Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.08.2020, Az. X B 26/20

10. Senat | REWIS RS 2020, 3545

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Gegenstand

Gehörsverstoß durch Nichtbeachtung von rechtlichem Vorbringen eines Beteiligten


Leitsatz

1. NV: Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in Gestalt der sogenannten Beachtungspflicht ist verletzt, wenn das FG Äußerungen eines Verfahrensbeteiligten zu entscheidungserheblichen --auch rechtlichen-- Fragen nicht zur Kenntnis nimmt bzw. bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung zieht.

2. NV: Dies ist der Fall, wenn der Kläger in einem neuen Klageverfahren gegen einen Änderungsbescheid, der aufgrund der Hauptsacheerledigung eines früheren Klageverfahrens ergangen ist, nachvollziehbar darlegt, dem FA sei bei der Ermittlung der Höhe des abziehbaren Teilbetrags der --als solche unstreitigen-- Vorsorgeaufwendungen eine offenbare Unrichtigkeit i.S. des § 129 AO unterlaufen, das FG dieses eindeutige Vorbringen im Urteil aber dahingehend (fehl)versteht, der Kläger wolle den grundsätzlichen Inhalt der mit dem FA getroffenen Verständigung und die Wirksamkeit seiner Erledigungserklärung anzweifeln, und daher nicht prüft, ob die vom Kläger dargelegten Voraussetzungen des § 129 AO tatsächlich erfüllt sind.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des [X.] vom 05.12.2019 - 1 K 1235/19 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wurde für das Streitjahr 2010 mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen [X.]hemann ([X.]) zur [X.]inkommensteuer zusammenveranlagt.

2

Die Klägerin führte u.a. zur [X.]inkommensteuer 2010 vor dem Finanzgericht ([X.]) ursprünglich ein Klageverfahren mit dem [X.]. 1 K 752/14, in dem eine Vielzahl von [X.]inzelpunkten streitig war. In diesem Klageverfahren fand am 15.11.2017 eine mündliche Verhandlung statt, die zwar noch nicht zu einer gerichtlichen [X.]ntscheidung führte, in der zwischen den Beteiligten aber hinsichtlich mehrerer Streitpunkte eine Teileinigung erzielt wurde. Im [X.] ist zu den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung ausgeführt (Schreibfehler bereits im Original enthalten): "Zudem wird sie zusätzlich die Versicherungsbeiträge der Klägerin und ihres verstorbenen [X.]hemannes anhand der der Sitzung vom Prozessbevollmächtigten überreichten Aufstellung der … Versicherung bei den Vorsorgeaufwendungen berücksichtigen (Anlage). Zusätzlich will sie gedanklich wie bereits schriftsätzlich angekündigt – ein Betrag von 1.733 [X.] als Zuschüsse berücksichtigen." Bei der im Protokoll erwähnten Anlage handelt es sich um eine Bescheinigung des Versicherungsunternehmens, in der für [X.] monatliche Beiträge von 505,61 [X.] (jährlich 6.067,32 [X.]; davon 877,44 [X.] für die Pflegeversicherung) und für die Klägerin monatliche Beiträge von 515,94 [X.] (jährlich 6.191,28 [X.]; davon 877,44 [X.] für die Pflegeversicherung) mitgeteilt wurden. Ferner waren die nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des [X.]inkommensteuergesetzes ([X.]StG) abziehbaren Teile der Vorsorgeaufwendungen angegeben.

3

Mit Schreiben vom 11.09.2018 vertrat die Klägerin die Auffassung, im Rahmen der Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a [X.]StG seien die vollen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Vorsorgeaufwendungen zu berücksichtigen. Sie strebe nun eine Verständigung mit dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --[X.]--) an.

4

Am 12.09.2018 richtete das [X.] ein Schreiben an das [X.], in dem es heißt: "In Sachen … konnte zwischen den Beteiligten heute eine [X.]inigung gefunden werden. Neben den bereits getroffenen Vereinbarungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2017 werden im Hinblick auf … Sonderausgaben für die Klägerin Beiträge in Höhe von [X.] 3.879,24 [X.], [X.] 877,44 [X.] sowie für den [X.]hemann [X.] 3.702,24 [X.], [X.] 877,44 [X.] sowie [X.] 1.733, Zuschüsse stufenweise berücksichtigt; weiterhin können Haftpflichtversicherungsbeiträge in Höhe von [X.] 287,50 in Ansatz gebracht werden … Hinsichtlich der bislang nicht besteuerten [X.] wurde bereits vorangegangenen Termin eine Änderung nach § 177 [X.] angekündigt. Der Beklagte verpflichtet sich zur entsprechenden Änderung des gegenständlichen Bescheids. Der Rechtsstreit wird in der Hauptsache für erledigt erklärt."

5

Gleichfalls mit Schriftsatz vom 12.09.2018 erklärte die Klägerin gegenüber dem [X.]: "In dem Verfahren … wird mit Bezug auf das Schreiben des [X.] vom 12.09.2018 auch für die Klägerin der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt – nicht bedingt durch die nachfolgenden Darlegungen. Das Finanzamt hat sich zu einer Neubescheidung für 2010 mit abgestimmten Modifizierungen verpflichtet. Die mitgeteilten Annahmen des [X.] zu den Sonderausgaben beruhen dabei auf Meldungen der Krankenkasse, die hier nur bedingt verständlich sind. Per Saldo ergeben die aufgelisteten Beträge abzugsfähige Aufwendungen von [X.] 11.357,-. Bei einer Günstigerprüfung wären maximal [X.] 11.472,- berücksichtigungsfähig. … Mit der [X.]rwähnung einer stufenweisen Berücksichtigung wird konkludent auf das Berechnungsverfahren der Günstigerprüfung verwiesen (beginnend mit dem [X.] usw.). …"

6

Mit Beschluss vom 12.10.2018 entschied das [X.], nachdem der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt war, über die Kosten des Verfahrens.

7

Am 16.10.2018 erging der im vorliegenden Verfahren angefochtene Änderungsbescheid zur [X.]inkommensteuer 2010, der an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin als [X.]mpfangsbevollmächtigten für die Klägerin gerichtet war. Das [X.] stützte die Änderung auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung ([X.]) und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. [X.]s erfasste in dem Bescheid u.a. sonstige [X.]inkünfte des [X.] aus Leibrenten und zog Vorsorgeaufwendungen in Höhe von insgesamt 7.892 [X.] als Sonderausgaben ab. In den [X.]rläuterungen zum Bescheid findet sich u.a. die folgende Formulierung: "Die Günstigerprüfung hat ergeben, dass die [X.]rmittlung der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen nach der Rechtslage 2004 zu einem günstigeren [X.]rgebnis führt." In der Rechtsbehelfsbelehrung hieß es u.a., gegen die Festsetzung der [X.]inkommensteuer sei der [X.]inspruch gegeben.

8

Der genannte Betrag von 7.892 € ist vom [X.] wie folgt ermittelt worden:

- Krankenversicherung Klägerin

3.879,24 €

- Pflegeversicherung Klägerin

877,44 €

- Krankenversicherung [X.]

3.702,24 €

- Pflegeversicherung [X.]

877,44 €

- abzüglich Zuschüsse (1.528 € + 205 €)

./. 1.733,00 €

- Haftpflichtversicherung

287,50 €

Summe 

7.890,86 €

9

Die Klägerin legte gegen den Bescheid [X.]inspruch ein, den sie --telefonisch-- u.a. mit einer aus ihrer Sicht zu geringen Höhe der abgezogenen Vorsorgeaufwendungen begründete. Das [X.] wies den [X.]inspruch zurück und führte hinsichtlich der Vorsorgeaufwendungen zur Begründung aus, diese seien mit den Werten angesetzt worden, die das Krankenversicherungsunternehmen elektronisch und schriftlich übermittelt habe.

Im anschließenden Klageverfahren machte die Klägerin u.a. geltend, der für Vorsorgeaufwendungen abgezogene Betrag sei trotz Anwendung der Günstigerprüfung zu gering. Richtigerweise hätte sich bei Anwendung der bis 2004 geltenden Rechtslage der folgende Betrag ergeben müssen (Rechenfehler hier korrigiert):

- Kranken-/Pflegeversicherung Klägerin

6.191,28 €

        

- Kranken-/Pflegeversicherung [X.]

6.067,32 €

        

- abzüglich Zuschüsse

./. 1.733,00 €

        

- Haftpflichtversicherung

       287,50 €

        

- berücksichtigungsfähige Vorsorgeaufwendungen

      =  10.813,10 €

        

- [X.]

./. 6.136,00 €

           6.136 €

- Grundhöchstbetrag

  ./. 2.668,00 €

2.668 €

- verbleibende Vorsorgeaufwendungen

=  2.009,10 €

        

- hälftiger Höchstbetrag

./. 1.004,55 €

1.005 €

- Summe der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen

        

9.809 €

Infolge eines Rechenfehlers beantragte die Klägerin vor dem [X.] den Abzug von 9.827 [X.].

Das [X.] wies die Klägerin darauf hin, dass es die Klage für unzulässig halte, weil sie sich gegen einen Änderungsbescheid richte, der im [X.] an übereinstimmende [X.]rledigungserklärungen ergangen sei. Hierauf erwiderte die Klägerin, grundsätzlich komme statt einer neuen Klage auch die Fortführung des früheren Verfahrens in Betracht. Nach der im Änderungsbescheid enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrung sei allerdings der [X.]inspruch gegeben. [X.]ine bindende Verständigung auf die Höhe der im angefochtenen Bescheid abgezogenen Vorsorgeaufwendungen habe es nie gegeben. Die vom [X.] vorgenommene [X.]rmittlung der Höhe der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen dürfte eine offenbare Unrichtigkeit i.S. des § 129 [X.] aufweisen. Da diese Vorschrift auch eine Berichtigung bestandskräftiger Steuerbescheide ermögliche, sei eine Klage insoweit zulässig. Hinzu komme, dass das [X.] eine steuererhöhende Saldierung nach § 177 [X.] vorgenommen habe, so dass jedenfalls im Umfang dieser Saldierungen die [X.]rhebung von [X.]inwendungen möglich sei.

Das [X.] verwarf die Klage als unzulässig. Zur Begründung führte es aus, soweit die Klägerin die Wirksamkeit ihrer [X.]rledigungserklärungen anzweifeln wolle, könne dies nur durch Fortsetzung des früheren Verfahrens erreicht werden, nicht aber durch [X.]rhebung einer neuen Klage.

Auch die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 16.10.2018 sei unzulässig. Nach § 42 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) i.V.m. § 351 Abs. 1 [X.] könnten Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte änderten, nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reiche, es sei denn, dass sich aus den Änderungsvorschriften etwas anderes ergebe. Da der im ursprünglichen Klageverfahren angefochtene [X.]inkommensteuerbescheid mit der Abgabe der übereinstimmenden [X.]rledigungserklärungen unanfechtbar geworden sei, habe der Änderungsbescheid einen unanfechtbaren Verwaltungsakt geändert. Zwar sei das [X.] nach Treu und Glauben zu der zugesagten Änderung verpflichtet gewesen. Setze das [X.] eine solche Zusage aber zutreffend um, sei eine Anfechtung des Änderungsbescheids unzulässig. Die Voraussetzungen des § 129 [X.] seien nicht erfüllt, da die Beteiligten nicht über den irrtümlich fehlerhaften Ansatz einer Besteuerungsgrundlage stritten, sondern über den grundsätzlichen Inhalt der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen. Aus § 177 [X.] folge nichts anderes, weil es sich nicht um eine Korrekturvorschrift, sondern um eine Korrekturbegrenzungsvorschrift handele.

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängeln.

Das [X.] hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist begründet. Es liegt ein von der Klägerin geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des [X.] beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O).

1. Die Klägerin rügt zu Recht eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--). Das [X.] hat ihr Vorbringen zu § 129 [X.] nicht berücksichtigt.

a) Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in Gestalt der sogenannten Beachtungspflicht ist verletzt, wenn das [X.] Äußerungen eines Verfahrensbeteiligten zu entscheidungserheblichen Fragen nicht zur Kenntnis nimmt bzw. bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung zieht. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht zwar nicht, sich mit Ausführungen auseinanderzusetzen, auf die es für die Entscheidung nicht ankommt. Das Gericht ist auch nicht verpflichtet, sich mit jedem Beteiligtenvorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich auseinanderzusetzen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist jedoch verletzt, wenn das Gericht Sachverhalt und Sachvortrag, auf den es ankommen kann, nicht nur nicht ausdrücklich bescheidet, sondern überhaupt nicht berücksichtigt (zum Ganzen Senatsbeschluss vom 13.03.2015 - X B 138/14, [X.], 982, Rz 24, m.w.N.).

b) Die Klägerin hatte im Schriftsatz vom 03.12.2019 vorgetragen, das [X.] habe die Änderungsveranlagung entgegen der Amtspflicht zur Günstigerprüfung unrichtig i.S. des § 129 [X.] vorgenommen. Angesichts der offensichtlichen Fehlerhaftigkeit der im Änderungsbescheid enthaltenen Ermittlung der Höhe der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen nach der --hier maßgeblichen-- bis 2004 geltenden Rechtslage hätte das [X.] diesem Vorbringen der Klägerin nachgehen müssen, zumal die Klägerin gegenüber dem [X.] die zutreffende Ermittlung der Vorsorgeaufwendungen (abgesehen von einem geringfügigen Rechenfehler) auch betragsmäßig dargelegt hatte. Es hat in seinem Urteil in diesem Zusammenhang aber lediglich ausgeführt, der Streit der Beteiligten betreffe nicht den irrtümlich fehlerhaften Ansatz einer Besteuerungsgrundlage, sondern den grundsätzlichen Inhalt der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen.

Damit verkennt das [X.] den --unmissverständlichen-- Inhalt des Vorbringens der Klägerin in einer Weise, die als Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs anzusehen ist. Gerade gegenteilig zu der Annahme des [X.] hatte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt den Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen in Frage gestellt. Inhalt dieser "Vereinbarungen" konnte bei sachgerechter Auslegung vielmehr nur sein, dass die von dem Versicherungsunternehmen bescheinigten Vorsorgeaufwendungen in dem gesetzlich zulässigen Umfang berücksichtigt werden. Die Frage, zu welchem konkreten, die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindernden Betrag die gesetzliche vorgegebene Berechnungsweise der Höhe des abziehbaren Betrags führen würde, war der Disposition der Beteiligten hingegen entzogen, weil sich dieser Betrag aus der Anwendung der zwingenden gesetzlichen Regelungen ergibt (zur Unzulässigkeit einer --vom [X.] wohl letztlich unterstellten-- tatsächlichen Verständigung über Rechtsfragen vgl. Senatsurteil vom 22.08.2012 - X R 23/10, [X.], 173, [X.], 76, Rz 33). Die Klägerin hatte insoweit in ihrem --vom [X.] nicht hinreichend beachteten-- Schriftsatz vom 03.12.2019 zutreffend darauf hingewiesen, dass die Günstigerprüfung von Amts wegen vorzunehmen ist. Das betragsmäßige Ergebnis einer solchen Günstigerprüfung kann --anders als das [X.] wohl meint-- nicht Gegenstand einer Vereinbarung zwischen den Beteiligten sein. Streitig war damit im [X.]-Verfahren allein, ob dem [X.] bei der Anwendung der Günstigerprüfung Fehler unterlaufen sind, von denen jedenfalls nach dem derzeitigen Stand der Sachaufklärung nicht auszuschließen ist, dass es sich um Rechen- oder Eingabefehler i.S. des § 129 [X.] handeln könnte.

2. Der Senat hält es für angezeigt, nach § 116 Abs. 6 [X.]O zu verfahren, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat --ohne Bindungswirkung für das [X.]-- auf die folgenden Punkte hin:

a) Im zweiten Rechtsgang wird das [X.] der von der Klägerin aufgeworfenen Frage nachgehen müssen, ob der fehlerhafte Ansatz der Vorsorgeaufwendungen im angefochtenen Änderungsbescheid vom 16.10.2018 tatsächlich auf einer offenbaren Unrichtigkeit i.S. des § 129 [X.] beruht. Hierzu hat es bisher keine Feststellungen getroffen.

b) Darüber hinaus hat das [X.] im Zusammenhang mit seiner Subsumtion unter die Regelung des § 351 Abs. 1 [X.] offenbar übersehen, dass der angefochtene Bescheid vom 16.10.2018 verfahrensrechtlich auf § 164 Abs. 2 [X.] gestützt worden ist und der Vorbehalt der Nachprüfung zugleich aufgehoben wurde. § 351 Abs. 1 [X.] bewirkt in diesen Fällen keine Einschränkung der Änderungsbefugnis (Entscheidungen des [X.] vom 11.03.1999 - V B 24/99, [X.], 128, [X.] 1999, 335, unter [X.], und vom 16.01.2013 - II R 66/11, [X.], 191, [X.] 2014, 266, Rz 15).

Sollte der Vorbehalt der Nachprüfung im Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheids tatsächlich noch wirksam gewesen sein, käme es auf die aufgeworfenen Fragen zu § 129 [X.] nicht mehr an.

c) Sollte es --entgegen den vorstehenden [X.] tatsächlich keine verfahrensrechtliche Möglichkeit zur Änderung des allein gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheids vom 16.10.2018 mehr geben, weist der Senat zur Herstellung von Rechtsfrieden darauf hin, dass dann außerhalb des vorliegenden Verfahrens die Möglichkeit bestehen dürfte, das materiell-rechtlich zutreffende Ergebnis der Günstigerprüfung wenigstens in dem ggf. noch ausstehenden Änderungsbescheid gegenüber den weiteren Inhaltsadressaten des [X.] --den Erben nach [X.] anzusetzen.

3. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

4. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]O ab.

Meta

X B 26/20

13.08.2020

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 5. Dezember 2019, Az: 1 K 1235/19, Urteil

Art 103 Abs 1 GG, § 129 AO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.08.2020, Az. X B 26/20 (REWIS RS 2020, 3545)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3545

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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