Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.05.2022, Az. X B 158/21

10. Senat | REWIS RS 2022, 4401

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Zeitpunkt des Eingangs eines über das beA übermittelten Schriftsatzes


Leitsatz

NV: Der von einem Rechtsanwalt über das besondere Anwaltspostfach (beA) gemäß § 52d, § 52a Abs. 1, 2 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO in elektronischer Form übermittelte Schriftsatz --vorliegend die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde-- geht dann bei Gericht ein, wenn er auf dem für das Gericht eingerichteten Server im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach gespeichert ist (vgl. § 52a Abs. 5 Satz 1 FGO; Anschluss an BGH-Entscheidung vom 11.05.2021 - VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201, Rz 18).

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 13.10.2021 - 2 K 195/21 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war für die Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde eine Fristverlängerung bis zum 10.02.2022 gewährt worden. Die auf jenen Tag datierte Beschwerdebegründung übermittelten die Prozessbevollmächtigten des [X.] als elektronisches Dokument über das besondere elektronische Anwaltspostfach [X.]). Der automatisiert erstellte Prüf- und Transfervermerk vom 11.02.2022 weist aus, dass das Dokument am 11.02.2022 um "00:00:12" (Stunden:Minuten:Sekunden) auf dem Server des [X.] ([X.]) eingegangen ist.

2

Die [X.] wies die Prozessbevollmächtigten des [X.] mit am 25.02.2022 zugestellten Schreiben vom 15.02.2022 auf den Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerdebegründung hin. Eine Stellungnahme hierzu blieb aus.

Entscheidungsgründe

II.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.

4

1. Der Kläger hat seine Beschwerde nicht innerhalb der von der Senatsvorsitzenden gemäß § 116 Abs. 3 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verlängerten Frist begründet. Die Begründung ging erst am 11.02.2022 und damit verfristet beim [X.] ein.

5

a) Die Prozessbevollmächtigten des [X.] waren als Rechtsanwälte nach § 121 Satz 1, § 52d Satz 1 FGO verpflichtet, die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde und somit einen vorbereitenden Schriftsatz im Sinne der Norm als elektronisches Dokument zu übersenden (vgl. zum zeitlichen Anwendungsbereich des § 52d FGO Art. 6 Nr. 4 i.V.m. Art. 26 Abs. 7 des [X.] mit den Gerichten vom 10.10.2013, [X.], 3786). Dieser Pflicht sind die Prozessbevollmächtigten nachgekommen, indem sie die Beschwerdebegründung als PDF-Dokument über das für den sachbearbeitenden Sozius, Rechtsanwalt X, eingerichtete beA (§ 31a der Bundesrechtsanwaltsordnung --BRAO--) an die elektronische Poststelle des [X.] übermittelt haben (§ 52a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO).

6

b) Die auf diese Weise übermittelte Beschwerdebegründung ist außerhalb der gesetzlichen Frist eingegangen.

7

aa) § 52a Abs. 5 Satz 1 FGO bestimmt, dass ein elektronisches Dokument eingegangen ist, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist.

8

Nach der zur insoweit gleichlautenden Vorschrift des § 130a Abs. 5 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) ergangenen Rechtsprechung des [X.] ([X.]) liegt ein Eingang vor, wenn das Dokument auf dem für das Gericht eingerichteten [X.] im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach gespeichert worden ist (Beschluss vom 11.05.2021 - VIII ZB 9/20, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2021, 2201, Rz 18). Unerheblich ist, ob und zu welchem Zeitpunkt das Dokument von dort aus an [X.] innerhalb des [X.] weitergeleitet oder von solchen Rechnern abgeholt bzw. ausgedruckt wird ([X.]-Entscheidungen in NJW 2021, 2201, Rz 18; vom 25.08.2020 - VI ZB 79/19, Neue Juristische [X.] Zivilrecht 2020, 1519, Rz 6 ff., sowie vom 14.05.2020 - X ZR 119/18, Monatsschrift für Deutsches Recht 2020, 1272, Rz 12; ebenso [X.]/[X.], ZPO, 34. Aufl., § 130a Rz 14).

9

Diese Grundsätze hält der erkennende Senat --gerade wegen des identischen [X.] auch für die Auslegung des § 52a Abs. 5 Satz 1 FGO für zutreffend (ebenso [X.] in Tipke/[X.], § 52a FGO Rz 14; gleiche Auffassung für Zwecke des ebenfalls wortlautidentischen § 55a Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung [X.], Verwaltungsrecht, § 55a VwGO Rz 94).

bb) Im Streitfall ist das von den Prozessbevollmächtigten des [X.] übermittelte elektronische Dokument ausweislich des [X.] erst am 11.02.2022 um 00 Uhr 00 und 12 Sekunden auf dem Server des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs des [X.] eingegangen und abgespeichert worden. Zweifel an der Richtigkeit der dort ausgewiesenen Uhrzeit bestehen für den Senat nicht.

2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO ist nicht zu gewähren. Trotz Hinweises der [X.] sowohl auf den verspäteten Eingang der Beschwerdebegründung als auch auf die Vorschrift des § 56 FGO hat der Kläger keinen Wiedereinsetzungsantrag gestellt. Der Senat sieht trotz der zeitlich nur minimalen Fristüberschreitung von 13 Sekunden auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Prozessbevollmächtigten des [X.] ohne --einem diesem zuzurechnenden-- Verschulden verhindert waren, die [X.] einzuhalten. Hierzu hätte der Kläger die konkreten Abläufe der Datenübermittlung im vorliegenden Einzelfall darlegen müssen.

3. Auf die vom Kläger vorgebrachten Revisionszulassungsgründe kommt es daher nicht mehr an.

4. Von einer weitergehenden Darstellung des Sachverhalts und einer Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

5. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Meta

X B 158/21

25.05.2022

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 13. Oktober 2021, Az: 2 K 195/21, Urteil

§ 52a Abs 2 S 1 FGO, § 52a Abs 4 S 1 Nr 2 FGO, § 52a Abs 5 S 1 FGO, § 52d S 1 FGO, § 56 FGO, § 116 Abs 3 S 4 FGO, § 130a Abs 5 S 1 ZPO, § 31a BRAO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.05.2022, Az. X B 158/21 (REWIS RS 2022, 4401)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4401 NJW 2022, 2872 REWIS RS 2022, 4401

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII B 188/22 (Bundesfinanzhof)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei elektronischer Übermittlung einer Rechtsmittelbegründungsschrift


XI B 101/22 (Bundesfinanzhof)

Steuerberater sind ab 01.01.2023 zur aktiven Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt) verpflichtet; Anforderungen an …


XI B 8/22 (Bundesfinanzhof)

Zu den Folgen einer unterlassenen elektronischen Übermittlung einer Beschwerdeschrift


VII ZR 94/21 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Anwaltliche Sorgfaltspflichten bei der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes im Wege …


XI R 39/22 (Bundesfinanzhof)

Zur Zulässigkeit einer im Jahr 2022 durch eine Steuerberatungsgesellschaft mbH per Telefax erhobenen Klage


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.