Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2002, Az. III ZR 212/01

III. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 5124

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:10. Januar 2002F r e i t a gJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]:[X.]:ja VwVfG § 28 Abs. 1 Nr. 4; VwVfG § 45 Abs. 3; VwVfG § 20 Abs. 1 Nr. 5a)Zur Frage der Rechtswidrigkeit des [X.] von einer Anhörung vordem Erlaß eines Umlegungsbeschlusses, durch den einzelne [X.] besonders (nachteilig) betroffen werden.b)Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumungder Frist für die Anfechtung eines Verwaltungsakts (hier: [X.]), wenn die erforderliche Anhörung vor dem Erlaß des [X.] unterblieben ist (Anschluß an [X.] Beschluß vom31. Juli 2001 - 1 BvR 1061/00 - DVBl. 2001, 1747; gegen [X.] 144,210).- 2 -c)Der [X.] des § 20 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG betrifft das [X.] einer am Verwaltungsverfahren beteiligten juristi-schen Person (hier: [X.]) auch dann, wenn [X.] 100 % der das Verwaltungsverfahren betreibenden Krperschaft(hier: Gemeinde als [X.]) [X.].[X.], U[X.]eil vom 10. Januar 2002 - [X.]/01 -OLG [X.] [X.]3 -Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mliche [X.] 10. Januar 2002 durch [X.] [X.] und die [X.]. [X.], [X.], [X.] und [X.]fr Recht erkannt:Die Revision des Beteiligten zu 3 gegen das U[X.]eil des Senats frBaulandsachen des Oberlandesgerichts [X.] vom 21. [X.] wird zurckgewiesen.Der Beteiligte zu 3 hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zutragen.Von Rechts [X.] der [X.] (Beteiligter zu 3) [X.] am9. September 1997 die Einleitung der Umlegung fr das im Westen an die C.angrenzende Gebiet "K. 25", in dem auch das den Beteiligten zu 1 und 2 geh-rende [X.] 468 der Gemarkung [X.]. ([X.] 35) liegt. Der [X.] wurde am 12. September 1997 im Amtsblatt der [X.] bekanntgemacht.- 4 -Im Anschluû an einen [X.]riftwechsel, wegen dessen Inhalt auf den [X.] des ersten Revisionsu[X.]eils des Senats vom 13. April 2000 ([X.]/99 - [X.] 144, 210) verwiesen wird, legten die Beteiligten zu 1 und 2 am9. Dezember 1997 Widerspruch gegen den [X.] vom 9. Sep-tember 1997 ein und beantragten vorsorglich die Wiedereinsetzung in den [X.] Stand gegen die Versmung der Widerspruchsfrist. Zur [X.] sie unter anderem geltend, sitten erst am 4. Dezember 1997 te-lefonisch erfahren, [X.] der Umlegungsausschuû sicr die von ihnen ge-ûe[X.]en Bedenken hinwegsetzen wolle. Das Regierungsprsidium wies [X.] der Beteiligten zu 1 und 2 als unzulssig (verfristet) zurck.Den hiergegen gerichteten Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 auf gericht-liche Entscheidung hat das [X.] ([X.]) [X.]. Auf die Berufung der Beteiligten zu 1 und 2 hat das Oberlandesge-richt (Senat fr Baulandsachen) unter [X.] in [X.] Stand den [X.] aufgehoben. Mit der hiergegen ge-richteten Revision erstrebt der Beteiligte zu 3 die Wiederherstellung des U[X.]eilsder [X.]. Das erste Revisionsu[X.]eil des Senats [X.] April 2000, das dem Revisionsantrag des Beteiligten zu 3 entsprach (abge-druckt in [X.] 144, 210), ist durch [X.] der [X.] des [X.] des [X.] vom 31. Juli 2001 (DVBl. 2001, 1747)aufgehoben [X.] 5 -EntscheidungsgrDie Revision ist [X.].[X.] Recht hat das Berufungsgericht den Widerspruch der Beteiligten zu 1und 2 gegen den [X.] vom 9. September 1997 als zulssigbehandelt.1.Allerdings haben - wie im ersten Revisionsu[X.]eil im einzelnen ausge[X.]wird - die Beteiligten zu 1 und 2 die Frist fr einen Widerspruch gegen den[X.] [X.] die Entscheidung des Berufungsgerichts, den Beteiligtenzu 1 und 2 wegen der Versmung der Frist zur Einlegung des [X.] in den vorigen Stand zu gewren, der rechtlichen Nach-prfung stand. Es hat zutreffend angenommen, [X.] den Beteiligten zu 1 und 2die Vorschrift des § 45 Abs. 3 VwVfG zugute kommt.a) Nach dieser Bestimmung, die auch auf die Wiedereinsetzung fr [X.] gemû § 70 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 60 Abs. 1 bis 4 VwGO [X.] ist, gilt unter anderem dann, wenn die erforderliche Arung einesBeteiligten vor [X.] eines Verwaltungsaktes unterblieben und dadurch die- 6 -rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versmt worden ist, die [X.] als nicht verschuldet (Satz 1); das fr die Wiedereinsetzungsfrist("nach § 32 Abs. 2") maûgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholungder unterlassenen Verfahrenshandlung ein (Satz 2).b) Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht hier einen solchen An-rungsmangel an. Zwar sieht § 28 Abs. 2 Nr. 4 des in [X.] gemû § 1[X.]sVwVfG geltenden Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) vor, [X.](u.a.) vor dem [X.] einer [X.], als die sich der [X.] darstellt ([X.], Baulandumlegung 4. Aufl. Rn. 126), vonder Arung abgesehen werden kann, wenn sie nach den [X.] nicht geboten ist. Bei der betreffenden Beu[X.]eilung ist jedoch einstrenger Maûstab anzulegen ([X.]/Kallerhoff, in: [X.]/[X.]/[X.] Aufl. § 28 Rn. 47 m.w.N.). Im rigen ergibt sich fr die gegebenenfalls [X.] erffnete Ermessensentscheidung das Erfordernis, [X.] [X.] fr und der gegen die Arung sprechenden [X.] Bercksichtigung des Verltnismûigkeitsprinzips erfolgen [X.] ([X.]/Kallerhoff aaO). Im Streitfall stellt das Berufungsgericht bereits einen "Ermes-sensausfall" des [X.] in bezug auf eine vorherige Anh-rung der Beteiligten zu 1 und 2 fest, ohne [X.] die Revision des Beteiligten zu [X.] angreift. [X.] hinaus [X.] das Berufungsgericht besondere(gewichtige) Umst, die im Streitfall einer Beu[X.]eilung, die vorherige An-rung der Beteiligten zu 1 und 2 sei nicht geboten, gerade entgegenstanden:Danach lag es fr den Umlegungsausschuû auf der Hand, [X.] die Beteiligtenzu 1 und 2 besonders (nachteilig) von der angestrebten Umlegung betroffensein wrden, weil beabsichtigt war, ihr Grundstck im Rahmen des Umle-gungsverfahrens mit einer Abstandsflchenbaulast zu belasten, um auf diese- 7 -Weise das benachba[X.]e Bauvorhaben der Beteiligten zu 4 voranzubringen [X.] rechtlich abzusichern. Die Revision des Beteiligten zu 3 [X.] zwar, die Fest-stellungen des Berufungsgerichts, aus denen sich - von vornherein - die be-sondere "Betroffenheit" der Beteiligten zu 1und 2 durch das beabsichtigte Um-legungsverfahren ergab, beruhten auf Rechts- und Verfahrensfehlern, sie [X.] aber in diesem Zusammenhang durchgreifende Ml nicht aufzuzeigen.c) Dem Berufungsgericht ist weiter darin beizupflichten, [X.] sich [X.] dieses Arungsmangels ergibt, [X.] die Versmung der Wider-spruchsfrist durch die Beteiligten zu 1 und 2 nach § 45 Abs. 3 Satz 1 VwVfGals nicht verschuldet gilt.aa) Der Arungsmangel war, wie schon im ersten Revisionsu[X.]eil desSenats ausge[X.] worden ist, (mit)urschlich dafr, [X.] die Beteiligten zu 1und 2 den - durch o[X.]sliche Bekanntmachung wirksam gewordenen - Umle-gungsbeschluû nicht fristgerecht (§§ 41 Abs. 4 Satz 3 VwVfG, 70 Abs. 1 Satz 1VwGO) mit einem Widerspruch angefochten haben.bb) Der Senat hat zwar in seinem ersten Revisionsu[X.]eil angenommen,die Vorschrift des § 45 Abs. 3 VwVfG greife nur so lange ein, als ein Ursachen-zusammenhang zwischen dem Arungsmangel und dem (weiteren) Unter-bleiben der Anfechtung gegeben sei; wer - wie hier die Beteiligten zu 1 und 2 -mit einem Wiedereinsetzungsgesuch wegen der Versmung der [X.] ffentlich bekannt gemachten Umlegungsbeschlusses anfre, im Falleeiner vorherigen Arung wre ihm der [X.] des Umlegungsbeschlussesnicht entgangen und er tte ihn rechtzeitig angefochten, kvon dem Zeit-punkt an nicht mehr als an einer Nachholung der Anfechtung "gehinde[X.]" ange-- 8 -sehen werden, zu dem ihm der [X.] und dessen wesentlicheZielsetzung [X.] bekannt gegeben worden sei ([X.] 144, 210 = LMVwVfG Nr. 18 m. Anm. [X.] = JR 2001, 366 m. Anm. [X.] = [X.], 599 m. Anm. [X.]). Das B[X.]verfassungsgericht hat jedoch auf [X.] der Beteiligten zu 1 und 2 ausgesprochen, [X.] einesolche Auslegung mit dem Wo[X.]laut von § 45 Abs. 3 Satz 2 VwVfG nicht ver-einbar sei und gegen A[X.]. 19 Abs. 4 GG verstoûe ([X.] vom 31. Juli 2001- 1 BvR 1061/00 - DVBl. 2001, 1747). Daran ist der Senat gebunden.[X.] die vom Berufungsgericht getroffene Sachentscheidung ist nicht zubeanstanden. Es hat den [X.] vom 9. September 1997 [X.] aufgehoben, denn der [X.] ist rechtswidrig und verletzt die [X.] in ihrem Eigentum.1.Auf die vom Berufungsgericht ûe[X.]en - jedoch nicht abschlieûen-den - materiellrechtlichen Bedenken gegen den [X.] unter [X.], [X.] die Baulandumlegung nach den §§ 45 ff BauGB als eineverfassungsrechtlich zulssige Inhalts- und [X.]rankenbestimmung des Eigen-tums (A[X.]. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) auf die Neuordnung der Eigentumsverltnissein dem betroffenen Gebiet - im Sinne eines Ausgleichs der insoweit gleichge-richteten privaten Interessen, nicht im Sinne der einseitigen Durchsetzung ei-nes "Fremdinteresses" - abzielen [X.] (vgl. [X.] ZfIR 2001, 756; Senat[X.] 113, 139, 143), kommt es nicht [X.] 9 -2.Wie das Berufungsgericht zutreffend aus[X.], leidet der Umlegungsbe-schluû mlich schon an dem formellen Fehler, [X.] an ihm eine gemû § 20Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Halbs. 1 VwVfG ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,wobei die konkrete Mlichkeit besteht, [X.] ohne diesen [X.] Entscheidung anders ausgefallen wre (vgl. § 46 VwVfG; BVerwGE 69,256, 269 f).a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der am Umle-gungsbeschluû mitwirkende Vorsitzende des [X.] - ein Bei-geordneter der [X.] - seinerzeit auch Vorsitzender des Aufsichtsrats derGrundstcks- und Gwi[X.]schaftsgesellschaft mbH ([X.]; Alleinge-sellschafterin: die [X.]), einer (damaligen) Eigentmerin von Grundbesitz indem als [X.] in Betracht gezogenen [X.]) Mithin war der [X.] des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. [X.]. 1 VwVfG gegeben, wonach in einem Verwaltungsverfahren fr eine Be-rde unter anderem nicht ttig werden darf, wer bei einem Beteiligten als [X.] des Aufsichtsrats ttig ist. Nach der stigen Rechtsprechung des [X.], der der Senat sich anschlieût, stellt die Vorschrift [X.] ab, ob der [X.] dem Aufsichtsrat einer verfahrensbeteiligtenGesellschaft in privatem Interesse oder in amtlicher Eigenschaft [X.](BVerwGE 69, 256, 263 ff, 265; BVerwG NVwZ 1988, 530). Der fr diese Aus-legung vor allem maûgebliche Gesichtspunkt, [X.] Ausschluû- und Befangen-heitsregelungen grundstzlich nicht nur Bedeutung haben, wenn eine Interes-senkollision wirklich vorliegt, sondern darauf abzielen, [X.] schon der "se[X.]ein" mlicher Pa[X.]eilichkeit vermieden wird (BVerwGE 69, 256, 266),kommt entgegen der Auffassung der Revision auch im Streitfall zum Tragen,- 10 -unbeschadet des Umstandes, [X.] die [X.] eine 100 %ige Tochter der[X.] war.Der zuletzt er[X.]e[X.]e Umstand [X.] auch im Blick auf den zweiten Halb-satz von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VwVfG zu keiner anderen Beu[X.]eilung. [X.] gilt das beschriebene [X.] nicht "fr den, dessen Anstel-lungskrperschaft Beteiligte ist". Mit dieser Ausnahme soll verhinde[X.] werden,[X.] ganze Brden lahmgelegt werden und ihre Bediensteten und Funktion-strr von einer Aufgabenwahrnehmr ihrer [X.] ausgeschlossen wren (vgl. [X.]/[X.], in: [X.]/[X.]/[X.]. § 20 Rn. 38; [X.]/Ramsauer VwVfG 7. Aufl. § 20 Rn. 30; [X.] wird die Bearbeitung eines Baugenehmigungsantrags des Kreisesdurch den Oberkreisdirektor als Genehmigungsrde genannt). Die [X.] ist nach ihrer Zwecksetzung nicht analog auf den Fall [X.], [X.] ein [X.] aufgrund seiner Dienstfunktion zur [X.] Mitglied des Vorstands usw. ist ([X.]/[X.] aaO;- 11 -Ramsauer aaO). Nichts anderes gilt fr den hier vorliegenden Fall einer100 %igen Beteiligung der Anstellungskrperschaft des [X.]s/Organs ander von dem Verwaltungsverfahren betroffenen Gesellschaft.[X.][X.][X.][X.] [X.]

Meta

III ZR 212/01

10.01.2002

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2002, Az. III ZR 212/01 (REWIS RS 2002, 5124)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 5124

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