Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2015, Az. IV ZR 57/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9221

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 57/12

Verkündet am:

24. Juni 2015

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richter
Felsch,
[X.], die Richterin Dr.
Brockmöller und [X.] Schoppmeyer im schriftlichen Ver-fahren gemäß §
128 Abs.
2 ZPO
mit Schriftsatzfrist
bis zum 5.
Juni 2015

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerseite gegen das Urteil des 7. Zi-vilsenats des [X.] vom 20.
Januar 2012
wird als unzulässig verworfen, soweit der Anspruch nicht auf den gemäß § 5a [X.] a.F. erklär-ten Widerspruch gestützt ist.

Im Übrigen wird die Revision der Klägerseite zurückge-wiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Kläger-seite auferlegt.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 10.679,95

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d.
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) [X.]
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zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer kapitalbildenden Le-bensversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d.
[X.] mit [X.] zum 1. Mai
2004
nach dem so genannten [X.] des §
5a [X.] in der seinerzeit
gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. In der Folge trat d. [X.] die Forderung aus dem Versiche-rungsvertrag zur Sicherung eines Darlehensvertrages ab. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d.
[X.] mit dem Versiche-rungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformati-on nach §
10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes ([X.]) und eine schriftliche Belehrung über das
Widerspruchsrecht in drucktechnisch deutlicher Form gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F.

D. [X.] zahlte
ab
Mai 2004
Prämien in Höhe von insgesamt 34.896,48 Im Juni 2010
erklärte
d.
[X.] "den Widerspruch gem. § 5a [X.] a.F. bzw. nach § 8 [X.] bzw. den Widerruf nach § 355 BGB, höchstvorsorglich die Anfechtung nach § 119 I
BGB, hilfsweise die Kün-digung". Der
Versicherer zahlte daraufhin den Rückkaufswert aus.

Mit der Klage verlangt d.
[X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], insgesamt

soweit für das Revisionsverfahren noch von Inte-resse

10.679,95

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des
gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der [X.] noch erklärt werden können. Außerdem hätten die auf den 2
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Vertragsschluss gerichteten Erklärungen nach §§ 355, 495 BGB a.F. wi-derrufen werden können, weil es sich bei der vereinbarten unterjährigen Prämienzahlung um einen entgeltlichen Zahlungsaufschub i.S. von § 499 Abs. 1 BGB a.F. handele.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt d.
[X.] das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist bezüglich eines Rückgewähranspruchs nach § 346 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 355, 495, 499 BGB a.F. als unzulässig zu verwer-fen. Im Übrigen ist sie unbegründet.

A. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsan-spruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D.
[X.] habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei [X.] zustande gekommen. Die Regelung des [X.] verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung. Auch ein Widerrufsrecht nach §
355, §
499 Abs. 1, §
495 Abs. 1 BGB a.F. be-stehe nicht.

[X.] Die Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich des geltend gemachten Widerrufsrechts aus § 355 Abs. 3 Satz 3, §
495 Abs. 1, §
499 Abs. 1 BGB a.F. nicht zulässig.
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Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 [X.] a.F. für unwirksam erachtet hat.

Es hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung beschränkt auf die Frage zugelassen, ob die Vorschriften des § 5a [X.] a.F. den Regelungen der [X.] entsprechen. Diese Beschränkung ist den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils zu entnehmen, das

worauf die Revisionserwiderung zu Recht hingewiesen hat

die Revisi-on erkennbar nur für die Fragen zu § 5a [X.] a.F. zulassen wollte.
Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014
IV ZR 76/11, [X.], 101 Rn.
11). Der dem Bereiche-rungsanspruch zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem für das [X.] maßgeblichen Prozessstoff beurteilt werden. Im Übrigen hätte die Revision insoweit auch in der Sache keinen Erfolg. Durch Senatsurteil vom 6. Februar 2013 ([X.], [X.], 150) ist mittlerweile ge-klärt, dass die vertraglich vereinbarte unterjährige Zahlungsweise von Versicherungsprämien keine Kreditgewährung in Form eines entgeltli-chen Zahlungsaufschubs ist.

[X.] Die Revision hat, soweit sie zulässig ist, keinen Erfolg.

D.
[X.]
kann nicht gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB Rückzah-lung der Prämien verlangen.
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I. Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des [X.] sind hier erfüllt.
Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d.
[X.] mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucher-information und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung. Die [X.] beanstandet ohne Erfolg, die Widerspruchsbelehrung im Policen-begleitschreiben sei nicht ordnungsgemäß, weil es dort nur heiße, der Kläger könne binnen 14 Tagen
"nach Überlassung der Unterlagen"
wi-dersprechen. Das Berufungsgericht war im Ergebnis revisionsrechtlich beanstandungsfrei der Ansicht, die Belehrung sei ordnungsgemäß. In Satz 2 der Widerspruchsbelehrung werden der Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation ausdrücklich genannt, so dass für d. [X.] ohne weiteres erkennbar war, um welche Un-terlagen es sich handelte. Erfolglos rügt die Revision schließlich, der [X.] sei in der Belehrung nicht
genannt. Der [X.] steht vollständig und in eindeutiger Form im Kopf des Policenbegleitschreibens. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 14-tägigen Widerspruchsfrist erklärte d.
[X.] den Widerspruch nicht.

[X.] Ob solchermaßen nach
dem [X.] geschlossene Versi-cherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des §
5a [X.] a.F. Wirksamkeitszweifeln
unterliegen
(vgl. dazu Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
16
ff.; [X.], [X.] vom 2.
Februar
2015 -
2 BvR 2437/14, [X.], 514 Rn.
30
ff.), kann im Streitfall dahinstehen.
Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der [X.] scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das [X.] mit den genannten Richtli-14
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nien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D.
[X.] ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des [X.] nach [X.] und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des [X.] auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus [X.] herzuleiten. Die [X.]widrigkeit liegt darin, dass d.
[X.] nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den [X.] ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des [X.] durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsur-teil vom 16.
Juli 2014 aaO Rn.
32-42; [X.], Beschluss vom 2.
Februar 2015 aaO Rn.
42 ff.).
D. [X.] verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte
Widerspruchs-frist ließ er
im Jahr 2004
ungenutzt verstreichen. D. [X.] zahlte sodann jahrelang die Versicherungsprämien
und nutzte den Versicherungsver-trag zur Sicherung eines Darlehensvertrages. Die jahrelangen [X.] des
bereits
2004
über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zu-stande kommen zu lassen, belehrten [X.] haben bei der [X.] ein

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schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. [X.] vertrauensbegründende Wirkung war für d. [X.] auch erkennbar.

[X.]

Felsch [X.]

Dr. [X.][X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.04.2011 -
7 O 279/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 20.01.2012 -
7 [X.] -

Meta

IV ZR 57/12

24.06.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2015, Az. IV ZR 57/12 (REWIS RS 2015, 9221)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9221

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
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IV ZR 76/11

IV ZR 230/12

IV ZR 73/13

2 BvR 2437/14

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