Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2017, Az. AK 14/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 12752

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[X.]:[X.]:BG[X.]:2017:060417BAK14.17.0

BUN[X.]SGERIC[X.]TS[X.]OF

BESC[X.]LUSS

AK 14/17
vom
6. April 2017
in dem Ermittlungsverfahren
gegen

wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung
u.a.

-
2
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Der 3.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie des Beschuldigten und seiner Verteidiger am 6.
April 2017 beschlossen:

Eine [X.]aftprüfung durch den Senat nach den §§ 121, 122 [X.] ist derzeit nicht veranlasst.

Gründe:
I.
Der Beschuldigte wurde am 2. Juni 2016 festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund des [X.]aftbefehls des Ermittlungsrichters des [X.] vom 1. Juni 2016 (2 [X.] 353/16). Gegenstand dieses [X.]aftbefehls war im Wesentlichen der Vorwurf, der Be-schuldigte habe sich als Mitglied an der Gruppierung "[X.]" (im Folgenden: [X.]) und damit an einer außereuropäischen terroristischen Vereini-gung beteiligt, deren Zwecke und deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) und Totschlag (§ 212 StGB) sowie gemeingefährliche Straftaten in den Fällen des § 308 Abs. 1 bis 4 StGB und Straftaten nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen zu begehen, und sich zu-gleich mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen (Mord, [X.]erbeiführen einer Sprengstoffexplosion und vorsätzlicher unerlaubter Erwerb der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe) zu begehen, indem er im Oktober 2014 im Auf-trag einer Führungsperson des [X.] als Angehöriger einer sog. Schläferzelle nach [X.] gereist sei, um sich an einem in [X.] geplanten [X.]
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schen Anschlag zu beteiligen, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 und 4, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, §§ 211, 308 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 2, §
52 StGB, § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2, § 22a Abs. 1 Nr. 2 [X.].
Nr. 29c der [X.]. Außerdem wurde dem Beschuldigten mit dem [X.]aftbefehl vom 1. Juni 2016 vorgeworfen, sich seit dem [X.] in [X.] durch eine weitere selbständige [X.]andlung als Mitglied an der Gruppierung "[X.] [X.]" (im Folgenden: [X.]) und damit an einer
außereuropäischen terroristischen Vereinigung, deren Zwecke und deren Tä-tigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) und Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen, beteiligt und eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorberei-tet zu haben, indem er sich zumindest im [X.] als Anführer der zur [X.] gehörenden Gruppe "[X.]" (im Folgenden: [X.]) an den Kämpfen gegen das Regime des Staatspräsidenten [X.] beteiligt und zu dieser Zeit in [X.] Sprenggürtel und Granaten herge-stellt habe, die zum Einsatz bei bewaffneten Auseinandersetzungen und bei [X.] bestimmt gewesen seien, strafbar gemäß §
89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, Abs. 4 Satz 1, §
129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, §§ 52, 53 StGB.
Der Senat hat mit Beschluss vom 15. Dezember 2016 ([X.] -
65/16) die [X.] über sechs Monate hinaus angeordnet.
Am 13. März 2017 hat der Ermittlungsrichter des [X.]
den [X.]aftbefehl vom 1. Juni 2016 abgeändert und neu gefasst. Gegenstand des neu gefassten [X.]aftbefehls ist -
über die bereits dem früheren [X.]aftbefehl zu-grunde liegenden Tatvorwürfe hinaus -
der Vorwurf, der Beschuldigte habe sich durch eine weitere rechtlich selbständige [X.]andlung als Mitglied an der Gruppie-rung [X.] und damit an einer außereuropäischen terroristischen 2
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Vereinigung beteiligt, deren Zwecke und deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) und Totschlag (§ 212 StGB) sowie
gemeingefährliche Straf-taten in den Fällen des § 308 Abs. 1 bis 4 StGB und Straftaten nach § 22a Abs.
1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen zu begehen; zugleich habe er gemeinschaftlich handelnd in 36 [X.]en Fällen im Zu-sammenhang mit einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person aus niedrigen Beweg-gründen getötet, indem er sich im März 2013 als [X.]" der zur [X.] gehörenden [X.] gemeinsam mit anderen an
der [X.]inrichtung von 36 behörd-lichen Mitarbeitern der [X.] beteiligt habe, strafbar gemäß §
8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 Nr. 2 [X.], § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 und 4, §
129b Abs.
1 Sätze 1 und 2, §§ 211, 25 Abs. 2, §§ 52, 53 StGB.
Der Generalbundesanwalt hat vorsorglich beantragt, gemäß §§ 121, 122 [X.] die Fortdauer der Untersuchungshaft über neun Monate hinaus anzuord-nen. Er hält es indes für zweifelhaft, ob die Vorlagepflicht nach § 122 Abs. 1 [X.] zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt
besteht.
[X.]
Der Senat gibt die Sache an den Ermittlungsrichter des [X.] zurück, weil eine [X.]aftprüfung nach den §§ 121, 122 [X.] derzeit nicht veranlasst ist. Der Beschuldigte befindet sich zwar mittlerweile seit mehr als neun Monaten in Untersuchungshaft. Im [X.]inblick auf die ihm mit dem [X.] vom 13. März 2017 vorgeworfene Beteiligung an der [X.]inrichtung von 36 [X.]smitarbeitern ist jedoch eine neue [X.] im Sinne des §
121 Abs. 1 [X.] in Gang gesetzt worden, deren Ablauf noch nicht bevorsteht.
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1. Gemäß § 121 Abs. 1 [X.] darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat vor dem Erlass eines Urteils nur unter besonderen Vo-raussetzungen länger als sechs Monate aufrechterhalten werden. Dadurch soll dem
Anspruch des in Untersuchungshaft befindlichen Beschuldigten auf be-schleunigte Durchführung des Verfahrens (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 [X.]albsatz
2 EMRK) sowie dem aus Art. 2 Abs. 2 GG herzuleitenden verfassungsmäßigen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ([X.], Beschluss vom 3. [X.]i 1966
-
1 BvR 58/66, NJW 1966, 1259) Rechnung getragen werden. Der Senat teilt die in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur inzwischen nahezu einhellig vertretene Auffassung, dass der Begriff "derselben Tat" im Sinne
des § 121 Abs. 1 [X.] mit Rücksicht auf diesen Schutzzweck der Norm weit auszulegen ist und deshalb alle Taten des Beschuldigten von dem Zeit-punkt an erfasst, in dem sie -
im Sinne eines dringenden Tatverdachts -
[X.] geworden sind und in den bestehenden [X.]aftbefehl hätten aufgenommen werden können, und zwar unabhängig davon, ob sie Gegenstand desselben Verfahrens oder getrennter Verfahren sind (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Juni 2016 -
1 Ws 257/16 [X.], juris Rn. 6, 16; [X.], Beschluss vom 22. April 2015 -
1 Ws 7/15 ([X.]), juris Rn. 7; KG, Beschluss vom 15. August 2013 -
4 Ws 108/13, juris Rn. 13; [X.], Beschluss vom 13. Juni 2013
-
2 [X.]Es 9/13 (5/13), juris Rn. 9; [X.], Beschluss vom 9. Februar 2012
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32 [X.]Es 1/12, juris Rn. 21;
OLG [X.], Beschluss vom 16. November 2010
-
1 Ws 446/10 (32), juris Rn.
9; [X.] (2. Strafsenat), Beschluss vom 30. Juli 2009 -
2 [X.]Es 8/09, juris Rn. 8; [X.], Beschluss vom 31. März 2009 -
2 AK 6/09, NJW 2010, 952; [X.], Beschluss vom 2.
Dezember 2008 -
1 Ws 674/08, juris Rn. 7 f.; [X.], Beschluss vom 6. Juni 2007 -
4 [X.]Es 86/07, juris Rn. 6; OLG [X.], Beschluss vom 16.
Dezember 2003 -
3 Ws 460/03, [X.], 125 f.; [X.]
(1.
Strafsenat), Beschluss vom 3.
Januar 2001 -
(1) 4420 BL -
III -
71/00,
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NStZ-RR 2001, 152; OLG [X.]amm, Beschluss vom 21. April 1998 -
2 BL 62/98, [X.], 277, 278; [X.], Beschluss vom 26. Januar 1998
-
1 BL 4/98, [X.], 182; [X.], Beschluss vom 3. März 1997, 2 (3) [X.]Es 16/97, [X.], 536, 537; [X.], Beschluss vom 2.
März 1990 -
1 [X.]Es 259/88, NJW 1990, 2144; OLG [X.]amburg, Beschluss
vom 29. August 1989 -
1 Ws 243/89, [X.] 1989, 489; [X.], [X.], 7.
Aufl., § 121 Rn. 10; LR/[X.]ilger, [X.], 26. Aufl., § 121 Rn. 14b; [X.]/[X.], [X.], 59.
Aufl., § 121 Rn. 11). Dadurch wird vermieden, dass von Anfang an bekannte oder im Laufe der Ermittlungen bekannt werdende Taten des Beschuldigten zunächst zurückgehalten und erst kurz vor Ablauf der [X.] zum Gegenstand eines neuen oder erweiterten [X.]aftbefehls gemacht werden mit dem Ziel, eine neue [X.] zu eröffnen (sog. Reservehaltung von Tatvorwürfen).
Danach beginnt keine neue [X.] zu laufen, falls ein neuer [X.]aftbefehl lediglich auf Tatvorwürfe gestützt bzw. durch sie erweitert wird, die schon bei Erlass des ersten [X.]aftbefehls -
im Sinne eines dringenden Tatver-dachts -
bekannt waren. Gleiches hat zu gelten, falls der [X.]aftbefehl um Tatvor-würfe erweitert wird, die erst während der Ermittlungen im vorgenannten Sinne bekannt geworden sind, für sich allein den Erlass eines [X.]aftbefehls jedoch nicht rechtfertigen ([X.], Beschluss vom 22. Juni 2016 -
1 Ws 257/16 [X.], juris Rn. 11; [X.], Beschluss vom 22. April
2015 -
1 Ws 7/15 ([X.]), juris Rn. 11; [X.], Beschluss vom 9. Februar 2012 -
32 [X.]Es 1/12, juris Rn. 26; vgl. auch [X.]
(2.
Strafsenat), Beschluss vom 30. Juli 2009 -
2 [X.]Es 8/09, juris Rn. 8; OLG [X.], Beschluss vom 16. November 2010
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1 Ws 446/10 (32), juris Rn. 9; [X.], [X.], 7. Aufl., § 121 Rn. 10 f.).
7
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Tragen dagegen die erst im Laufe der Ermittlungen bekannt gewordenen Tatvorwürfe für sich genommen den Erlass eines [X.]aftbefehls und ergeht [X.] ein neuer oder erweiterter [X.]aftbefehl, so wird dadurch ohne Anrechnung der bisherigen [X.]aftdauer eine neue [X.] in Gang gesetzt; für den Fristbeginn ist indes der Zeitpunkt maßgeblich, in dem sich der Verdacht hin-sichtlich der neuen Tatvorwürfe zu einem dringenden verdichtet hat. [X.] ist insoweit mithin, wann der neue bzw. erweiterte [X.]aftbefehl hätte [X.] werden können, nicht hingegen, wann die Staatsanwaltschaft ihn erwirkt hat. Regelmäßig ist davon auszugehen, dass der [X.]aftbefehl spätestens an dem auf die [X.] folgenden Tag der veränderten Sachlage anzu-passen ist (vgl. etwa KG, Beschluss vom 15. August 2013 -
4 Ws 108/13, juris Rn. 13 mwN).
Demgegenüber gebietet es der Gesetzeszweck nicht, auch in den letzt-genannten Fällen die bisherige [X.]aftdauer mit zu
berücksichtigen (so aber [X.], Beschluss vom 28. September 2010 -
1 [X.] -
204/10, juris Rn.
3; [X.]
(2.
Strafsenat), Beschluss vom 10. April 2000 -
(2) 4420 BL -
III -
97/00, aufgegeben durch Beschluss vom 30. Juli 2009 -
2 [X.]Es 8/09, juris Rn.
9). Denn die zeitliche Begrenzung der Untersuchungshaft nach § 121 Abs. 1 [X.] soll die Strafverfolgungsbehörden dazu anhalten, die Ermittlungen hinsichtlich der dem [X.]aftbefehl zugrunde liegenden Tat und das weitere Ver-fahren zu beschleunigen. Anlass, diesem Beschleunigungsgebot entsprechend Ermittlungen wegen weiterer Taten durchzuführen, die ihrerseits zum Erlass eines [X.]aftbefehls führen oder in einen bestehenden [X.]aftbefehl aufgenommen werden können, haben die Ermittlungsbehörden aber erst dann, wenn sie von den betreffenden Taten Kenntnis erlangen. Die nachträglich im Sinne eines dringenden Tatverdachts bekannt gewordene Straftat setzt daher eine neue [X.] in Gang, um den Strafverfolgungsbehörden Gelegenheit zur 8
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Durchführung weiterer Ermittlungen zu geben ([X.]
(1.
Strafsenat), Beschluss vom 3.
Januar 2001 -
(1) 4420 BL -
III -
71/00), NStZ-RR 2001, 152, 154 mwN; vgl. auch OLG [X.], Beschluss vom 16. Dezember 2003
-
III -
3 Ws 460/03, [X.], 125 f.; [X.], [X.], 7. Aufl., § 121 Rn. 10; LR/[X.]ilger, [X.], 26. Aufl., § 121 Rn. 14b).
2. An diesen [X.]ßstäben gemessen hat der erweiterte [X.]aftbefehl vom 13. März 2017 eine neue [X.] eröffnet.
a) Der Beschuldigte ist der ihm nunmehr über die dem [X.]aftbefehl vom 1.
Juni 2016 zugrunde liegenden Tatvorwürfe hinaus zur Last gelegten Beteili-gung an der [X.]inrichtung von 36 Mitarbeitern der [X.] dringend verdächtig.
aa) Insoweit ist nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
(1) Bei der [X.] handelt es sich um eine Ende 2011 von [X.] in [X.] gegründete Vereinigung, die es sich -
von [X.] religiösen Anschauungen geleitet -
zum Ziel
gesetzt hat, das Assad-Regime in [X.] zu stürzen und
durch einen [X.] Staat auf der Grundlage ihrer eigenen Interpretation der Sharia zu ersetzen. Darüber hinaus erstrebt sie die "Befreiung" des historischen Großsyrien, das heißt [X.]s einschließlich von Teilen der südlichen [X.], des [X.], [X.], [X.] und der [X.]. Diese Ziele verfolgt die [X.] mittels militäri-scher Operationen, aber auch durch Sprengstoffanschläge, [X.], Entführungen
sowie gezielte Tötungen von Angehörigen des [X.] Mili-tär-
und [X.]. Insgesamt werden der Gruppierung allein bis Ende 2014 mehr als 1.500 Anschläge zugerechnet, bei denen mindestens 10
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8.700 Menschen getötet wurden. So hat sich die [X.]
al-Nusra auch zu meh-reren Selbstmordanschlägen auf Angehörige der [X.] Armee am 14. April 2014 und am 25. [X.]i 2014 mittels mit Sprengstoff beladener Fahrzeuge [X.].
Die [X.] ist militärisch-hierarchisch organisiert. [X.], der die Organisation nach wie vor anführt, ist ein aus fünf bis sechs Personen gebildeter [X.] zugeordnet. Unterhalb dieser Führungs-ebene stehen die Kommandeure der kämpfenden Einheiten, die ihrerseits un-tergliedert sind in die vor Ort agierenden Kampfgruppen. Die Zahl der Kämpfer der [X.] wird derzeit auf 4.000 bis 6.000 geschätzt. Ihre militärische Ausbildung erhalten diese in einem verzweigten Netz von Trainingslagern. [X.] gibt es [X.]inweise auf sogenannte "[X.]" in den von der [X.] kontrollierten Gebieten, die religiöse Angelegenheiten regeln und den Aufbau eines eigenen Justiz-
und [X.] vorantreiben. Für ihre Öffentlichkeitsarbeit bedient sich die [X.] der eigenen Me-dienstelle "al-manara al-baida" ("Der weiße Leuchtturm"), über die sie im [X.] Verlautbarungen, Operationsberichte und Anschlagsvideos verbreitet. [X.] hinaus unterhält sie ein Netzwerk von "Korrespondenten" in [X.], die ihre Berichte über [X.] veröffentlichen.
Seit Juli 2016 nennt sich die Organisation offiziell "[X.]". Am 28. Januar 2017 hat sie sich mit weiteren Gruppierungen zu dem Bündnis "[X.]ai´at Tahrir al-Sham" zusammengeschlossen.
(2) Der Beschuldigte beteiligte sich zumindest im [X.] als Anführer der zur [X.] gehörenden Gruppe [X.] an den Kämpfen gegen das Regime des Staatspräsidenten [X.]. Gemeinsam mit den an-derweitig verfolgten

A.

und

[X.].

sowie weiteren 14
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Personen tötete er im März 2013 auf einem Müllplatz entlang einer Straße zwi-schen den [X.] Städten [X.] und [X.] insgesamt 36 behördliche Mitarbeiter der [X.], insbesondere Polizeibeamte, Sicherheits-dienstmitarbeiter, Grenzschützer, Armeeangehörige und Milizionäre, durch das Erschlagen mit [X.] sowie unter Verwendung eines [X.]schinengewehrs, mehrerer Pistolen und eines Messers. Die Getöteten hatte die [X.] zuvor bei der Eroberung des Gouverneurspalasts in [X.] gefangen genommen. Die [X.]inrichtung der gefangen genommenen Opfer wurde durch den Beschuldigten und seine Mittäter auf Anweisung des [X.] von [X.], der selbst Mitglied der [X.] war, vollzogen. Dem Beschuldigten und den ande-ren an den Exekutionen beteiligten Personen ging es dabei um die Beseitigung von Angehörigen des politischen Gegners, um letztlich den Weg für die Über-nahme der [X.]cht in [X.] durch die [X.] vorzubereiten.
bb) [X.]insichtlich der Umstände, die den dringenden Tatverdacht betref-fend die terroristische Vereinigung [X.] und die mitgliedschaftliche Beteiligung des Beschuldigten an der Organisation begründen, nimmt der [X.] auf seine [X.]entscheidung vom 15. Dezember 2016 Bezug. Im [X.]inblick auf die dem Beschuldigten zur Last gelegte Beteiligung an der [X.]inrich-tung von 36 [X.]sangestellten ergibt sich der dringende [X.] aus den Angaben eines am 9. Februar 2017 vernommenen Zeugen, die durch weitere Ermittlungsergebnisse gestützt werden.
Der Zeuge, dessen Personalien nach § 68 Abs. 3 Satz 1 [X.] gesperrt sind, hat die [X.]inrichtung der 36 [X.]smitarbeiter, die er seiner Darstellung zufolge miterlebt hat, detailreich und anschaulich geschildert. [X.] hat er bekundet, dass der Beschuldigte, den er im Rahmen einer Lichtbildvorlage als Anführer der [X.] wiedererkannt hat, die anderen Kämp-17
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fer ermutigt habe, die Gefangenen zu töten, und dem letzten Gefangenen selbst die Kehle durchgeschnitten habe. Bei daraufhin durchgeführten [X.] wurden u.a. zwei am 7. März 2013 im [X.] veröffentlichte [X.] gefunden, welche die Angaben des Zeugen stützen. In einem der [X.] wird über die Gefangennahme von 36 Personen im Zusammenhang mit der Eroberung des Gouverneurspalasts in [X.] durch die [X.] berichtet, und in dem anderen Video ist zu sehen, wie gefangen genommene Personen in einen Bus verbracht werden, wobei eine männliche Person arabisch spricht.
Der sich daraus ergebende Tatverdacht wird durch Äußerungen des [X.] erhärtet, die er am 21. Januar 2016 im Rahmen einer "Facebook"-Kommunikation mit einer Person namens "M.

" gemacht hat. Dabei berichtete er darüber, dass "Interpol" drei Monate lang gegen ihn ermittelt habe. In diesem Zusammenhang sprach er davon, "verraten" worden zu sein, obwohl er keinem "davon" erzählt habe; er wisse dies, da er "mit dem [X.]" worden sei: "Sie" hätten ihm "Details von dem [X.]" erzählt, die er selbst vergessen gehabt habe. Ein -
ver-hältnismäßig geringer -
Beweiswert kommt insoweit schließlich auch den Anga-ben des Zeugen

[X.].

zu, wonach Angehörige der [X.] zwischen August und Dezember 2013 nach den Kämpfen um das Rathaus in [X.] insgesamt 176 Zivilisten töteten und

[X.].

von einem "Augenzeugen" erfuhr, dass der Beschuldigte dabei gewesen sei und selbst acht Menschen getötet habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten der den dringenden Tatverdacht be-gründenden Umstände wird auf die Ausführungen in dem [X.]aftbefehl vom 13.
März 2017 und die dort in Bezug genommenen Beweismittel verwiesen.
Wenngleich den Angaben eines Zeugen, dessen Identität dem Gericht nicht bekannt ist, nur ein eingeschränkter Beweiswert zukommt (vgl. BG[X.],
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Urteile vom 12. Januar 1996 -
5 StR 756/94, BG[X.]St 42, 15, 25; vom 11.
Februar 2000 -
3 StR 377/99, [X.], 1661 jeweils mwN), und noch nicht alle im Rahmen der [X.]recherche aufgefundenen Videoaufnahmen übersetzt und ausgewertet werden konnten, begründen die
Angaben des am 9.
Februar 2017 vernommenen Zeugen in der Gesamtschau mit den beiden am 7. März 2013 im [X.] veröffentlichten [X.] sowie den weiteren Beweisan-zeichen die für die Annahme eines dringenden Tatverdachts notwendige hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Beschuldigte wegen seiner Beteiligung an der [X.]inrichtung der 36 [X.]smitarbeiter verurteilt werden wird.
cc) Danach hat sich der Beschuldigte im Zusammenhang mit diesem Vorfall mit hoher Wahrscheinlichkeit als Mitglied an der [X.] und damit an einer terroristischen Vereinigung im Ausland beteiligt und zugleich in 36 rechtlich zusammentreffenden Fällen aus niedrigen Beweggründen einen Menschen getötet, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 und 4, §
129b Abs.
1 Sätze 1 und 2, §§ 211, 25 Abs. 2, § 52 StGB. Es kann dahin-stehen, ob er zugleich in 36 rechtlich zusammentreffenden Fällen eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person getötet hat (strafbar nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 Nr. 2 [X.]), oder
ob ihm unter dem Gesichtspunkt eines Kriegsverbrechens lediglich zur Last fällt, in 36 [X.]en Fällen ge-gen eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person eine erheb-liche Strafe, insbesondere die Todesstrafe, vollstreckt zu haben, ohne dass diese Person in einem unparteiischen ordentlichen Gerichtsverfahren, das die völkerrechtlich erforderlichen Rechtsgarantien bietet, abgeurteilt worden ist, strafbar nach § 8 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 6 Nr. 2 [X.]. Denn schon der dringende Tatverdacht wegen des (in Tateinheit mit der Mitgliedschaft in der [X.] stehenden) Kriegsverbrechens im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 7 [X.] in 36 rechtlich zusammentreffenden Fällen sowie des [X.] damit verwirk-22
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lichten Mordes in 36 [X.]en Fällen
trägt für sich die Anordnung der Un-tersuchungshaft.
(1) Bei den im Tatzeitraum in [X.] stattfindenden Kämpfen zwischen der staatlichen [X.] Armee und oppositionellen Gruppierungen handelte es sich um einen nichtinternationalen bewaffneten Konflikt im Sinne des § 8 Abs. 1 [X.]. [X.]ßgebend für das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts ist der Einsatz von Waffengewalt, die einer der beteiligten Konfliktparteien zuzu-rechnen ist (BG[X.], Beschluss vom 17. Juni 2010 -
AK 3/10, BG[X.]St 55, 157, 166). Während
ein internationaler bewaffneter Konflikt die Anwendung von Waffengewalt zwischen [X.] bezeichnet, sind unter einem [X.] bewaffneten Konflikt solche Auseinandersetzungen zu verstehen, bei denen [X.] innerhalb eines Staates gegen organisierte bewaffnete Gruppen oder solche Gruppen untereinander kämpfen, sofern die Kampfhandlungen von einer gewissen Dauer und Intensität sind. Die Erfordernisse einer gewissen Or-ganisationsstruktur der betreffenden Gruppen sowie der Intensität und Dauer der bewaffneten Auseinandersetzungen stellen sicher, dass bloße innere Unru-hen, Spannungen, Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und andere ähnliche [X.]andlungen nicht als (nichtinternationale) bewaffnete Konflikte einge-stuft werden (vgl. zu allem:
BT-Drucks. 14/8524, [X.]; BG[X.], Beschluss vom 17. November 2016 -
AK 54/16, juris Rn. 23; [X.], Völkerstrafrecht, 4. Aufl., Rn. 1131, 1136, 1148 ff.; MüKoStGB/[X.]/[X.], 2. Aufl., § 8 [X.] Rn. 96, 108 ff.).
Die in [X.] stattfindenden Kämpfe zwischen den [X.] Streitkräf-ten und oppositionellen bewaffneten Gruppen gingen zur Tatzeit über bloße innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte oder vereinzelt auftretende Ge-walttaten weit hinaus. Sie dauerten im Frühjahr 2013 bereits längere
Zeit an 23
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und hatten nahezu das ganze Land erfasst. Zumindest solche Konfliktparteien wie die [X.], die [X.] und der -
damals noch so genannte -
"Islami-sche Staat im [X.] und in [X.]" ([X.]IG) waren zudem in hohem [X.]ße organi-siert: Sie waren hierarchisch strukturiert, verfügten über ein großes Ausmaß an militärischer Ausrüstung, kontrollierten weite Landesteile und waren in der [X.], ihre Kämpfer militärisch auszubilden sowie koordinierte Angriffe durchzu-führen (vgl. zu diesen Kriterien [X.], aaO Rn. 1152 [X.]. 194). Dementsprechend handelte es sich um einen bewaffneten Konflikt, der [X.] zur Tatzeit noch als nichtinternationaler anzusehen war. Ungeachtet [X.], ob der [X.] durch das Eingreifen ausländischer Kräfte inzwischen soweit "internationalisiert" ist, dass von einem internationalen bewaffneten [X.] auszugehen wäre (vgl. zur [X.] Konflikte MüKoStGB/[X.]/[X.], aaO Rn. 101 ff.), war dies [X.] im Frühjahr 2013
noch nicht der Fall.
(2) Bei den getöteten 36 Mitarbeitern der [X.] handelte es sich um nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen. Das ergibt sich aus § 8 Abs. 6 Nr. 2 [X.], wonach in einem nichtinternationalen bewaffneten
Konflikt insbesondere solche Personen als nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende anzusehen sind, die nicht unmittelbar an den Feind-seligkeiten teilnehmen und sich in der Gewalt der gegnerischen [X.]. Das war hier hinsichtlich der 36 Getöteten der Fall. Sie haben -
auch so-weit es sich um Grenzschützer, Armeeangehörige und Milizionäre handelte -
nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilgenommen, sondern waren im Zu-sammenhang mit der Eroberung des Gouverneurspalasts in [X.] gefangen genommen worden.
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Die Geschädigten befanden sich infolgedessen auch in der Gewalt der gegnerischen Partei. Das ergibt sich schon daraus, dass es sich um Mitarbeiter der [X.] handelte, gegen die sich die Kampfhandlungen der [X.] richteten.
(3) Die Tat ist schließlich auch im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt begangen worden. Der insoweit erforderliche funktionale Zusammen-hang ist gegeben, wenn das Vorliegen des bewaffneten Konfliktes für die Fä-higkeit des [X.], das Verbrechen zu begehen, für seine Entscheidung zur Tatbegehung, für die Art und Weise der Begehung oder für den Zweck der Tat von wesentlicher Bedeutung war; die Tat darf nicht lediglich "bei Gelegenheit" des bewaffneten Konflikts begangen werden ([X.], aaO Rn. 1163 ff.). Eine Tatausführung während laufender Kampfhandlungen oder eine be-sondere räumliche Nähe dazu sind hingegen nicht erforderlich (BT-Drucks. 14/8524, [X.]).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Beschuldigte war militäri-scher Anführer einer aktiv in den [X.] [X.] eingebundenen Kampf-einheit. Die Getöteten waren im Zuge von Kampfhandlungen von der [X.] gefangen genommen worden und wurden getötet, weil sie als Angehörige der gegnerischen [X.] angesehen wurden.
(4) Die Gefangenen wurden auch aus niedrigen Beweggründen im Sinne des § 211 Abs. 2 Variante 4 StGB getötet. Beweggründe sind niedrig, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Anschauung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind (st. Rspr.; vgl. etwa BG[X.], Urteil vom 13. [X.]i 2015 -
3 [X.], [X.], 308, 309). Das ist der Fall, wenn sich der Täter in Verfolgung seiner selbst gesetzten Ziele mit der Tötung über gesell-26
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schaftliche Wertentscheidungen bewusst hinwegsetzt, deren Beachtung für das Funktionieren eines demokratisch und rechtsstaatlich verfassten [X.] schlechthin konstitutiv ist, insbesondere indem er einen Gegner allein auf-grund von dessen politischer Betätigung oder Überzeugung tötet (MüKo-StGB/[X.], 2. Aufl., § 211 Rn. 89 f.). So verhielt es sich hier. Es ging dem Beschuldigten und seinen Mittätern nach Lage der Dinge ausschließlich darum, die wehrlosen Gefangenen zu töten, weil es sich aus ihrer Sicht um Angehörige des politischen Gegners und damit um "Ungläubige" handelte, die es zu töten galt, um den [X.]chtanspruch der [X.] in [X.] durchzusetzen.
dd) Die Anwendbarkeit des [X.] Strafrechts folgt hinsichtlich des dem Beschuldigten zur Last gelegten Kriegsverbrechens gegen Personen un-mittelbar aus § 1 [X.], bezüglich der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der außereuropäischen terroristischen Vereinigung [X.] infolge seines Aufenthalts im Inland aus § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB (BG[X.], Beschluss vom 6.
Oktober 2016 -
AK 52/16, juris Rn. 33 ff.) und im [X.]inblick auf die Mordtat zumindest aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Mord aus niedrigen Beweggründen ist gemäß Art. 534 Nr. 1 des [X.] Strafgesetzbuchs auch in [X.] mit Strafe bedroht, und eine Auslieferung des Beschuldigten kommt angesichts der [X.] in [X.] derzeit nicht in Betracht.
ee) Die nach § 129b Abs. 1 Sätze 2 und 3 StGB erforderliche Ermächti-gung zur strafrechtlichen Verfolgung von Mitgliedern der [X.] liegt vor.
b) Wie sich bereits den Ausführungen unter [X.] 2. a) bb) entnehmen lässt, hat sich der dringende Tatverdacht hinsichtlich der Beteiligung des Beschuldig-ten an der [X.]inrichtung der 36 [X.]smitarbeiter erst nach Erlass des [X.]aftbefehls am 1. Juni 2016 ergeben. Er resultiert aus einer Gesamtschau 30
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der Angaben des am 9. Februar 2017 vernommenen Zeugen, der anschließend bei einer [X.]recherche aufgefundenen Videoaufnahmen, der Äußerungen des Beschuldigten im Rahmen einer "Facebook"-Kommunikation vom 21.
Januar 2016 sowie der Angaben des Zeugen

[X.].

. Bei Erlass des [X.]aftbefehls vom 1. Juni 2016 waren den Ermittlungsbehörden lediglich die Äu-ßerungen des Beschuldigten anlässlich des am 29. April 2016 ausgewerteten "Facebook"-Chats bekannt. Sie allein begründeten indes ebenso wenig einen dringenden Tatverdacht wie die Angaben des Zeugen

[X.].

, der am 29.
Juni 2016 vernommen wurde, und die -
in ihrem Beweiswert eingeschränk-ten -
Angaben des am 9. Februar 2017 vernommenen gesperrten Zeugen. Auch aus einer Gesamtschau dieser Umstände ergab sich noch keine hohe [X.]. Zum dringenden Tatverdacht haben sich die Verdachtsmomente erst durch die Übersetzung und islamwissenschaftliche Bewertung der bei der [X.]recherche gefundenen Videoaufnahmen am 14.
und 16. Februar 2017 verdichtet.
c) Die dem Beschuldigten vorgeworfene Beteiligung an der [X.]inrichtung der 36 [X.]smitarbeiter ist nicht dieselbe Tat im Sinne des §
121 Abs. 1 [X.], wie sie dem Beschuldigten im [X.]aftbefehl vom 1. Juni 2016 angelastet worden ist; sie rechtfertigt auch für sich genommen den Erlass eines [X.]aftbefehls.
aa) Das dem Beschuldigten nunmehr angelastete Kriegsverbrechen ge-gen Personen (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 oder jedenfalls § 8 Abs. 1 Nr. 7 [X.]) nebst mehrfachem Mord steht zwar ebenso in Tateinheit zur mitgliedschaftlichen Be-teiligung des Beschuldigten an der außereuropäischen terroristischen Vereini-gung [X.] wie die ihm in dem ursprünglichen [X.]aftbefehl vorgewor-fene Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Indes verbin-33
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det diese mitgliedschaftliche Beteiligung die beiden Tatkomplexe nicht zu einer Tat im materiell-rechtlichen Sinn (§ 52 Abs. 1 StGB). Da es sich um unter-schiedliche geschichtliche Vorgänge handelt, liegt auch keine einheitliche Tat im prozessualen Sinne des § 264 [X.] vor (zu allem BG[X.], Beschluss vom 9.
Juli 2015 -
3 StR 537/14, BG[X.]St 60, 308, 319 f.). Unbeschadet der Frage, unter welchen -
hier nicht gegebenen -
besonderen Umständen bei Beachtung haftrechtlicher Gesichtspunkte die beiden Tatkomplexe dennoch als dieselbe Tat gemäß § 121 Abs. 1 [X.] zu bewerten wären (s. oben [X.] 1.), handelt es sich somit auch nach den allgemeinen materiell-
und verfahrensrechtlichen [X.]ßstäben bei dem neuen Tatvorwurf nicht um eine schon von dem ursprüng-lichen [X.]aftbefehl erfasste Tat.
bb) Der Beschuldigte hat schon im Falle seiner Verurteilung wegen des ihm nunmehr zur Last gelegten Kriegsverbrechens gegen Personen sowie Mordes mit einer so hohen Freiheitsstrafe zu rechnen, dass angesichts [X.] Umstände -
insoweit nimmt der Senat auf seine [X.]aftfort-dauerentscheidung vom 15. Dezember 2016 Bezug -
zumindest die Gefahr [X.], dass die Ahndung der Tat ohne weitere Inhaftierung des Beschuldigten vereitelt werden könnte. Die Anordnung der Untersuchungshaft ist deshalb auch bei der gebotenen restriktiven Auslegung der Vorschrift (vgl. [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 112 Rn. 37 mwN) jedenfalls auf den [X.]aft-grund der [X.] gemäß § 112 Abs. 3 [X.] zu stützen.
Weniger einschneidende [X.]ßnahmen im Sinne des § 116 [X.] sind nicht erfolgversprechend.
cc) Schließlich steht die Anordnung der Untersuchungshaft im [X.]inblick auf die Beteiligung des Beschuldigten an der [X.]inrichtung der 36 [X.] Re-gierungsmitarbeiter nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der 35
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im Falle der Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 112 Abs. 1 Satz 2, § 120 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dem in [X.]aftsachen allgemein geltenden Beschleunigungsgebot besonde-re Bedeutung zukommt, falls sich -
wie hier -
die [X.]aftdauer insgesamt verlän-gert, weil während des [X.] eine neue Sechsmo-natsfrist in Gang gesetzt worden ist und eine (erneute) [X.]aftprüfung gemäß den §§ 121, 122 [X.] deshalb nicht stattfindet (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Juni 2016 -
1 Ws 257/16 [X.], juris Rn. 10; [X.], Beschluss vom 3.
Januar 2001 -
(1) 4420 BL -
III -
71/00, NStZ-RR 2001, 152, 153).
3. Der Ablauf der durch den [X.]aftbefehl vom 13. März 2017 in Gang ge-setzten [X.] steht noch nicht bevor. Da der dringende Tatverdacht hinsichtlich der Beteiligung des Beschuldigten an der [X.]inrichtung der 36 syri-schen Regierungsmitarbeiter letztlich seit dem 16. Februar 2017 besteht, ist davon auszugehen, dass der [X.]aftbefehl spätestens am 17. Februar 2017 um den neuen Tatvorwurf hätte erweitert werden können. Die neue [X.] hat folglich erst an diesem Tag zu laufen begonnen.
Becker

Gericke Tiemann

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Meta

AK 14/17

06.04.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2017, Az. AK 14/17 (REWIS RS 2017, 12752)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12752

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 460/14

3 StR 537/14

2 BL 62/98

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