Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2011, Az. XI ZR 67/11

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2055

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XI [X.]/11
Verkündet am:

25.
Oktober 2011

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 4 Abs. 1
Provisionsansprüche des Instituts können nach § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] (nur) im Wege der Aufrechnung berücksichtigt werden. Dies scheidet aus, wenn das [X.] den Anspruch nach dem Rechtsgedanken des § 654 [X.] verwirkt hat.

[X.], Urteil vom 25. Oktober 2011 -
XI [X.]/11 -
KG [X.]

LG [X.]

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25.
Oktober 2011
durch [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.]
Grüneberg, Maihold
und
Pamp
für Recht erkannt:
Die Revision der [X.] gegen das Urteil des 9.
Zivilsenats des Kammergerichts in [X.] vom 25.
Januar 2011 wird [X.].
Auf die [X.] der Klägerin werden das Urteil des 9.
Zivilsenats des Kammergerichts in [X.] vom 25.
Januar 2011
aufgehoben und das Urteil der Zivilkammer 2 des [X.]s [X.] vom 6.
April 2010 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erle-digt ist.
Die durch die Anrufung des unzuständigen Verwaltungsgerichts B.

entstandenen
Mehrkosten hat die Klägerin zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits werden der [X.] auferlegt.
Von Rechts wegen

-
3
-
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die beklagte Entschädigungseinrichtung der Wertpa-pierhandelsunternehmen auf Entschädigung nach dem Einlagensicherungs-
und [X.] (im Folgenden: [X.]) in Anspruch.
Die Klägerin beteiligte sich mit [X.] vom 22.
April 1998 und 12.
Februar 2002 mit [X.] von 18.735,41

einschließlich
[X.] an dem [X.] (im Folgenden: [X.]), einer von der [X.] (im Folgenden: P.
GmbH) im eige-nen Namen und für gemeinsame Rechnung der Anleger verwalteten Kol-lektivanlage, deren Gegenstand nach Nummer 1.4 der in den [X.] einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (im [X.]: [X.]) die Anlage der Kundengelder in "Termingeschäften (Futures und Optionen) für gemeinsame Rechnung zu Spekulationszwecken mit Vorrang von Stillhaltergeschäften"
war. Die
Allgemeinen Geschäftsbedingungen sahen [X.] in Nummer 10.2 vor, dass der [X.] eine Verwaltungsgebühr von 0,5% pro Monat von dem jeweiligen Vermögensstand des [X.] zustehen sollte.
Die P.
GmbH war bis Ende 1997 auf dem sogenannten Grauen Kapital-markt
tätig. Ab dem 1.
Januar 1998 wurde sie als Wertpapierhandelsbank ein-gestuft und der Aufsicht des [X.] für den Wertpapierhandel unterstellt. Spätestens seit jenem Jahr legte die P.
GmbH nur noch einen gerin-gen Teil der von ihren Kunden vereinnahmten Gelder vertragsgemäß in [X.] an. Ein Großteil der Gelder wurde im Wege eines "Schneeball-systems"
für Zahlungen an [X.] und für die laufenden Geschäfts-
und Be-triebskosten verwendet.
Im März 2005 untersagte die [X.] der P.
GmbH den weiteren Geschäftsbetrieb und stellte am 15.
März 1
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-
4
-
2005 den [X.] fest. Am 1.
Juli 2005 wurde über das Vermögen der P.
GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Klägerin meldete ihren Entschädigungsanspruch bei der [X.] im April 2005 an. Im Juni 2009 erhob sie gegen die Beklagte vor dem Verwal-tungsgericht B.

Untätigkeitsklage mit dem Antrag, die Beklagte zur [X.], hilfsweise zur Zahlung von 20.000

verpflichten. Das Verwaltungsgericht hat den Verwaltungsrechtsweg für unzu-lässig erklärt und den Rechtsstreit mit Beschluss vom 23.
Oktober 2009 an das [X.] [X.] verwiesen. Bereits mit Schreiben vom 21.
September 2009 hatte die Beklagte der Klägerin eine Teilentschädigung von 12.732,75

e-währt. Darin stellte sie -
nach Abzug von [X.], [X.] und Bestands-provisionen
-
den "Endstand der Beteiligung"
der Klägerin mit 21.618,45

Ferner machte sie -
neben der Berücksichtigung des gesetzlichen Selbstbehalts von 10%
-
einen Einbehalt in Höhe von 7.470,96

e-rungsrechte der Klägerin an den auf den (Treuhand-)Konten noch vorhandenen [X.] geltend. Insoweit berief sie sich darauf, dass der Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] zur Frage des Bestehens von Aussonde-rungsrechten Rechtsgutachten eingeholt und Wirtschaftsprüfer beauftragt habe, die in ihren Gutachten zu unterschiedlichen Berechnungsmethoden mit unter-schiedlichen Ergebnissen gekommen seien.
Mit der Klage hat die Klägerin von der [X.] die Zahlung von 90% des einbehaltenen Betrages, d.h. von 6.723,86

der Einbehalt wegen etwaiger Aussonderungsrechte und -
hilfsweise
-
die Ab-züge der [X.] über 3.759,82

Das [X.] hat der Klage nach dem Hauptantrag der Klägerin statt-gegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht der Klage 5
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-
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-
nur in Höhe von 3.384,17

e-wiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabwei-sungsantrag weiter, während die Klägerin mit ihrer [X.] zunächst die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehrt hat. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 18.
Juli 2011 eine weitere Teilentschädigung in Höhe von 6.723,86

den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Sie begehrt nunmehr -
da die Beklagte der Erledigung widersprochen hat
-
die Feststellung, dass die Hauptsache erledigt ist.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der [X.] ist unbegründet. Dagegen ist auf die [X.] der Klägerin unter Aufhebung des Berufungsurteils und Abän-derung des Urteils des [X.]s festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, weil die Klage zum Zeitpunkt des erledigenden Ereig-nisses zulässig und begründet war.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ([X.], Urteil vom 25.
Januar 2011 -
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[X.], juris) im Wesentlichen ausgeführt:
8
9
-
6
-
Der Klägerin
stehe zwar gegen die Beklagte dem Grunde nach ein [X.] aus §
3 Abs.
1, §
4 Abs.
1 [X.] zu; bei dem [X.] han-dele es sich um ein Finanzkommissionsgeschäft. Die Beklagte habe aber zu Recht wegen möglicher Aussonderungsrechte der Klägerin einen Einbehalt vornehmen dürfen. Durch Aussonderungsrechte gesicherte Verbindlichkeiten seien nach §§
3, 4 [X.] nicht entschädigungsfähig. Da der [X.] nicht die Prüfung und Klärung der offenen insolvenzrechtlichen Fragen im Verhältnis zwischen den Anlegern und dem Insolvenzverwalter obliege, dürfe sie die höchstrichterliche Klärung dieser Fragen abwarten.
Die Klägerin habe aber gegen die Beklagte einen weiteren -
hilfsweise geltend gemachten
-
Teilentschädigungsanspruch in Höhe von 90% der abge-zogenen [X.], mithin in Höhe von 3.384,17

h-tig: 3.383,84

l-len, wie wenn sie die Beteiligungsverträge nach Aufnahme des Schneeballsys-tems gekündigt bzw. nicht abgeschlossen hätte. Die Provisionen müsse sie sich nicht anrechnen lassen, weil die P.
GmbH ihren Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung mit Aufnahme des fortgesetzt betrügerischen und ver-tragswidrigen Verhaltens verwirkt habe.

II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
A. Revision der [X.]
Die Revision der [X.] ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Entschädigungsanspruch 10
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7
-
aus §
3 Abs.
1, §
4 Abs.
1 [X.] in Höhe von 90% der von der [X.]
ab-gezogenen [X.], nach seiner von der Revision nicht angegrif-fenen Berechnung 3.384,17

1. Die [X.], ein unter anderem mit Finanzkommissionsgeschäften befasstes Kreditinstitut (§
1 Abs.
1 Satz
2 Nr.
4 [X.]), war nach
den Feststel-lungen des Berufungsgerichts ein der beklagten Entschädigungseinrichtung zugeordnetes Institut (§
1 Abs.
1 Nr.
2, §
6 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3 [X.]). Den Ein-tritt des [X.]es hat die [X.] gemäß §
1 Abs.
5, §
5 Abs.
1 [X.] festgestellt.
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei eine Verbindlichkeit der P.
GmbH gegenüber der Klägerin aus Wertpapiergeschäften bejaht.
a) Zwischen der Klägerin und der [X.] ist ein [X.] über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumen-ten (hier: Derivate, §
1 Abs.
11 Sätze
1 und 4 [X.]) im eigenen Namen für fremde Rechnung geschlossen worden. Dabei handelt es sich -
wie der [X.] mit Urteil vom 20.
September 2011 (XI
ZR 434/10, Rn. 15 ff., für [X.]Z be-stimmt) im Einzelnen begründet hat
-
um Finanzkommissionsgeschäfte im Sin-ne des §
1 Abs.
1 Satz
2 Nr.
4 [X.] und somit um Wertpapiergeschäfte nach §
1 Abs.
3 [X.].
b) Es bestand auch eine Verbindlichkeit der [X.] gegenüber der Klägerin aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag.
Gemäß §
1 Abs.
4 Satz
1 [X.] in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 21.
Juni 2002 ([X.]
I S.
2010; vgl. hierzu [X.]surteil vom 23.
November 2010 -
XI
ZR 26/10, [X.]Z 187, 327 Rn. 15) sind [X.] aus Wertpapiergeschäften Verpflichtungen eines Instituts zur Rückzahlung 15
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-
8
-
von [X.], die Anlegern aus Wertpapiergeschäften geschuldet werden oder gehören und die für deren Rechnung im Zusammenhang mit [X.] gehalten werden. Wie
der [X.] mit Urteil vom 23.
November 2010 (XI
ZR 26/10, [X.]Z 187, 327 Rn. 14 ff.) entschieden und im Einzelnen begrün-det hat, wird von dieser Vorschrift auch der von der Klägerin gegen die [X.] geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der von ihr eingezahlten Gelder, der seine Grundlage in §
675 Abs.
1, §
667 Fall
1 [X.] hat, erfasst. Denn bei den vertragswidrig verwendeten [X.] handelt es sich um Gelder, die dem Anleger gehören und für dessen Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften gehalten werden. Das Einlagensicherungs-
und An-legerentschädigungsgesetz bezweckt gerade auch den Schutz des Anlegers vor solchen Vertragsverletzungen eines Instituts, die den Anspruch des Kunden auf Rückzahlung der eingezahlten, aber vertragswidrig verwendeten Gelder vereiteln ([X.]surteil vom 23.
November 2010, aaO, Rn.
28).
3. Wie das Berufungsgericht weiter zutreffend ausgeführt hat, umfasst der Entschädigungsanspruch auch die von der [X.] in ihrem Schreiben vom 21.
September 2009 -
zu Unrecht
-
abgezogene Bestandsprovision.
a) Gemäß §
4 Abs.
1 Satz
1 [X.] richtet sich der Entschädigungsan-spruch des Anlegers nach Höhe und Umfang der ihm gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften unter Berücksichtigung etwaiger Aufrechnungs-
und Zurückbehaltungsrechte des [X.]
aa) Die Bemessung des [X.] erfolgt danach in zwei Schritten. Zunächst sind Höhe und Umfang der Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften festzustellen. Diese umfassen nach §
1 Abs.
4 Satz
1 [X.] die Verpflichtungen des Instituts auf Rückzahlung von [X.], die Anle-gern aus Wertpapiergeschäften geschuldet werden oder gehören und die für 20
21
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-
9
-
deren Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften gehalten wer-den. Sodann sind etwaige Aufrechnungs-
und Zurückbehaltungsrechte des [X.] zu klären und gegebenenfalls nach allgemeinen Grundsätzen dem [X.] gegenüberzustellen; die Darlegungs-
und Beweislast trifft insoweit die Entschädigungseinrichtung (vgl. [X.]surteil vom 23.
November 2010 -
XI
ZR 26/10, [X.]Z 187, 327 Rn. 32). Der so bemessene Entschädi-gungsanspruch ist gemäß §
4 Abs.
2 Satz
1 Nr. 2 [X.] auf 90% der [X.] aus Wertpapiergeschäften und einen Gegenwert von 20.000

e-grenzt.
bb) Entgegen der Auffassung der Revision sind die [X.] bei der Feststellung der Höhe und des Umfangs der Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften i.S.d. §
1 Abs.
4 Satz
1 [X.] nicht zu berücksichtigen.

(1) Bereits der Wortlaut des §
1 Abs.
4 Satz
1 [X.] spricht dafür, dass unter den Begriff der Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften sämtliche Gelder fallen, die der Anleger dem Institut zur Anlage in Wertpapiergeschäften übergeben hat. Die Vorschrift stellt auf die Verbindlichkeiten des Instituts ge-genüber dem Anleger auf Rückzahlung von [X.] oder Herausgabe von In-strumenten ab. Diese Ansprüche haben ihre Grundlage in §
675 Abs.
1, §
667 Fall
1 [X.].
Gegenansprüche des Instituts auf Provisionszahlung werden dagegen von dem Wortlaut des §
1 Abs.
4 Satz
1 [X.] nicht erfasst. Dies wäre nur dann anders, wenn es sich dabei um unselbständige Rechnungsposten der in dieser Vorschrift genannten Ansprüche handeln würde. Dies ist indes nicht der Fall. Die Provisionsansprüche sind eigenständige Ansprüche des Instituts, die ihre Grundlage in §
396 HGB bzw. hier in Nr. 10.2 [X.] finden. Gegen die Ein-ordnung als bloßer Rechnungsposten spricht im Übrigen auch, dass ein solcher 23
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-
10
-
nur im Rahmen eines Rückzahlungsanspruchs berücksichtigt, nicht dagegen dem Anspruch auf Herausgabe von Instrumenten entgegengesetzt werden könnte und für eine solche unterschiedliche Behandlung kein sachlicher Grund besteht.

(2) Diese Auslegung wird durch die Systematik der §
1 Abs.
4 Satz
1, §
4 Abs.
1 Satz
1 [X.] bestätigt. Danach sind die Ansprüche des Anlegers gegen das Institut einerseits und die Gegenansprüche des [X.] ("Aufrechnungs-
und Zurückbehaltungsrechte") andererseits [X.] zu trennen. Provisionsansprüche des Instituts sind Gegenansprüche.

(3) Davon
ist auch nach dem Willen des Gesetzgebers auszugehen. Nach der Gesetzesbegründung zur bis zum 30.
Juni 2002 geltenden Fassung des §
1 Abs.
4 [X.] sollten in den Schutzbereich der Norm nur solche [X.] aus Wertpapiergeschäften fallen, die zu den vertraglichen Haupt-leistungspflichten gehören, nicht dagegen beispielsweise [X.] aus Beratungsfehlern (BT-Drucks. 13/10188, S.
16). Mit der Neufas-sung des §
1 Abs.
4 [X.] durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz vom 21.
Juni 2002 ([X.]
I S. 2010) sollten nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen redaktionelle Unklarheiten des [X.] beseitigt werden (vgl. BT-Drucks. 14/8017, S.
69
f.), die den Schutzbereich der Vorschrift unberührt gelassen haben. Wenngleich die Unterscheidung zwischen Hauptleistungs-pflichten und Schadensersatzansprüchen aus Beratungsfehlern im Hinblick [X.] zweifelhaft ist, dass auch die Beratungsleistung eine vertragliche Hauptleis-tungspflicht darstellen kann, ist das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel klar. Ge-schützt werden (nur) solche Ansprüche des Anlegers, die sich unmittelbar auf die Verschaffung von Rechten, Besitz oder Eigentum an [X.] oder Wertpa-pieren richten. Dazu gehören auch Ansprüche wegen der Verletzung [X.] Pflichten, durch die -
wie etwa im Falle der Unterschlagung oder Untreue

26
27
-
11
-
die Ansprüche des Kunden auf die Verschaffung von Rechten, Besitz oder Ei-gentum an [X.] oder Wertpapieren vereitelt werden (vgl. [X.]surteil vom 23.
November 2010 -
XI
ZR 26/10, [X.]Z 187, 327 Rn.
24 mwN). Maßgebend für die Bemessung des [X.] sind daher im Ausgangs-punkt die Gelder, die der Anleger dem Institut zur Anlage in [X.] hat. Dies ist der Nettobetrag seiner "Beteiligung".

(4) Diese Bestimmung des Schutzbereichs ist auch europarechtskon-form. §
1 Abs.
4 Satz
1 [X.] beruht auf Art.
2 Abs.
2 der Richtlinie 97/9/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3.
März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger ([X.]. [X.] 1997 Nr.
L 84 S.
22). Dieser be-stimmt, dass dem Anleger Gelder zurückzuzahlen sind, die ihm geschuldet werden oder gehören und für seine Rechnung im Zusammenhang mit Wertpa-piergeschäften gehalten werden. Weiterhin gewährleistet diese Norm, dass dem Anleger die Finanzinstrumente zurückgegeben werden, die diesem gehö-ren und für seine Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften ge-halten, verwahrt oder verwaltet werden. Auch danach sind Ausgangspunkt für die Berechnung des [X.] die Gelder, die der Anleger dem Institut
zur Anlage in Wertpapiergeschäften überlassen hat. Etwaige gesetzliche oder vertragliche Gegenansprüche des Instituts werden erst in Art.
2 Abs. 4 der Richtlinie erwähnt. Beides ist daher zu trennen.

(5) Aus dem [X.]surteil vom 23.
November 2010 (XI
ZR 26/10, [X.]Z 187, 327) ergibt sich nichts anderes. Darin hat der [X.] entschieden, dass

neben den Scheingewinnen (aaO, Rn. 22 ff.)
-
auch das auf die Beteiligungs-summe gezahlte [X.] (aaO, Rn. 30) und tatsächlich erzielte [X.]e (aaO, Rn. 31)
nicht entschädigungspflichtig sind. Dies ist indes die Konsequenz aus dem vorstehend umrissenen Schutzumfang der Anlegerentschädigung. Das [X.] ist nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht zur [X.] 28
29
-
12
-
bestimmt, sondern soll den Verwaltungsaufwand des Instituts abdecken. [X.] dessen kann der Anleger das [X.] allenfalls als Schadensersatz wegen von vornherein beabsichtigter Nichtdurchführung der Vermögensanlage her-ausverlangen. Dieser Anspruch wird vom Einlagensicherungs-
und Anlegerent-schädigungsgesetz indes -
wie oben dargelegt
-
nicht geschützt. [X.] gilt für den Ausgleich von Handels-
oder Kursverlusten, die aufgrund einer fehlerhaften Anlagestrategie entstanden sind; auch diese kann der Anleger [X.] nur im Wege des Schadensersatzes von seinem Vertragspartner, nicht dagegen von der Entschädigungseinrichtung ersetzt verlangen, weil Bera-tungs-
oder [X.] nicht dem Schutz des Einlagensicherungs-
und Anle-gerentschädigungsgesetzes unterfallen.
cc) Provisionsansprüche des Instituts können nach §
4 Abs.
1 Satz
1 [X.] (nur) im Wege der Aufrechnung berücksichtigt werden. Diese Vorschrift verweist insoweit -
was auch im Einklang mit Art.
2 Abs.
4 der Richtlinie 97/9/[X.] steht
-
auf die allgemeinen Vorschriften, hier der §§
387 ff. [X.]. [X.] muss die Gegenforderung insbesondere gleichartig und wirksam sein. Lediglich das Merkmal der Gegenseitigkeit wird durch §
4 Abs.
1 Satz
1 [X.] modifiziert. Die zur Aufrechnung gestellte Forderung muss somit vollwirksam und fällig sein,
d.h. es muss sich um eine Forderung handeln, deren Erfüllung erzwungen werden kann und die frei von Einwendungen oder Einreden ist (§
390 [X.]; vgl. nur [X.], Urteil vom 14.
Juli 2005 -
IX
ZR 142/02, [X.], 1855, 1856).
b) Nach diesen Maßgaben kann die
Beklagte der Klägerin einen [X.] auf Zahlung von [X.] nicht entgegenhalten. Für eine hier allein in Betracht kommende Aufrechnung fehlt es an einer Gegenforde-rung.
30
31
-
13
-
aa) Die [X.] hat ihren Anspruch auf die Verwaltungsgebühr, der seine Grundlage in Nr.
10.2 [X.] hat, verwirkt.
Nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] kann ein [X.] nach dem Rechtsgedanken des §
654 [X.] verwirkt sein, wenn ein Dienstverhältnis eine besondere Treuepflicht begründet und der Dienstleistende in schwerwiegender Weise diese Treuepflicht verletzt und sich dadurch als seines Lohnes unwürdig erweist. Das ist der Fall, wenn die Treue-pflicht vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, mindestens aber in einer grob leicht-fertigen Weise verletzt wird, die dem Vorsatz nahekommt ([X.], Beschluss vom 6.
Mai 2004 -
IX
ZB 349/02, [X.]Z 159, 122, 131
f.;
Urteil vom 19.
Mai 2005 -
III
ZR 322/04, [X.], 1480, 1481;
Beschluss vom 23.
September 2009 -
V
ZB 90/09, NJW-RR 2009, 1710 Rn.
8
ff. und Urteil vom 9.
Dezember 2010 -
IX
ZR 60/10, [X.], 364 Rn.
14;
jeweils mwN).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach den tatbestandlichen Fest-stellungen des Berufungsgerichts hat die [X.] schon vor der ersten Ein-zahlung der Klägerin die eingetretenen hohen Verluste zu verschleiern [X.], indem sie zunächst Buchungen manipulierte, später fiktive gewinnbrin-gende Anlagegeschäfte über ein nicht existierendes Konto vortäuschte und die Einzahlungen der Anleger entgegen der vertraglichen Vereinbarung weit über-wiegend nicht mehr für neue Anlagen, sondern für Auszahlungen an Altkunden und für die laufenden Kosten verwendete. Damit hat sie ihre Treuepflicht in [X.] grobem Maße verletzt und ihren Provisionsanspruch verwirkt (ebenso [X.], Urteil vom 9.
Dezember 2010 -
IX
ZR 60/10, [X.], 364 Rn. 14).
bb) Der Provisionsanspruch der [X.] kann auch nicht im Wege der fiktiven Betrachtung einer vertragsgemäßen Abwicklung der Wertpapierge-schäfte Berücksichtigung finden. Dafür fehlt es an einer gesetzlichen Grundla-32
33
34
35
-
14
-
ge. §
4 Abs.
1 Satz
1 [X.] stellt ausdrücklich auf etwaige Aufrechnungs-
und Zurückbehaltungsrechte ab. Damit sind -
wie dargelegt
-
nur tatsächlich und rechtlich bestehende und durchsetzbare Ansprüche gemeint.
B. [X.] der Klägerin
Die [X.] der Klägerin hat Erfolg. Auf den geänderten [X.] ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen, weil die mit dem Hauptantrag erhobene Zahlungsklage im Zeitpunkt des erledigenden [X.], d.h. bei Zahlung der [X.], zulässig und begründet gewesen ist. Der Klägerin stand gegen die Beklagte aus §
3 Abs.
1, §
4 Abs.
1 und 2, §
5 Abs.
1 und 4 [X.] ein weiterer Teilentschädigungsanspruch in Höhe von 6.723,86

-
entgegen der Auffassung
des [X.]s
-
zu Unrecht einen Einbehalt wegen möglicher Aussonderungs-rechte der Klägerin an den auf den (Treuhand-)Konten noch vorhandenen Gel-dern geltend gemacht hat.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass
-
wie der [X.] nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 20.
September 2011 (XI
ZR 434/10, Rn. 41 ff., für [X.]Z bestimmt) ent-schieden und im Einzelnen begründet hat
-
§
4 Abs.
1 [X.] die [X.] bei der Bemessung des [X.] gebietet. Indes hat der IX.
Zivilsenat des [X.] mit Urteil vom 10.
Februar 2011 (IX
ZR 49/10, [X.]Z 188, 317 Rn. 12 ff.) das Bestehen von Aussonderungs-
oder Mitaussonderungsrechten der Anleger nach §
47 Abs.
1 [X.] an den von der [X.] eingerichteten Einzahlungs-
und Broker-konten verneint. Dies wird auch von der [X.] nicht mehr in Frage gestellt. Aufgrund dessen bestand der Anspruch -
unter Abzug des 10%-igen Selbstbe-halts
-
in der vom [X.] zuerkannten Höhe.
36
37
38
-
15
-
2. Der Entschädigungsanspruch der Klägerin ist -
wie der [X.] ebenfalls mit Urteil vom 20.
September 2011 (XI
ZR 434/10, Rn. 50 ff., für [X.]Z be-stimmt) entschieden und näher begründet hat
-
zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses auch fällig gewesen. In diesem Zusammenhang hat der [X.] (aaO, Rn. 63) ausgesprochen, dass für die Fälligkeit der Erlass des Urteils des [X.] vom 10.
Februar 2011 (IX
ZR 49/10, [X.]Z 188, 317) keine Rolle spielte. Hierdurch ist zwar entschieden worden, dass den Anlegern an den Einzahlungs-
und Brokerkonten der P.
GmbH weder ein Aussonderungs-
noch ein Mitaussonderungsrecht nach §
47 Abs.
1 [X.] zusteht. Dieses von dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] gegen einen Groß-anleger mit einer Beteiligungssumme von 11.130.000
US-Dollar betriebene [X.] stellt aber keinen (tauglichen) "Musterprozess"
dar, dessen Ausgang die Beklagte abwarten durfte. Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte nicht "Herrin"
des Verfahrens war und z.B. eine Unterbrechung des Verfahrens im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gegen-partei nicht hätte verhindern können. Aufgrund dessen ist das unter [X.] gestellte neue Tatsachenvorbringen der [X.] im Schriftsatz vom 18.
Oktober 2011, sie habe über den Gläubigerausschuss auf dieses Verfahren einwirken können, unerheblich. Darüber hinaus hat die Beklagte auch nicht dargelegt, dass sie auf dieses Verfahren in gleichem Maße Einfluss auf die Prozessführung nehme konnte, wie ihr dies in einem von ihr selbst geführten Rechtsstreit möglich gewesen wäre.
Der von der Klägerin geltend gemachte Entschädigungsanspruch war daher bereits bei Klageerhebung und erst recht im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses fällig. Aufgrund dessen kann offenbleiben, ob -
würde man entge-gen der hier vertretenen Auffassung mit der [X.] für den Eintritt der Fällig-keit im Ausgangspunkt erst auf den Erlass des Urteils des IX.
Zivilsenats des [X.] vom 10.
Februar 2011 (IX
ZR 49/10, [X.]Z 188, 317) zu-39
40
-
16
-
züglich einer weiteren Überlegungsfrist und der Frist des §
5 Abs.
4 Satz
6 [X.] abstellen
-
auch danach inzwischen Fälligkeit des von der Klägerin gel-tend gemachten [X.] eingetreten wäre.

III.
Das Berufungsurteil ist daher auf die [X.] der Klägerin aufzuhe-ben, weil das Berufungsgericht zu Unrecht den von der Klägerin mit ihrer [X.] verfolgten Zahlungsanspruch in Höhe von 6.723,86

r-neint hat (§
562 Abs.
1 ZPO). Da auch im Hinblick auf den infolge der Erledi-gung der Hauptsache geänderten Antrag
der Klägerin keine weiteren Feststel-lungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist, hat
41
-
17
-
der [X.] selbst zu entscheiden (§
563 Abs.
3 ZPO). Dies führt -
unter Abände-rung des Urteils des [X.]s
-
zur Feststellung, dass der
Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Frau Ri[X.] [X.]
ist
im Urlaub und kann daher
nicht unterschreiben
[X.]

[X.]

Grüneberg

Maihold

Pamp
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 06.04.2010 -
2 O 657/09 -

KG [X.], Entscheidung vom 25.01.2011 -
9 [X.] -

Meta

XI ZR 67/11

25.10.2011

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2011, Az. XI ZR 67/11 (REWIS RS 2011, 2055)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2055

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XI ZR 67/11

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