Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2010, Az. III ZR 173/09

III. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 10427

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/09 Verkündet am: 14. Januar 2010 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 164 Abs. 1, § 167 Abs. 1; [X.] § 1 Abs. 2 Satz 1 Der Umfang einer Innenvollmacht, die der Patient dem ihn behandelnden Arzt zum Zwecke der Beauftragung eines externen [X.]es mit einer Blutunter-suchung stillschweigend erteilt, richtet sich grundsätzlich danach, was im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] für eine medizinisch notwendige ärztliche Versor-gung erforderlich ist. [X.], Urteil vom 14. Januar 2010 - [X.]/09 - [X.] - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2010 durch den Vizepräsidenten [X.] sowie [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 5. Juni 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand Die [X.]en streiten über die Bezahlung von medizinischen Laborunter-suchungen. 1 Die Klägerin betreibt Laboranalytik und verrichtet [X.] zur Unterstützung von Ärzten. Der privat versicherte [X.] leidet seit länge-rem an Diabetes Typ I[X.] Er befand sich zunächst in Behandlung bei dem nie-dergelassenen Arzt Prof. Dr. J.

. Im Oktober 2007 wandte er sich an [X.] . Dieser führte unter anderem eine körperliche Untersuchung, eine Sonographie sowie eine Blutentnahme durch. Mit Überweisungsschein vom 2 - 3 - 19. Oktober 2007 übersandte er das dem [X.]n entnommene Blut an die Klägerin mit dem Auftrag, den [X.] festzustellen bzw. einen speziellen [X.] auszuschließen. Die Klägerin führte zu diesem Zweck Gentests durch. Ihre auf der Grundlage der Gebührenordnung für Ärzte ([X.]) erstellten Rechnungen vom 14. Dezember 2007 sowie 11. Januar und 8. Februar 2008 über zusammen 5.367,15 • bezahlte der [X.] nicht. Die daraufhin [X.] Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Hiergegen wendet sich der [X.] mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Entscheidungsgründe Die zulässige Revision ist begründet. 3 [X.] Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der [X.] sei zur Bezahlung der Rechnungen verpflichtet, da [X.]

in seinem Namen und mit entspre-chender Vollmacht die Blutuntersuchung in Auftrag gegeben habe. Das [X.] des Patienten mit der Blutentnahme zum Zwecke einer Untersuchung beinhalte die stillschweigende Ermächtigung des behandelnden Arztes zur Auswahl und Beauftragung des Labors im Namen des Patienten. Fraglich kön-ne hier allenfalls der Vollmachtsumfang sein. Dieser bestimme sich bei einer Innenvollmacht danach, wie der Vertreter [X.] das Verhalten des [X.]n nach [X.] und Glauben verstehen durfte. Im Streitfall fehle es im Beru-fungsverfahren an jeglichen Hinweisen auf konkrete Äußerungen des [X.]n zum Umfang der gewünschten Untersuchung. Der teilweise anders lautende 4 - 4 - erstinstanzliche Vortrag sei von der Berufungsbegründung nicht aufgenommen worden. Daher könne der Wille des [X.]n lediglich nach der Verkehrssitte unter Berücksichtigung des Grundsatzes von [X.] und Glauben bestimmt wer-den. Es komme auf den Umfang der üblicherweise an bestimmte Berufsgrup-pen - hier an Ärzte - erteilten Vollmacht an. Die Übertragung von Aufgaben, de-ren ordnungsgemäße Erfüllung eine bestimmte Vertretungsmacht erfordere, enthalte dabei zugleich stillschweigend eine entsprechende Bevollmächtigung. [X.] habe den [X.]n danach so verstehen müssen, dass dieser ihn zur Veranlassung sämtlicher Laboruntersuchungen bevollmächtige, deren Er-gebnisse er für die weitere Behandlung habe kennen müssen. Der [X.] stelle die generelle Notwendigkeit der Erhebung der streitgegenständlichen La-borbefunde auch nicht in Abrede, da er sich in der Berufungsbegründung nur noch darauf berufe, dass der vorbehandelnde Arzt die fraglichen Werte bereits erhoben habe. Sämtliche beauftragten und von der Klägerin vorgenommenen Untersuchungen seien deshalb als für die weitere Diabetesbehandlung [X.] anzusehen. Die eventuell bestehende Möglichkeit, die Befunde von Prof. Dr. J. zu erhalten, habe keinen Einfluss auf den Umfang der Vollmacht. Es sei schon fraglich, warum der [X.] sich überhaupt habe Blut abnehmen lassen, wenn bei Prof. Dr. J. alle erforderlichen Werte vorgelegen [X.]. Der [X.] trage auch nicht vor, dass er [X.] ausdrücklich oder konkludent aufgefordert habe, sich bestimmte Werte bei Prof. Dr. J. zu besorgen, und dass er nur einen Teil der benötigten Untersuchungen neu in Auftrag gegeben habe. [X.] habe dem Verhalten des [X.]n unter diesen Umständen keine Beschränkung des üblichen Umfangs der Vollmacht entnehmen müssen, sondern dieses vielmehr so verstehen dürfen, dass der [X.] ihn umfassend mit der Beschaffung der nötigen Laborwerte beauftra-ge und es ihm überlasse, über den [X.] zu entscheiden und zu diesem Zweck auch andere Leistungserbringer im Namen des [X.]n zu - 5 - beauftragen. Bei einer Massenerscheinung wie der streitgegenständlichen Vollmacht verbiete sich eine allzu ausdifferenzierte Bestimmung des [X.]sumfangs. Die Frage, ob [X.]

beim Gebrauch der Vollmacht [X.] Pflichten verletzt habe, müsse zwischen diesem und dem Patienten geklärt werden; auf den Inhalt der Vollmacht habe eine eventuelle Pflichtverletzung keine Auswirkung. I[X.] Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 5 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass bei der Inanspruchnahme eines externen [X.]es durch den behandelnden Arzt letzterer im Regelfall als Stellvertreter des Patienten tätig wird. [X.] er Untersuchungsmaterial des Patienten an den [X.], erteilt er den damit verbundenen Auftrag grundsätzlich im Namen des Patienten. Hat dieser ihn dazu bevollmächtigt, wird neben dem [X.] zwischen dem Patienten und dem Arzt ein weiteres eigenständiges Vertragsverhältnis zwi-schen dem Patienten und dem [X.] begründet. Nur dies entspricht [X.] dem Willen und Interesse der Beteiligten sowie den Bedürfnissen der Praxis (vgl. [X.] 142, 126, 130 ff; siehe auch [X.], Urteil vom 20. Juni 1989 - [X.] - [X.], 1051, 1052; [X.], NJW-RR 1998, 344, 345; [X.], [X.] 1999, 275, 278; [X.], [X.], 718, 719; [X.], NJW-RR 2007, 269; [X.], [X.], 12. Aufl., § 823 Anh. II, Rn. 10; [X.]/Weinland in: jurisPK-[X.], 4. Aufl., § 164, Rn. 18; Laufs, Arztrecht, 5. Aufl., Rn. 97; Laufs/[X.], Handbuch des [X.], 3. Aufl., § 41 Ziffer VII; [X.]/[X.], Arzthaftungsrecht, 4. Aufl., Rn. 17). Von 6 - 6 - diesen Grundsätzen ist auch hier auszugehen. Gegen die Annahme des [X.], dass [X.] im Namen des [X.]n die streitgegenständ-liche Untersuchung in Auftrag gegeben hat, wendet sich die Revision deshalb zu Recht nicht. 2. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, dass [X.] hierzu vom [X.]n bevollmächtigt worden ist. 7 a) Soweit die Erteilung einer Vollmacht durch Erklärung gegenüber dem zu [X.] - sogenannte Innenvollmacht im Sinne des § 167 Abs. 1 Alt. 1 [X.] - erfolgt, richtet sich der Umfang der Vollmacht danach, wie der [X.] als Empfänger der Erklärung diese bei objektiver Würdigung aller Umstände unter Berücksichtigung von [X.] und Glauben verstehen musste ([X.], Urteile vom 19. November 1979 - [X.] - [X.] § 133 (B) [X.], Nr. 18, und 9. Juli 1991 - [X.] - NJW 1991, 3141; MünchKomm-[X.]/[X.], 5. Aufl., § 167, Rn. 80; [X.]/Schilken, [X.], Neubearb. 2004, § 167, Rn. 84; Soergel/Leptien, [X.], 13. Aufl., § 167, Rn. 39; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 167, Rn. 23). Bei der Auslegung sind insoweit auch die begleitenden Umstände, insbesondere der Zweck der [X.] und das zugrunde liegende Rechtsgeschäft zu berücksichtigen ([X.], Urteile vom 18. März 1970 - [X.] - [X.] 1970, 1126, und 9. Juli 1991 - [X.] - aaO; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO). Auf die [X.] kommt es nicht an; insoweit gibt es keinen Vertrauensschutz zu seinen Gunsten (siehe auch [X.], Urteil vom 7. März 1990 - [X.] - NJW-RR 1990, 701, 703; MünchKomm-[X.]/ [X.], aaO; Soergel/Leptien, aaO). Hierbei enthält die Übertragung von Aufgaben, deren ordnungsgemäße Erfüllung eine bestimmte Vollmacht erfor-8 - 7 - dert, regelmäßig stillschweigend zugleich eine entsprechende Bevollmächtigung ([X.]/[X.], [X.], 69. Aufl., § 167, Rn. 1, § 172, Rn. 19 m.w.N.). b) Ist zwischen dem behandelnden Arzt und dem Patienten nicht bespro-chen worden, zu welchem Zweck die Blutprobe untersucht werden soll, richtet sich der nach [X.] und Glauben sowie unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zu beurteilende Umfang der Vollmacht danach, welche Laboruntersuchungen für die medizinisch notwendige weitere Behandlung objektiv - nicht nach der subjektiven Meinung des behandelnden Arztes - benötigt werden. Insoweit kann bei einer Innenvollmacht auch nicht darauf abgestellt werden, dass der Labor-arzt selbst dies regelmäßig nicht überprüfen kann und er insoweit auf den [X.] Arzt vertraut (anders [X.], aaO, S. 345; [X.], aaO). 9 aa) Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] darf ein Arzt Vergütungen nur für Leis-tungen berechnen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizi-nisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen, darf er nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind. § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] zieht insoweit aus der - sich nach [X.] und Glauben aus dem Behandlungsvertrag und dem ärztlichen Berufsrecht erge-benden - Verpflichtung des Arztes, seine Leistungen nach den Regeln der [X.] Kunst auszurichten sowie den Gesichtspunkt wirtschaftlicher Leistungs-erbringung zu beachten, die gebührenrechtliche Folgerung (vgl. [X.]. 295/82, S. 12; siehe auch [X.]/[X.]/[X.], Abrechnung von Arzt- und Kran-kenhausleistungen, 3. Aufl., § 1 [X.], Rn. 10 f). Hierbei hat der Verordnungs-geber insbesondere die Fälle im Auge gehabt, in denen bereits verwertbare Röntgen- oder Laborbefunde vorliegen, die zur Diagnose herangezogen werden 10 - 8 - können ([X.]. 295/82, S. 13; siehe auch Lang/[X.]/Stiel/ [X.], Der [X.]-Kommentar, 2. Aufl., § 1, Rn. 15). [X.]) Kann ein Arzt damit im Falle der Eigenleistung medizinisch nicht er-forderliche Untersuchungen dem Patienten grundsätzlich nicht in Rechnung stellen, darf er umgekehrt, soweit er mit solchen Leistungen einen externen La-borarzt beauftragt, regelmäßig nicht davon ausgehen, dass ihm der Patient da-zu stillschweigend Vertretungsmacht erteilt hat. 11 c) Hiervon ausgehend ist es rechtsfehlerhaft, wenn das Berufungsgericht es für den Umfang der Vollmacht als unerheblich einstuft, ob für den Arzt die Möglichkeit der Nutzung von [X.] besteht. Es steht einem Arzt nicht frei, neue Untersuchungen zu Lasten des Patienten in Auftrag zu geben, wenn er die entsprechenden Informationen von dem vorbehandelnden Arzt erfragen kann. Zwar wird die Neuerhebung von Befunden nicht selten medizinisch sinn-voll sein. Da Krankheitsbilder vielfach Krankheitsprozesse darstellen, in deren Verlauf zeitnahe Kontrollen erforderlich sind, bedarf es häufig der Durchführung aktueller Untersuchungen (vgl. nur [X.], Gebührenordnung für Ärzte, 3. Aufl., Stand Oktober 2003, § 1 [X.], Rn. 6). Auch mag im Einzelfall der mit der Einholung entsprechender Auskünfte verbundene Aufwand oder die damit verbundene Verzögerung der ärztlichen Behandlung es als geboten erscheinen lassen, eine Neubefundung vorzunehmen. [X.] geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Vielmehr hat [X.] eine sog. Statusuntersuchung zur Abklä-rung des [X.]s vornehmen lassen, obwohl er nach dem Vortrag des [X.]n, den das Berufungsgericht gesehen, aber nicht hinreichend [X.] hat, diesen auch von dem vorbehandelnden Arzt hätte erfragen können. Dass ein neuer Statusbefund notwendig gewesen wäre, ist vom Berufungsge-richt nicht festgestellt worden und nach Aktenlage auch nicht ersichtlich. Vor 12 - 9 - diesem Hintergrund konnte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, dass der [X.] [X.] im Zusammenhang mit der Entnahme der Blutprobe zum Zwecke der Untersuchung nicht nur mit einer Bestimmung der aktuellen Blutzuckerwerte, sondern auch mit einer Genuntersuchung zur Feststellung des [X.]s beauftragen wollte. 3. Das Berufungsurteil ist darüber hinaus - wie die Revision zu Recht rügt - insoweit rechtsfehlerhaft, als das erstinstanzliche Vorbringen des [X.]n mit der Begründung nicht berücksichtigt wurde, dieser Sachvortrag sei von der [X.] nicht "aufgenommen" worden. 13 a) Nach dem Tatbestand des landgerichtlichen Urteils hat der [X.] behauptet, er habe [X.] darauf hingewiesen, dass er lediglich ganz nor-male Untersuchungen und keine sogenannte Statusuntersuchung wünsche. Letztere sei auch medizinisch überflüssig gewesen, weshalb sie von seinem Krankenversicherer nicht bezahlt worden sei. [X.] , dem er mitgeteilt ha-be, dass seine Erkrankung vorher von Prof. Dr. J. behandelt wurde, sei deshalb nicht bevollmächtigt gewesen, die teuren Gentests, die [X.] im Patientengespräch auch nie erwähnt habe, in seinem Namen in Auftrag zu ge-ben. 14 In der [X.] vom 12. August 2008 - das [X.] hat in [X.]m Urteil zur Ergänzung des Tatbestands auf das wechselseitige Vorbringen der [X.]en in ihren Schriftsätzen Bezug genommen - hat der [X.] im Übrigen vorgetragen, er habe [X.]

über seine Krankheitsvorgeschichte informiert und dabei die bereits bei der Terminsvereinbarung gegenüber dem Personal gemachten Hinweise - unter anderem auf [X.] - wiederholt. 15 - 10 - Im Rahmen seiner informatorischen Anhörung durch das [X.] am 20. November 2008, auf die die Kammer im Tatbestand ihres [X.] hat, hat der [X.] ergänzend angegeben, seine Versicherung habe er-klärt, die abgerechnete Untersuchung sei nicht notwendig gewesen und würde nur bei [X.] durchgeführt. 16 Mit diesem Vortrag hat sich das [X.] auf der Grundlage seiner - rechtsfehlerhaften - Auffassung nicht auseinandergesetzt, dass Absprachen im Innenverhältnis zwischen [X.]

und dem [X.]n sowie die Frage der Indikation der streitgegenständlichen Untersuchung nicht entscheidungser-heblich seien, da es für einen vertraglichen Anspruch der Klägerin gegen den [X.]n ausreiche, dass der [X.] sich von [X.] Blut zum Zwecke einer Untersuchung habe abnehmen lassen und insoweit eine nach außen un-beschränkte konkludente Vertretungsmacht bestanden habe. 17 Mit seiner Berufungsbegründung vom 21. Januar 2009, auf die im Tatbe-stand des Berufungsurteils verwiesen wird, hat der [X.] sich ausdrücklich gegen die Annahme einer solchen Bevollmächtigung gewandt. Entscheidend sei, wie der Bevollmächtigte nach seinem objektiven Empfängerhorizont das Verhalten des Vollmachtgebers habe verstehen dürfen. Die Zustimmung zur Blutentnahme bevollmächtige nicht zum Abschluss eines Vertrags über die Durchführung eines Gentests, jedenfalls nicht unter Berücksichtigung der Um-stände des konkreten Falles. Unstreitig habe er sich schon lange Jahre wegen [X.] in Behandlung befunden; diesen Typ habe der vorbehandelnde Arzt Prof. Dr. J. bereits eindeutig bestimmt gehabt. Er sei deshalb davon ausgegangen, dass es - wie routinemäßig bei Diabetikern mit einem Kosten- 18 - 11 - aufwand von ca. 150 • - nur um eine gewöhnliche Blutuntersuchung gehe. Die gegenteilige Auffassung des [X.]s mache das Einverständnis des [X.] zu einer Blutentnahme zur Erteilung einer Blankovollmacht über den [X.] sämtlicher denkbarer Laboruntersuchungen, unabhängig von deren medizinischer Indikation sowie deren Umfang und deren Kosten. b) Das Berufungsgericht musste sich vor diesem Hintergrund damit [X.], ob die Auffassung des [X.]s, Absprachen im Innenverhältnis zwischen [X.] und dem [X.]n sowie die Frage der Indikation der streitgegenständlichen Untersuchung seien nicht entscheidungserheblich, recht-lich zutreffend war oder nicht. 19 Abgesehen davon, dass der [X.] sich mit seiner Berufung gerade gegen die diesbezügliche Argumentation des [X.]s gewandt hatte, be-durfte es keiner ausdrücklichen Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags. Vielmehr gelangt mit einer zulässigen Berufung grundsätzlich der gesamte aus den Akten ersichtliche Prozessstoff erster Instanz ohne weiteres in die Beru-fungsinstanz ([X.], Urteil vom 27. September 2006 - [X.] - NJW 2007, 2414, 2416 Rn. 16). Darauf, ob diese Umstände mit der Berufungsbegründung in Form einer Berufungsrüge im Einzelnen aufgegriffen werden, kommt es schon deshalb nicht an, weil das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu einer umfassenden materiell-rechtlichen Überprüfung verpflichtet und im Rahmen einer zulässigen Berufung nicht an die geltend gemachten [X.] gebunden ist. 20 - 12 - Dass der [X.] seinen erstinstanzlichen Vortrag etwa hat fallen las-sen, ist im Übrigen nicht ersichtlich. Zwar kann dies auch konkludent gesche-hen. Die Annahme, eine [X.] wolle in dieser Weise erhebliches Vorbringen nicht mehr aufrechterhalten, setzt jedoch eindeutige Anhaltspunkte voraus; im Zweifel obliegt es dem Gericht zu klären, ob eine [X.] Sachvortrag nicht auf-rechterhalten will ([X.], Urteil vom 28. Mai 1998 - [X.] - NJW 1998, 2977, 2978). Hierfür fehlen ausreichende Anhaltspunkte. Auch die Klägerin ist hiervon nicht ausgegangen, da sie in ihrer Berufungserwiderung dem [X.]n entgegengehalten hat, er verkenne, dass ein Verstoß des Arztes gegen etwaige einschränkende Abreden mit dem Patienten nur das Innen-, nicht aber das Au-ßenverhältnis betreffe, so dass - wie das [X.] zutreffend ausgeführt ha-be - der diesbezügliche Vortrag nicht entscheidungserheblich gewesen sei. 21 4. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurückzuverwei-sen. Die Klägerin wird Gelegenheit erhalten, zum Bestehen einer etwaigen [X.] des behandelnden Arztes gegebenenfalls ergänzend vorzutragen und, da sie für das Vorliegen einer Vollmacht die Beweislast trägt, hierzu Beweis an-zubieten. Dabei kann letztlich die Klage - auch unabhängig von der Frage der Vollmachtserteilung - nur dann Erfolg haben, wenn die Erstellung eines neuen Statusbefundes nach § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich war. Ist dies zu verneinen, so steht der Kläge-rin auch dann keine Vergütung zu, wenn sie den von [X.] erteilten [X.] erfüllt hat und sie auf der Grundlage ihres Kennt-nisstands keine Veranlassung hatte, die medizinische Notwendigkeit 22 - 13 - des Auftrags in Zweifel zu ziehen (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tag in der Sache [X.]/09). [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.11.2008 - 4 O 6008/08 - [X.], Entscheidung vom 05.06.2009 - 5 U 2590/08 -

Meta

III ZR 173/09

14.01.2010

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2010, Az. III ZR 173/09 (REWIS RS 2010, 10427)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10427

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