Bundesverfassungsgericht, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren vom 20.08.2012, Az. 1 BvR 2780/10

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2012, 3841

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Anordnung der Auslagenerstattung nach Erledigung und Rücknahme der Verfassungsbeschwerde - Wegfall der Beschwer wg Versagung von Verfahrenskostenhilfe für Vaterschaftsfeststellung nach Änderung der Rechtsansicht des Fachgerichts - Gegenstandswertfestsetzung auf 8000 Euro


Tenor

Das [X.] hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen die Zurückweisung eines [X.]es für ein [X.].

2

1. Der Beschwerdeführer geht davon aus, der biologische Vater einer Tochter zu sein. Nachdem die Kindesmutter die Beziehung beendet und seinen Wunsch nach Umgang mit dem Kind zurückgewiesen hatte, beantragte er die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für ein [X.]. Der aus [X.] geflohene Beschwerdeführer verwendete gegenüber den [X.] Behörden und dem Amtsgericht zunächst den Namen "[X.]". Vor der Entscheidung über den [X.] korrigierte der Beschwerdeführer seine Identitätsangaben und teilte mit, er heiße tatsächlich [X.] Das [X.] lehnte den [X.] ab, weil die Identität des Beschwerdeführers nicht bekannt sei. Das [X.]bestätigte diese Entscheidung.

3

2. Gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe erhob der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde, mit der er eine Verletzung des Justizgewährungsanspruchs aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, seines Elternrechts aus [ref=5389f5b0-ef15-445c-b097-1259053f44f1]Art. 6 Abs. 2 [X.]], der Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie des Willkürverbotes und des Art. 1 GG rügte. Er beantragte zugleich, ihm Prozesskostenhilfe für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu bewilligen.

4

3. Nachdem die Kindesmutter mit dem Kind umgezogen war, beantragte der Beschwerdeführer beim nunmehr zuständigen [X.] erneut die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für ein [X.]. Er blieb vor dem [X.]erfolglos. Auf seine Beschwerde hin, bei der er auch die [X.] vorlegte, bewilligte derselbe Senat des [X.] nunmehr Verfahrenskostenhilfe. Die Voraussetzungen des § 1600d BGB für eine Vaterschaftsfeststellung seien dargelegt. Die verbleibenden Zweifel an der Richtigkeit der Angaben zur Person rechtfertigten es nicht, dem Beschwerdeführer den Zugang zum Gericht zu verweigern.

5

4. Im Hinblick auf diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde für erledigt erklärt und beantragt, dem [X.] die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, den Gegenstandswert festzusetzen sowie über seinen Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden.

6

5. Das [X.] hat auf eine Stellungnahme verzichtet.

7

1. Dem Beschwerdeführer sind seine notwendigen Auslagen im vollen Umfang zu erstatten.

8

Über die Erstattung der Auslagen ist, nachdem der Beschwerdeführer seine Verfassungsbeschwerde für erledigt erklärt hat, nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden (§ 34a Abs. 3 [X.]). Dabei kann insbesondere dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, wesentliche Bedeutung zukommen. Beseitigt die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt oder hilft sie der Beschwer auf andere Weise ab, so kann, falls keine anderweitigen Gründe ersichtlich sind, davon ausgegangen werden, dass sie das Begehren des Beschwerdeführers selbst für berechtigt erachtet hat. In diesem Fall ist es billig, die öffentliche Hand ohne weitere Prüfung an ihrer Auffassung festzuhalten und dem Beschwerdeführer die Erstattung seiner Auslagen in gleicher Weise zuzubilligen, wie wenn seiner Verfassungsbeschwerde stattgegeben worden wäre (vgl. [X.] 85, 109 <114 f.>).

9

Nach diesen Grundsätzen erscheint es im vorliegenden Fall gerechtfertigt, die Auslagenerstattung anzuordnen. Das [X.]hat dem Beschwerdeführer in einem neuen, gleichgerichteten Verfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt und es ihm so ermöglicht, das auch hier angestrebte [X.] wie begehrt mit anwaltlicher Unterstützung zu betreiben. Es ist nicht ersichtlich, dass im Zeitraum zwischen der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Ablehnung des ersten [X.]s und der jetzt erfolgten Bewilligung im Hinblick auf den Namen des Beschwerdeführers größere Klarheit erreicht worden wäre oder sich die tatsächlichen oder rechtlichen Umstände sonst wesentlich verändert hätten. Vielmehr ergibt sich aus den jeweiligen Beschlussgründen, dass der unverändert zuständige Senat des [X.] seine Ansicht dazu geändert hat, inwiefern sich die Korrektur der Identitätsangaben auf das [X.] auswirkt. Hieran kann das [X.]ohne weitere Prüfung festgehalten und die Auslagenerstattung dem Beschwerdeführer in gleicher Weise zugebilligt werden, wie wenn der Verfassungsbeschwerde stattgegeben worden wäre.

2. Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit [ref=897cf19e-54a8-49bb-815d-7295e8794202]§ 14 Abs. 1 RVG[/ref] (vgl. auch [X.] 79, 365 <366 ff.>).

3. Mit der Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen erledigt sich der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (vgl. [X.] 71, 122 <136 f.>).

Meta

1 BvR 2780/10

20.08.2012

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 28. September 2010, Az: 11 WF 212/10, Beschluss

§ 34a Abs 3 BVerfGG, § 1600d BGB, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren vom 20.08.2012, Az. 1 BvR 2780/10 (REWIS RS 2012, 3841)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3841

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