Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2014, Az. V ZR 291/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 3942

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V [X.]
Verkündet am:

18. Juli 2014

Weschenfelder

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 13
a)
Der Grundstückseigentümer kann den Entschädigungsanspruch nach §
13 [X.] nicht dadurch abwenden, dass er von dem früheren Eigentümer der Anlage deren Beseitigung nach § 1004 Abs.
1 Satz 1 [X.] verlangt und diesen in entsprechender Anwendung der Regelung in § 1001 Satz
2 [X.] auf ein Recht zur Wegnahme verweist.

b)
Der Entschädigungsanspruch des ehemaligen Anlageeigentümers für den [X.] nach § 13 [X.] entfällt oder vermindert sich nicht, wenn sich auf dem Grundstück schon eine von dem Grundstückseigentümer angelegte Drainage (Altanlage) befand, die bei der Neuerrichtung der Entwässerungsanlagen im Zuge der Herstellung einer Komplexmelioration zerstört und durch die am 1. Januar 1995 noch vorhandene Anlage ersetzt wurde.
[X.], Urteil vom 18. Juli 2014 -
V [X.] -
OLG [X.]

[X.]

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Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2014 durch die [X.] Dr. Lemke
und Dr. Czub, die [X.]innen
Dr.
[X.] und Weinland und den [X.] Dr.
Kazele

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 17. Oktober 2013 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Vater des Beklagten brachte in den 1950er Jahren seinen Betrieb mit
landwirtschaftlichen Grundstücken in eine LPG, einen Vorgängerbetrieb der Klägerin, ein.
Die LPG errichtete zwischen 1977 und 1979 -
u.a. unter Ein-beziehung der von
dem Vater des Beklagten eingebrachten Grundstücke -
eine Entwässerungsanlage (sog. Komplexmelioration).
Der Beklagte schied 1992 aus dem Unternehmen der Klägerin aus. [X.] den [X.]en kam es zu einem Rechtsstreit über einen Anspruch des Beklagten auf bare Zuzahlung, der 1996 mit einer Entscheidung des [X.] endete (Beschluss vom 29. November 1996 -
[X.] -
unveröffentlicht). Der Beklagte, der die eingebrachten Grundstücke von der Klägerin zurückerhalten hatte, veräußerte diese im Jahre 2000 an einen [X.].
Die Klägerin hat den Beklagten im
Jahre 2004 auf Zahlung einer [X.] in Höhe des Werts der am 1. Januar 1995 kraft Gesetzes in dessen 1
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Eigentum übergegangenen Anlagen verklagt.
Das [X.] hat der Klage in Höhe des von einem gerichtlichen Sachverständigen ermittelten Werts der
Anlage am 1. Januar 1995

In der Berufungsinstanz
hat der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einem restlichen Abfindungsanspruch nach § 44 [X.] erklärt, weil die [X.] in der [X.] der Klägerin nicht mit Null DM hätten in Ansatz gebracht werden dürfen, woraus sich ein restlicher Das [X.] hat die Berufung unter Zurückweisung der [X.] Aufrechnung zurückgewiesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung und die Hilfsaufrechnung weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin nach § 13 [X.] i.V.m. § 951 Abs. 1,
§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 818 Abs. 2 [X.]. Deren Rechtsvorgängerin sei Eigentümerin der von ihr zwischen 1977 und 1979 errichteten Anlage geworden. Der Beklagte sei auf Grund des gesetzlichen [X.] am 1. Januar 1995 als damaliger Grundstückseigentümer zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet, woran sich durch die im Jahre 2000 erfolgte Veräußerung des Grundstücks an einen [X.] nichts ändere. Der Beklagte sei durch den Übergang des Eigentums an der Anlage auch bereichert, da diese am
1. Januar 1995 funktionstüchtig gewesen sei und seine Grundstücke -
jedenfalls nach seinem Vorbringen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung -
über keine andere Entwässerungsanlage verfügten.
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Die hilfsweise Aufrechnung des Beklagten mit einem ergänzenden Ab-findungsanspruch nach § 44 [X.] dürfte bereits unzulässig sein, da es sich um eine rechtswegfremde Gegenforderung handele. Es bestehe jedoch auch in der Sache kein Gegenanspruch. Dem stehe bereits die rechtskräftige Ent-scheidung des [X.] vom 29. November 1996 entgegen, mit der dem Beklagten ein Anspruch auf eine bare Zuzahlung in Höhe von 61.139,30 DM zuerkannt worden sei. Die Klägerin hätte den Wert der [X.] auch nicht eigenkapitalerhöhend in die für die Abfindung der Mitglieder maßgebliche Bilanz einstellen müssen.

II.

Das hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
1. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Entschädigung nach §
13 [X.] zusteht.
a) Dieser Anspruch setzt allerdings voraus, dass selbständiges Anlage-eigentum an einer Entwässerungsanlage bestand, weil die Entschädigung für den [X.] durch den gesetzlich angeordneten Übergang des Eigentums an den Entwässerungsanlagen auf den Grundstückseigentümer (§
12 Satz 1 [X.]) gewährt wird.
Das ist hier der Fall.
Die Anlage wurde mit ihrer Errichtung Eigentum der LPG und nicht des Grundstückseigentümers.
Die sich auf den Wortlaut des § 13 Abs. 2 [X.] 1959 berufende
gegenteilige Auffassung der Revision, dass an den von den LPGn unter Geltung des [X.] vom 3. Juni 1959 (GBl. [X.]) errichteten [X.] selbständiges Anlageneigentum im Sinne des § 1 Abs. 1 5
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[X.] nicht entstanden sei, ist unzutreffend. Zwar ist es richtig, dass die zitierte Vorschrift im [X.] 1959 die Entstehung selbständigen (von dem
Eigentum an Grund und Boden unabhängigen) genossenschaftlichen Eigentums nur für die von den LPGn errichteten Gebäude (und angepflanzten Waldflächen) anordnete, dies aber -
im Unterschied zu § 27 des LPG-Gesetzes vom 2. Juli 1982 (GBl. I S.
443) -
nicht auch für die von der LPG errichteten Anlagen bestimmte. Die Revision übergeht bei ihrer an den Wortlaut anknüpfenden Gesetzesauslegung jedoch, dass diese Vorschriften unter Berücksichtigung der Rechtspraxis der ehemaligen [X.] auszulegen und [X.] sind (vgl. [X.], Urteil vom 25. März 1997 -
VI [X.], [X.]Z 135, 158, 161
f.; Urteil vom 18. März 1998 -
IV ZR 126/96, [X.] 1998, 332, 333; Urteil vom 2. März 2000
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III [X.], [X.]Z 144, 29, 40). In der [X.] wurde unter Bezugnahme auf die Bestimmung des Umfangs des genossenschaftlichen Eigentums in Art. 13 der [X.] Verfassung vom 6. April 1968 (Neufassung vom 7. Oktober 1974, GBl. I S. 432) die Vorschrift in § 13 Abs. 2 [X.] 1959 dahin ausgelegt, dass (auch) die von den LPGn in Ausübung ihres gesetzlichen Bodennutzungsrechts errichteten Anlagen genossenschaftliches Eigentum wurden ([X.] in [X.] [1976], [X.], 241).
Danach entstand an den -
u.a. auf den von dem Vater des Beklagten in die LPG eingebrachten und daher nach § 8 und §
10 [X.] 1959 ihrem Boden-nutzungsrecht unterliegenden Flächen -
errichteten [X.] gemäß §
13 Abs. 2 [X.] 1959 selbständiges Anlageeigentum der Genossenschaft (so auch: [X.], [X.] 2000, 163, 164; vgl. auch [X.], [X.], 244, 245). Das nach § 13 Abs. 2 [X.] entstandene Anlageeigentum blieb genossenschaftliches Eigentum nach § 27 [X.] 1982 und bestand nach Art. 231 § 5 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] über den 3.
Oktober 1990 hinaus fort.
b) Der Grundstückseigentümer kann den Entschädigungsanspruch nach §
13 [X.] nicht dadurch abwenden, dass er von dem früheren Eigentümer der Anlage deren Beseitigung nach § 1004 Abs.
1 Satz 1 [X.] verlangt und 10
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diesen in entsprechender Anwendung der Regelung in § 1001 Satz 2 [X.] auf ein Recht zur Wegnahme verweist. Die von der Revision zitierte Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 21. Dezember 1956 -
V [X.], [X.]Z 23, 61, 65) zum Schutz des Eigentümers vor [X.] aus aufgedrängter Bereicherung betrifft unrechtmäßige, gegen den Willen des Grundstückseigentümers vorgenommene Baumaßnahmen auf seinem Grundstück. Diese Rechtsprechung ist auf die in § 1 [X.] bezeichneten Anlagen nicht übertragbar. Das [X.]gesetz knüpft an die Rechtslage in der ehemaligen [X.] an, nach der die LPGn zur Errichtung von [X.] auf den ihrem gesetzlichen Bodennutzungsrecht unterliegenden Flächen berechtigt waren (§ 10 Abs. 1 Buchstabe b [X.] 1959; § 18 Abs. 2 Nr. 2 [X.] 1982); die Errichtung sog. komplexer Anlagen zur Verbesserung der Bodenbewirtschaftung nach der Meliorationsordnung vom 29. Juni 1967 -
GBl. II, [X.]), die über die Grenzen einzelner LPGn hinausgehen konnten ([X.], Staat und Recht [1965], 1829, 1835), wurde zudem staatlicherseits gefördert. Für einen Schutz des Eigentümers vor unerwünschten Meliorationsmaßnahmen nach den Grundsätzen über die aufgedrängte Bereicherung ist vor diesem Hintergrund kein Raum (Thiele in Thiele/[X.]/[X.]/[X.], Schuldrechtsanpassungsgesetz, 2.
Aufl., §
13 [X.] Rn. 6).
c) Der Entschädigungsanspruch ist nicht im Hinblick auf eine vor 1977 vorhandene Entwässerungsanlage ([X.]) zu kürzen. Der Anspruch des ehemaligen Anlageeigentümers für den [X.] nach § 13 [X.] entfällt oder vermindert sich nicht, wenn sich auf dem Grundstück schon eine von dem Grundstückseigentümer angelegte Drainage (Altanlage) befand, die bei der Neuerrichtung der Entwässerungsanlagen im Zuge der Herstellung einer Komplexmelioration zerstört und durch die am 1. Januar 1995 noch vorhandene Anlage ersetzt wurde.

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aa) § 13 [X.] berücksichtigt solche [X.]en nicht. Die Höhe der Entschädigung bemisst sich nach Satz 2 dieser Vorschrift nach dem Wert der Anlage im Zeitpunkt des [X.]. Der Gesetzgeber hat vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Auffassungen zu den für die Vergütung nach §
951 Abs. 1 Satz 1 [X.] maßgeblichen Bemessungsgrundlagen ausdrücklich eine Entschädigung des früheren Eigentümers nach dem Wert der Anlage bestimmt (BT-Drucks. 12/7135, S. 80).
bb) Die Anwendung des § 13 [X.] ist auch nicht im Hinblick auf die Erwägung zur Entschädigungspflicht in den Gesetzesmaterialien einzuschränken, wonach die von der LPG angelegte Drainage deshalb einen Vorteil für den [X.] darstelle, weil er -
wäre die Anlage nicht vorhanden -
selbst eine Drainage anlegen müsste (BT-Drucks. 12/7135, [X.]). Eine solche (teleologische) Reduktion einer Vorschrift nach ihrem Zweck ist allerdings geboten, wenn der Gesetzgeber nicht alle Konsequenzen der von ihm gewählten Gesetzesfassung bedacht hat und ihre wortgetreue Anwendung das gesetzgeberische Ziel deutlich verfehlen würde ([X.], Urteil vom 5.
Juli
2007 -
IX ZR 185/06, [X.]Z 173, 116 Rn. 31; Beschluss vom 29.
November 2013 -
BLw 4/12, NJW-RR 2014, 243 Rn. 23). Von einer solchen Verfehlung der gesetzgeberischen Intention kann hier jedoch nicht ausgegangen werden.
Dagegen spricht bereits, dass der Gesetzgeber in § 13 Satz 2 [X.] das für den
[X.] zu zahlende Entgelt nach dem objektiven ([X.] der Anlage am 1. Januar 1995 und nicht nach dem Umfang der von dem Grundstückseigentümer ersparten Aufwendungen bestimmt hat. Diese Entschädigung wurde für Entwässerungsanlagen angeordnet, welche die LPGn nach ihren Investitionsentscheidungen angelegt hatten (BT-Drucks. 12/7135, [X.]). Die Neuerrichtung einer Meliorationsanlage konnte von den privaten [X.]n nicht verhindert werden (vgl. [X.], [X.] [1976], S.
239), was selbst dann galt, wenn dabei die von den [X.]n zur 13
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Entwässerung ihrer Grundstücke angelegten [X.]en zerstört wurden. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass das [X.]gesetz die nach den Rechtsverhältnissen in der [X.] entstandenen Rechte so hingenommen hat, wie es sie vorgefunden hat. Den [X.] ist eine nach einem einheitlichen Maßstab zu bemessende Entschädigung für den Verlust ihres Eigentumsrechts zuerkannt worden, während der hypothetische Umstand,
dass der Eigentümer einen entsprechenden Aufwand nicht gehabt hätte, wenn eine auf seinem Grundstück bereits vorhandene Altanlage in der [X.] nicht beseitigt worden wäre, bei der Bemessung der Entschädigung außer Betracht bleibt.
d) Der Beklagte kann den Entschädigungsanspruch auch nicht mit dem Argument abwenden, dass die Anlage für ihn keinen Vorteil mehr dargestellt habe.
aa) Ein solcher Einwand ist allerdings grundsätzlich möglich, da § 13 Satz 1 [X.] auf die Vorschrift über die Vergütung für den [X.] in §
951 Abs.
1 [X.] verweist. Diese Bestimmung ist wiederum keine eigene Anspruchsgrundlage, sondern eine Rechtsgrundverweisung auf das allgemeine Bereicherungsrecht (Senat, Urteil vom 26. Februar 1964 -
V [X.], [X.]Z 41, 157, 159; [X.],
Urteil vom 11. Januar 1971 -
VIII ZR 261/69, [X.]Z 55, 176, 177). Auf Grund der Verweisung auf
das Bereicherungsrecht müssen für den Entschädigungsanspruch nach § 13 [X.] die Voraussetzungen eines Anspruchs nach §
812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 [X.] erfüllt sein.
Der Grundstückseigentümer kann daher einwenden, dass er durch den Übergang des [X.] nicht bereichert sei, weil die vorhandene Ent-wässerungsanlage (objektiv) für sein Grundstück keinen Vorteil mehr darstellte ([X.] in [X.], Schuldrechtsanpassungsgesetz, [X.].[X.]., § 3 [X.] Rn. 11). Der Grundstückseigentümer
wird durch den Erwerb des Eigentums an der Anlage nicht bereichert, wenn für die Entwässerung des Grundstücks kein 16
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Bedarf (mehr) besteht (Zimmermann in [X.], §
13 [X.] Rn. 11).
bb) Dieser rechtliche Gesichtspunkt führt hier aber zu keinem von dem Berufungsurteil abweichenden Ergebnis.

(1) Der
Erwerb des Eigentums an der Entwässerungsanlage stellte einen Vorteil für den Beklagten
dar, da sein Grundstück am 1. Januar 1995 landwirt-schaftlich genutzt wurde (und auch weiterhin so genutzt wird) und für diese Nutzung eine Drainage zweckmäßig ist. Die Entwässerung des Grundstücks er-folgte
über die von der LPG angelegte Anlage, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Zeitpunkt des [X.] funktionsfähig war und den von dem Sachverständigen ermittelten Wert
hatte.
(2) Das von den Feststellungen im Berufungsurteil abweichende Vorbringen des Beklagten in einem nachgereichten,
nicht nachgelassenen Schriftsatz, in dem er erstmals vorgetragen hat, dass der Erwerber die alte Tonrohrmelioration weiter benutze, während die [X.] für ihn nicht den geringsten Ertrag abwerfe und sich als eine reine Störung darstelle, ist auch in der Revisionsinstanz nicht zu berücksichtigen. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht
rechtsfehlerfrei nach §
296a Satz 1 ZPO nicht der Entscheidung zugrunde gelegt und darin auch keinen Grund für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 1 ZPO gesehen. Der von der Revision erhobene Vorwurf einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG geht ins Leere, da das Berufungsgericht das Vorbringen zur Kenntnis genommen und in seinem Urteil wiedergegeben, aber verfahrensfehlerfrei nach § 296a Satz 1 ZPO nicht mehr zugelassen hat. Die Ablehnung einer nach §
156 Abs.
1 ZPO im Ermessen des Gerichts liegenden Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist der Rechtsprüfung des Revisionsgerichts entzogen, sofern sie nicht mit rechtsfehlerhaften Erwägungen begründet ist, wofür hier von der Revision jedoch nichts dargelegt worden ist 19
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(vgl. Senat, Urteil vom 21. Februar 1986 -
V [X.], NJW 1986, 1867,
1868).
e) Dem Anspruch steht auch nicht der Einwand der Verwirkung entgegen. Die Zurückweisung dieses Einwands im Berufungsurteil ist vor dem Hintergrund der -
von der Revision nicht angegriffenen -
Feststellung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, der Beklagte habe nicht einmal behauptet, er habe sich auf Grund des Verhaltens der Klägerin darauf einrichten dürfen, dass diese ihren Anspruch auf Wertersatz nicht geltend machen werde. Solche Umstände müssen jedoch von dem Verpflichteten vorgetragen werden (vgl. [X.], Urteil vom 30.
März
2006 -
VII ZR 44/05, [X.]Z 167, 75 Rn. 24). Fehlt es daran, kommt ein Ausschluss des Anspruchs wegen Verwirkung nicht in Betracht. Dieser Einwand ist nämlich auch wenn der Anspruch erst lange Zeit (hier etwa zehn Jahre nach seiner Entstehung) von dem Gläubiger geltend gemacht wird, nur dann begründet, wenn zu dem Zeitablauf besondere auf dem Verhalten des [X.] Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (Senat, Urteil vom 12. Dezember 2008 -
V [X.], [X.], 847 Rn.
39, insoweit in [X.]Z 179, 146 ff. nicht abgedruckt; Urteil vom 30. Oktober 2009 -
V [X.], NJW 2010, 1074 Rn. 19). Trägt der Verpflichtete hierzu nichts vor, kommt eine [X.] nicht in Betracht.
f) Die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs
nach § 13 [X.] durch die Klägerin stellt sich -
auch angesichts des Umstands, dass dessen Wert in der für den Anspruch des Beklagten auf bare Zuzahlung nach §
34 Abs. 1 [X.] 1990 (= § 28 Abs. 2 [X.] 1991) maßgeblichen [X.] mit Null DM bewertet wurde -
nicht als eine mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 [X.]) unvereinbare, unzulässige widersprüchliche Rechtsausübung dar.

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aa) Ein solcher Einwand kommt
allerdings grundsätzlich in Betracht. Ein widersprüchliches Verhalten einer [X.] ist dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen ([X.], Urteil vom 17. Februar 2005 -
III ZR 172/04, [X.]Z 162, 175, 181; Urteil vom 15. November 2012 -
IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 12). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn eine [X.] aus ihrem früheren Verhalten Vorteile gezogen hat und ihr jetziges Verhalten hierzu in einem
unauflösbaren Widerspruch steht (vgl. [X.], Urteil vom 22. Mai 1985 -
IVa [X.], [X.]Z 94, 344, 354; [X.]/[X.]/Sutschet, [X.], 3. Aufl., § 242 Rn. 125; MünchKomm-[X.]/[X.]/[X.], 6. Aufl., § 242 Rn. 319; NK-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 242 Rn. 98; [X.]/[X.]/Olzen, [X.] [2009], § 242 Rn. 301).
So könnte es sich verhalten, wenn ein [X.] gegenüber einem (früheren) [X.] den Entschädigungsanspruch nach §
13 [X.] in voller Höhe geltend machte, nachdem es zuvor dessen von einer Bilanz abhängigen Ansprüche (nach § 28 Abs. 2, § 36 oder § 44 [X.] 1991) deswegen gekürzt hat, weil den [X.] kein Vermögenswert zukomme. Das dürfte selbst dann gelten, wenn das Unternehmen im Zeitpunkt der Bilanzerstellung angesichts der damals noch ausstehenden gesetzlichen Regelung über die Anpassung der Rechtsverhältnisse an den [X.] nach dem handelsrechtlichen [X.] (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) zu einer solchen Bewertung berechtigt war. Für die Unzulässigkeit der Rechtsausübung kommt es allein darauf an, ob ein objektiver Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegt. Selbst wenn eine Rechtsausübung an sich nicht zu missbilligen ist, kann sie unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unver-einbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick darauf vorrangig schutzwürdig erscheinen ([X.], Urteil vom 12. November 2008 -
XII [X.], 24
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[X.], 1343 Rn. 41; Urteil vom 15. November 2012 -
IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 12).
bb) In der Sache ist der Einwand jedoch deshalb unbegründet, weil für eine Kürzung des Anspruchs des Beklagten durch die Bewertung der [X.] mit Null DM weder etwas ersichtlich noch vorgetragen worden ist. In dem Beschluss des [X.] vom 29. November 1996 ([X.]

unveröffentlicht) zu dem
Anspruch des Beklagten auf bare Zuzahlung ist der Wert der Beteiligung des Beklagten an dem
Unternehmen nicht auf Grund des in der [X.] ausgewiesenen Eigenkapitals gekürzt worden. Die nach §
44 Abs. 1 Satz
2 Nr. 1
und Nr. 2 [X.] zu berechnenden Beträge für den Inventarbeitrag, dessen Verzinsung und die Bodennutzung bei der Berechnung der baren Zuzahlung sind nach den gesetzlichen Bemessungsfaktoren ohne einen Abzug angesetzt worden. Da der [X.] in dem Beschluss für die Wertschöpfung durch Arbeit (§
44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 [X.] 1991) einen Betrag von 288 DM jährlich in Ansatz gebracht hat, kann dahinstehen, ob
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wie von dem Beklagten vorgetragen -
der in der Aufstellung der Klägerin (der sog. Personifizierung der Beteiligungen) für Arbeit ausgewiesene Wert von 160 DM pro Arbeitsjahr unter Berücksichtigung des Werts der [X.] auf einen Betrag von 258 DM pro Jahr zu erhöhen gewesen wäre.
2. Aus dem Vorstehenden folgt, dass auch die hilfsweise Aufrechnung des Beklagten mit einem Gegenanspruch auf eine erhöhte Abfindung ohne Erfolg bleibt.
Da das Berufungsgericht über die -
seiner Ansicht nach allerdings vor die [X.] gehörende -
Gegenforderung in der Sache entschieden hat, ist der Senat nach § 17a Abs. 5 GVG daran gebunden (vgl. [X.], Urteil vom 18. November 1998 -
VIII ZR 269/97, NJW 1999, 651), weil diese Vorschrift auf das Verhältnis von Landwirtschaftsgericht und Prozessgericht 26
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entsprechend anzuwenden ist ([X.], Urteil vom 5. Februar 1996 -
II ZR 293/93, [X.] 1996, 347, 348).
Die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Gegenforderung ist im Ergebnis richtig. Zwar stünde einem Anspruch auf eine ergänzende Abfindung die materielle Rechtskraft des oben genannten Beschlusses vom 29. November 1996 nach den für eine verdeckte Teilklage geltenden Grundsätzen dann nicht entgegen, wenn der Beklagte einen
insgesamt höheren Anspruch geltend machen könnte (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Januar 1998 -
BLw 46/97, [X.] 1999, 298). Da sich aus dem Vorbringen des Beklagten aber ein solcher Anspruch nicht ergibt, ist die zur Aufrechnung gestellte Forderung zu Recht abgewiesen worden.
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III.
Die Revision ist danach mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Lemke

Czub

[X.]

Weinland

Kazele
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom [X.] -
4 O 1671/05 -

OLG [X.], Entscheidung vom 17.10.2013 -
10 [X.] -

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Meta

V ZR 291/13

18.07.2014

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2014, Az. V ZR 291/13 (REWIS RS 2014, 3942)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3942

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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