Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.04.2017, Az. XI ZR 108/16

11. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 12063

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Gegenstand

Wirksamer Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages: Berücksichtigung der Kapitalertragsteuer der Bank bei der Aufrechnung gegen die Hauptforderung der Bank mit einer Gegenforderung auf Herausgabe der von der Bank als Rückgewährschuldner gezogenen Nutzungen aus Zins- und Tilgungsleistungen des Verbrauchers


Leitsatz

Widerruft der Verbraucher seine auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung, steht seiner Aufrechnung gegen eine Hauptforderung der Bank mit einer Gegenforderung auf Herausgabe der von der Bank als Rückgewährschuldnerin gezogenen Nutzungen aus Zins- und Tilgungsleistungen des Verbrauchers in Höhe des Bruttobetrags nicht entgegen, dass der Zufluss von Nutzungen den Anfall von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag und von Kirchensteuer nach sich ziehen kann.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 17. Februar 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des vom Kläger erklärten Widerrufs seiner auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung.

2

Der Kläger schloss zur Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie im Januar 2008 mit der Beklagten einen Darlehensvertrag über einen Nennbetrag von 138.000 € und einen bis zum 31. Dezember 2022 festen Zinssatz von 5,22% p.a (effektiver Jahreszins 5,35%). Zur Sicherung von Ansprüchen der Beklagten diente ein Grundpfandrecht. Die Beklagte belehrte den Kläger über sein Widerrufsrecht wie folgt:

Abbildung

3

Mit Schreiben vom 17. April 2014 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.

4

Die Klage auf Rückzahlung der bisher geleisteten Zinsen und Tilgungsraten, Herausgabe der von der Beklagten gezogenen Nutzungen und Zustimmung zur Löschung der Grundschuld - sämtlich Zug um Zug gegen Rückzahlung der Darlehensvaluta nebst Zinsen -, auf Feststellung, dass der Beklagten keine Ansprüche mehr gegen den Kläger aus dem Darlehensvertrag zustünden, und auf Freistellung von vorgerichtlich verauslagten Anwaltskosten hat das [X.] abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision des [X.] hat Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

7

Der vom Kläger erklärte Widerruf sei unwirksam, da bei Erklärung des Widerrufs die Widerrufsfrist bereits abgelaufen gewesen sei. Zwar habe die Beklagte mittels der Verwendung des Worts "frühestens" unzureichend über die Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist belehrt. Sie könne sich indessen, da sie lediglich redaktionelle Bearbeitungen vorgenommen habe, auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung berufen.

II.

8

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

9

1. Das Berufungsgericht hat allerdings im Ausgangspunkt richtig erkannt, dem Kläger sei gemäß § 495 Abs. 1 [X.] zunächst das Recht zugekommen, seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nach § 355 Abs. 1 und 2 [X.] in der hier nach Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 22 Abs. 2, §§ 32, 38 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] maßgeblichen, zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung zu widerrufen.

2. Unzutreffend ist dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Widerrufsfrist sei bei Erklärung des Widerrufs am 17. April 2014 bereits abgelaufen gewesen.

a) Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung informierte, was das Berufungsgericht noch gesehen hat, mittels des Einschubs "frühestens" unzureichend deutlich über den Beginn und - insoweit vom Berufungsgericht fehleingeschätzt - mittels der eingefügten Fußnote: "Bitte Frist im Einzelfall prüfen" unklar über die Länge der Widerrufsfrist (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - [X.], [X.], 1930 Rn. 18 f., zur [X.] bestimmt in [X.]).

b) Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 [X.] in der hier maßgeblichen, zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 31. März 2008 geltenden Fassung kann sich die Beklagte entgegen der Rechtsmeinung des Berufungsgerichts nicht berufen. Wie der Senat für eine inhaltsgleiche Widerrufsbelehrung nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, hat die Beklagte das Muster, was der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann (st. Rspr., zuletzt Senatsurteil vom 11. Oktober 2016 - [X.], [X.], 2295 Rn. 26, zur [X.] bestimmt in [X.]), einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, die über das nach § 14 Abs. 3 [X.] in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion [X.] hinausgeht.

III.

Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Insbesondere kann der Senat mangels hinreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht von einer Verwirkung des Widerrufsrechts des [X.] ausgehen.

IV.

Der Senat kann umgekehrt nicht zugunsten des [X.] in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Insbesondere kann der Senat einer tatrichterlichen Würdigung der für eine Subsumtion unter § 242 [X.] maßgeblichen Umstände nicht vorgreifen.

V.

Mangels Entscheidungsreife ist die Sache daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Das Berufungsgericht wird sich zunächst nach Maßgabe der nach Erlass des Berufungsurteils präzisierten Grundsätze mit dem Einwand auseinanderzusetzen haben, der Ausübung des Widerrufsrechts habe § 242 [X.] entgegen gestanden (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - [X.], [X.], 1835 Rn. 39 ff., zur [X.] bestimmt in [X.], und - [X.], [X.], 1930 Rn. 34 ff. sowie vom 11. Oktober 2016 - [X.], [X.], 2295 Rn. 30).

2. Sollte das Berufungsgericht dahin gelangen, der Widerruf des [X.] habe dazu geführt, dass sich der Darlehensvertrag in ein [X.] umgewandelt habe, wird es zum - bisher nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ohnehin nicht hinreichend bestimmten - Antrag des [X.] auf Löschung der Grundschuld die Grundsätze des Senatsbeschlusses vom 17. Januar 2017 ([X.], juris Rn. 7) und zu dem Antrag des [X.] auf Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten das Senatsurteil vom 21. Februar 2017 ([X.], n.n.v. Rn. 23 ff., 34 f.) zu berücksichtigen haben. Wegen der vom Kläger beanspruchten Nutzungen wird es, soweit es auf die Vermutung zurückgreift, die Beklagte habe mit den Zins- und Tilgungsleistungen Nutzungen in einer bestimmten Höhe erwirtschaftet, Feststellungen dazu zu treffen haben, ob zwischen den Parteien ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinne des § 492 Abs. 1a Satz 2 [X.] in der vom 1. August 2002 bis zum 18. August 2008 geltenden Fassung zustande gekommen ist (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - [X.], [X.], 1930 Rn. 58).

3. Soweit der Kläger die Rückzahlung von ihm erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen "Zug um Zug" gegen Zahlung der von ihm aus dem [X.] zu erbringenden Leistung beantragt, gilt Folgendes:

a) Zwar werden die aus einem [X.] resultierenden Ansprüche - hier: nach § 357 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: aF) in Verbindung mit §§ 346 ff. [X.] - auch dann, wenn sie gleichartige Leistungen betreffen, nicht automatisch saldiert (Senatsbeschluss vom 12. Januar 2016 - [X.], [X.], 454 Rn. 16). Solange der [X.] keine Gegenansprüche erhebt, kann der [X.], da die Ansprüche aus dem [X.] nicht in einem gegenseitigen Vertragsverhältnis stehen ([X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 348 Rn. 1; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2012, § 348 Rn. 2; MünchKomm[X.]/[X.], 7. Aufl., § 348 Rn. 2), seine Ansprüche ohne Rücksicht auf etwaige Gegenansprüche durchsetzen (vgl. Senatsurteil vom 5. Juli 2016 - [X.], [X.], 1831 Rn. 27; [X.], Urteil vom 16. Oktober 2009 - [X.], [X.], 275 Rn. 20).

b) Beantragt der [X.] gleichwohl Zahlung Zug um Zug gegen Zahlung, liegt darin eine Aufrechnung. Anderes gölte ausnahmsweise nur dann, wenn ein Aufrechnungsverbot bestünde (MünchKomm[X.]/[X.], 7. Aufl., § 348 Rn. 4). Ein solches Aufrechnungsverbot besteht indessen in Fällen wie dem vorliegenden, in denen ein Verbraucher als [X.] Zahlung von einer Bank als [X.]in nach Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags verlangt, weder aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Absprache noch von Gesetzes wegen:

aa) Eine Aufrechnungsbeschränkung im Sinne eines Aufrechnungsverbots ergibt sich hier schon deshalb nicht aus Nr. 4 AGB-Banken bzw. Nr. 11 Abs. 1 AGB-Sparkassen, weil in der Vereinbarung einer Aufrechnungsbeschränkung eine zulasten des Verbrauchers unzulässige (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - [X.], juris Rn. 17) Erschwerung der Ausübung des Widerrufsrechts läge.

bb) Einer Aufrechnung steht auch nicht zumindest teilweise entgegen, dass der Zufluss von Nutzungen den Anfall von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag (§ 1 Abs. 2 [X.] 1995) und ggf. von Kirchensteuer (§ 51a Abs. 2b bis 2e [X.]; vgl. auch [X.], 150, 154) nach sich ziehen kann.

Die mit dem Einbehalt der Kapitalertragsteuer verbundene besondere Form der Steuererhebung hindert, sofern die vom Kläger beanspruchten Leistungen der Kapitalertragsteuer durch Abzug vom Kapitalertrag nach § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. b [X.] unterfallen (dazu allgemein [X.], Urteil vom 5. August 2016 - 8 O 238/15, juris Rn. 49 ff.; [X.], [X.], 6, 12) und solange der Steuerentrichtungspflichtige gemäß § 43 Satz 2 AO Kapitalertragsteuer nicht abgeführt hat, die Durchsetzung des Anspruchs auf Herausgabe mutmaßlich gezogener Nutzungen durch eine auf den Bruttobetrag gerichtete Zahlungsklage nicht.

Der Verbraucher ist in voller Höhe Gläubiger des Anspruchs aus § 357 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF in Verbindung mit § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 [X.] (vgl. zum [X.] [X.], 150, 152). Durch die Vorschriften über den Steuerabzug wird zwar die Regel, dass der Schuldner den geschuldeten Betrag unmittelbar an den Gläubiger zu zahlen hat, im Verhältnis zwischen der Bank als Schuldnerin und ihrem Kunden als Gläubiger teilweise durchbrochen. Der Leistung an den durch das Abzugsverfahren gesetzlich ermächtigten [X.] durch die Bank als Steuerentrichtungspflichtige kommt Erfüllungswirkung gemäß § 362 Abs. 1 [X.] im Verhältnis zwischen der Bank und dem Kunden zu, wobei Gerichte anderer Gerichtsbarkeiten als der Finanzgerichtsbarkeit die Berechtigung des Abzugs nicht überprüfen, sofern für den Steuerentrichtungspflichtigen nicht eindeutig erkennbar war, dass eine Verpflichtung zum Abzug nicht bestand ([X.], Urteile vom 12. Mai 2005 - [X.], [X.] 163, 103, 108 f. und vom 17. Juli 2001 - [X.], [X.], 2304, 2305 f.; [X.], Urteil vom 14. April 2015 - 17 U 251/13, juris Rn. 28; [X.], 325 Rn. 18 ff.; [X.], Urteil vom 9. August 2016 - 9 [X.], juris Rn. 14 f.).

Diese Erfüllungswirkung ist aber, wenn der Steuerentrichtungspflichtige die Kapitalertragsteuer bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz - wie hier - noch nicht abgeführt hat, erst im Zwangsvollstreckungsverfahren zu berücksichtigen, ohne dass es hierzu eines besonderen Ausspruchs im Tenor einer zusprechenden Entscheidung bedarf (vgl. [X.], Beschlüsse vom 29. Mai 2008 - [X.] 102/07, [X.] 177, 12 Rn. 8 und vom 21. April 1966 - [X.], [X.], 758, 759; [X.], Urteile vom 20. Januar 2016 - 4 U 79/15, juris Rn. 110, vom 1. Juni 2016 - 4 U 125/15, juris Rn. 129, vom 30. November 2016 - 4 U 86/16, juris Rn. 33 f., vom 14. Dezember 2016 - 4 U 19/16, juris Rn. 36 f., vom 29. Dezember 2016 - 4 U 89/15, juris Rn. 106 f. und vom 8. Februar 2017 - 4 U 190/15, juris Rn. 97 f.; [X.], Urteil vom 27. April 2016 - 23 U 50/15, juris Rn. 69; Knoblauch, [X.], 1952, 1955; [X.], [X.], 6, 12; für die Bruttolohnklage auch [X.]E 15, 220, 227 f.; 97, 150, 153, 163; [X.], ArbRB 2008, 129; [X.]/[X.], DStR 2007, 607; [X.]/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 704 Rn. 6; gegen einen "Anspruch auf Auszahlung" - soweit den Nettolohn übersteigend - dagegen [X.], Urteil vom 21. Dezember 2016 - 5 [X.], juris Rn. 14 ff.). Weil die besondere Form des [X.] an der materiell-rechtlichen Forderungsinhaberschaft nichts ändert, kann der Verbraucher auch mit einem Anspruch aus § 357 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF in Verbindung mit § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 [X.] in voller Höhe aufrechnen (a.A. KG, Urteile vom 6. Oktober 2016 - 8 U 228/15, juris Rn. 94 ff., vom 9. Februar 2017 - 8 U 57/16, juris Rn. 52 ff. und vom 20. Februar 2017 - 8 U 31/16, juris Rn. 79 ff.).

Soweit das [X.] eine Aufrechnung mit einer und gegen eine Bruttolohnforderung teilweise an der Gegenseitigkeit (§ 387 [X.]) mit Geldforderungen des die Aufrechnung Erklärenden hat scheitern lassen ([X.], Urteile vom 22. März 2000 - 4 [X.], juris Rn. 12 und vom 19. Februar 2004 - 6 [X.], juris Rn. 28), steht dem die Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des Großen Senats des [X.]s zur Zulässigkeit und Begründetheit von auf einen Bruttobetrag gerichteten Zahlungsklagen entgegen. Im Umfang der auf die Steuer entfallenden Teile ist der Anspruch nicht bloß auf Freistellung gegenüber dem [X.] gerichtet, so dass es nicht - was eine Aufrechnung hinderte ([X.], Urteil vom 28. Januar 2016 - [X.], [X.] 208, 372 Rn. 26 mwN) - an der erforderlichen Gleichartigkeit der Forderungen fehlt. Sowohl der [X.] als auch der Große Senat des [X.]s qualifizieren die Bruttoforderung als einheitlichen Zahlungsanspruch.

Soweit das [X.] die Aufrechnung gegen einen [X.], ohne das Fehlen der Gegenseitigkeit zu beanstanden, an § 394 [X.], § 850e Nr. 1 ZPO hat scheitern lassen ([X.]E 95, 104, 107; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2016, § 394 Rn. 30), lag dem eine - gesetzlich ausdrücklich geregelte - andere Konstellation zugrunde. Weder ist § 394 [X.] anwendbar, wenn der Gläubiger der unpfändbaren Forderung die Aufrechnung erklärt, noch unterliegen Forderungen aus § 357 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF in Verbindung mit § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 [X.] einer Pfändungsbeschränkung. Die §§ 43 ff. [X.] ordnen eine Beschlagnahme nicht an, auch wenn das zivilrechtliche Vertragsverhältnis durch die gesetzliche Abzugsverpflichtung abgabenrechtlich überlagert wird ([X.], Urteil vom 12. Mai 2005 - [X.], [X.] 163, 103, 106; ähnlich [X.], Urteil vom 17. Juli 2001 - [X.], [X.], 2304, 2306; [X.], Urteil vom 21. Dezember 2016 - 5 [X.], juris Rn. 14). Weil erst die Abführung der Kapitalertragsteuer einen besonderen Erfüllungseinwand begründet (vgl. [X.], [X.], 972 Rn. 17; offen [X.], Urteil vom 21. Dezember 2016 - 5 [X.], juris Rn. 28), schließt § 392 [X.] eine Aufrechnung nicht aus.

Eine Verkürzung von Einkommensteuer hat die Aufrechnung nicht zur Folge. Zwar findet § 44 Abs. 1 Satz 7 bis 9 [X.] auf die Aufrechnung keine Anwendung, weil allein der Umstand, dass im Falle der Aufrechnung dem Verbraucher die Nutzungen "unbar" zufließen, nicht dazu führt, dass von einem Sachbezug im Sinne des § 8 Abs. 2 [X.] auszugehen wäre (vgl. [X.], 50 Rn. 11 f.; [X.] in [X.], [X.], 16. Aufl., § 8 Rn. 15). Die Bank haftet unbeschadet der Frage, ob ein Haftungsverfahren überhaupt neben dem Veranlagungsverfahren stattfindet ([X.], [X.], 985, 987), nicht nach § 44 Abs. 5 Satz 1 [X.], weil ihr als Aufrechnungsgegnerin weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Der Kunde muss aber die Einkünfte jedenfalls im Veranlagungsverfahren angeben.

Das Berufungsgericht wird es daher dahinstehen lassen können, ob und in welchem Umfang der Zufluss von Nutzungen nach § 357 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF in Verbindung mit § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 [X.] vom Kläger als Einnahme aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 [X.] zu versteuern ist, weil auch die vom Schuldner "erzwungene" Kapitalüberlassung oder die Vorenthaltung von Kapital zu steuerbaren Einnahmen auf Kapitalvermögen führen kann ([X.]E 175, 439, 447 ff.; 220, 35, 36; von [X.] in [X.], [X.], 16. Aufl., § 20 Rn. 111; vgl. aber auch [X.]E 235, 197 Rn. 12 ff., 15 ff.).

Ellenberger      

        

Joeres      

        

Matthias

        

Menges      

        

Dauber      

        

Meta

XI ZR 108/16

25.04.2017

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 17. Februar 2016, Az: 13 U 88/15

§ 346 Abs 1 Halbs 2 BGB, § 357 Abs 1 S 1 BGB vom 27.07.2011, § 387 BGB, § 20 Abs 1 Nr 7 EStG, § 43 Abs 1 S 1 Nr 7 Buchst b EStG, § 43 S 2 AO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.04.2017, Az. XI ZR 108/16 (REWIS RS 2017, 12063)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 2102 WM2017,1008 REWIS RS 2017, 12063

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