Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2013, Az. B 4 AS 87/12 R

4. Senat | REWIS RS 2013, 278

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Gegenstand

Arbeitslosengeld II - Angemessenheit der Unterkunftskosten - fehlendes schlüssiges Konzept - Untersuchungsmaxime - Ausfall der Erkenntnismöglichkeiten - Anwendung der Wohngeldtabelle - Sicherheitszuschlag - Wohnflächengrenze für Einpersonenhaushalt in Baden-Württemberg


Leitsatz

Trifft den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten eine Kostensenkungsobliegenheit, sind die Leistungen für Unterkunft nach dem SGB 2 – bei festgestelltem Ausfall der lokalen Erkenntnismöglichkeiten – auch unter der Geltung des § 12 Wohngeldgesetz neuer Fassung auf die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags von 10 vom Hundert zu begrenzen.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 7. November 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung im [X.]raum vom 1.12.2009 bis [X.].

2

Der im Jahr 1947 geborene, zunächst selbständige Kläger mietete zum 1.12.2008 eine Wohnung mit einer Größe von 75 qm in [X.] an. Hierfür entrichtete er monatlich eine Grundmiete in Höhe von 380 Euro zzgl einer Vorauszahlung auf Betriebskosten in Höhe von 80 Euro.

3

Nach einem Herzinfarkt meldete er sein Gewerbe zum 31.12.2008 ab und beantragte am 8.1.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem [X.]B II.

4

Der Beklagte, der zum 1.1.2012 [X.] nach § 6a Abs 2 [X.]B II geworden ist, bewilligte dem Kläger ab dem 30.12.2008 Kosten für Unterkunft und Heizung, zunächst bis 31.7.2009 in Höhe von monatlich 470,77 Euro auf Grundlage der tatsächlichen Grundmiete in Höhe von 380 Euro, kalten Nebenkosten in Höhe von 23,96 Euro sowie Heizkosten in Höhe von 66,81 Euro. Ab [X.] bewilligte er monatlich einen Betrag in Höhe von 335,77 Euro, wobei er unter Beibehaltung der anderen Beträge nur noch eine Grundmiete von 245 Euro anerkannte (Bescheid vom [X.]). Im Zuge der Bewilligung ab 30.12.2008 forderte der Beklagte den Kläger zudem auf, die Unterkunftskosten zu senken. Die Kaltmiete von 380 Euro würde um 135 Euro über den angemessenen Mietkosten liegen. Nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten könne der Beklagte ab [X.] nur noch die angemessene Kaltmiete von 245 Euro zzgl Nebenkosten anerkennen (Schreiben vom [X.]).

5

Die Leistungsbewilligung wurde mehrfach geändert, zuletzt wurden dem Kläger für Dezember 2009 Kosten für Unterkunft und Heizung auf Grundlage einer Kaltmiete von 245 Euro, kalten Nebenkosten in Höhe von 23,96 Euro sowie Heizkosten in Höhe von 61,75 Euro bewilligt ([X.], [X.], 16.11.2009). Für den [X.]raum vom 1.1.2010 bis 31.12.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger Kosten für Unterkunft und Heizung in derselben Höhe (Bescheid vom 10.12.2009).

6

Der Beklagte wies die gegen die Bewilligung für Dezember 2009 und für den [X.]raum 1.1.2010 bis 31.12.2010 eingelegten Widersprüche als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 6.4.2010).

7

Während des Verfahrens vor dem [X.] reduzierte der Beklagte die Bewilligung ab 1.6.2010 um verringerte kalte Nebenkosten und stellte die Leistungen ab 1.7.2010 ein, nachdem der Kläger zu diesem [X.]punkt aus dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten verzogen war (Änderungsbescheide vom [X.] und [X.]).

8

Das [X.] hat den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger für die [X.] vom 1.12.2009 bis [X.] weitere Kosten der Unterkunft bis zu einem Betrag von 338,80 Euro monatlich zzgl Heizkosten zu gewähren. Im Übrigen hat es die auf die Übernahme der tatsächlichen Kosten gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 22.11.2011). Die vom Beklagten zugrunde gelegte Mietobergrenze sei unzutreffend, da der Beklagte nicht über ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Mietkosten im Sinne der Rechtsprechung des B[X.] verfüge. Da es mangels hinreichender Datenbasis nicht mehr möglich sei, die angemessene Kaltmiete für die streitige [X.] zu ermitteln, seien die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu übernehmen, begrenzt auf die Tabellenwerte nach dem [X.] ([X.]) und der Wohngeldverordnung (WoGV) einschließlich eines Zuschlags von 10 %. Dies führe beim Kläger zu einer [X.] von 338,80 Euro.

9

Das L[X.] hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger für die [X.] vom 1.12.2009 bis 31.5.2010 monatlich weitere 69,84 Euro und für den Monat Juni 2010 weitere 71,64 Euro zu gewähren (Urteil vom 7.11.2012). Der Tenor der angefochtenen Entscheidung sei ohne inhaltliche Änderung lediglich zur Klarstellung neu gefasst worden; das [X.] habe in seiner Entscheidung die Heizkosten mit monatlich 61,75 Euro berücksichtigt, es habe damit im Ergebnis eine Leistung für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 400,55 Euro zugesprochen. Zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung habe der Beklagte zunächst als angemessene Wohnungsgröße eine Wohnfläche von 45 qm zugrunde gelegt. Der Beklagte habe als Vergleichsraum den Bereich der Region [X.], [X.] mit ca 75 000 Einwohnern herangezogen. Für diesen sei jedoch in der Anlage zum Mietpreisspiegel keine einheitliche angemessene Mietobergrenze vorgesehen. Ob von dem Erfordernis eines einheitlichen Wertes der angemessenen Miete in Bereichen des ländlichen Raumes abgewichen und [X.] mit nach Gemeinden differenzierten Mietobergrenzen gebildet werden dürften, könne dahingestellt bleiben, da jedenfalls dem vom Beklagten im streitigen [X.]raum als angemessen erachteten Quadratmeterpreis kein schlüssiges Konzept zugrunde gelegen habe. Die für einen Mietspiegel erforderliche statistisch aufgearbeitete Zusammenstellung der vorkommenden Mieten läge dem Mietpreisspiegel nicht zugrunde. Grundlage sei das nicht schriftlich fixierte Datenmaterial der [X.] sowie die individuelle Kenntnis der an der Feststellung des [X.] beteiligten Personen von den Mietpreisen bei [X.]. Von den beteiligten Gemeinden seien keine Erhebungen durchgeführt worden. Der Mietpreisspiegel sei mangels Nachprüfbarkeit nicht ausreichend für die Begründung eines schlüssigen Konzepts. Darüber hinaus sei die Gemeinde [X.], in welcher der Kläger gewohnt habe, in Tabelle 4 des [X.] 2009, in welcher die jeweiligen Ortszu- bzw -abschläge bezogen auf das Referenzniveau der Stadt [X.] aufgelistet seien, nicht aufgeführt. Es sei damit nicht nachvollziehbar, wie die Mietobergrenzen für den damaligen Wohnort des Klägers ermittelt worden seien. Dem Senat sei es auch nicht mehr möglich, aufgrund eigener Ermittlungen ein schlüssiges Konzept für den streitigen [X.]raum zu erstellen, es fehle an der erforderlichen Datenbasis. Es seien damit die tatsächlichen Aufwendungen bis zur Angemessenheitsgrenze der Tabellenwerte in § 12 [X.] und ein Zuschlag von 10 % hinzuzurechnen. Es habe auch eine wirksame Kostensenkungsaufforderung vorgelegen.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision. Er folge zwar der Feststellung des L[X.], dass er im vorliegenden Fall über kein schlüssiges Konzept verfüge sowie dass die Aufwendungen bis zur Höhe der Tabellenwerte aus § 12 [X.] zu übernehmen seien. Nicht gefolgt werden könne aber der Hinzurechnung eines Zuschlages von 10 %.

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 22. November 2011 und des [X.] vom 7. November 2012 insoweit aufzuheben, als Leistungen für Unterkunft und Heizung von mehr als 308 Euro monatlich zuzüglich der Heizkosten zu bewilligen sind.

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Bei fehlendem schlüssigen Konzept sei sowohl nach § 8 [X.] als auch nach § 12 [X.] ein "Sicherheitszuschlag" von 10 % gerechtfertigt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.]n ist unbegründet.

Die Vorinstanzen haben den [X.]n zu Recht zu einer weiteren Leistungsgewährung an den Kläger für die [X.] vom 1.12.2009 bis [X.] verurteilt. Der Kläger ist grundsätzlich leistungsberechtigt, sein Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung (§§ 7, 22 [X.]B II).

1. Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide des [X.]n vom 16.11.2009 und 10.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.], gemäß § 96 [X.]G in der Gestalt der Bescheide vom [X.] und 2.6.2010. Im Streit stehen die darin geregelten Leistungen für Unterkunft und Heizung für den [X.]raum 1.12.2009 bis [X.]. Bereits der Kläger hat den Streitgegenstand durch seine Klage zum [X.] bezüglich der Kosten der Unterkunft und Heizung wirksam beschränkt. Die übrigen abtrennbaren [X.] der gegenständlichen Bescheide sind nicht angegriffen worden. Zudem ist nach den Urteilen des [X.] und des L[X.] die Verurteilung zu weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 39,04 [X.] (Monate Dezember 2009 bis Mai 2010) bzw 40,84 [X.] (Monat Juni 2010) rechtskräftig geworden. Der [X.] wendet sich lediglich gegen die Verurteilung zu einer Leistung von weiteren 30,80 [X.] monatlich. Da der Kläger selbst keine Revision eingelegt hat, sind die gegenständlichen Bescheide bestandskräftig geworden, soweit mit diesen die Leistungen ab 1.7.2010 eingestellt sowie höhere Leistungen abgelehnt wurden.

Die Leistungen für Unterkunft und Heizung bilden abtrennbare Verfügungen des Gesamtbescheids, ohne dass eine weitere Aufspaltung in die Leistungen für Unterkunft und Heizung rechtlich möglich ist (vgl nur B[X.] Urteil vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - B[X.]E 97, 217 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]8 f). An der Zulässigkeit derart beschränkter Rechtsmittel hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 [X.]B II durch das Gesetz zur Ermittlung von [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] ([X.]) zumindest für laufende Verfahren über vor dem 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts geändert (vgl B[X.] Urteil vom 13.4.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]1).

2. Das [X.] und L[X.] haben den [X.]n zu Recht zu einer Gewährung von Kosten für Unterkunft und Heizung auf Grundlage einer höheren Bruttokaltmiete als die vom [X.]n in Höhe von monatlich 308 [X.] anerkannte verurteilt. Der Kläger erfüllt nach den Feststellungen des L[X.] die Leistungsvoraussetzungen nach § 7 [X.]B II.

Sein Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung. Diese werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 [X.] [X.]B II). Damit lässt sich der Gesetzgeber - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er anordnet, auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen. Diese sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die tatsächlichen Kosten nicht in beliebiger Höhe erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind. Die [X.] limitiert somit die erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach. Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist, also die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, die angemessene Mietobergrenze nicht überschreitet (B[X.] Urteil vom 7.11.2006 - B 7b [X.]/06 R - B[X.]E 97, 231 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]4; B[X.] Urteil vom 17.12.2009 - [X.] AS 27/09 R - [X.]-4200 § 22 [X.]7 Rd[X.]5; B[X.] Urteil vom 20.12.2011 - [X.] A[X.]9/11 R - B[X.]E 110, 52 = [X.]-4200 § 22 [X.] , Rd[X.]4; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] A[X.]6/11 R - [X.]-4200 § 22 [X.]). Die Angemessenheit für die Kosten der Unterkunft und die für die Kosten der Heizung sind getrennt voneinander festzustellen.

Auch wenn der [X.] im Revisionsverfahren davon ausgeht, über kein schlüssiges Konzept zu verfügen und sich mit der Heranziehung der Tabellenwerte nach § 12 [X.] einverstanden erklärt, entbindet dies die Gerichte nicht davon, zunächst die angemessenen Unterkunftskosten anhand eines vorrangigen schlüssigen Konzeptes zu ermitteln (vgl nur B[X.] Urteil vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - B[X.]E 97, 254 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]7; B[X.] Urteil vom 16.5.2012 - [X.] [X.]9/11 R - Rd[X.]6).

3. Die angemessene Wohnungsgröße beträgt für Alleinstehende wie den Kläger in [X.] 45 qm. Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die [X.] für [X.] im [X.] Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr seit B[X.] Urteil vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - B[X.]E 97, 254 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]9; B[X.] Urteil vom 19.10.2010 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 22 [X.] ). Hinsichtlich der Überlassung von gefördertem Mietwohnungsbau verweisen § 27 Abs 4, § 10 des Gesetzes über die [X.] Wohnraumförderung vom 13.9.2001 ([X.] 2376: "Wohnraumförderungsgesetz") wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße auf die "Bestimmungen" des jeweiligen [X.]. Nach den Feststellungen des L[X.] hat das Land [X.] zwar keine gesetzlichen Ausführungsvorschriften erlassen, jedoch ist nach der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums [X.] zur Sicherung von Bindungen in der [X.] Wohnraumförderung vom 12.2.2002 (GABl [X.], idF vom [X.], GABl [X.]) für Ein-Personen-Haushalte von einer Wohnfläche von 45 qm auszugehen. An dieser Regelung für die Belegung von gefördertem Wohnraum ist auch für die Bestimmung der [X.] nach § 22 Abs 1 [X.]B II anzuknüpfen (vgl B[X.] Urteil vom 20.8.2009 - [X.] [X.]/08 R - [X.]-4200 § 22 [X.]6 ; B[X.] Urteil vom 19.10.2010 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]2).

4. Die Heranziehung des [X.], den der [X.] zugrunde gelegt hat, ist nicht zu beanstanden. Als örtlicher Vergleichsraum ist in erster Linie der Wohnort des Leistungsberechtigten maßgebend, ohne dass hierfür der kommunalverfassungsrechtliche Begriff der "Gemeinde" entscheidend sein muss. Bei besonders kleinen Gemeinden, etwa im ländlichen Raum, die über keinen repräsentativen Wohnungsmarkt verfügen, kann es geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsmaßstab zusammenzufassen. Entscheidend ist es, für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (vgl B[X.] Urteil vom 7.11.2006 - B 7b [X.]/06 R - B[X.]E 97, 231 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]4; B[X.] Urteil vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - B[X.]E 97, 254 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]1; B[X.] Urteil vom 19.2.2009 - [X.] AS 30/08 R - B[X.]E 102, 263 = [X.]-4200 § 22 [X.]9 , Rd[X.]1; B[X.] Urteil vom 20.8.2009 - [X.] [X.]/08 R - [X.]-4200 § 22 [X.]6 Rd[X.]5). Dies ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des L[X.] hier der Fall. Die Festlegung des [X.] entspricht den vom Senat hierzu entwickelten Kriterien.

5. Dem Leistungsberechtigten muss es möglich sein, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten. Die Mietobergrenze ist nach der Rechtsprechung des B[X.] auf Grundlage eines schlüssigen Konzeptes zu ermitteln (vgl B[X.] Urteil vom 22.9.2009 - [X.] A[X.]8/09 R - B[X.]E 104, 192 = [X.]-4200 § 22 [X.]0, Rd[X.]7 ff). Auf Grundlage des konkreten [X.] hat das L[X.] für das Revisionsgericht bindend festgestellt, dass der [X.] über kein eigenständiges schlüssiges Konzept verfügt (§ 163 [X.]G).

Das L[X.] ist sodann in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass ein schlüssiges Konzept auch nicht mehr entwickelt werden kann und es sich um einen Ausfall von lokalen Erkenntnismöglichkeiten handelt. Der erkennende Senat hat ausdrücklich betont, dass die umfassende Ermittlung der Daten sowie die Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts Angelegenheit des Grundsicherungsträgers ist und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig ist. Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein schlüssiges Konzept auf Aufforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet der Grundsicherungsträger ohne ein schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 [X.] 2. Halbs [X.]G gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (vgl B[X.] Urteil vom 20.12.2011 - [X.] A[X.]9/11 R - B[X.]E 110, 52 = [X.]-4200 § 22 [X.] , Rd[X.]1; B[X.] Urteil vom 17.12.2009 - [X.] [X.]/09 R - [X.]-4200 § 22 [X.]9 Rd[X.]5). Liegen aber keine Ermittlungsergebnisse vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende [X.]räume deshalb nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen nachträglich durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen ist in diesen Fällen begrenzt, sofern nachvollziehbare Darlegungen dazu erfolgen, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht entwickelt werden kann. Der erkennende Senat hat hierzu betont, dass auch bei der Annahme eines Fehlens von Erkenntnismöglichkeiten und -mitteln nach Würdigung der Tatsacheninstanzen erkennbar sein muss, dass das Gericht bei dieser Feststellung die generellen rechtlichen Anforderungen für die Erstellung eines schlüssigen Konzepts berücksichtigt hat. Erst wenn solche Feststellungen erfolgt sind, ist ein Rückgriff auf die Tabellenwerte des [X.] zu rechtfertigen (vgl zuletzt B[X.] Urteil vom 11.12.2012 - [X.] AS 44/12 R - Rd[X.]8; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] A[X.]6/11 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]7). Diesen Anforderungen zur Feststellung eines Erkenntnisausfalles ist das L[X.] gerecht geworden. Schon für die Wohnortgemeinde des [X.] liegen keinerlei nachvollziehbare Daten für die Ermittlung der Mietobergrenze vor. Im Übrigen ist Grundlage des "[X.]" des [X.]n das nicht schriftlich fixierte Datenmaterial der [X.] sowie die individuelle Kenntnis der an der Erstellung des [X.] beteiligten Personen.

6. Im Falle eines Erkenntnisausfalls zur Ermittlung der angemessenen [X.] sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese werden wiederum durch die Tabellenwerte zu § 12 [X.] im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze gedeckelt (stRspr, vgl zuletzt B[X.] Urteil vom 11.12.2012 - [X.] AS 44/12 R - Rd[X.]9).

a) Für die bis 31.12.2008 geltende Regelung in § 8 [X.] aF ist nach der Rechtsprechung des B[X.] wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung zur Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete (vgl § 9 Abs 1 [X.] aF) auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" einzubeziehen (B[X.] Urteil vom 17.12.2009 - [X.] [X.]/09 R - [X.]-4200 § 22 [X.]9 Rd[X.]7 im [X.] an B[X.] Urteil vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - B[X.]E 97, 254 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]3; B[X.] Urteil vom 20.8.2009 - [X.] [X.]/08 R - [X.]-4200 § 22 [X.]6 Rd[X.]1). Zu dem Sicherheitszuschlag hat der Senat ausgeführt, dass er im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses des Leistungsberechtigten auf Sicherung des Wohnraums erforderlich ist, denn beim Fehlen eines schlüssigen Konzepts kann nicht mit Sicherheit beurteilt werden, wie hoch die angemessene [X.] tatsächlich ist (B[X.] Urteil vom 17.12.2009 - [X.] [X.]/09 R - [X.]-4200 § 22 [X.]9 Rd[X.]7). Der erkennende Senat hat zudem entschieden, dass dabei ein Zuschlag in Höhe von 10 % zu den Werten der rechten Spalte der Tabelle zu § 8 [X.] aF angemessen und ausreichend ist (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] A[X.]6/11 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]0 ff; B[X.] Urteil vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - B[X.]E 97, 254 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]3; B[X.] Urteil vom 11.12.2012 - [X.] AS 44/12 R - Rd[X.]9).

b) Die Einbeziehung eines "Sicherheitszuschlages" hat auch im Falle der Heranziehung von § 12 [X.] zu erfolgen. Die von der Rechtsprechung der zuständigen Senate für die Geltung von § 8 [X.] aF angestellten Erwägungen sind auf § 12 [X.] zu übertragen. Denn trotz der Anhebung der Tabellenwerte in § 12 [X.] im Vergleich zu den Werten aus § 8 [X.] aF hat sich nichts daran geändert, dass es sich bei der Bemessung der angemessenen Unterkunftskosten anhand des [X.] nur um eine abstrakte, allein der Deckelung der zu übernehmenden Aufwendungen dienende Begrenzung handelt, die unabhängig von den konkreten Umständen im Vergleichsraum erfolgt. Denn über letztere fehlen gerade ausreichende Erkenntnisse. Der Sicherheitszuschlag ist auch im Rahmen von § 12 [X.] erforderlich, da die in § 12 [X.] festgeschriebenen Werte ebenso wenig wie die in § 8 [X.] aF den Anspruch erheben, die realen Verhältnisse auf dem Markt zutreffend abzubilden (vgl [X.]/[X.]/[X.]/Fröba, [X.], § 12 Rd[X.]4, 65. Lfg Mai 2011). Der Sinn und Zweck des [X.] liegt nicht darin, die Mieten für Wohnraum bei Vorliegen der einkommensrechtlichen Voraussetzungen voll oder zu einem erheblichen Teil zu übernehmen (vgl [X.]/[X.]/[X.]/Fröba, aaO, § 12 Rd[X.]3). Vielmehr handelt es sich beim Wohngeld um einen Zuschuss zu den Aufwendungen für Wohnraum (vgl § 1 [X.] aF). Die Höhe ist abhängig von der zu berücksichtigenden Miete, den [X.] und dem Einkommen. Übersteigt die nach § 11 [X.] zu berücksichtigende Miete den in § 12 [X.] festgesetzten Betrag, bleibt der übersteigende Teil bei der [X.] außer Betracht. Die iS des § 22 Abs 1 [X.] [X.]B II angemessene Miete muss hingegen gewährleisten, dass zu dem als angemessen erachteten Wert Wohnraum vorhanden ist. Beide Regelungen verfolgen damit verschiedene Ziele; auf die Werte aus § 12 [X.] ist daher nur als Berechnungsgrundlage zur Bemessung der angemessenen Miete abzustellen und dem Sinn und Zweck von § 22 Abs 1 [X.] [X.]B II nach mittels des "Sicherheitszuschlages" anzupassen. Aufgrund der unterschiedlichen Zweckbestimmung hat es für die Bestimmung des Zuschlages bei § 12 [X.] damit keine Bedeutung, dass mit der [X.] die Werte aus § 8 [X.] um 10 % angehoben wurden. Durch die Anhebung sollte dem Zweck des [X.] entsprechend die Anzahl derjenigen [X.] und [X.] verringert werden, deren Miete aufgrund der allgemeinen Mietsteigerungen die Höchstbeträge überschreitet (vgl dazu BT-Drucks 16/8918, [X.], 49). Hinweise darauf, dass die Erhöhung der Werte unter Berücksichtigung der Mietpreissteigerungen in einem Umfang erfolgt wäre, der den Sicherheitszuschlag entbehrlich machen könnte, ergeben sich aus der Gesetzesbegründung nicht.

c) Soweit damit feststeht, dass auch im Rahmen von § 12 [X.] ein "Sicherheitszuschlag" einzubeziehen ist, ist weiter dessen Höhe zu bestimmen. Der Senat schließt sich insoweit den Entscheidungen der Tatsacheninstanzen an, dass eine Erhöhung für den streitgegenständlichen [X.]raum um 10 % zu erfolgen hat. Die Höhe des Zuschlages ist ebenso wie die Heranziehung der abstrakten Werte aus § 12 [X.] nach abstrakten Kriterien zu bestimmen. Auf regionale Unterschiede hat der Gesetzgeber bereits durch die Festlegung der Mietenstufen in der [X.] reagiert; bei Änderung der Verhältnisse können diese entsprechend angepasst werden (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] A[X.]6/11 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]2). Die Höhe des Zuschlages soll möglichst sicherstellen, dass der Leistungsempfänger mit dem ihm dann im Ergebnis zustehenden Betrag für die Kosten der Unterkunft in die Lage versetzt wird, im örtlichen Vergleichsraum möglichst sicher eine Unterkunft zu finden, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht. Es soll durch die Höhe des Zuschlages eine angemessene Abgrenzung einerseits zu nur einfachstem Standard wie andererseits zu einem bereits gehobenen Standard erfolgen. In Anbetracht dessen erachtet der Senat für die Tabellenwerte des § 12 [X.] einen Zuschlag in Höhe von 10 % zurzeit als angemessen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 [X.]G.

Meta

B 4 AS 87/12 R

12.12.2013

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Konstanz, 22. November 2011, Az: S 3 AS 947/10, Urteil

§ 22 Abs 1 S 1 SGB 2, § 22 Abs 1 S 3 SGB 2, § 12 Abs 1 WoGG vom 24.09.2008, § 103 S 1 Halbs 1 SGG, § 103 S 1 Halbs 2 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2013, Az. B 4 AS 87/12 R (REWIS RS 2013, 278)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 278

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