Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 13.01.2015, Az. 2 BvR 2592/14

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2015, 17336

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde mangels Rechtswegerschöpfung - Unterlassene Erhebung der Anhörungsrüge (§ 120 Abs 1 StVollzG iVm § 33a StPO) - Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch fachgerichtliche Entscheidung ohne Möglichkeit der Erwiderung auf Stellungnahme der Gegenseite


Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 [X.] nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. [X.] 90, 22 <25 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 90 Abs. 2 [X.] unzulässig, weil der Beschwerdeführer den Rechtsweg nicht erschöpft hat.

2

1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) durch das [X.]. Hiergegen steht ihm der Rechtsbehelf der Anhörungsrüge nach § 120 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit § 33a [X.] zur Verfügung. Das Verfahren der Anhörungsrüge gehört zum Rechtsweg im Sinne des § 90 Abs. 2 [X.] (vgl. [X.] 5, 337 <338 f.>), der grundsätzlich vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde erschöpft sein muss.

3

2. Die Erhebung von [X.] war hier nicht deshalb entbehrlich, weil diese offensichtlich aussichtslos gewesen wären (vgl. [X.] 7, 403 <407>).

4

Dass das [X.] zum einen mit dem angegriffenen Beschluss über den einstweiligen Rechtsschutzantrag des Beschwerdeführers entschieden hat, ohne ihm zuvor die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt zur Erwiderung zuzuleiten, und dass es zum anderen den Beschluss gefasst hat, ohne dem Beschwerdeführer zuvor den nach dem [X.] - abweichend von der auf sein Verlangen bereits erfolgten Mitteilung - zur Entscheidung berufenen Richter von Amts wegen zu nennen, stellt einen Gehörsverstoß dar.

5

Art. 103 Abs. 1 GG gewährt jedem Verfahrensbeteiligten die grundsätzliche Möglichkeit, sich im Verfahren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern (vgl. [X.] 19, 32 <36>; 49, 325 <328>; [X.] 7, 438 <441>). Die Gelegenheit zur Äußerung muss grundsätzlich zu jedem dem Gericht unterbreiteten Vortrag eingeräumt werden, der für die Entscheidung erheblich ist (vgl. [X.] 19, 32 <36>; 49, 325 <328>; 89, 381 <392>; [X.] 7, 438 <441>). Dazu gehören Stellungnahmen der Gegenseite (vgl. [X.] 7, 438 <441>; [X.], Beschlüsse der [X.] des Zweiten Senats vom 15. November 2010 - 2 BvR 1183/09 -, juris, Rn. 22 und vom 21. März 2011 - 2 BvR 301/11 - juris, Rn. 2).

6

Als Ausprägung des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG verlangt § 24 Abs. 3 Satz 2 [X.], den zur Ablehnung Berechtigten auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen [X.] namhaft zu machen und ihnen eine angemessene Frist einzuräumen, um gegebenenfalls gegen diese [X.] einen Befangenheitsantrag zu stellen und zu begründen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 5. Juni 1991 - 2 BvR 103/91 -, juris, Rn. 23 ff.; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 26. August 2008 - 2 BvR 1264/08 -, juris, Rn. 6). Dies gebietet, den Betroffenen, dem auf sein Verlangen die zur Entscheidung berufenen [X.] mitgeteilt worden sind, über jede Änderung in der Besetzung von Amts wegen zu informieren (vgl. zu § 24 Abs. 3 Satz 2 [X.]: [X.], 10 <10>; BayObLG, Urteil vom 29. September 1989 - [X.] -, juris, Rn. 11; [X.], in: [X.], [X.], 57. Aufl. 2014, § 24 Rn. 21).

7

Diese Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG gelten - auch wenn der Gehörsverstoß nach der Rechtsprechung des [X.] zur Aufhebung der ergangenen Entscheidung nur unter der Voraussetzung führt, dass sie auf dem Verstoß beruht (vgl. [X.] 7, 239 <241>; 13, 132 <145>; 52, 131 <152 f.>; 89, 381 <392 f.>) - grundsätzlich unabhängig davon, ob unter den gegebenen Umständen von der Möglichkeit auszugehen ist, dass eine etwaige Äußerung Einfluss auf das Entscheidungsergebnis gewinnt oder nicht. Denn der grundrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör dient nicht nur der Gewährleistung sachrichtiger Entscheidungen, sondern auch der Wahrung der Subjektstellung der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 6. Juni 2011 - 2 BvR 2076/08 -, juris, Rn. 3 m.w.N.).

8

3. Sonstige Gründe, derentwegen es dem Beschwerdeführer ausnahmsweise unzumutbar sein könnte (§ 90 Abs. 2 Satz 2 [X.]), den Rechtsweg mit der Anhörungsrüge auszuschöpfen, sind nicht ersichtlich.

9

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 2592/14

13.01.2015

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend LG Koblenz, 1. August 2014, Az: 7c StVK 101/14 EA, Beschluss

Art 103 Abs 1 GG, § 90 Abs 2 BVerfGG, § 24 Abs 3 S 2 StPO, § 33a StPO, § 120 Abs 1 StVollzG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 13.01.2015, Az. 2 BvR 2592/14 (REWIS RS 2015, 17336)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 17336

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