Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.10.2008, Az. XII ZR 62/07

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1664

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 1. Oktober 2008 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 1578 Abs. 1 Satz 1 a) Bei der Bemessung des [X.] eines geschiedenen Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) ist sowohl der Unterhaltsbedarf eines vom Unterhaltspflichtigen nachehelich adoptierten Kindes als auch der Unterhaltsbedarf seines neuen Ehegatten zu berücksichtigen (im [X.] an die [X.]surteile vom 6. Februar 2008 - [X.] - [X.], 968, 971 f. und vom 30. Juli 2008 - [X.]/06 - [X.], 1911). b) Der [X.] an der Familienwohnung setzt sich nach einem Verkauf des Grundstücks an den Zinsen aus dem Verkaufserlös und, bei Einsatz des Erlöses für den Erwerb eines neuen Grundstücks, an dem neuen [X.] fort. Kommt ein neuer [X.] nicht in Betracht, weil die Zinsbelastung der zusätzlich aufgenommenen Kredite den objektiven Wohnwert übersteigt, ist zu prüfen, ob eine Obliegenheit zur Vermögens-umschichtung besteht (im [X.] an die [X.]surteile vom 1. Dezember 2004 - [X.]/02 - FamRZ 2005, 1159, 1161 und vom 3. Mai 2001 - [X.] - FamRZ 2001, 1140, 1143). [X.], Urteil vom 1. Oktober 2008 - [X.]/07 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. Oktober 2008 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats - [X.] - des [X.] vom 11. April 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten entschieden wurde. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten noch um nachehelichen Unterhalt für die [X.] ab Dezember 2005. 1 Sie waren von Januar 1978 bis zur rechtskräftigen Ehescheidung im Juni 2004 verheiratet. Für den während der Ehe im Februar 1987 geborenen ge-meinsamen [X.] hat der Beklagte bis einschließlich Dezember 2005 Unterhalt gezahlt. 2 - 3 - Die Klägerin ist vollzeitig im öffentlichen Dienst berufstätig und erzielt ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen, das sich nach Abzug des [X.] auf 1.385 • und im Jahre 2006 auf 1.297 • belief und seit 2007 1.174 • beträgt. 3 4 Der Beklagte ist als Verwaltungsangestellter tätig und erzielt seit 2006 ein jährliches Bruttoeinkommen in Höhe von 49.582,94 •. Er hat am 28. [X.] erneut geheiratet und mit Beschluss vom (richtig) 1. Juli 2005 die am 8. Juni 1998 geborene Tochter seiner Ehefrau adoptiert. Die Ehefrau ist halbtags ebenfalls im öffentlichen Dienst tätig. Während ihrer Ehe wohnten die Parteien in einem Einfamilienhaus des Beklagten, das dieser nach der Trennung im Jahre 2004 veräußerte. Von dem Verkaufserlös blieben dem Beklagten nach Abzug der Verbindlichkeiten 97.000 •. Der Beklagte hat davon trennungsbedingte Kosten in Höhe von 3.000 •, Kosten des Scheidungsverfahrens in Höhe von gerundet 7.150 • sowie ein Restdarlehen in Höhe von gerundet 9.660 • beglichen. Den Restbetrag hat er überwiegend für den Bau eines Einfamilienhauses, das er mit seiner neuen Familie bewohnt, verwendet. Der Wohnwert dieses Hauses mit einer Wohnflä-che von 140 m² übersteigt die [X.] aus den zusätzlich aufgenom-menen Krediten nicht. 5 Die Klägerin erhielt als Zugewinnausgleich einen Betrag in Höhe von 53.000 •. Damit hat sie verschiedene Kosten getragen u.a. für den Kauf eines Pkw, Gerichtskosten, einen Eigenanteil an Zahnarztkosten, die Rückzahlung eines Darlehens sowie Zuwendungen und Schuldentilgung für ihre Kinder. Das Vermögen ist nach ihrem Vortrag bis auf einen Rest von 6.000 • verbraucht. 6 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-rin hat das [X.] den Beklagten verurteilt, an sie für die [X.] ab 7 - 4 - Dezember 2005 Unterhalt in gestaffelter Höhe, zuletzt ab Januar 2007 in Höhe von 237 • zu zahlen. Dagegen richtet sich die vom [X.] zugelas-sene Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 8 I. Das [X.], dessen Entscheidung in [X.], 1818 ver-öffentlicht ist, hat der Klage für die [X.] ab Dezember 2005 teilweise stattgege-ben. 9 Das unterhaltsrelevante Erwerbseinkommen des Beklagten sei nicht um einen Vorteil mietfreien Wohnens oder um fiktive Zinseinkünfte zu erhöhen. Zwar setzte sich der Vorteil des mietfreien Wohnens aus der Ehezeit über die Zinseinkünfte aus dem Veräußerungserlös auch an einer mit diesem Erlös neu erworbenen Immobilie fort. Dieser Nutzungsvorteil komme hier aber nicht zum Tragen, weil die Zinsbelastung durch die zusätzlich aufgenommenen Kredite die objektive Marktmiete überschreite. Ebenso seien auch dem Erwerbsein-kommen der Klägerin nur die tatsächlich vorhandenen Zinseinkünfte hinzuzure-chen. Weitere fiktive Zinseinkünfte seien auch bei ihr nicht zu berücksichtigen, 10 - 5 - weil sie den wesentlichen Teil des Zugewinns nicht unterhaltsrechtlich leichtfer-tig, mutwillig oder in Benachteiligungsabsicht verbraucht habe. 11 Vom Erwerbseinkommen des Beklagten sei der bis Dezember 2005 an den gemeinsamen [X.] gezahlte Kindesunterhalt abzusetzen. Unterhaltszah-lungen für die im Juli 2005 adoptierte Tochter seien hingegen nicht zu berück-sichtigen. Zwar habe der [X.] sich von seiner früheren Recht-sprechung, wonach die Rechtskraft der Ehescheidung eine zeitliche Zäsur für die Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensver-hältnissen bilde, inzwischen distanziert und auch nacheheliche Entwicklungen in die Unterhaltsberechnung einbezogen. Das Berufungsgericht folge allerdings weiterhin der früheren Rechtsprechung des [X.], weil es dessen neue Auffassung nicht teile. Der Adoption des Kindes seiner neuen Ehefrau fehle schon jeglicher [X.] zu der tatsächlichen Lebensgemeinschaft der Parteien. Verzichte man auf diese Anknüpfung, müssten auch sonstige nachehelich eingegangene Verbind-lichkeiten bei der Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnis-sen berücksichtigt werden. Zudem halte der [X.] auch bei [X.] daran fest, dass diese zumindest ihre Wurzeln in den ehelichen Lebensverhältnissen haben müssten. Die nacheheli-che Geburt eines Kindes sei zudem nicht mit einer Reduzierung des unterhalts-relevanten Einkommens vergleichbar, weil jeder Bezug zur früheren Ehe oder ein "Angelegtsein" fehle. Zwar sei der Begriff der ehelichen Lebensverhältnisse schon nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.] nicht sta-tisch i.S. eines starren [X.]s zu betrachten, weil auch gewöhnliche Einkommensänderungen oder ein Steuerklassenwechsel zu berücksichtigen seien. Auch dabei müsse aber stets ein Bezug zur Ehe bestehen, sei es auch nur als Folge der Trennung oder der Ehescheidung. Auch der Splittingvorteil sei 12 - 6 - deswegen einer neuen Ehe vorbehalten. Anderenfalls hätte der [X.] es in der Hand, den Bedarf eines geschiedenen Ehegatten zu beein-flussen. Hier habe die Klägerin schon deswegen nicht mehr mit weiteren unter-haltsberechtigten Kindern rechnen müssen, weil sich der Beklagte während der ersten Ehe habe sterilisieren lassen. Nach der Rechtsprechung des [X.] könne der Unterhaltspflichtige seiner geschiedenen Ehefrau auch nicht die Unterhaltsleistungen entgegenhalten, die er einem Stiefkind in seiner neuen Ehe erbringe. [X.] Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten in wesentlichen Punkten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 13 1. Die Bemessung des [X.] der Klägerin nach den eheli-chen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) entspricht nicht der - nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen - neueren Rechtsprechung des [X.]s. 14 a) Soweit das Berufungsgericht bei der Bemessung des unterhaltsrele-vanten Einkommens des Beklagten allerdings lediglich von dessen Erwerbsein-kommen ausgegangen ist und dem weder ein fiktives Zinseinkommen noch ei-nen [X.] hinzugerechnet hat, was die Revision als ihr günstig nicht an-greift. Dies ist - worauf es im Weiteren auch ankommt - aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. 15 - 7 - [X.]) Zwar ist der Vorteil mietfreien Wohnens als Gebrauchsvorteil i.S. des § 100 BGB grundsätzlich dem unterhaltsrelevanten Einkommen hinzuzurech-nen. Ist eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten, bemisst sich der Gebrauchsvorteil grundsätzlich nach der objekti-ven Marktmiete. Wenn - wie hier - nur ein früherer Ehegatte Eigentümer ist und wegen einer ehevertraglichen Vereinbarung oder nach Zustellung des [X.] ein weiterer Vermögenszuwachs nicht mehr ausgeglichen wird, können von dem [X.] lediglich die damit verbundenen [X.], nicht aber ein Tilgungsanteil abgesetzt werden ([X.]surteil vom 5. März 2008 - [X.] ZR 22/06 - [X.], 963, 964 ff.). 16 Wurde die frühere Ehewohnung veräußert, treten an die Stelle des [X.] die Vorteile, die der frühere Eigentümer in Form von Zinseinkünf-ten aus dem Erlös des Eigentums zieht oder ziehen könnte ([X.]surteil vom 1. Dezember 2004 - [X.]/02 - FamRZ 2005, 1159, 1161). Hier hat der [X.] die aus dem Verkauf seines früheren Einfamilienhauses erlangten 97.000 • allerdings in den Bau eines neuen Einfamilienhauses investiert und erzielt deswegen daraus keine Zinseinkünfte mehr. Zwar setzt sich der eheliche [X.] in solchen Fällen auch an dem daraus erwachsenen [X.] an dem neu erworbenen Eigentum fort. Weil die Zinsbelastung aus den zusätz-lich aufgenommenen Krediten für das neue Einfamilienhaus aber den objekti-ven [X.] des neuen Hauses übersteigt, verbleibt dem Beklagten daraus gegenwärtig kein Gebrauchsvorteil. 17 [X.]) Im Ergebnis ist es auch nicht zu beanstanden, dass das [X.] dem Beklagten keine fiktiven Zinsen zugerechnet hat. 18 Der Vorteil, der einem Ehegatten aus dem mietfreien Wohnen im [X.] zuwächst und der deshalb bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich 19 - 8 - relevanten Einkommens dieses Ehegatten zu berücksichtigen ist, bemisst sich grundsätzlich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Für die Ermittlung der dem Beklagten zufließenden Einkünfte ist deshalb grundsätzlich von dessen [X.], um seinen Zinsaufwand geminderten [X.] auszugehen. Zwar kann einen Ehegatten die Obliegenheit treffen, sein in einem Eigenheim gebun-denes Vermögen zur Erzielung höherer Erträge umzuschichten. Ob eine solche Obliegenheit zur Vermögensumschichtung besteht, bestimmt sich jedoch nach Zumutbarkeitsgesichtspunkten, wobei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, auch der beiderseitigen früheren wie jetzigen [X.], der Belange des Unterhaltsberechtigten und der des Unterhaltspflichtigen gegeneinander abzuwägen sind. Es kommt einerseits darauf an, ob der [X.] den Unterhalt dringend benötigt oder die Unterhaltslast den Unterhaltspflichtigen besonders hart trifft; andererseits muss dem Vermögens-inhaber ein gewisser Entscheidungsspielraum belassen werden. Die tatsächli-che Anlage des Vermögens muss sich als eindeutig unwirtschaftlich darstellen, ehe der betreffende Ehegatte auf eine andere Anlageform und daraus erzielba-re Beträge verwiesen werden kann ([X.]surteile vom 5. April 2000 - [X.] ZR 96/98 - [X.], 950, 951, vom 3. Mai 2001 - [X.] - FamRZ 2001, 1140, 1143, vom 1. Dezember 2004 - [X.]/02 - FamRZ 2005, 1159, 1162 und vom 23. November 2005 - [X.] ZR 51/03 - [X.], 387, 391; vgl. auch [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 [X.]. 429 ff.). Hier hat der Beklagte den nach Abzug eines Restdarlehens, der Kosten des Scheidungsverfahrens und weiterer trennungsbedingter Kosten noch ver-bliebenen Verkaufserlös für den Erwerb des neuen Einfamilienhauses [X.], dessen [X.] durch die hohe weitere Zinsbelastung neutralisiert wird. Dabei hat der Beklagte nur einen sehr geringen Anteil der Kosten für den Erwerb des Einfamilienhauses aufgebracht. Denn nach den Feststellungen des 20 - 9 - [X.]s musste der Beklagte zur Finanzierung weitere Darlehen mit einer Gesamtsumme von 250.000 • aufnehmen. Bei der Billigkeitsabwägung konnte andererseits nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch die Parteien [X.] ihrer Ehezeit in dem Einfamilienhaus des Beklagten lebten und durch des-sen Wertentwicklung ein nicht unerheblicher Zugewinn entstanden ist. [X.] ist allerdings, dass auch die Klägerin die im Zugewinnausgleich er-haltenen 53.000 • überwiegend nachehelich verbraucht und das Oberlandesge-richt ihr deswegen lediglich Zinseinkünfte aus den noch vorhandenen 6.000 • zugerechnet hat. Unter Berücksichtigung aller Umstände und des Entschei-dungsspielraums des Beklagten als Vermögensinhaber ist es deswegen aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, wenn das [X.] dem Beklagten keine fiktiven Vermögenseinkünfte zugerechnet hat. b) Soweit das Berufungsgericht bei der Ermittlung des [X.] der Klägerin die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber seiner nachehelich adoptierten Tochter unberücksichtigt gelassen hat, hält dies den Angriffen der Revision allerdings nicht stand. 21 [X.]) Bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den eheli-chen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) sind spätere [X.] des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind, ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt oder ob die Veränderung auf Seiten des [X.]n oder des Unterhaltsberechtigten eingetreten ist. Die Berücksichti-gung einer nachehelichen Verringerung des verfügbaren Einkommens findet ihre Grenze erst in der nachehelichen Solidarität. Nur bei unterhaltsbezogen schuldhaftem Verhalten ist deswegen von einem fiktiven Einkommen auszuge-hen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn ein Unterhaltsschuldner Kinder aus einer neuen Beziehung bekommt. Daher ist in solchen Fällen von 22 - 10 - den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen und auch die neue Unterhalts-pflicht bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts zu berücksichtigen ([X.]surteil vom 6. Februar 2008 - [X.] - [X.], 968, 971 f.). 23 An dieser - nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen - [X.] hält der [X.] auch unter Berücksichtigung der vom Berufungsgericht und in der Literatur geäußerten Bedenken [X.] Anm. zu dem [X.]sur-teil vom 6. Februar 2008 - [X.] - [X.], 975 ff.) fest. Ein Bezug des nachehelichen Rückgangs der Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu den Lebensverhältnissen der früheren Ehe ist nicht erforderlich. Eine Be-grenzung ergibt sich lediglich durch die nacheheliche Solidarität der früheren Ehegatten, was ein unterhaltsrechtlich schuldhaftes Verhalten ausschließt. So-weit der Rückgang des verfügbaren Einkommens auf höhere Belastungen zu-rückzuführen ist, entsprach dies entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts schon der früheren Rechtsprechung des [X.]s. Waren solche nachehe-lich eingegangenen Verbindlichkeiten nicht in unterhaltsrechtlich [X.]r Weise herbeigeführt, sondern z.B. auf Krankheits- oder Unfallkosten zurückzu-führen, wurden sie auch berücksichtigt. Schließlich weist das Berufungsgericht selbst zutreffend darauf hin, dass auch in der früheren Rechtsprechung das [X.] nicht grenzenlos durchgehalten wurde. Gewöhnliche Einkom-mensänderungen oder der Wegfall von Belastungen, wie z.B. des [X.], wurden stets bei der Bemessung des [X.] nach den eheli-chen Lebensverhältnissen berücksichtigt. Soweit das Berufungsgericht darauf hinweist, dass es der Unterhaltspflichtige damit in der Hand habe, den Bedarf eines geschiedenen Ehegatten zu beeinflussen, überzeugt dieses Argument nicht, weil solches auch dann der Fall wäre, wenn mit der früheren [X.] auf die Rechtskraft der Ehescheidung als Stichtag abgestellt würde. Auch dann konnte der unterhaltspflichtige Ehegatte nach der Trennung und vor der Rechtskraft der Scheidung einem weiteren Kind unterhaltspflichtig werden - 11 - (vgl. [X.]surteil vom 25. November 1998 - [X.] ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.). Schließlich schließt die mit einer weiteren Unterhaltspflicht entstandene eigene Belastung des Unterhaltspflichtigen einen finanziellen Vorteil aus. Die Rechtsprechung des [X.]s stellt vielmehr darauf ab, dass der durch die [X.] Unterhaltspflicht entstandene finanzielle Nachteil aus Gründen der [X.] nicht allein dem Unterhaltspflichtigen verbleibt. [X.]) Danach ist bei der Bemessung des [X.] der Klägerin auch die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber seiner nachehelich adop-tierten Tochter zu berücksichtigen. 24 [X.] in die Fortgeltung der früheren Verhältnisse ist nach der Rechtsprechung des [X.]s, die eine [X.] ablehnt und allein auf die zusätzlich entstandene - unterhaltsrecht-lich nicht [X.] - Verpflichtung abstellt, nicht geschützt. Deswegen kann auch die nacheheliche Adoption eines minderjährigen Kindes kein unterhalts-rechtlich [X.]s Verhalten begründen; sie zieht im Interesse des [X.] lediglich die Konsequenzen aus den schon entstandenen persönlichen Verhältnissen. Denn § 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt für die Annahme eines minderjährigen Kindes voraus, dass sie dem Wohl des Kindes dient und zu er-warten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein El-tern-Kind-Verhältnis entsteht. Schon diese Voraussetzung und das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Entscheidung nach § 1752 BGB schließen es aus, dass die Adoption allein mit dem Ziel ausgesprochen wird, die [X.] eines geschiedenen Ehegatten zu kürzen. Deswegen [X.] sich die Annahme eines minderjährigen Kindes aus unterhaltsrechtli-cher Sicht nicht von der Zeugung eines Kindes in einer neuen [X.]. 25 - 12 - Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts liegt darin auch kein Widerspruch zur Rechtsprechung des [X.]s, wonach Unterhaltsleis-tungen an ein Stiefkind in einer neuen Ehe unberücksichtigt bleiben. Denn wenn der Unterhaltspflichtige das Kind seines Ehegatten nicht adoptiert, ent-stehen zwischen ihm und dem Kind auch keine familiären Beziehungen, insbe-sondere keine Unterhaltspflicht. Die Unterhaltsleistungen erfolgen in solchen Fällen allein auf freiwilliger Basis, was nach ständiger Rechtsprechung des Se-nats unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigt werden kann (vgl. [X.]surteil vom 11. Mai 2005 - [X.] ZR 211/02 - FamRZ 2005, 1817, 1820). 26 c) Von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent hat das Berufungsge-richt auch die Unterhaltslast des Beklagten für seine neue Ehefrau unberück-sichtigt gelassen. Auch das widerspricht der neueren Rechtsprechung des Se-nats. 27 Wenn der Unterhaltsschuldner eine neue Ehe eingeht, kann die neu hin-zugekommene Unterhaltspflicht bei der Bemessung des [X.] ei-nes früheren Ehegatten nicht unberücksichtigt bleiben. Denn das würde dazu führen, dass der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten das dem Unterhaltspflichtigen nach Abzug seiner weiteren Unterhaltspflicht für den eige-nen Unterhalt verbleibende Einkommen übersteigt, was nur im Rahmen des Selbstbehalts korrigiert werden könnte. Eine weitere Unterhaltspflicht, die den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen unberührt lässt, [X.] deswegen zwangsläufig gegen den [X.] verstoßen. 28 Weil die neue Heirat des Beklagten unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbar ist, muss auch die dadurch ausgelöste Unterhaltspflicht bei der Bemessung des [X.] der Klägerin berücksichtigt werden. Dabei kommt es nach der neueren Rechtsprechung nicht darauf an, ob die hinzugetretene [X.] - 13 - pflicht für einen neuen Ehegatten gegenüber dem Unterhaltsanspruch des ge-schiedenen Ehegatten vor-, gleich- oder nachrangig ist. Denn der Rang des Unterhaltsanspruchs wirkt sich erst über die Leistungsfähigkeit im Mangelfall aus ([X.]surteil vom 30. Juli 2008 - [X.]/06 - [X.], 1911, 1913 ff.). 30 Danach wird das Berufungsgericht auf der Grundlage des Vortrags der Parteien auch einen eventuellen Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau des Beklagten feststellen und im Wege der Dreiteilung bei der [X.] der Klägerin berücksichtigen müssen. d) Auch soweit das Berufungsgericht den Unterhaltsbedarf der Klägerin auf der Grundlage des Erwerbseinkommens des Beklagten ohne den [X.] aus dessen neuer Ehe bemessen hat, hält dies der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. 31 Zwar hatte der [X.] im [X.] an die Rechtsprechung des Bundes-verfassungsgerichts in der Vergangenheit entschieden, dass der Splittingvorteil einer neuen Ehe verbleiben müsse und der Unterhaltsanspruch des geschiede-nen Ehegatten deswegen auf der Grundlage eines fiktiv zu ermittelnden [X.] ohne den Splittingvorteil zu bemessen sei ([X.]surteil [X.] 163, 84, 90 f. = FamRZ 2005, 1817, 1819). Diese Rechtsprechung hat der [X.] allerdings - nach Erlass des angefochtenen Urteils - unter Hinweis auf seine neuere Rechtsprechung zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen für Fälle konkurrierender Unterhaltsansprüche eines geschiedenen und eines neu-en Ehegatten fortentwickelt. Wenn der Bedarf des neuen Ehegatten als weitere Unterhaltspflicht auch den fortgeschriebenen Bedarf des geschiedenen Ehegat-ten beeinflusst, was im Wege der Dreiteilung zu bemessen ist, führt die neue Ehe stets zu einer Kürzung der Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegat-32 - 14 - ten. Dann ist es ausreichend, den Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegat-ten im Wege einer Kontrollberechnung auf die Höhe zu begrenzen, die [X.], wenn weder die neue Ehefrau noch der durch diese Ehe entstandene Split-tingvorteil vorhanden wäre ([X.]surteil vom 30. Juli 2008 - [X.]/06 - [X.], 1911, 1916 f.). 33 Das Berufungsgericht wird das unterhaltsrelevante Einkommen des [X.]n deswegen auf der Grundlage der tatsächlichen steuerlichen [X.] feststellen müssen. Weil die Klägerin vollschichtig arbeitet und lediglich [X.] begehrt, die neue Ehefrau des Beklagten aber lediglich halbtags berufstätig ist, dürfte die neue Rechtsprechung des [X.]s zu einer Kürzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin führen, was die Kontrollberech-nung hier erübrigt. e) Auch das eigene Einkommen der Klägerin hat das Berufungsgericht nicht vollständig rechtsbedenkenfrei festgestellt. Zwar ist es aus revisionsrecht-licher Sicht im Ansatz nicht zu beanstanden, wenn es von den tatsächlich [X.] und den vorhandenen Zinseinkünften ausgegan-gen ist ([X.]surteil vom 11. April 1990 - [X.] ZR 42/89 - FamRZ 1990, 989, 991). Es hätte aber im Hinblick auf das ursprünglich vorhandene Vermögen aus dem Zugewinnausgleich nicht lediglich pauschal, sondern individuell prüfen müssen, ob alle im Berufungsverfahren vorgetragenen Ausgaben aus unter-haltsrechtlicher Sicht hinzunehmen sind. Anderenfalls hätte es der Klägerin we-gen eines weiteren [X.] des erhaltenen Zugewinnausgleichs fiktive [X.] zurechnen müssen. 34 Nach der neueren Rechtsprechung des [X.]s ist von den tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen während des [X.] auszugehen. Eine Grenze dafür bildet auch für den Unterhaltsberechtigten [X.] - 15 - diglich ein unterhaltsrechtlich [X.]s Verhalten ([X.]surteil vom 6. Februar 2008 - [X.] - [X.], 968, 972). Ob ein solches [X.] vorliegt, wird das [X.] hinsichtlich aller behaupteten [X.] prüfen müssen. Soweit die Revision diesbezüglich schon einen [X.] im Vortrag der Klägerin erkennt, lässt dieser sich allerdings damit erklä-ren, dass erstinstanzlich (noch 23.000 • vorhanden) nur Ausgaben bis Juli 2006 berücksichtigt werden konnten, während der zweitinstanzliche Vortrag (noch 6.000 • vorhanden) weitere Ausgaben in der Folgezeit in Höhe von insgesamt 12.652,48 • erfasst. Schließlich liegt dem zweitinstanzlichen Vortrag die Rechtsauffassung zugrunde, dass auch kleinere Ausgaben aus diesem Vermö-gen beglichen werden durften. Im Rahmen der gebotenen Billigkeitsprüfung wird das [X.] aber auch auf die Gesamtumstände abzustellen haben und ist nicht gehindert, den Umstand mit einzubeziehen, dass auch der Beklagte aus seinem [X.] gegenwärtig keine Erträge erzielt und sich der wechselseitige Fortfall der Vermögensgewinne jedenfalls nicht zugunsten der Klägerin auswirkt. 36 2. Sollte der Beklagte auf der Grundlage der Rechtsprechung des [X.]s zur Dreiteilung aller vorhandenen Einkünfte mit der Grenze einer Halbteilung des Einkommens der Parteien ohne Berücksichtigung des Splittingvorteils nicht alle Unterhaltsansprüche befriedigen können, wird das Berufungsgericht zu-sätzlich den Rang der Unterhaltsansprüche der Klägerin und der neuen Ehefrau des Beklagten berücksichtigen müssen. 37 Für die Unterhaltsansprüche bis Ende 2007, auf die noch das frühere Unterhaltsrecht anwendbar ist (§ 36 Nr. 7 EGZPO), dürfte deswegen nach § 1582 Abs. 1 BGB a.F. von einem Vorrang der Unterhaltsansprüche der Kläge-rin auszugehen sein. Für die [X.] ab Januar 2008 wird das Berufungsgericht zu 38 - 16 - prüfen haben, ob der Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau im Hinblick auf das Alter der am 8. Juni 1998 geborenen Tochter noch als Betreuungsunterhalt in den zweiten Rang nach § 1609 Nr. 2 BGB fällt und ob für die Klägerin ehe-bedingte Nachteile entstanden sind, die ebenfalls für einen Rang ihres An-spruchs auf Aufstockungsunterhalt nach § 1609 Nr. 2 BGB sprechen könnten ([X.]surteil vom 30. Juli 2008 - [X.]/06 - [X.], 1911, 1917 f.). 3. Das Berufungsurteil ist deswegen aufzuheben. Der [X.] kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht keine Fest-stellungen zum unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen des Beklagten unter [X.] des Splittingvorteils und - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - auch nicht zum konkurrierenden Unterhaltsanspruch der zweiten Ehefrau des Beklagten getroffen hat. Die Zurückverweisung gibt den Parteien Gelegenheit, insoweit mit Blick auf den Unterhaltsbedarf der Klägerin und den Rang der [X.] ergänzend vorzutragen. 39 Hahne [X.] [X.] Vézina Dose Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.09.2006 - 20 F 25/06 - [X.], Entscheidung vom 11.04.2007 - 15 UF 221/06 -

Meta

XII ZR 62/07

01.10.2008

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.10.2008, Az. XII ZR 62/07 (REWIS RS 2008, 1664)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1664

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