Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2004, Az. II ZR 374/02

II. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2829

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[X.]IM NAMEN DE[X.] VOLKE[X.] URTEIL II ZR 374/02 Verkündet am: 14. Juni 2004 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

VerbrKrG § 9 in der bis 30. [X.]eptember 2000 geltenden Fassung
a) Der Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds und der zur [X.] abgeschlossene Kreditvertrag bilden jedenfalls dann ein verbundenes Geschäft i.[X.]. des § 9 VerbrKrG, wenn sich der Fonds und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen.
b) Wenn der Anleger bei dem [X.] getäuscht worden ist, kann er die daraus gegen die Gründungsgesellschafter und die sonst für die Täuschung Verantwortlichen folgenden [X.]chadensersatzansprüche auch der [X.]. Er schuldet daher nicht die Rückzahlung der Darlehensvaluta, sondern hat der Bank nur seinen Fondsanteil einschließlich seiner [X.]cha-densersatzansprüche zu übertragen. Umgekehrt hat ihm die Bank die gelei-steten Zins- und Tilgungsraten abzüglich der vereinnahmten Erträgnisse und [X.]teuervorteile zurückzuzahlen. - 2 - c) Um diese Rechtsfolgen auszulösen, braucht der Anleger seine Beteiligung an dem Fonds nicht diesem gegenüber zu kündigen. Es genügt, daß er sich gegenüber der Bank auf die Täuschung beruft.
[X.], [X.]eil vom 14. Juni 2004 - [X.] OLG Frankfurt am Main

LG [X.]

- 3 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2004 durch [X.] h.c. Röhricht und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das [X.]eil des [X.] in [X.] des [X.] vom
15. November 2001 aufgehoben.

Die [X.]ache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagte unterzeichnete am 11. August 1992 ein mit "Eintritts- antrag" überschriebenes Formular, in dem sie sich bereit erklärte, mit drei Einlagen von zusammen 91.950,00 DM der [X.], Fonds (im folgenden: Fonds) beizutreten. Der Fonds war gegründet worden von der [X.] (im folgenden: [X.]) und ihrem Geschäftsführer N.. Gesell- - 4 - schaftszweck war der Erwerb, die Bebauung und die wirtschaftliche Nutzung verschiedener Grundstücke in [X.].. Mit dem Vertrieb der Fondsanteile war u.a. die [X.] beauftragt. Eine Mitarbeiterin dieses Unternehmens hat- te der Beklagten den "[X.]" vorgelegt, nachdem bereits zuvor ein Pro-spekt des Fonds übergeben worden war.
Die Einlage der Beklagten sollte in vollem Umfang durch ein Darlehen mit Tilgung durch eine Lebensversicherung finanziert werden. Die Zinsen soll-ten im wesentlichen aus den Erträgnissen des Fonds aufgebracht werden. Dementsprechend unterzeichnete die Beklagte ebenfalls am 11. August 1992 ein ihr von der Mitarbeiterin der [X.] vorgelegtes und an die Rechts- vorgängerin der klagenden Bank, die R.bank [X.]i. eG (im folgen- den einheitlich: Klägerin), gerichtetes Angebot auf Abschluß eines [X.] über insgesamt 116.744,40 DM. Die Darlehensvaluta abzüglich eines Disagios und einer Bearbeitungsgebühr wurde von der Klägerin über einen Treuhänder an den Fonds ausgezahlt.
In der Folgezeit blieben die Mieteinnahmen des Fonds deutlich hinter den in dem Prospekt aufgeführten Zahlen zurück. Der Differenzbetrag wurde von der [X.] aufgrund einer von ihr übernommenen Mietgarantie [X.]. Nur aufgrund dieser Zahlungen konnten die Zinsen für das Darlehen [X.] im wesentlichen aus den Mitteln des Fonds aufgebracht werden. Am 31. Oktober 1997 fiel die [X.] in Konkurs. [X.]eit diesem Zeitpunkt zahlte die Be- klagte die [X.] aus eigenen Mitteln. Ab dem 1. [X.]eptember 1998 stellte sie ihre Zahlungen ein, weil sie sich über die Rentabilität des Fonds getäuscht fühl-te. - 5 - Mit der Klage verlangt die Klägerin nach Kündigung des [X.] Rückzahlung der noch offenen Darlehensvaluta in Höhe von 109.024,30 DM. Die Beklagte verlangt widerklagend Rückzahlung der an die Klägerin gezahlten Zinsen in Höhe von 40.493,63 DM und Rückübertragung der gewährten [X.]icherheiten Zug um Zug gegen Übertragung ihrer Anteile an dem Fonds, ferner die Feststellung, daß sie nicht verpflichtet sei, aus dem Darle-hensvertrag weitere Leistungen an die Klägerin zu erbringen.
Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten. Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. [X.]ie führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.]eils und zur Zurückverweisung der [X.]ache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Beklagte zu dem [X.] durch eine arglistige Täuschung des Fondsinitiators N. oder der von ihm eingeschalteten Vertriebshelfer bestimmt worden ist, und hat gemeint, ein Einwendungsdurchgriff nach § 9 VerbrKrG (§§ 358 f. BGB in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung) sei schon deshalb nicht möglich, weil diese Vorschrift auf Kredite zur Finanzierung einer Beteiligung an einem in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebenen geschlossenen Immobilienfonds nicht anwendbar sei. Das ist unzu-treffend.
2. Wie der [X.]enat bereits in seinem nach dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung ergangenen [X.]eil vom 21. Juli 2003 ([X.], [X.], - 6 - 2821, 2822 = ZIP 2003, 1592, 1593 f.; ebenso in den Entscheidungen vom heu-tigen Tage in den [X.] und [X.]) entschieden hat, erfüllen der Beitritt zu einer Anlagegesellschaft und das diesen Beitritt finanzierende Kreditgeschäft die Voraussetzungen eines verbundenen Ge-schäfts gemäß § 9 Abs. 1, 4 VerbrKrG, wenn sich - wie hier - die Fondsgesell-schaft und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen. Wird der [X.] bei dem Beitritt über die Bedingungen der Fondsanlage getäuscht, kann er seine Gesellschaftsbeteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche auch der Bank entgegenhalten. Das Kündigungsrecht kann auch dadurch aus-geübt werden, daß der Anleger der Bank mitteilt, er sei durch Täuschung zu dem [X.] veranlaßt worden, und ihr die Übernahme seines [X.] anbietet ([X.]en.[X.]. v. 21. Juli 2003 - [X.], [X.], 2821, 2823 = ZIP 2003, 1592, 1595; anders noch [X.], [X.]. v. 27. Juni 2000 - [X.], [X.], 3558, 3560 = ZIP 2000, 1430). Darüber hinaus kann der Anleger der Bank aber auch alle Ansprüche entgegensetzen, die er gegen die Gründungsgesellschafter des Fonds und die Initiatoren, maßgebli-chen Betreiber, Manager, Prospektherausgeber und sonst für den [X.] hat. Zu berücksichtigen ist nämlich, daß im Verhältnis zu der den Gesellschaftsbeitritt finanzierenden Bank die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter als Geschäftspartner auftreten. Nur mit ihnen oder dem von ihnen beauftragten Vertriebsunternehmen hat die Bank im Vor-feld der Anlegerwerbung zu tun, nicht dagegen mit der Gesellschaft oder den übrigen - ebenfalls getäuschten - Anlagegesellschaftern. Nur den Prospektver-antwortlichen und Gründungsgesellschaftern bzw. dem Vertriebsunternehmen überläßt die Bank auch die Anbahnung der Darlehensverträge, die dann mit den einzelnen Anlegern geschlossen werden. Das rechtfertigt es, die Prospekt-verantwortlichen und Gründungsgesellschafter auch im Rahmen des § 9 VerbrKrG als Geschäftspartner anzusehen. Die dem Verbundgeschäft zugrun-- 7 - deliegende Dreiecksbeziehung Kunde - Verkäufer - Bank erschöpft sich daher nicht in den Beziehungen zwischen dem Anleger, der Gesellschaft und der Bank. Vielmehr sind auch die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesell-schafter wie ein Verkäufer zu behandeln. Die Ansprüche, die dem Anleger [X.] die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter zustehen, kann er daher ebenfalls gemäß § 9 Abs. 3 [X.]atz 1 VerbrKrG im Verhältnis zu der Bank geltend machen.
Die gegen die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter gerichteten [X.]chadensersatzansprüche aus Prospekthaftung, Verschulden bei Vertragsschluß und ggf. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 [X.]tGB sind darauf ge-richtet, den Anleger so zu stellen, als wäre er dem Fonds nicht beigetreten und hätte mit der Bank keinen Darlehensvertrag geschlossen. Im Rahmen des § 9 Abs. 3 [X.]atz 1 VerbrKrG folgt daraus, daß der Anleger dem [X.] nur seine Gesellschaftsbeteiligung einschließlich der aus der Fehlerhaftigkeit ihres Erwerbs folgenden [X.]chadensersatzansprüche abtreten, ihm aber die [X.], die nicht an ihn, sondern an den Treuhänder geflossen ist, nicht zurückzahlen muß. Zugleich hat er im Wege des sog. [X.] entsprechend § 9 Abs. 2 [X.]atz 4 VerbrKrG (vgl. [X.]en.[X.]. v. 21. Juli 2003 - [X.], [X.], 2821, 2823 = ZIP 2003, 1592, 1595) einen Anspruch gegen die Bank auf Rückgewähr der von ihm aufgrund des Darlehensvertrags erbrachten Leistungen.
Danach hat die Beklagte - ausgehend von ihrem für das Revisionsverfah-ren als wahr zu unterstellenden [X.]achvortrag - gegen die Klägerin einen umfas-senden Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als wäre sie dem Fonds nicht beigetreten und hätte den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen. [X.]ie schuldet also nur die - in ihrem Widerklageantrag bereits berücksichtigte - Übertragung - 8 - der Fondsanteile und kann umgekehrt diejenigen Zahlungen ersetzt verlangen, die sie geleistet hat. Eventuell vereinnahmte Gewinnanteile oder sonstige Lei-stungen des Fonds muß sie sich im Wege des [X.] anrechnen lassen, ebenso [X.]teuervorteile, denen keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamts gegenüberstehen (vgl. [X.] 74, 103, 113 ff.; 79, 337, 347; [X.]/Wagner, [X.] 2003, 753). In entsprechender Anwendung des § 255 BGB hat sie schließlich die ihr gegen die Prospektverantwortlichen und Gründungs-gesellschafter des Fonds zustehenden [X.]chadensersatzansprüche an die Kläge-rin abzutreten.
3. Diese Rechte der Beklagten sind entgegen der Auffassung der Kläge-rin auch nicht wegen Zeitablaufs oder Verwirkung ausgeschlossen.
Zwar kann ein Recht zur Kündigung einer Gesellschaftsbeteiligung aus wichtigem Grund nach Ablauf einer gewissen Zeit ausgeschlossen sein ([X.]en.[X.]. v. 31. Mai 1965 - [X.], [X.], 976; v. 11. Juli 1966 - [X.], NJW 1966, 2160, 2161). Die Voraussetzungen dafür sind hier aber nicht erfüllt. Dabei kann offen bleiben, ob diese Frist abgelaufen war, als die Beklagte mit [X.]chreiben vom 26. [X.]eptember 2000 ihre Gesellschaftsbeteili-gung gegenüber dem Geschäftsführer des Fonds gekündigt hat. Entscheidend ist nämlich, wann sie gegenüber der Klägerin ihre Zahlungen eingestellt und die Übertragung ihrer Gesellschaftsanteile angeboten hat. Denn das ersetzte im Verhältnis zu der Klägerin die Kündigung gegenüber der Gesellschaft (vgl. [X.]en.[X.]. v. 21. Juli 2003 - [X.], [X.], 1762, 1764 = ZIP 2003, 1592, 1595). Die Zahlungsverweigerung wegen Täuschung über die [X.] des Fonds, verbunden mit dem Angebot zur Übertragung der Fondsbeteili-gungen, erfolgte aber schon mit [X.]chreiben vom 25. August 1998, mithin weni-ger als ein Jahr nach dem Konkurs der [X.]. Daß zu diesem Zeitpunkt das - 9 - Kündigungsrecht wegen Zeitablaufs entfallen sein könnte, ist nicht anzuneh-men. Erst recht waren zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen einer Verwir-kung nicht erfüllt.
4. Die Klage ist somit nach dem [X.]achvortrag der Beklagten unbegründet, ohne daß es auf die ebenfalls streitige Frage ankommt, ob die Klägerin eine eigene Aufklärungspflicht verletzt hat und deshalb nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluß auf [X.]chadensersatz haftet (s. dazu das [X.]e-natsurteil vom heutigen Tage in der [X.]). Im Rahmen der erneuten Verhandlung hat das Berufungsgericht aufzuklären, ob die [X.] tatsächlich durch falsche Angaben in dem Prospekt getäuscht und dadurch zu dem [X.] bestimmt worden ist. Hinsichtlich der Widerklage ist noch aufzuklären, ob und ggf. in welchem Umfang die Darlehenszinsen in der von der Beklagten geltend gemachten Höhe von 40.493,63 DM nicht aus ihrer Fondsbeteiligung, sondern aus ihrem sonstigen Vermögen aufgebracht worden und damit von der Klägerin zu ersetzen sind. Dabei kann auch geklärt werden, ob den [X.]teuervorteilen der Beklagten, wie sie aus den von ihr vorgelegten [X.]teuerbescheiden ersichtlich sind, keine Nachzahlungsansprüche des Finanz- - 10 - amts gegenüberstehen, so daß diese [X.]teuervorteile im Rahmen des [X.] zu berücksichtigen sind.

Röhricht [X.]

[X.] Gehrlein

Meta

II ZR 374/02

14.06.2004

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2004, Az. II ZR 374/02 (REWIS RS 2004, 2829)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2829

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