Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2016, Az. XII ZB 313/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4754

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[X.]:[X.]:BGH:2016:280916BXIIZB313.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 313/16
vom
28.
September
2016
in der Unterbringungssache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
FamFG §§ 68 Abs. 3, 319 Abs. 1 Satz 1
Zur Erforderlichkeit der erneuten Anhörung des Betroffenen durch das Be-schwerdegericht in einer Unterbringungssache (im [X.] an Senatsbe-schluss vom 1.
Juni 2016

XII
ZB
23/16

FamRZ 2016, 1354).

BGH, Beschluss vom 28. September 2016 -
XII ZB 313/16 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
28.
September
2016
durch den
Vorsitzenden Richter Dose
und [X.]
[X.], Dr.
Nedden-Boeger, Dr.
Botur
und Guhling
beschlossen:
Dem Betroffenen wird als Beschwerdeführer für das Verfahren der Rechtsbeschwerde ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr.
H.

beigeordnet.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der
11.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 1.
Juni
2016
aufgehoben.
Die Sache
wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Land-gericht zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Der im Jahre 1986 geborene Betroffene leidet unter einer paranoiden Schizophrenie. Außerdem liegt bei ihm [X.] mit Krankheitswert vor.
Wegen dieser Erkrankungen war er seit 2009 immer wieder öffentlich-rechtlich untergebracht und steht unter anderem in den Bereichen [X.], Aufenthaltsbestimmung und Entscheidung über Unterbringung und unterbringungsähnliche Maßnahmen unter Betreuung. Nachdem er seit dem 1.
Februar 2016 erneut auf der Grundlage des [X.]
-
3
-
Kranken-Gesetzes
in einer psychiatrischen Klinik untergebracht war, hat sein Betreuer die Genehmigung der zivilrechtlichen Unterbringung des Betroffenen für die Dauer eines Jahres
beantragt.
Das Amtsgericht hat ein schriftliches Sachverständigengutachten sowie die Stellungnahme des den Betroffenen behandelnden Stationsarztes eingeholt, die den Betroffenen in der Klinik behandelnden Ärzte und den Betroffenen per-sönlich angehört und mit Beschluss vom 20.
Mai 2016 die Unterbringung des Betroffenen bis zum 30.
November 2016 betreuungsgerichtlich genehmigt. Der Betroffene
hat hiergegen Beschwerde eingelegt, woraufhin die Berichterstatte-rin der [X.] eine telefonische Auskunft des behandelnden Sta-tionsarztes eingeholt
hat. Anschließend hat das [X.] die Beschwerde zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
Der angefochtene Beschluss ist schon deshalb aufzuheben, weil

wie die Rechtsbeschwerde im Ergebnis zutreffend rügt

das [X.] zu Unrecht entschieden hat, ohne den Betroffenen per-sönlich anzuhören.
1. Die in §
319 Abs.
1 Satz
1 FamFG enthaltene Verpflichtung des [X.], vor der Entscheidung über eine Unterbringungsmaßnahme den Betroffe-nen persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen, besteht nach §
68 Abs.
3 Satz
1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren. Zwar räumt §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG auch in einem Unterbringungsverfahren dem Beschwerdegericht die Möglichkeit ein, von einer 2
3
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5
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4
-
erneuten Anhörung des Betroffenen abzusehen, etwa wenn die erstinstanzliche Anhörung des Betroffenen nur kurze Zeit zurückliegt, sich nach dem Akteninhalt keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen oder rechtlichen Gesichts-punkte ergeben, das Beschwerdegericht das in den Akten dokumentierte [X.] der erstinstanzlichen Anhörung nicht abweichend werten will und es auf den persönlichen Eindruck des Gerichts von dem Betroffenen nicht ankommt (Senatsbeschluss vom 1.
Juni 2016

XII
ZB
23/16

FamRZ 2016, 1354 Rn.
16
f. [X.]). Zieht das Beschwerdegericht für seine Entscheidung hingegen eine neue Tatsachengrundlage heran, gebietet dies eine erneute persönliche Anhörung des Betroffenen (Senatsbeschluss vom 1.
Juni 2016

XII
ZB
23/16

FamRZ 2016, 1354 Rn.
18 [X.]).
2. Nach diesen Maßstäben hat das [X.] vorliegend [X.] von der persönlichen Anhörung des Betroffenen abgesehen.
Das [X.] hat seine Entscheidung unter anderem mit der Erwä-gung begründet, die telefonische Auskunft des behandelnden Arztes habe er-geben, dass sich an den grundsätzlichen Feststellungen zum Gesundheitszu-stand des Betroffenen nichts geändert habe und eine therapeutische [X.] dringend erforderlich sei. Diese erst am Tag der Beschlussfassung über die Beschwerde eingeholte fachärztliche Einschätzung war mithin Grundlage der rechtlichen Würdigung des [X.]s, dass auch zum Zeitpunkt der zweitinstanzlichen Entscheidung die Tatbestandsvoraussetzungen einer Unter-bringung nach §
1906 Abs.
1 Nr.
1 und
2 BGB beim Betroffenen vorlagen. [X.] stützte es sich aber entscheidungstragend auf ein anderes Ermittlungser-gebnis als das Amtsgericht, so dass die Voraussetzungen des §
68
Abs.
3 Satz
2 FamFG nicht gegeben waren.
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7
-
5
-
Daran ändert der vom [X.] angeführte Umstand, dass die Be-schwerdekammer den Betroffenen im Rahmen eines anderen Beschwerdever-fahrens am 21.
April 2016 persönlich angehört hatte, nichts. Denn diese Anhö-rung
war zeitlich noch vor der erstinstanzlichen Unterbringungsgenehmigung erfolgt und konnte dem [X.] schon nicht die eigenständige Beurteilung ermöglichen, inwieweit die fachärztliche Stellungnahme vom 1.
Juni 2016 zum aktuellen Gesundheitszustand und
Behandlungsbedarf des Betroffenen zutref-fend war. Dies gilt im Übrigen umso mehr, als der Betroffene seitdem mehr als fünf Wochen
stationär behandelt worden war.
3. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Sache an das
[X.] zurückzuverweisen (§
74 Abs.
5, Abs.
6 Satz
2 FamFG).
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9
-
6
-
Die weiteren von der Rechtsbeschwerde erhobenen [X.] sind [X.] unbegründet. Von einer weiteren Begründung wird nach §
74 Abs.
7
FamFG abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung ei-ner einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

Dose
[X.]
Nedden-Boeger

Botur
Guhling

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.05.2016 -
82 XVII 337/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 01.06.2016 -
11 [X.]/16 -

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Meta

XII ZB 313/16

28.09.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2016, Az. XII ZB 313/16 (REWIS RS 2016, 4754)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4754

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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