Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.06.2015, Az. 5 StR 71/15

5. Strafsenat | REWIS RS 2015, 8899

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Nachschlagewerk: ja

[X.]St : ja

Veröffentlichung : ja

StGB § 168 Abs. 1

-che nach der Einäscherung verbleibende Rückstände, d.h. auch die vormals mit einem Körper fest verbundenen, nicht verbrennbaren Bestandteile.

[X.], Beschluss vom 30. Juni 2015

5 StR 71/15

LG [X.]

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

5
StR 71/15

vom
30. Juni 2015
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

4.

5.

6.

wegen
Störung der Totenruhe u.a.
-
2
-
Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 30. Juni 2015
beschlossen:

1.
Auf die Revision der Angeklagten G.

wird das Urteil des [X.]s [X.] vom 18. Juni 2014 nach § 349 Abs. 4 StPO
a)
dahingehend abgeändert, dass sie wegen Beihilfe zur Störung der Totenruhe in Tateinheit mit Beihilfe zum Ver-wahrungsbruch unter Strafaussetzung zur Bewährung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt ist, und
b)
aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass wegen eines 1,344 kg Zahngoldbruchs von der Anordnung von Verfall bzw. Wertersatzverfall nur deshalb abgesehen wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Diese Feststellun-gen entfallen.
2.
Auf die Revisionen der Angeklagten [X.]

, [X.]

, M.

und Ga.

wird das genannte
Urteil hinsichtlich der Feststellungen nach §
111i Abs. 2 StPO
dahingehend abgeändert (§ 349 Abs. 4 StPO), dass das jeweils nach §
111i Abs. 2 Satz 2 StPO zu bezeichnende Erlangte bzw. der nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO zu bezeichnende Geld-betrag
a)
bei dem Angeklagten [X.]

b)
bei dem Angeklagten [X.]

-
3
-
c)
bei dem Angeklagten M.

370 g Zahngoldbruch und

d)
bei dem Angeklagten Ga.

3.
Auf die Revisionen der Angeklagten [X.]

und [X.]

werden die Einzelstrafen in den Fällen
a)
129 und 134 jeweils auf vier Monate (Angeklagter [X.]

) und
b)
176 und 177 jeweils auf drei Monate (Angeklagter [X.]

) festgesetzt.
4.
Die weitergehenden Revisionen der genannten Angeklagten und die Revision des Angeklagten S.

werden gemäß §
349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
5.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte G.

wegen Beihilfe zur Störung der Totenruhe in Tateinheit mit Beihilfe zum Verwahrungsbruch in 110 Fällen, zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt und eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen. Die übrigen Angeklagten hat das [X.] ebenfalls zu [X.] wegen Störung der Totenruhe in Tateinheit mit Beihilfe zum [X.]
-
4
-
wahrungsbruch verurteilt, und zwar den Angeklagten [X.]

in 25 Fällen, den Angeklagten [X.]

in 37 Fällen, die Angeklagten S.

und Ga.

jeweils in 24 Fällen sowie den Angeklagten M.

in 23 Fällen. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass die Angeklagten durch die Taten Vermögens-vorteile erlangt haben

der Angeklagte [X.]

lag-te [X.]

.

.

.

81.334,50

und dass lediglich deshalb nicht auf Verfall bzw. Wertersatzver-fall erkannt wird, weil insoweit Ansprüche Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Ange-klagten haben im Umfang der Beschlussformel Erfolg; im Übrigen sind sie un-begründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Nach den Feststellungen des [X.]s waren die Angeklagten [X.]

, [X.]

, S.

, M.

und Ga.

sowie der inzwischen ver-storbene Ehemann der Angeklagten G.

als Bediener für [X.] im Krematorium H.

beschäftigt. Zu ihren Aufgaben ge-hörte es, nach einem Verbrennungsvorgang ein Metallfach aus dem Ofen zu nehmen, in welchem sich Verbrennungsrückstände befanden, und diese mit Hilfe einer kleinen Handgartenharke nach größeren Metallteilen, insbesondere künstlichen Gelenken, zu durchsuchen, die sonst in einem späteren Arbeits-schritt die Knochenmühle beschädigt hätten. Diese waren in einen Sammelbe-hälter einzuwerfen und wurden durch das Krematorium veräußert. Darüber [X.] hatten die genannten Angeklagten Zahngold, Schmuckreste und sonstige Wertmetalle aus den [X.] zu entnehmen und in einem gesonderten Behältnis abzulegen. Diese werthaltigen Gegenstände stellten 2
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5
-
wegen ihrer geringen Größe keine Beschädigungsgefahr für die Knochenmühle dar; vielmehr wollten
die [X.]er Friedhöfe sich diese aneignen, veräußern und den Erlös der Kinderkrebshilfe spenden. Anschließend wurden die verblie-benen Rückstände in einer Knochenmühle gemahlen und automatisch in die jeweilige Urne gefüllt. Schwere Rückstände verblieben nach dem Mahlvorgang jedoch in einem [X.] der Mühle und wurden von den Bedienern [X.] sortiert. Dabei sollten Gegenstände entfernt werden, die, wie etwa metalli-sche Sargbestandteile, erkennbar nicht der verstorbenen Person zuzuordnen waren. Auch insofern galt die Dienstanweisung, dass werthaltige Kleingegen-stände im Behälter gesammelt werden sollten. Nach dieser Sortierung wurden die letzten Verbrennungsreste in die Urne gegeben, die danach verschlossen wurde.
Die Angeklagten [X.]

, [X.]

, S.

, M.

und Ga.

sowie der Ehemann der Angeklagten G.

entnahmen im Rahmen ihrer Tä-tigkeit an den Einäscherungsanlagen des Krematoriums in diversen Fällen Zahngoldbruch aus den Verbrennungsresten der zuvor eingeäscherten [X.]. Dies geschah entweder bei der Durchsuchung der Rückstände nach großen Gegenständen oder bei der Sortierung der Rückstände, die aus der Knochenmühle entnommen wurden. Die Angeklagte G.

erklärte sich [X.] im Jahr 2003 dazu bereit, die von ihrem Ehemann entwendeten [X.] in regelmäßigen Abständen in Scheideanstalten zu veräu-ßern, was sie auch tat.
II.
1. Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Entwen-den von Zahngold den Tatbestand der Störung der Totenruhe (§ 168 StGB) 3
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6
-
§
168 Abs. 1 StGB. Denn zu dieser gehören nach zutreffender Ansicht sämtli-che nach der Einäscherung verbleibenden Rückstände, d.h. auch die vormals mit einem Körper fest verbundenen fremden Bestandteile, die nicht verbrenn-bar sind (vgl. [X.], NJW 2008, 1543; OLG [X.], NJW 2012, 1601; [X.] in [X.], 12. Aufl., § 168 Rn. 40; [X.] in [X.]/[X.], StGB, 2013, § 168 Rn. 7; [X.]/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 168 Rn. 2; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 168 Rn. 3).
a) Diese Auslegung ist mit dem allgemeinen Sprachgebrauch zu verein-baren und überschreitet nicht die äußerste [X.] (Art. 103 Abs. 2 GG; vgl. [X.] 71, 108, 115; 87, 209, 224; 126, 170, 197). Soweit dementgegen vertreten wird, nach einem seit Jahrhunderten bestehenden, unverändert ge-bliebenen Wortverständnis sei mit dem Begriff Asche allein ein pulveriger staubartiger [X.] gemeint, der vom Feuer unversehrte [X.] nicht erfasse, trifft dies nicht zu ([X.], NJW 2010, 2071, 2073 f.; MüKo-StGB/[X.], 2. Aufl., § 168 Rn. 11; NK-StGB/Stübinger, 4. Aufl., § 168 Rn. 7). Vielmehr ist der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch nicht eindeutig definiert. Über die Bedeutung eines staubig-pulverigen Rück-stands verbrannter Materie (so etwa [X.], [X.] der [X.], Band 1, 3. Aufl., [X.]) hinaus wird Asche nämlich auch all-gemeiVerbrennung pflanzlicher oder tierischer Substanzen zurückbleibenden unver-brennlichen anorgae [X.], 15. Aufl. von einem durch Verbrennung zer-störten organischen Körper übrigbleibenden anorganischen unverbrennlichen S. 43) definiert (vgl. auch [X.] Lexikon, Band 2, 1971, S.
682). Nach diesem Begriffsverständnis ist kremiertes Zahngold durch das 5
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Tatbestandsmerkmal umfasst (ebenso [X.], aaO S. 1544 mwN; OLG [X.], aaO S. 1606).
b) Für diese auf sämtliche Verbrennungsrückstände des menschlichen Körpers abstellende Auslegung des [X.] spricht zudem der Wille des historischen Gesetzgebers.
Das [X.] vom 15. Mai 1871 schützte in § 168 zu-(RGBl. 1871, [X.]). Die Feuerbestattung wurde durch das Gesetz über die Feuerbestattung vom 15. Mai 1934 ([X.])

nachfolgend Feuerbe-stattungsgesetz 1934

einheitlich geregelt und ist mittlerweile in die in den ver-schiedenen Bundesländern erfolgten Neuregelungen des Friedhofs-
und Be-stattungsrechts einbezogen worden (vgl. [X.], Handbuch des Friedhofs-
und Bestattungsrechts, 10. Aufl. 2010, [X.]). Der strafrechtliche Schutz der [X.] Strafgesetzbuch (vgl. etwa § 158 Vorentwurf eines [X.] Strafgesetzbuchs 1909; § 225 des Entwurfs der [X.] 1913; §
218 des Entwurfs von 1919; vgl. dazu Denkschrift zu dem Entwurf von 1919, S. 167; § 170 des Amtlichen Entwurfs eines Allgemeinen [X.] Strafge-setzbuchs 1925), hat aber erst mit dem [X.] vom 4. August 1953 ([X.] I 1953, [X.]) Eingang in die Vorschrift des § 168 StGB gefunden, dies allerdings unter ausdrücklicher Anlehnung an die früheren Entwürfe (vgl. [X.]. I/3713, [X.]) und damit an die diesen [X.] Erwägungen.
In der Begründung zum Vorentwurf zu einem [X.] Strafgesetz-e-benden Aschereste aber den gleichen Schutz gegen einen pietätlosen Zugriff 6
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h-t-wurf zu einem [X.] Strafgesetzbuch von 1909, Begründung, S. 520). Die Begründung verweist auf das in der Literatur herangezogene Vorbild im italieni-schen Recht (vgl. Vorentwurf zu einem [X.] Strafgesetzbuch von 1909, Begründung, aaO [X.]. 2 mit Hinweis auf [X.], Studien aus dem Strafrecht I, 1890, [X.]22 f.; [X.], [X.], 1904, S. 47 f.; [X.] in Vergleichende Darstellung des [X.] und Ausländischen Strafrechts, Dritter Band, Reli-gionsvergehen, 1906, [X.], s. auch [X.], 66, 71, 79). Die in diesem Zu-

die im Bestattungsrecht [X.] vom 14. September 1911; § 9 Feuerbestattungsgesetz 1934; § 10 der Verordnung über die Durchführung des Feuerbestattungsgeset-zes vom 26. Juni 1934, [X.]; § 6 Abs. 4 der Verordnung über die [X.] für den Betrieb von [X.] im [X.] vom 4. September 2002; § 20 Abs. 3 [X.] Friedhofs-
und Bestattungs-gesetz vom 5. Juli 2007; [X.], Feuerbestattung und Rechtspflege 1911, 14
f.; [X.], aaO [X.], 238, 240 f.), macht deutlich, dass historisch mit a-ren. Dementsprechend war unter der Geltung des ursprünglichen Straftatbe-standes bemängelt worden, dass die bei der Feuerbestattung zurückbleibende die Reste der [X.] geschützt werden, würde zur Aufnahme bei einer Revision unseres Strafgesetzbuches al
verbliebenen Reste des menschlichen Leichnams bestimmungsgemäß aufbe-wahrt werden, [sollten]

r--
9
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reste des Todten

e-Körpers, die nicht ausnahmslos

wie auch der Einsatz der Knochenmühle im Krematorium zeigt

einen pulverigen Zustand aufweisen, historisch in ihrer Gesamtheit als schützenswert anerkannt. Hieran knüpfte der Gesetzgeber mit dem [X.] ausdrücklich an (vgl.
[X.]. I/3713, [X.]).
c) Es streiten auch systematische und teleologische Erwägungen für ei-ne Einbeziehung kremierten [X.] in den Begriff der Asche im Sinne des § 168 StGB.
(1) Schutzgüter des § 168 Abs. 1 StGB sind jedenfalls das Pietätsgefühl der Allgemeinheit sowie der postmortale Persönlichkeitsschutz des Toten (vgl. [X.], Urteil vom 22. April 2005

2 [X.], [X.]St 50, 80, 89; [X.], 155, 156;
[X.], aaO Rn. 2; [X.]. IV/650, S. 346; 13/8587, [X.]2 f.). Dieser Schutz gebührt der
sterblichen Hülle und den Überresten (vgl. [X.].
IV/650, aaO) eines Menschen in ihrer Gesamtheit, wie die tatbestandli-che Erfassung von Teilen des Körpers eines verstorbenen Menschen zeigt. Er bezieht sich auf den zum Objekt gewordenen, einen Rückstand der Persönlich-keit darstellenden Menschenrest (vgl. von [X.], [X.] 1968, 70, 72; Czerner, [X.] 2003, 91, 97).
(2) Zum Körper eines Menschen gehören auch künstliche Körperteile, wie das Zahngold, die durch die Einbeziehung in die Körperfunktion ihres
Trä-gers ihre Sachqualität verloren haben und nicht ohne Verletzung der Körperin-tegrität entfernt werden können; sie genießen damit ebenso das besondere Persönlichkeitsrecht am Körper wie die natürlichen Körperteile (vgl. [X.], aaO S. 1544; [X.], aaO Rn. 37; [X.], aaO Rn. 9; [X.]/[X.], 9
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aaO; [X.]/[X.], [X.], 74. Aufl., § 90 Rn. 3, [X.]/[X.], 6. Aufl., § 90 Rn. 28; Erman/[X.], [X.], 14. Aufl., § 90 Rn. 5; [X.]/[X.] in [X.], [X.], Neubearbeitung
2012, § 90 Rn. 35; aA [X.]/Kühl aaO). Indem diese Gegenstände als dem Körper zugehörig empfunden werden, er-streckt sich auch auf sie das Gefühl der Verbundenheit und Pietät ([X.], aaO Rn. 37; vgl. auch Rn. 38).

nds des § 168 StGB kein geringerer Schutz zu als dem Körper oder Teilen des Körpers des verstorbenen Menschen. Ihm soll vielmehr derselbe Schutz auf würdige und pietätvolle Behandlung gewährt werden wie dem menschlichen Körper. Schon das [X.] hat klargestellt, dass mit der grundsätzlichen Gleichstellung von Feuer-
und Erdbestattung durch § 1 Feuerbestattungsgesetz 1934 einer unterschiedlichen Behandlung der Asche und des Leichnams der Boden ent-zogen worden ist und beide denselben Anspruch auf pietätvolle Behandlung und Wahrung der Totenruhe genießen ([X.], 269, 274). Dieser Grundsatz gilt fort (vgl. [X.], [X.], 557, 558; [X.], aaO S. 1544; [X.], aaO Rn. 40). Wie der Körper des verstorbenen Menschen sind daher auch seine Verbrennungsreste in ihrer Gesamtheit zu schützen. Diese sind auch nicht deshalb weniger schutzbedürftig, weil vom verstorbenen Menschen abgetrennte Teile, wie etwa Zahngold nach dem Verbrennungsvorgang, [X.] wie abgetrennte Teile des lebenden Körpers mit der Abtrennung [X.] erlangen (vgl. [X.], Urteile vom 3. Juni 1958

5 [X.], bei [X.] 1958, 739; vom 9. November 1993

[X.], [X.]Z 124, 52, 54; [X.], Strafbarer Organhandel, 1999, [X.]; [X.] in [X.], 12. Aufl., § 242 Rn. 14; MüKo-StGB/[X.], 2. Aufl., § 242 Rn. 28, 30; [X.]/[X.], aaO, § 90 Rn. 32; Soergel/Marly, [X.], 13. Aufl., § 90 Rn. 7, 10). Denn der Schutz der Totenruhe ist unabhängig von der Sachqualität [X.]
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zelner Körperteile zu beurteilen. Daher bleibt auch Asche so lange geschützt, wie das ihr geltende [X.] noch nicht erloschen ist (vgl. [X.], aaO Rn. 40).
(4) Dem Schutz der Verbrennungsreste in ihrer Gesamtheit entspricht es, dass diese nach der Einäscherung nach den Regelungen des Friedhofs-rechts unverzüglich und grundsätzlich vollständig in einer amtlich zu verschlie-ßenden und entsprechend zu kennzeichnenden Urne zu sammeln sind ([X.], aaO [X.]38). Dadurch wird gewährleistet, dass die [X.] auch noch nach längerer Zeit einer behördlichen Untersuchung unterzogen werden können, denn es besteht ein erhebliches Interesse an der Feststellung ihrer Identität, Vollständigkeit und Ausschließlichkeit ([X.], aaO [X.]38 f.; vgl. auch amtliche
Begründung zu § 9 Feuerbestattungsgesetz 1934 in Reichs-
und Staatsanzeiger Nr. 117 vom 23. Mai 1934, [X.] f.).
2. Allerdings begegnet die Verurteilung der Angeklagten G.

wegen Beihilfe zur Störung der Totenruhe in Tateinheit mit Beihilfe zum [X.] in 110 Fällen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Entsprechend den Ausführungen des [X.] ist nur eine Teilnahme in Form der psychischen Beihilfe gegeben, die mehrere rechtlich selbständige [X.] gefördert hat (vgl. [X.]/Weißer in [X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 27 Rn. 42). Die Verkäufe durch die Angeklagte G.

kamen als Beihilfehandlun-gen nicht in Betracht, da die [X.] zu diesem Zeitpunkt schon beendet waren. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil ausgeschlossen werden kann, dass die Angeklagte sich insoweit anders und erfolgreicher hätte verteidigen können. Die Änderung des Schuldspruchs hat zur Folge, dass die Einzelstrafen entfallen. Jedoch kann die bisherige Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen 13
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-
bleiben, weil die Änderung der konkurrenzrechtlichen Beurteilung den Un-rechts-
und Schuldgehalt der Tat nicht berührt.
3. Die getroffenen Feststellungsentscheidungen nach § 111i Abs. 2 StPO halten hinsichtlich der Angeklagten G.

sachlich-rechtlicher Nachprü-fung nicht (hierzu b) und hinsichtlich der Angeklagten [X.]

, [X.]

, M.

und Ga.

(hierzu c) nicht uneingeschränkt stand.
a) Das [X.] war für die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung des § 111i StPO am 1. Januar 2007 beendeten Taten an der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO gehindert, weil für diese Taten das mildere Recht gemäß §
2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB gilt, nach dem diese bedingte Verfallsanordnung nicht möglich war (vgl. [X.], Urteil vom 7. Februar 2008

4 [X.], [X.]R StPO § 111i Anwendungsbereich 1; Beschlüsse vom 25. April 2012

1 StR 566/11, [X.], 254; vom 10. April 2013

1 StR 22/13,
[X.], 254 mwN).
b) Dies hat zur Folge, dass die hinsichtlich der Angeklagten G.

er-gangene Feststellungsentscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO zu entfallen hat, weil ihre Beihilfehandlung spätestens im Jahr 2003 (vgl. UA [X.]6) beendet war. Der Begehungszeitpunkt der Beihilfe bestimmt sich gemäß § 2 Abs. 1, 2, §
8 StGB nach dem Zeitpunkt der Teilnahmehandlung als solcher und nicht nach dem Begehungszeitpunkt der hier teilweise nach dem 1. Januar 2007 [X.] [X.]; sie ist beendet, wenn sie als solche abgeschlossen ist; auf den [X.] kommt es nach § 8 Satz 2 StGB nicht an (vgl. [X.], [X.] vom 29. September 1999

3 [X.], [X.]R StGB § 8 [X.] 1; vom 11. Januar 2005

5 [X.], [X.], 151; [X.] in [X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 8 Rn. 5; MüKo-StGB/[X.], 2. Aufl., § 8 Rn. 14; [X.] in [X.], 12. Aufl., § 8 Rn. 15).
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c) Hinsichtlich der Angeklagten [X.]

, [X.]

, M.

und Ga.

hat der Senat die Feststellungsentscheidungen nach § 111i Abs. 2 StPO insoweit abgeändert, als von ihnen bereits bis 1.
Januar 2007 [X.] erfasst wurde (vgl. [X.], Beschluss vom 10. April 2013

1 StR 22/13,
aaO [X.]55). Die Entscheidung über die Höhe des nach § 111i Abs. 2 StPO festzustellenden Anspruchs liegt

abgesehen von der nicht zu beanstandenden Prüfung der Härtevorschrift des § 73c StGB

nicht im Ermessen des Tatgerichts (vgl. [X.] in [X.], 26. Aufl., § 111i Rn. 17; [X.], [X.], 242, 245; Regie-rungsentwurf zu § 111i StPO, [X.]. 16/700, 16).
Nach den Feststellungen des [X.]s hat der Angeklagte [X.]

die Taten 116 bis 118

letztere nicht ausschließbar

vor dem Inkraft-treten des § 111i Abs. 2 StPO beendet. Für die nach dem 1. Januar 2007 [X.].
Der Angeklagte [X.]

hat die Tat 141, der Angeklagte M.

die Tat
202 und der Angeklagte Ga.

die Tat 225 nicht ausschließbar vor Inkrafttreten des § 111i Abs. 2 StPO begangen. Der Senat hat nach dem Ge-samtzusammenhang der Urteilsgründe (vgl.
UA [X.]) zugunsten dieser Ange-klagten den insoweit jeweils erlangten Vermögensvorteil nach § 73b StGB auf StPO zu bezeichnenden [X.] bzw. dem nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO zu bezeichnenden Geldbetrag abgezogen. Es kann ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte M.

die 370g Zahngold vor dem 1. Januar 2007 [X.] hat.
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14
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4. Soweit es das [X.] unterlassen hat, in den [X.], 134 be-treffend den Angeklagten [X.]

und in den [X.], 177
betreffend den Angeklagten [X.]

Einzelstrafen festzusetzen, holt dies der Senat in entspre-chender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nach und setzt Freiheitsstrafen von vier Monaten (Fälle 129 und 134) und drei Monaten (Fälle 176 und 177) fest (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Dezember 2014

5 [X.]). Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass das [X.] bei dem Angeklagten [X.]

in vergleichbaren Fällen auf Einzelstrafen von jeweils vier Monaten (vgl. etwa 118, 121, 126) und hinsichtlich des Angeklagten [X.]

in vergleichbaren Fällen auf Einzelstrafen von jeweils drei Monaten (vgl. etwa 148, 151 bis 154, 164) erkannt hat. Bestimmende Strafzumessungstatsachen, die eine unter-schiedliche Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht festgestellt.
Das Ver-bot der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 StPO) steht nicht entgegen (vgl. [X.] aaO). Die [X.] haben Bestand.

Sander Dölp [X.]

Bellay Feilcke

21

Meta

5 StR 71/15

30.06.2015

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.06.2015, Az. 5 StR 71/15 (REWIS RS 2015, 8899)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8899

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5 StR 71/15

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