Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.11.2020, Az. 2 BvR 1616/18

2. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2020, 3119

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Stattgebender Kammerbeschluss: Recht auf ein faires Verfahren (Art 2 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 3 GG) vermittelt Anspruch auf Zugang des Betroffenen im Bußgeldverfahren zu Informationen, die nicht Teil der Bußgeldakte sind - allerdings sachgerechte Eingrenzung des Informationszugangsrechts im OWi-Verfahren geboten - Rspr zu standardisierten Messverfahren verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden


Tenor

1. Das Urteil des [X.] vom 14. Dezember 2017 - 5 OWi 708 Js 110716/17 - und der Beschluss des [X.] vom 19. Juni 2018 - 3 Ss OWi 672/18 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

2. Der [X.] hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

1

Die [X.]beschwerde betrifft den Zugang des [X.]etroffenen im [X.]ußgeldverfahren zu Informationen, die nicht Teil der [X.] sind.

2

1. Mit Schreiben vom 3. April 2017 hörte die Zentrale [X.]ußgeldstelle des [X.] (im Folgenden: [X.]ußgeldstelle) den [X.]eschwerdeführer zum Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung an. Dem Vorwurf lag eine Geschwindigkeitsmessung mit dem [X.] [X.] des Herstellers [X.]. [X.] [X.]ildverarbeitungssysteme GmbH zugrunde.

3

Der [X.]eschwerdeführer beantragte daraufhin Akteneinsicht

1. in die gesamte Verfahrensakte, 2. eine ggf. vorhandene Videoaufzeichnung, 3. den ggf. vorhandenen Messfilm, 4. ggfs. die [X.] der gegenständlichen Messung in unverschlüsselter Form (…), 5. in die sog. "Lebensakte" (…), 6. in die [X.]edienungsanleitung des Herstellers des verwendeten Messgerätes (…), 7. in den Eichschein des verwendeten Messgerätes, 8. in den Ausbildungsnachweis des [X.] - und/oder 9. sonstige [X.]eweisstücke.

4

Die [X.]ußgeldstelle gewährte Einsicht in die [X.], die neben dem Messprotokoll und dem Messergebnis (Lichtbild mit Aufdruck der ermittelten Geschwindigkeit) auch den Eichschein des eingesetzten Messgerätes enthielt. Die [X.]edienungsanleitung zu dem verwendeten Messgerät wurde der damaligen Verteidigerin als Datei auf der Internetseite der [X.]ußgeldstelle zugänglich gemacht. [X.]ezüglich der übrigen angefragten Informationen teilte die [X.]ehörde mit, dass Gerätestammkarten, Lehrgangs- beziehungsweise Schulungsbescheinigungen des [X.] sowie die weiteren geforderten Unterlagen nicht [X.]estandteil der Ermittlungsakte seien und nur auf gerichtliche Anordnung vorgelegt würden.

5

2. Am 24. Mai 2017 erließ die [X.]ußgeldstelle einen [X.]ußgeldbescheid gegen den [X.]eschwerdeführer wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften um 30 km/h und setzte darin ein [X.]ußgeld in Höhe von 160 Euro sowie ein Fahrverbot von einem Monat fest.

6

3. Gegen den [X.]ußgeldbescheid legte der [X.]eschwerdeführer am 29. Mai 2017 Einspruch ein und wiederholte sein Einsichtsgesuch. Mit Schreiben vom 8. Juni 2017 stellte er hinsichtlich des [X.] zudem einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 62 OWiG. Zur [X.]egründung führte er aus, dass ihm bei einer Geschwindigkeitsmessung das Recht zustehe, insbesondere auch Einsicht in die [X.] und die Lebensakte des Messgerätes zu nehmen. Da er nur durch die Überprüfung der in Rede stehenden Informationen feststellen könne, ob und welcher Messwert einwandfrei dem beanzeigten Fahrzeug zugeordnet worden sei, würde er bei einer Ablehnung der umfassenden Einsicht in seinen Verfahrensrechten unzulässig beschränkt und sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Unabhängig von der etwaigen Reichweite des formellen Akten-begriffs folge sein Recht auf Einsicht aller angeforderten Unterlagen und sonstigen [X.]eweismittel, wenn nicht aus § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 147 StPO, so doch unmittelbar aus dem Recht auf ein faires Verfahren. Dieser Anspruch bestehe auch unabhängig davon, ob konkrete Anhaltspunkte für Messfehler vorlägen oder vorgetragen würden. In der Verweigerung der Einsicht liege jedenfalls eine unzulässige [X.]eschränkung der Verteidigung. Andernfalls sei ihm mangels Waffengleichheit eine effektive Verteidigung unmöglich gemacht. Diese Ansicht habe inzwischen Eingang in die Rechtsprechung zahlreicher Gerichte gefunden und werde von der ganz herrschenden Meinung im Schrifttum vertreten.

7

4. Das [X.] verwarf den Antrag am 17. August 2017 als unzulässig, da der [X.]eschwerdeführer nicht mehr beschwert sei. Aufgrund des Einspruchs werde nunmehr im gerichtlichen [X.]ußgeldverfahren eine umfassende Prüfung erfolgen, ob der [X.]eschwerdeführer die ihm vorgeworfene Straßenverkehrsordnungswidrigkeit tatsächlich begangen habe. Das Rechtsschutzbedürfnis an einer richterlichen Überprüfung der verwaltungsbehördlichen Entscheidung im vorbereitenden Verfahren sei deshalb durch prozessuale Überholung entf[X.].

8

Einen weiteren Ende August 2017 gegenüber dem Amtsgericht gestellten Antrag auf Einsicht in die [X.], die Lebensakte sowie den Schulungsnachweis des [X.] beschied das Gericht nicht.

9

5. Im [X.] am 14. Dezember 2017 stellte der Verteidiger des [X.]eschwerdeführers zunächst einen Antrag auf Aussetzung der Hauptverhandlung und übergab hierzu einen Schriftsatz, mit welchem er den bisherigen Vortrag vertiefte und auf zahlreiche Entscheidungen verschiedener [X.]e und des [X.] hinwies, denen sich seiner Ansicht nach ein umfassender Anspruch auf Einsichtnahme entnehmen lasse. Nachdem das Amtsgericht diesen Antrag zurückgewiesen hatte, stellte der Verteidiger einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 238 Abs. 2 StPO und übergab zur [X.]egründung einen weiteren Schriftsatz, wonach die Verteidigung durch die Zurückweisung des Antrags auf Aussetzung der Hauptverhandlung unzulässig beschränkt werde. Das Amtsgericht hielt die Entscheidung über die Ablehnung der Aussetzung der Hauptverhandlung aufrecht und führte die [X.]eweisaufnahme durch.

Nach Abschluss der [X.]eweisaufnahme verurteilte das [X.] den [X.]eschwerdeführer wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts zu einer Geldbuße von 160 Euro und erteilte ihm ein einmonatiges Fahrverbot. Zur [X.]egründung führte das Gericht unter anderem aus, dass sich aus den in der Hauptverhandlung verlesenen Messergebnissen ergebe, dass das vom [X.]eschwerdeführer gesteuerte Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 155 km/h gemessen worden sei. [X.]ei dem verwendeten Messgerät der Marke [X.] sei bei der gemessenen Geschwindigkeit ein Toleranzabzug von 5 km/h üblich und ausreichend. [X.]ei einer Geschwindigkeitsmessung mit dem zum Einsatz gekommenen Messgerät handele es sich um ein sogenanntes standardisiertes Messverfahren. Das Gerät sei geeicht gewesen und durch geschultes Personal entsprechend den Vorgaben der [X.]edienungsanleitung des Herstellers eingesetzt worden. Die Richtigkeit des gemessenen [X.] sei damit indiziert. Konkrete Anhaltspunkte, die geeignet wären, Zweifel an der Funktionstüchtigkeit oder der sachgerechten Handhabung des Messgeräts und deshalb an der Richtigkeit des [X.] zu begründen, seien im Rahmen der Hauptverhandlung nicht entstanden und auch im Vorfeld vom [X.]eschwerdeführer nicht vorgetragen worden. Soweit die Verteidigung Einwände erhoben habe, beträfen diese die grundsätzliche Eignung des eingesetzten Messsystems, nicht aber die Messung im Einzelfall. Das Gericht habe diesen Einwänden nicht nachgehen müssen, weil es sich aufgrund des Umstandes, dass es sich um ein standardisiertes Messverfahren handele, und aufgrund der Angaben des als Zeugen vernommenen [X.] von der Richtigkeit des [X.] überzeugt habe.

6. Gegen das Urteil legte der Verteidiger des [X.]eschwerdeführers fristgerecht Rechtsbeschwerde ein. Zur [X.]egründung berief er sich wiederum darauf, dass sich aus dem Recht auf ein faires Verfahren ein über das Recht auf Akteneinsicht hinausgehender Anspruch des [X.]etroffenen auf Einsichtnahme insbesondere in die vorhandenen Messunterlagen und Messdaten ergebe, auch wenn diese nicht [X.]estandteil der [X.] seien. Dieser Anspruch bestehe unabhängig von der Frage, ob konkrete Anhaltspunkte für Messfehler vorlägen oder vorgetragen seien, und werde von mehreren [X.]en in unterschiedlichem Umfang anerkannt. Durch die Vorenthaltung der begehrten Informationen werde auch gegen das Recht auf eine effektive Verteidigung und den Anspruch auf rechtliches Gehör verstoßen. [X.]ei der in Rede stehenden Messmethode handele es sich um ein standardisiertes Messverfahren, so dass der [X.]etroffene zur Verteidigung konkrete Einwendungen gegen die Messung vorzubringen habe. Hierzu sei er allerdings nur in der Lage, soweit eine Auswertung der Messung - gegebenenfalls durch einen von ihm beauftragten Sachverständigen - erfolgen könne. Wenn es der Verteidigung obliege, konkrete Einwände gegen die Messung und das Messergebnis zu erheben, müsse ihr auch die Überprüfung der Messung ermöglicht werden. Wie umfassend diese Überprüfung seitens der Verteidigung erfolge, sei nicht durch das Gericht und die [X.]ußgeldbehörde, sondern durch die Verteidigung selbst zu entscheiden. Die gegenläufige Rechtsprechung des [X.] erweise sich als Zirkelschluss. Sofern das Rechtsbeschwerdegericht an seiner bisherigen Rechtsprechung festhalten wolle, sei im Hinblick auf die Vielzahl anderslautender obergerichtlicher Entscheidungen jedenfalls eine Vorlage an den [X.] gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG in Verbindung mit § 121 Abs. 2 Nr. 1 [X.] geboten.

7. Die [X.] beantragte, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen. Die Nichtgewährung der Einsicht in die in Rede stehenden, nicht in der Akte befindlichen Informationen entspreche der ständigen und gefestigten Rechtsprechung des [X.]. Diese Praxis verstoße weder gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör noch gegen das Recht auf ein faires Verfahren. Ebenso wenig werde dadurch die Verteidigung des [X.]etroffenen in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt unzulässig beschränkt. Es handele sich bei dem Antrag auf [X.]eiziehung beziehungsweise Herausgabe der entsprechenden Unterlagen vielmehr um einen [X.]eweisermittlungsantrag, dessen Ablehnung oder Nichtverbescheidung allein unter [X.] (§ 244 Abs. 2 StPO) gerügt werden könne. Eine Aufklärungsrüge habe der [X.]eschwerdeführer aber nicht in zulässiger Form erhoben. Er habe insbesondere nicht mitgeteilt, welchen Erkenntnisgewinn und welche [X.]esserstellung er durch die [X.]eiziehung der Messunterlagen erwarte. Die bloße Möglichkeit, eventuelle Messfehler ausfindig machen zu können, genüge hierfür nicht. Es sei zudem nicht hinreichend dargetan, weshalb das Gericht weitere Aufklärung hätte vornehmen sollen. Nach den Urteilsfeststellungen sei die gegenständliche Geschwindigkeitsmessung in einem standardisierten Messverfahren erfolgt, wobei konkrete Anhaltspunkte für Messfehler nicht bestanden hätten. Nachdem das Gericht einen [X.]eweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens deshalb hätte ablehnen können, sei eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht auch nicht ersichtlich. Vielmehr habe sich das Gericht mangels konkreter Hinweise auf eine Fehlerhaftigkeit der Messung gerade nicht zur [X.]eiziehung der gewünschten Messunterlagen gedrängt sehen müssen. Da die Verteidigung nicht in unzulässiger Weise beschränkt worden sei, [X.] auch der Einwand, die Hauptverhandlung habe ausgesetzt werden müssen, nicht; ein Aussetzungsanspruch habe nicht bestanden, da auch auf die beantragte Herausgabe der Unterlagen kein Anspruch bestanden habe.

8. Der Verteidiger gab dazu eine Gegenerklärung ab und wies auf eine zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des [X.] ([X.]eschluss vom 27. April 2018 - Lv 1/18 -, juris) hin, nach der das Recht auf ein faires Verfahren einen Anspruch auf Einsicht in die begehrten Informationen gebiete. Der [X.] erkenne in der Nichtgewährung der Einsicht außerdem eine Gehörsverletzung.

9. Mit [X.]eschluss vom 19. Juni 2018 verwarf das [X.] die Rechtsbeschwerde. Zur [X.]egründung nahm der Einzelrichter [X.]ezug auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft und führte weiter aus, dass die vom [X.]eschwerdeführer angeführte Entscheidung des [X.] keinen Anlass für eine Änderung der Rechtsprechung des Ober-landesgerichts gebe.

Das Gericht habe sich in einem vergleichbaren Fall bereits ausführlich mit dieser Entscheidung auseinandergesetzt (es wird zitiert aus [X.], [X.]eschluss vom 13. Juni 2018 - 3 Ss OWi 626/18 -, juris) und festgestellt, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens nicht vorliege, da es allein um eine Frage der Aufklärungspflicht gehe, die an § 244 Abs. 2 StPO zu messen sei. Der [X.]etroffene habe im Verfahren ausreichende prozessuale Möglichkeiten, sich aktiv an der Wahrheitsfindung zu beteiligen, ohne dass ein Rückgriff auf das fair-trial-Prinzip geboten sei. Die gegenteilige Auffassung des [X.] sei unhaltbar, weil sie auf der unzutreffenden, grundlegenden Rechtsstaatsprinzipien zuwiderlaufenden Prämisse beruhe, dass den [X.]etroffenen eine Darlegungs- und [X.]eibringungslast für das Vorliegen von Messfehlern obliege. Eine derartige Rechtsprechung liefe aber darauf hinaus, dass die Gewährung und der Umfang rechtsstaatlicher Prinzipien davon abhängig gemacht würden, ob und gegebenenfalls mit welchen Mitteln sich ein [X.]etroffener gegen den Schuldvorwurf zur Wehr setze. Aber auch dort, wo standardisierte Messverfahren zur Anwendung kämen, sei es keineswegs Aufgabe oder auch nur Obliegenheit des [X.]etroffenen, seine Unschuld darzulegen. Vielmehr sei es Aufgabe des erkennenden Gerichts, die Richtigkeit des erzielten [X.] unter strenger [X.]eachtung der Aufklärungspflicht sorgfältig zu überprüfen. Eine Verurteilung setze auch bei [X.] den positiven Nachweis der Schuld voraus. Der Tatrichter habe zu klären, ob der [X.]eweis mittels des von dem Messgerät erzeugten Messwertes in einer Weise geführt werden könne, dass eine Verurteilung gerechtfertigt sei, was die volle Überzeugung des Tatrichters voraussetze. Hierzu seien die vom [X.] genannten Prämissen des standardisierten Messverfahrens in rechtsstaatlich einwandfreier Weise festzustellen. Sei dies nicht der Fall, so dränge schon die Aufklärungspflicht dazu, das Messergebnis einer sachverständigen Überprüfung zu unterziehen. Eines Nachweises von Anhaltspunkten für Messfehler durch den [X.]etroffenen bedürfe es hierzu nicht. Seien aber andererseits die Voraussetzungen für ein standardisiertes Messverfahren erfüllt, so könne das Messergebnis einer Verurteilung zu Grunde gelegt werden. Dies habe der [X.] ausdrücklich bejaht. Hiernach habe die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden ebenso wie die Reduzierung des gemessenen Wertes um einen - die systemimmanenten Messfehler erfassenden - [X.] gerade den Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und Erörterung des Regelfalles freizustellen. Darüber hinaus müsse sich der Tatrichter nur dann von der Zuverlässigkeit der Messungen überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler gegeben seien. Diese Anhaltspunkte seien freilich gerade nicht vom [X.]etroffenen oder seiner Verteidigung darzulegen oder gar zu beweisen. Vielmehr habe der Tatrichter auch in solchen Fällen von Amts wegen die [X.]eweisaufnahme darauf zu erstrecken, ob sich solche Anhaltspunkte ergäben.

Auch die [X.]emühung der Waffengleichheit [X.] nicht. Denn zum einen finde dieser Grundsatz im Verhältnis zwischen Gericht und Angeklagtem beziehungsweise [X.]etroffenem von vornherein keine Anwendung. Zum anderen stünden dem Gericht nicht beigezogene Unterlagen gerade nicht zur Verfügung, so dass sich die Problematik einer Wissensparität nicht ergebe.

Es entspreche außerdem der gefestigten Rechtsprechung des [X.] und des [X.], dass die Nichtbeiziehung von [X.]eweismitteln oder Unterlagen den Schutzbereich des rechtlichen Gehörs nicht berühre, denn es sei nicht Sinn und Zweck der Gewährleistung rechtlichen Gehörs, dem [X.]eschuldigten Zugang zu dem Gericht nicht bekannten Tatsachen zu verschaffen. [X.]ei dem [X.]egehren auf [X.]eiziehung von nicht bei den Akten befindlichen Unterlagen handele es sich wie aufgezeigt um einen [X.]eweisermittlungsantrag, dessen Ablehnung lediglich unter [X.] gerügt werden könne. Insoweit stelle der Gesetzgeber geeignete und auch ausreichende Instrumentarien im Verfahren zur Verfügung, die es dem [X.]etroffenen ermöglichten, in adäquater Weise bei der Ermittlung der Wahrheit mitzuwirken.

10. Die vom Verteidiger des [X.]eschwerdeführers dagegen erhobene Anhörungsrüge wies das [X.] am 20. Juli 2018 als unbegründet zurück.

Mit der [X.]beschwerde greift der [X.]eschwerdeführer das Urteil des [X.] vom 14. Dezember 2017 und den [X.]eschluss des [X.] vom 19. Juni 2018 an und rügt eine Verletzung seines aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Rechts auf ein faires Verfahren, des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG, des Rechts auf [X.] aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.

Der [X.]eschwerdeführer wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem fachgerichtlichen Verfahren unter Verweis auf die von ihm angeführte Rechtsprechung. Sein Recht auf [X.] sieht der [X.]eschwerdeführer als verletzt an, weil für das [X.] angesichts der von ihm angeführten abweichenden Rechtsprechung verschiedener Obergerichte eine Pflicht zur Divergenzvorlage an den [X.] bestanden habe. Die Außerachtlassung der Vorlagepflicht sei hier nicht mehr vertretbar.

Die Kammer hat den mit der [X.]beschwerde verbundenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch [X.]eschluss vom 4. Oktober 2018 abgelehnt, da der [X.]eschwerdeführer keinen aus dem zeitlich befristeten Fahrverbot für ihn resultierenden schweren Nachteil im Sinne des § 32 Abs. 1 [X.] dargelegt hat.

1. Zu der [X.]beschwerde hat der [X.] beim [X.] Stellung genommen. Die Präsidentin des [X.] und das [X.] haben von einer Stellungnahme abgesehen.

Der [X.] hält die [X.]beschwerde jedenfalls für unbegründet. Die vom [X.]eschwerdeführer gerügten Grundrechte seien durch die angegriffenen Entscheidungen nicht verletzt.

Der [X.]eschwerdeführer begehre Einsicht in Daten und Unterlagen, die sich nicht in der [X.] befänden. Nach der Rechtsprechung des [X.] gewährleiste der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG gerade nicht, den Zugang zu dem Gericht nicht bekannten Informationen zu erzwingen.

Auch aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren ergebe sich kein entsprechendes Recht auf Informationszugang. Zwar sei dem [X.]etroffenen Zugang zu den für die Sachverhaltsfeststellung relevanten Informationen zu gewähren, damit er die Möglichkeit erhalte, die Zuverlässigkeit der Messung in Zweifel zu ziehen. Der aus dem Gedanken der Waffengleichheit resultierende Anspruch auf Parität des Wissens könne sich allerdings nur auf unmittelbar verfahrensrelevante Informationen beziehen und nicht auf sämtliche Informationen, auf welche die [X.] in irgendeiner Weise zugreifen könnten. Wenn dem [X.]etroffenen hingegen auf Verlangen Zugang zu umfangreichem Material zu gewähren sei, ohne dass ein konkreter Zusammenhang mit der Wahrheitsfindung im Einzelfall aufgezeigt werde, erhalte er nicht nur Einfluss auf Umfang und Dauer des [X.]ußgeldverfahrens, der über das zu seiner Verteidigung Gebotene hinausgehe, es entstünden auch uferlose [X.]. Dies führe zu einer Gefährdung der - auch in seinem Interesse liegenden - Verfahrensbeschleunigung. Dem [X.]etroffenen müsse zwar grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet werden, [X.] nicht fernliegenden Zweifeln nachzugehen. Es müssten aber Grenzen gesetzt werden, wenn er seine Zweifel nicht hinreichend substantiiere oder wenn bei vernünftiger Würdigung der Gesamtumstände nicht zu erwarten sei, dass die Messung durch die Überprüfung in Frage gestellt werde. Die [X.]estimmung, ob dem [X.]etroffenen hiernach Zugang zu Informationen zu gewähren sei, sei im Einzelfall von den Fachgerichten zu treffen. Im Fall des [X.]eschwerdeführers, der Zugang zur Verfahrensakte und zur [X.]edienungsanleitung des Messgerätes erhalten habe, sei ein weitergehender [X.] nicht begründbar. Anhaltspunkte dafür, dass die weiteren von ihm begehrten Informationen überhaupt existierten und eine [X.]eweisbedeutung besäßen, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Deshalb scheide ein Verstoß gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren aus.

Die gegenläufige Argumentation, die reduzierte Untersuchungs- und [X.]egründungspflicht der Fachgerichte bei standardisierten Messverfahren in Fällen von Geschwindigkeits- und Rotlichtverstößen erzwinge ein verstärktes Informationsrecht des [X.]etroffenen, erscheine dagegen nicht tragfähig. Ein Zirkelschluss liege insofern nicht vor, da die in Rede stehenden Geschwindigkeitsmessverfahren nicht deshalb anerkannt seien, weil ihre Ergebnisse nicht überprüft würden, sondern weil sie technisch zuverlässig seien. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das in Rede stehende Messgerät unter normalen Verkehrsbedingungen tatsächlich unzuverlässige Messergebnisse liefern würde, hätten sich bislang - auch nach Untersuchung durch unabhängige Sachverständige - nicht ergeben.

2. Der [X.]eschwerdeführer hat auf die Stellungnahme des [X.]s erwidert.

3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben der Kammer vorgelegen.

Die Kammer nimmt die [X.]beschwerde gegen das Urteil des [X.] vom 14. Dezember 2017 und den [X.]eschluss des [X.] vom 19. Juni 2018 zur Entscheidung an und gibt ihr statt.

Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 [X.] für eine der [X.]beschwerde stattgebende Entscheidung liegen vor. Die Annahme der [X.]beschwerde ist zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 [X.] genannten Rechte des [X.]eschwerdeführers angezeigt (§ 93b i.V.m. 93a Abs. 2 [X.]uchstabe b [X.]). Der Annahme steht auch nicht entgegen, dass es sich bei dem [X.]ußgeld von 160 Euro und dem einmonatigen Fahrverbot um eine nur geringe [X.]elastung des [X.]eschwerdeführers handelt. Die Annahme ist jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der generellen Vernachlässigung von Grundrechten angezeigt. Eine Annahme nach § 93a Abs. 2 [X.]uchstabe b [X.] kommt unter diesem Aspekt in [X.]etracht, wenn die [X.]egründung der angegriffenen Entscheidung entsprechende Grundrechtsverletzungen auch in künftigen Fällen erwarten lässt, ohne dass die Feststellung einer bereits gefestigten Gerichtspraxis erforderlich ist (vgl. [X.], in: [X.], [X.], 2018, § 93a Rn. 43). [X.]ei der Rechtsprechung des [X.] handelt es sich im [X.] an die Rechtsprechung des [X.], inzwischen des [X.], um eine ständige [X.], von der eine Abweichung in Zukunft nicht zu erwarten ist (vgl. [X.] Oberstes Landesgericht, [X.]eschluss vom 9. Dezember 2019 - 202 ObOWi 1955/19 -, juris; [X.]eschluss vom 6. April 2020 - 201 ObOWi 291/20 -, juris).

Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind in der Rechtsprechung des [X.] geklärt. Danach ist die zulässige [X.]beschwerde in einem die Entscheidungskompetenz der Kammer eröffnenden Sinn offensichtlich begründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den [X.]eschwerdeführer in seinem aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Recht auf ein faires Verfahren.

1. Zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens zählt das Recht auf ein faires Verfahren (vgl. [X.] 26, 66 <71>). Es erschöpft sich nicht in der Selbstbeschränkung staatlicher Mittel gegenüber den beschränkten Möglichkeiten des Einzelnen, die sich in der Verpflichtung niederschlägt, dass staatliche Organe korrekt und fair zu verfahren haben (vgl. [X.] 38, 105 <111>). Als ein unverzichtbares Element der Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens und daran anknüpfender Verfahren gewährleistet es dem [X.]etroffenen, prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde selbständig wahrzunehmen und Übergriffe der im vorstehenden Sinn rechtsstaatlich begrenzten Rechtsausübung staatlicher Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligter angemessen abwehren zu können. Der Anspruch auf ein faires Verfahren ist durch das Verlangen nach verfahrensrechtlicher "Waffengleichheit" von Ankläger und [X.]eschuldigtem gekennzeichnet und dient damit in besonderem Maße dem Schutz des [X.]eschuldigten, für den bis zur Verurteilung die Vermutung seiner Unschuld streitet (vgl. [X.] 38, 105 <111>).

Dabei enthält das Recht auf ein faires Verfahren keine in [X.] Einzelheiten bestimmten Ge- oder Verbote; vielmehr bedarf es der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt erst dann vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht - auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Fachgerichte - ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben worden ist (vgl. [X.] 57, 250 <275 f.>; 63, 45 <61>; 64, 135 <145 f.>; 70, 297 <308 f.>; 86, 288 <317 f.>; 122, 248 <272>).

Im Rechtsstaat darf der [X.]etroffene nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein; ihm muss die Möglichkeit gegeben werden, zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen (vgl. [X.] 65, 171 <174 f.>; 66, 313 <318>; 133, 168 <200>). Dabei wendet sich das Gebot zur fairen Verfahrensgestaltung nicht nur an die Gerichte, sondern ist auch von [X.] anderen staatlichen Organen zu beachten, die auf den Gang eines Strafverfahrens Einfluss nehmen, demgemäß auch von der Exekutive, soweit sie sich rechtlich gehalten sieht, bestimmte [X.]eweismittel nicht freizugeben (vgl. [X.] 57, 250 <283>).

Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau auf das Verfahrensrecht sind auch die Erfordernisse einer funktionstüchtigen Rechtspflege in den [X.]lick zu nehmen (vgl. [X.] 47, 239 <250>; 80, 367 <375>; 122, 248 <272>; 133, 168 <200 f.>). [X.], die den Erfordernissen einer wirksamen Rechtspflege dienen, verletzen daher nicht schon dann den Anspruch auf ein faires Verfahren, wenn verfahrensrechtliche Positionen des [X.]etroffenen dabei eine Zurücksetzung zugunsten einer wirksamen Rechtspflege erfahren (vgl. [X.] 122, 248 <273>; 133, 168 <201>).

2. Diesen Anforderungen an ein faires Verfahren werden die angegriffenen Entscheidungen nicht vollständig gerecht.

Vor der Verurteilung des [X.]eschwerdeführers hat sich das [X.] nicht hinreichend mit der Frage befasst, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dem Gesuch des [X.]eschwerdeführers auf Zugang zu den von ihm begehrten Informationen, die nicht [X.]estandteil der [X.] waren, zu entsprechen gewesen wäre. Damit hat es dem aus dem Grundsatz des Rechts auf ein faires Verfahren resultierenden Gedanken der Waffengleichheit nicht hinreichend Rechnung getragen.

Das [X.] hat die damit einhergehende Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren durch die Verwerfung der Rechtsbeschwerde nicht beseitigt.

a) Im Ausgangspunkt ist es von [X.] wegen zunächst nicht zu beanstanden, dass die Fachgerichte von einer reduzierten Sachverhaltsaufklärungs- und Darlegungspflicht der Gerichte im Fall eines standardisierten Messverfahrens ausgegangen sind.

aa) Die im Fall des [X.]eschwerdeführers zur Anwendung gekommene Messungsmethode mit dem Messgerät der Marke [X.] des Herstellers [X.]. [X.] [X.]ildverarbeitungssysteme GmbH, bei der unter Einsatz eines (mobilen) Messgeräts mittels scannender Laserstrahlen eine Laufzeitmessung vorgenommen wird, ist als sogenanntes standardisiertes Messverfahren anerkannt (vgl. zuletzt Hanseatisches [X.] in [X.], [X.]eschluss vom 3. April 2020 - 1 SsRs 50/19 -, juris, Rn. 9 m.w.N.; zur Funktionsweise vgl. [X.], [X.], S. 358 <359 m.w.N.>; [X.]/[X.]/[X.], in: [X.], Messungen im Straßenverkehr, 5. Aufl. 2020, § 1 Rn. 803 ff. m.w.N.).

[X.]ei einem standardisierten Messverfahren handelt es sich um ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren, bei dem die [X.]edingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf derart festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind, wobei dies nicht bedeutet, dass die Messung in einem voll automatisierten, menschliche Handhabungsfehler praktisch ausschließenden Verfahren stattfindet (vgl. [X.]GHSt 43, 277 <284>). Regelmäßig werden technische Messsysteme, deren [X.]auart von der [X.] zugelassen ist, von den Gerichten als standardisierte Messverfahren insbesondere bei Geschwindigkeitsmessungen anerkannt (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 14. Juli 2014 - [X.] -, juris, Rn. 9; [X.], [X.]eschluss vom 4. Dezember 2014 - [X.] 1041/14 -, juris, Rn. 15; [X.] Oberstes Landesgericht, [X.]eschluss vom 9. Dezember 2019 - 202 ObOWi 1955/19 -, juris, Rn. 8; vgl. auch [X.], [X.], S. 664).

Kommt bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein standardisiertes Messverfahren zur Anwendung, sind nach der Rechtsprechung des [X.] geringere Anforderungen an die [X.]eweisführung und die Urteilsfeststellungen der Fachgerichte zu stellen (vgl. [X.]GHSt 39, 291; 43, 277). Denn die Zulassung durch die [X.] bietet bei Verwendung des Messgerätes im Rahmen der [X.] nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich eine ausreichende Gewähr dafür, dass die Messung bei Einhaltung der vorgeschriebenen [X.]edingungen für den Einsatz auch im Einzelfall ein fehlerfreies Ergebnis liefert (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 17. Juli 2015 - 2 (7) [X.] -, juris, Rn. 6 m.w.N.; zu möglichen Auswirkungen der Änderungen des Mess- und Eichrechts vgl. [X.], [X.], [X.] <259>). Wie bei [X.] technischen Untersuchungsmethoden, insbesondere solchen, die in [X.]ereichen des täglichen Lebens außerhalb von Laboratorien durch "angelerntes" Personal gewonnen werden, ist auch bei standardisierten Messverfahren eine absolute Genauigkeit, also eine sichere Übereinstimmung mit der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit, nicht möglich. Das Tatgericht muss sich deshalb bei der [X.]erücksichtigung der Ergebnisse von [X.]en bewusst sein, dass Fehler nicht auszuschließen sind. Es hat diesem Umstand durch die [X.]erücksichtigung von Messtoleranzen Rechnung zu tragen (vgl. [X.]GHSt 39, 291 <301>).

Davon abgesehen ist das Tatgericht nur dann gehalten, das Messergebnis zu überprüfen und sich von der Zuverlässigkeit der Messung zu überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler gegeben sind (vgl. [X.]GHSt 39, 291 <301>; 43, 277 <283 f.>). Wurde das Messgerät von seinem [X.]edienpersonal standardmäßig, also in geeichtem Zustand gemäß der [X.]etriebsanleitung des Herstellers und den Zulassungsbedingungen der [X.] entsprechend verwendet, ist das Tatgericht auch von weiteren technischen Prüfungen, insbesondere zur Funktionsweise des Messgerätes, freigestellt (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 4. Dezember 2014 - [X.] 1041/14 -, juris, Rn. 16).

Die amtliche Zulassung von Messgeräten sowie die Reduzierung des gemessenen Wertes um einen - systemimmanente Messfehler erfassenden - [X.] dient dem Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und der Erörterung des Regelfalles zu entlasten (vgl. [X.]GHSt 39, 291 <297>; [X.], [X.]eschluss vom 14. Juli 2014 - [X.] -, juris, Rn. 10). [X.]estehen keine [X.]edenken gegen die Richtigkeit des [X.], genügt deshalb zum Nachweis eines [X.]es grundsätzlich die Mitteilung des eingesetzten Messverfahrens, der ermittelten Geschwindigkeit nach Abzug der Toleranz und des berücksichtigten [X.]es (vgl. [X.]GHSt 43, 277 <282>; Hanseatisches [X.] in [X.], [X.]eschluss vom 3. April 2020 - 1 SsRs 50/19 -, juris, Rn. 8 m.w.N.; [X.], [X.], S. 664 <666>; [X.]/[X.], in: [X.], OWiG, 17. Aufl. 2017, § 71 Rn. 43 f. m.w.N.; [X.], in: Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche [X.], 5. Aufl. 2018, Rn. 2171 f. m.w.N.). [X.]ei standardisierten Messverfahren sind daher im Regelfall - ohne konkrete Anhaltspunkte für eventuelle Messfehler - die Feststellungs- und Darlegungspflichten des Tatgerichts reduziert (vgl. [X.], [X.], S. 664 <669>; [X.]/[X.], [X.], [X.]; [X.], in: Fahrverbot in [X.]ußgeldsachen, 4. Aufl. 2017, § 5 Rn. 46). Regelmäßig umfasst der Akteninhalt der [X.] deshalb lediglich diejenigen Informationen, die zur Feststellung des [X.]es nach den Grundsätzen zum standardisierten Messverfahren entscheidungserheblich sind (vgl. insoweit [X.] VerfGH, [X.]eschluss vom 27. April 2018 - Lv 1/18 -, juris, Rn. 30; [X.], [X.], S. 664 <676>; [X.], [X.] 2013, [X.] <10>).

Dabei bleibt der Anspruch des [X.]etroffenen, nur aufgrund ordnungsgemäß gewonnener Messdaten verurteilt zu werden, gewahrt, wenn ihm die Möglichkeit eröffnet ist, das Tatgericht im Rahmen seiner Einlassung auf Zweifel aufmerksam zu machen und einen entsprechenden [X.]eweisantrag zu stellen (vgl. [X.]GHSt 39, 291 <300>; [X.], [X.]eschluss vom 14. Juli 2014 - [X.] -, juris, Rn. 10). Durch das Stellen von [X.]eweisanträgen, [X.] und [X.] hat der [X.]etroffene ausreichende prozessuale Möglichkeiten, weiterhin auf Inhalt und Umfang der [X.]eweisaufnahme Einfluss zu nehmen (vgl. insoweit auch [X.], [X.]eschluss vom 13. Juni 2018 - 3 Ss OWi 626/18 -, juris, Rn. 12).

Für einen erfolgreichen [X.]eweisantrag muss der [X.]etroffene konkrete Anhaltspunkte für technische Fehlfunktionen des Messgerätes vortragen, wohingegen die bloß allgemeine [X.]ehauptung, die Messung sei fehlerhaft gewesen, das Gericht nicht zur Aufklärung anhält (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 11. Dezember 2006 - 2 Ss OWi 598/06 -, juris, Rn. 13; [X.], [X.]eschluss vom 26. Juni 2009 - 311 [X.]/09 -, juris, Rn. 12; [X.], [X.]eschluss vom 14. Juli 2014 - [X.] -, a.a.O, Rn. 20; [X.], [X.], S. 16 <18>; [X.]/ [X.], [X.], [X.]). Gleiches gilt für pauschale [X.]ehauptungen des [X.]etroffenen ins [X.]laue hinein, etwa, dass das Messgerät nicht richtig funktioniert habe, die Gebrauchsanweisung nicht eingehalten oder nachträglich Eingriffe an dem Gerät vorgenommen worden seien (vgl. [X.], in: Haus/[X.]/[X.], Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Aufl. 2017, [X.] § 77 OWiG Rn. 20; vgl. auch [X.], [X.] 2013, [X.] <8>; [X.], in: Festschrift für [X.], 2018, S. 655 <662 f.>).

bb) Diese Vorgehensweise der Fachgerichte im Ordnungswidrigkeitenverfahren ist nicht zu beanstanden.

Mit der [X.] zum standardisierten Messverfahren bei [X.] wird gewährleistet, dass bei massenhaft vorkommenden Verkehrsordnungswidrigkeiten nicht jedes Amtsgericht bei jedem einzelnen [X.]ußgeldverfahren anlasslos die technische Richtigkeit einer Messung jeweils neu überprüfen muss (vgl. Schleswig-Holsteinisches [X.], [X.]eschluss vom 11. November 2016 - 2 SsOWi 161/16 (89/16) -, juris, Rn. 7). Die damit verbundene Vereinfachung des [X.] ist bei derartigen [X.]ußgeldverfahren indiziert (vgl. Hanseatisches [X.] in [X.], [X.]eschluss vom 15. April 2020 - 1 SsRs 16/20 -, juris, Rn. 7). Das [X.]ußgeldverfahren als solches ist gerade im Hinblick auf seine vorrangige [X.]edeutung für die Massenverfahren des täglichen Lebens (vgl. [X.], [X.]eschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 24. März 1996 - 2 [X.]vR 616/91 -, juris, Rn. 47) auf eine Vereinfachung des [X.] und eine schnelle Erledigung ausgerichtet (vgl. [X.]GHSt 39, 291 <299>; 41, 376 <381>; 43, 22 <26>; 46, 358 <368>; [X.]TDrucks 13/5418, [X.]; [X.], [X.], [X.]; [X.]/[X.], in: [X.], OWiG, 17. Aufl. 2017, Vor § 71 Rn. 1). Anders als das Strafverfahren dient es nicht der Ahndung kriminellen Unrechts, sondern der verwaltungsrechtlichen Pflichtenmahnung, der der [X.] der staatlichen Strafe fehlt (vgl. [X.] 27, 18 <33>; 45, 272 <288 f.>). Es ist von [X.] wegen deshalb auch nicht zu beanstanden, wenn dem geringeren Unrechtsgehalt der Ordnungswidrigkeiten gerade im [X.]ereich von massenhaft vorkommenden Verkehrsverstößen durch Vereinfachungen des [X.] Rechnung getragen wird (vgl. insoweit zu Sonderregelungen im [X.]ußgeldverfahren auch [X.] 45, 272 <289>).

b) Ungeachtet dessen erweist sich der Umgang des [X.] mit dem [X.]egehren des [X.]eschwerdeführers auf Zugang zu bestimmten Informationen, die in der dem Amtsgericht vorgelegten und der Verteidigung zur Akteneinsicht überlassenen [X.] nicht enthalten, an anderer Stelle aber vorhanden waren, als verfassungswidrig. Die Fachgerichte haben dem aus dem Recht auf ein faires Verfahren resultierenden Anspruch des [X.]eschwerdeführers auf Informationszugang auch zu den nicht zur [X.] genommenen Informationen nicht hinreichend Rechnung getragen.

aa) Ein rechtsstaatliches und faires Verfahren fordert "Waffengleichheit" zwischen den [X.] einerseits und dem [X.]eschuldigten andererseits. Der [X.]eschuldigte hat deshalb ein Recht auf möglichst frühzeitigen und umfassenden Zugang zu [X.]eweismitteln und Ermittlungsvorgängen und auf die Vermittlung der erforderlichen materiell- und prozessrechtlichen Informationen, ohne die er seine Rechte nicht wirkungsvoll wahrnehmen könnte (vgl. [X.] 110, 226 <253>). Nach der Entscheidung des [X.] vom 12. Januar 1983 zu sogenannten Spurenakten gehört hierzu auch der Zugang zu den bei den Ermittlungsbehörden anlässlich des Verfahrens entstandenen [X.]eweismitteln und Ermittlungsvorgängen, die dem Gericht durch die Verfolgungsbehörde nicht vorgelegt wurden und deren [X.]eiziehung seitens des Fachgerichts unter [X.] nicht für erforderlich erachtet wird (vgl. [X.] 63, 45 <66 ff.>).

(1) Aus dem Recht auf ein faires Verfahren folgt hiernach, dass der [X.]eschuldigte eines Strafverfahrens neben der Möglichkeit, prozessual im Wege von [X.]eweisanträgen oder [X.] auf den Gang der Hauptverhandlung Einfluss zu nehmen, grundsätzlich auch das Recht hat, Kenntnis von solchen Inhalten zu erlangen, die zum Zweck der Ermittlung entstanden sind, aber nicht zur Akte genommen wurden (vgl. [X.] 63, 45 <66>). Dem [X.]eschuldigten bietet sich auf diesem Weg auch außerhalb eines gerichtlich anhängigen Strafverfahrens eine weitgehende Möglichkeit, anlässlich der Tatermittlung entstandene Unterlagen der Ermittlungsbehörden, die nicht zum [X.]estandteil der Akten im Strafverfahren geworden sind, durch seine Verteidigung einsehen zu lassen. Dadurch werden seine Verteidigungsmöglichkeiten erweitert, weil er selbst nach Entlastungsmomenten suchen kann, die zwar fernliegen mögen, aber nicht schlechthin auszuschließen sind. Während so regelmäßig dem Informationsinteresse des [X.]eschuldigten genügt ist, ist gleichwohl gewährleistet, dass der Ablauf des gerichtlichen Verfahrens nicht durch eine sachlich nicht gebotene Ausweitung der Verfahrensakten unverhältnismäßig erschwert oder sogar nachhaltig gefährdet wird (vgl. [X.] 63, 45 <67>).

Die möglicherweise außerhalb der Verfahrensakte gefundenen entlastenden Informationen können von der Verteidigung zur fundierten [X.]egründung eines Antrags auf [X.]eiziehung vor Gericht dargelegt werden. Der [X.]eschuldigte kann so das Gericht, das von sich aus keine sachlich gebotene Veranlassung zur [X.]eiziehung dieser Informationen sieht, auf dem Weg des [X.] oder [X.]eweisermittlungsantrages zur Heranziehung veranlassen (vgl. [X.] 63, 45 <69 f.>).

(2) Diese für das Strafverfahren geltenden Grundsätze können auf das Ordnungswidrigkeitenverfahren übertragen werden. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gewährleistet dem [X.]etroffenen im Ordnungswidrigkeitenverfahren ebenso wie dem [X.]eschuldigten im Strafverfahren das Recht auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren (vgl. [X.], [X.]eschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 19. März 1992 - 2 [X.]vR 1/91 -, juris, Rn. 23).

Zwar bestehen zwischen dem Recht der Ordnungswidrigkeiten und dem allgemeinen Strafrecht wesentliche Unterschiede im Sanktionscharakter, weshalb die Strenge des anzuwendenden Maßstabs im Ordnungswidrigkeitenrecht vermindert sein kann (vgl. [X.], [X.]eschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 2. Juli 2003 - 2 [X.]vR 273/03 -, Rn. 10). Im Hinblick auf den hier in Rede stehenden Zugang zu Informationen, die nicht [X.]estandteil der [X.]n werden, sind Gründe, das ordnungswidrigkeitenrechtliche Verfahren anders zu behandeln als das Strafverfahren, allerdings nicht ersichtlich. Auch im Verfahren nach dem [X.] kann der [X.]etroffene ein Interesse daran haben, den Vorwurf betreffende Informationen, die nicht zur [X.] genommen wurden, eigenständig auf Entlastungsmomente hin zu untersuchen. Es besteht im Hinblick auf Geschwindigkeitsmessungen insbesondere kein Erfahrungssatz, dass die eingesetzten Messgeräte unter [X.] Umständen zuverlässige Ergebnisse liefern (vgl. [X.]GHSt 39, 291 <300>). Die technische Komplexität der bei Geschwindigkeitsmessungen zum Einsatz kommenden Messmethoden und die bei standardisierten Messverfahren verringerten Anforderungen an die [X.]eweiserhebung und die Urteilsfeststellungen der Fachgerichte lassen das [X.]edürfnis der [X.]etroffenen am Zugang zu weiteren die Messung betreffenden Informationen vielmehr nachvollziehbar erscheinen.

(3) Wenn der [X.]etroffene demnach geltend macht, er wolle sich selbst Gewissheit darüber verschaffen, dass sich aus den dem Gericht nicht vorgelegten Inhalten keine seiner Entlastung dienenden Tatsachen ergeben, wird ihm die durch seinen Verteidiger vermittelte Einsicht grundsätzlich zu gewähren sein.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Recht auf Zugang zu den außerhalb der Akte befindlichen Informationen unbegrenzt gilt. Gerade im [X.]ereich massenhaft vorkommender Ordnungswidrigkeiten ist eine sachgerechte Eingrenzung des [X.] geboten. Andernfalls bestünde - wie der [X.] zu Recht einwendet - die Gefahr der uferlosen Ausforschung, erheblicher Verfahrensverzögerungen und des Rechtsmissbrauchs.

Die begehrten, hinreichend konkret benannten Informationen müssen deshalb zum einen in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen [X.] stehen und zum anderen erkennbar eine Relevanz für die Verteidigung aufweisen. Insofern ist maßgeblich auf die Perspektive des [X.]etroffenen beziehungsweise seines Verteidigers abzustellen. Entscheidend ist, ob dieser eine Information verständiger Weise für die [X.]eurteilung des [X.]s für bedeutsam halten darf. Die Verteidigung kann grundsätzlich jeder auch bloß theoretischen Aufklärungschance nachgehen, wohingegen die [X.] und schließlich die Gerichte von einer weitergehenden Aufklärung gerade in Fällen standardisierter Messverfahren grundsätzlich entbunden sind. Es kommt deshalb insofern nicht darauf an, ob die [X.]ußgeldbehörde oder das Gericht die in Rede stehende Information zur Überzeugung von dem Verstoß für erforderlich erachtet.

Die [X.] beziehungsweise die Fachgerichte haben bei entsprechenden Zugangsgesuchen hiernach im Einzelfall zu entscheiden, ob sich das den [X.] betreffende Gesuch der Verteidigung in [X.]ezug auf die angeforderten Informationen innerhalb dieses Rahmens hält. [X.] praktischen [X.]edenken dürfte durch eine verfahrenseffiziente Handhabung der Einsicht begegnet werden können (vgl. zu entsprechenden Ansätzen [X.], [X.]eschluss vom 4. Oktober 2017 - 3 Ss OWi 1232/17 -, juris, Rn. 35; [X.], [X.]eschluss vom 5. Mai 2020 - 1 OWi 2 [X.] -, juris, Rn. 11). Eine generell-abstrakte, über den Einzelfall hinausgehende Festlegung des Umfangs des [X.] und der Modalitäten seiner Gewährung durch das [X.] ist insoweit weder möglich noch von [X.] wegen geboten.

(4) Der Gewährung eines solchen [X.] können zudem gewichtige verfassungsrechtlich verbürgte Interessen wie beispielsweise die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege oder auch schützenswerte Interessen Dritter widerstreiten (vgl. auch hierzu [X.] 63, 45 <66>). Schließlich müssen auch unter dem Gesichtspunkt der "Waffengleichheit" in der Rollenverteilung begründete verfahrensspezifische Unterschiede in den Handlungsmöglichkeiten von Verfolgungsbehörde und Verteidigung nicht in jeder [X.]eziehung ausgeglichen werden (vgl. [X.] 63, 45 <67>; 63, 380 <392 f.>; 122, 248 <275>).

Die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege gebietet nicht nur die aufgezeigte [X.]egrenzung des Umfangs des [X.], sondern findet ihren Niederschlag auch in der von dem Zugangsrecht unabhängigen [X.] zu standardisierten Messverfahren. Dieser wird durch den in Rede stehenden Informationszugang der Verteidigung auch nicht die Grundlage entzogen (entgegen [X.], [X.]eschluss vom 23. Juli 2018 - 2 Ss (OWi) 197/18 -, juris, Rn. 26; Schleswig-Holsteinisches [X.], [X.]eschluss vom 5. Juni 2019 - [X.] 123/19 -, juris, Rn. 10). Solange sich aus der Überprüfung der Informationen keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit des [X.] ergeben, bleiben die Aufklärungs- und Feststellungspflichten der Fachgerichte nach den Grundsätzen des standardisierten Messverfahrens reduziert. Ermittelt der [X.]etroffene indes konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des [X.], hat das Gericht zu entscheiden, ob es sich dennoch von dem [X.] überzeugen kann. Entsprechend seiner Amtsaufklärungspflicht hat das Fachgericht die Korrektheit des [X.] dann individuell - gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen - zu überprüfen und seine Überzeugung im Urteil darzulegen. Im Übrigen bleiben die Ablehnungsmöglichkeiten aus § 77 Abs. 2 OWiG unberührt (vgl. hierzu [X.]/[X.], [X.], S. 541 <544>, und die Anmerkung von [X.], [X.], [X.]>). Die [X.] zu standardisierten Messverfahren und die Ablehnungsmöglichkeiten nach § 77 Abs. 2 OWiG begrenzen insofern die Möglichkeiten der Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit des [X.] unter [X.]erufung auf die erlangten und ausgewerteten Informationen in zeitlicher Hinsicht. Zwar steht dem [X.]etroffenen ein Zugangsrecht vom [X.]eginn bis zum Abschluss des Verfahrens zu (vgl. [X.] 63, 45 <67>). Er kann sich mit den Erkenntnissen aus dem Zugang zu weiteren Informationen aber nur erfolgreich verteidigen, wenn er diesen rechtzeitig im [X.]ußgeldverfahren begehrt. Von [X.] wegen ist dies nicht zu beanstanden.

Dass dort, wo ein über den Inhalt der [X.] hinausgehender Informationszugang bereits gewährt wird, die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege beeinträchtigt wäre, ist nicht ersichtlich. Insofern ist auch auf die Vielzahl fachgerichtlicher Entscheidungen hinzuweisen, die - zwar mit teils unterschiedlicher [X.]egründung und in unterschiedlichem Umfang - davon ausgehen, dass [X.]etroffenen auf Verlangen auch nicht bei der [X.] befindliche Informationen von den Verwaltungsbehörden zugänglich zu machen sind (vgl. hierzu die nicht abschließende Übersicht bei [X.], in: Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche [X.], 5. Aufl. 2018, Rn. 228 ff.; [X.] des [X.], [X.]eschluss vom 5. November 2012 - 2 Ss ([X.]) 100/12 -, juris, Rn. 8; Thüringer [X.], [X.]eschluss vom 1. März 2016 - 2 [X.] 101 [X.] 131/15 -, juris, Rn. 17; Saarländisches [X.], [X.]eschluss vom 24. Februar 2016 - Ss ([X.]) 6/2016 (4/16 OWi) -, juris, Rn. 7 f.; [X.], [X.]eschluss vom 16. Juni 2016 - 1 Ss (OWi) 96/16 -, juris, Rn. 5; [X.], [X.]eschluss vom 11. August 2016 - [X.] 562/16 -, juris, Rn. 12 ff.; [X.]randenburgisches [X.], [X.]eschluss vom 8. September 2016 - ([X.]) [X.] 343/16 (163/16) -, juris, Rn. 12 ff.; wohl auch [X.], [X.]eschluss vom 3. Januar 2019 - [X.] R[X.] 377/18 -, juris, Rn. 8; KG, [X.]eschluss vom 2. April 2019 - 3 Ws ([X.]) 97/19 -, juris, Rn. 5; [X.], [X.]eschluss vom 16. Juli 2019 - 1 Rb 10 Ss 291/19 -, juris, Rn. 28 m.w.N.; [X.] Stuttgart, [X.]eschluss vom 19. September 2019 - 1 Rb 28 Ss 300/19 -, juris, Rn. 4; [X.] Dresden, [X.]eschluss vom 11. Dezember 2019 - [X.] 23 Ss 709/19 -, [X.]eckRS 2019, 37019, beck-online, Rn. 7 ff.; wohl auch Hanseatisches [X.] in [X.], [X.]eschluss vom 3. April 2020 - 1 SsRs 50/19 -, juris, Rn. 20 ff.; [X.] Koblenz, [X.]eschluss vom 6. Juni 2020 - 2 OWi 6 SsRs 118/19 -, [X.] 2020, S. 412; ausdrücklich offengelassen [X.], [X.]eschluss vom 22. Juli 2015 - IV-2 R[X.] 63/15 -, juris, Rn. 19; [X.] Köln, [X.]eschluss vom 27. September 2019 - III-1 R[X.] 339/19 -, juris, Rn. 11; [X.], [X.]eschluss vom 5. Mai 2020 - 1 OWi 2 [X.] -, juris, Rn. 16; ablehnend [X.], [X.]eschluss vom 23. Juli 2018 - 2 Ss (OWi) 197/18 -, juris; Schleswig-Holsteinisches [X.], [X.]eschluss vom 5. Juni 2019 - [X.] 123/19 -, juris).

bb) In dem Verfahren des [X.]eschwerdeführers haben die Fachgerichte bereits verkannt, dass aus dem Recht auf ein faires Verfahren für den [X.]eschwerdeführer grundsätzlich ein Anspruch auf Zugang zu den nicht bei der [X.] befindlichen, aber bei der [X.]ußgeldbehörde vorhandenen Informationen folgt.

(1) Das [X.] hat das Anliegen des [X.]eschwerdeführers, Zugang zu solchen Informationen zum Zwecke der eigenständigen Überprüfung außerhalb des gerichtlich anhängigen Verfahrens zu erhalten, während des gesamten [X.]ußgeldverfahrens unberücksichtigt gelassen. Das Gericht hat insbesondere im Rahmen seines [X.]eschlusses nach § 62 OWiG, mit dem es den entsprechenden Antrag des [X.]eschwerdeführers als unzulässig verworfen hat, keine Entscheidung über dessen Ansinnen in der Sache getroffen. Der Verweis auf die richterliche Überprüfung des [X.]s im Rahmen der Hauptverhandlung geht erkennbar am [X.]egehren des [X.]eschwerdeführers, eine möglichst umfassende, eigenständige Überprüfung des [X.] vorzunehmen, vorbei.

Soweit sich das Gericht zu den von der Verteidigung erhobenen Einwänden in der Urteilsbegründung verhält, geschieht dies wiederum erkennbar nur unter dem Gesichtspunkt der richterlichen Amtsaufklärungspflicht. Es ging dem [X.]eschwerdeführer allerdings nicht um die Frage, ob sich das Gericht in der Hauptverhandlung durch die Verlesung des [X.] und des Messprotokolls sowie durch die Vernehmung des [X.] von der gefahrenen Geschwindigkeit und der Überschreitung der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit - unter [X.]erücksichtigung eines Toleranzabzuges - überzeugen konnte. Da die Verteidigung des [X.]eschwerdeführers im gesamten [X.]ußgeldverfahren keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorhandensein eines [X.] dargelegt hatte, hätte für das [X.] grundsätzlich kein Anlass bestanden, die [X.]eweisaufnahme auf die [X.]eiziehung weiterer Unterlagen und Daten oder auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erstrecken. Der [X.]eschwerdeführer wollte aber derartige Anhaltspunkte selbst ermitteln. Insofern standen nicht Aufklärungspflichten des Gerichts, sondern ein Zugangsrecht der Verteidigung zu weiteren Informationen in Rede.

(2) Auch das [X.] hat verkannt, dass das [X.]egehren des [X.]eschwerdeführers nicht darauf gerichtet war, durch die [X.]eiziehung von Unterlagen oder Daten die richterliche [X.]eweisaufnahme oder den Aktenumfang auszuweiten, sondern darauf, außerhalb der [X.]eweisaufnahme einen von der Amtsaufklärungspflicht des Gerichts unabhängigen Zugang zu den begehrten Informationen durch die [X.]ußgeldstelle zu erreichen.

Die Verteidiger des [X.]eschwerdeführers haben diesen Anspruch auf Zugänglichmachung weiterer Informationen auch frühzeitig vor der Hauptverhandlung gegenüber der [X.]ußgeldstelle und mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG geltend gemacht. Nach Ablehnung dieses [X.]egehrens noch im behördlichen Verfahren und anschließend durch das Fachgericht war der [X.]eschwerdeführer zwar gezwungen, sein [X.]egehren in der Hauptverhandlung erneut vorzubringen. Dem [X.]eschwerdeführer ging es aber erkennbar um [X.] im Verhältnis zur Verwaltungsbehörde und nicht um "Waffengleichheit" mit dem Gericht. [X.]ei verständiger Auslegung des mit dem Aussetzungsantrag verbundenen Vorbringens kam es ihm weiterhin ausschließlich auf die Zugänglichmachung zu den außerhalb der [X.] befindlichen Informationen durch die [X.]ußgeldstelle an. Die von [X.]eginn des [X.]ußgeldverfahrens an gestellten Anträge waren weder auf eine [X.]eiziehung und Erweiterung des [X.] durch das [X.] noch auf eine bestimmte [X.]eweiserhebung in der Hauptverhandlung gerichtet. Es ging der Verteidigung um die Möglichkeit einer eigenständigen Überprüfung des [X.] mittels der bei der [X.]ußgeldstelle vorhandenen Informationen. Hierbei handelte es sich nicht um [X.]eweis(ermittlungs)anträge. Das vom [X.]eschwerdeführer bereits im behördlichen [X.]ußgeldverfahren geltend gemachte und vor Gericht weiterverfolgte Informationsbegehren durfte deshalb auch nicht unter Heranziehung der für die gerichtliche [X.]eweisaufnahme nach § 77 OWiG geltenden Anforderungen unter Hinweis auf das Fehlen konkreter Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit des [X.] bewertet werden.

Dem [X.]eschwerdeführer kam es gerade darauf an, durch die eigenständige Überprüfung der begehrten Informationen derartige Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit des [X.] erst zu ermitteln, um diese dann - [X.] - vor Gericht darlegen und dessen Amtsaufklärungspflicht auslösen zu können. Die fehlende Differenzierung des [X.] zwischen [X.]eweis(ermittlungs)antrag und dem [X.]egehren auf Informationszugang lässt unberücksichtigt, dass die Verteidigungsinteressen des [X.]etroffenen nicht identisch mit der Aufklärungspflicht des Gerichtes in der Hauptverhandlung sind und deutlich weitergehen können (vgl. hierzu KG, [X.]eschluss vom 27. April 2018 - 3 Ws ([X.]) 133/18 -, juris, Rn. 4; [X.], [X.]eschluss vom 16. Juli 2019 - 1 Rb 10 Ss 291/19 -, juris, Rn. 28; [X.], [X.], S. 664 <670>; [X.], [X.], S. 441 <445>). Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass der Verweis auf die auch bei standardisierten Messverfahren vorhandenen prozessualen Möglichkeiten des [X.]etroffenen, weiterhin Einfluss auf Inhalt und Umfang der [X.]eweisaufnahme zu nehmen, entwertet wird.

c) Die Entscheidung des [X.] beruht hiernach auf einer Verkennung des Grundrechts des [X.]eschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Es ist auch nicht auszuschließen, dass bereits die Verurteilung des [X.]eschwerdeführers auf dem Verstoß des [X.] gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens beruht.

Da die angegriffenen Entscheidungen wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verfassungswidrig sind, kann offenbleiben, ob auch die weiteren Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte, auf die sich der [X.]eschwerdeführer berufen hat, verletzt sind (vgl. nur [X.] 42, 64 <78 f.>).

Es war danach festzustellen, dass das Urteil des [X.] vom 14. Dezember 2017 - 5 OWi 708 Js 110716/17 - und der [X.]eschluss des [X.] vom 19. Juni 2018 - 3 Ss OWi 672/18 - den [X.]eschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Die angegriffenen Entscheidungen sind aufzuheben und die Sache ist an das [X.] zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 [X.]).

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 [X.].

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 1616/18

12.11.2020

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 3. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BVerfG, 4. Oktober 2018, Az: 2 BvR 1616/18, Ablehnung einstweilige Anordnung

Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 46 Abs 1 OWiG, § 62 OWiG, § 77 Abs 1 S 1 OWiG, § 77 Abs 2 OWiG, § 147 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.11.2020, Az. 2 BvR 1616/18 (REWIS RS 2020, 3119)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3119


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 BvR 1616/18

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 1616/18, 12.11.2020.


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Vf. 61-VI-19 (VerfGH München)

Hauptverhandlung, Verfassungsbeschwerde, Verteidiger, Schuldspruch, Fahrverbot, Beweisantrag, Geschwindigkeitsmessung, Verletzung, Ablehnung, Berufung, Geschwindigkeit, Einspruch, Generalstaatsanwaltschaft, Rechtsbeschwerde, faires …


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