestützte Schuld- und Strafaus-spruch kann in diesem Fall schon deshalb nicht bestehen bleiben. Vielmehr ist der Angeklagte insoweit allein wegen des schweren sexuellen Mißbrauchs ei-nes Kindes in Tateinheit mit sexueller Nötigung (§§ 176 a Abs. 1 Nr. 4 a.F., 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB) zu verurteilen. b) Im übrigen hat das [X.] das Konkurrenzverhältnis zwischen den in den [X.], 3 und 7 der Urteilsgründe zum Nachteil von [X.] be-gangenen sexuellen Handlungen und der an den jeweiligen Tattagen zum Nachteil des zur Tatzeit fünfjährigen Bruders der [X.], [X.], begangenen - 5 - Freiheitsberaubung (Fälle 2, 4 und 6 der Urteilsgründe) rechtsfehlerhaft [X.]. Die Annahme des [X.]s, zwischen den Taten zum Nachteil von [X.] und der Freiheitsberaubung bestünde jeweils Tatmehrheit, wird den getroffenen Feststellungen nicht gerecht. Danach hielten sich zu den [X.] jeweils beide Kinder in der Wohnung des Angeklagten auf. In allen drei Fällen sperrte der Angeklagte [X.] dort zuvor in [X.] ein, um zu verhindern, daß der Junge ihn bei seinem anschließenden sexuellen Vorhaben stört. Bei dieser Sachlage war die Freiheitsberaubung zum Nachteil des [X.] jeweils ein Umstand, der zugleich für [X.] die schutzlose Lage im Sinne von § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB mitbegründete. Jedenfalls stand die Freiheitsberaubung [X.] in einem so engen zeitlichen und motivatorischen Zusammenhang mit den sexuellen Handlungen, daß dies die Fälle 1 und 2, 3 und 4 sowie 6 und 7 der Urteilsgründe jeweils rechtlich zu einer natürlichen Handlungseinheit ver-bindet. c) Der [X.] ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldspruch nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Wegen der Tenorierung im Fall der Vergewaltigung (Fall 7 der Urteilsgründe) verweist der [X.] auf [X.], 2185, 2186. 3. Die Änderung des Schuldspruchs hat im Fall 3 der Urteilsgründe die Aufhebung des Strafausspruchs schon deshalb zur Folge, weil das [X.] der Strafzumessung rechtsfehlerhaft den erhöhten Strafrahmen des § 177 Abs. 2 StGB zugrunde gelegt hat. Im übrigen ist über die Einzelstrafen in den [X.] bis 4, 6 und 7 der Urteilsgründe auch wegen des geänderten [X.] neu zu befinden. Schließlich kann die Einzelstrafe im Fall 5 der Urteilsgründe nicht bestehen bleiben, weil das [X.] hier rechtsfeh-- 6 - lerhaft den Regelstrafrahmen des § 176 Abs. 1 StGB statt des Absatzes 3 der Vorschrift in der zur Tatzeit geltenden Fassung zugrunde gelegt hat. Die Auf-hebung der Einzelstrafen entzieht auch dem [X.] die Grundlage. 4. Die Aufhebung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe zieht hier die Aufhebung des [X.] über die Anordnung der Sicherungsver-wahrung nach sich. Denn mit der Aufhebung der Strafen sind zugleich die for-mellen Voraussetzungen nach § 66 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 StGB entfallen, auf die das [X.] seine Anordnung gestützt hat. Über das Vorliegen der Vor-aussetzungen ist deshalb umfassend neu zu befinden. Insoweit verweist der [X.] auch auf die Ausführungen des [X.] in seiner An-tragsschrift vom 20. September 2004.

Tepperwien
Maatz Kuckein

Solin-Stojanovi

Sost-Scheible

Meta

4 StR 368/04

04.11.2004

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.11.2004, Az. 4 StR 368/04 (REWIS RS 2004, 905)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 905

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