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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
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PDF anzeigen[X.]/03vom13. Februar 2004in der [X.] -Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 13. Februar 2004 gemäß § 349Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. Juni 2003 im jeweiligen Strafausspruchmit den Feststellungen aufgehoben.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlungund Entscheidung, auch über die [X.]sten der Rechtsmittel, an ei-ne andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.Gründe:A. Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen [X.] in [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und die Angeklagte [X.]. wegen [X.] in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun [X.] verurteilt. Die Vollstreckung dieser Strafen hat das [X.] zur Be-währung ausgesetzt.Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten, mitdenen sie beide die Sachrüge erheben und die Angeklagte [X.]. auch [X.] geltend [X.] 3 -Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge im Hinblick auf den [X.] Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im übrigen sind sie unbegründet imSinne des § 349 Abs. 2 StPO.B. Nach den Feststellungen des [X.] hat der Angeklagte [X.]zweimal als zuständiger Notar wider besseren Wissens beurkundet, daß [X.] über eine Buchgrundschuldbestellung zugunsten [X.] S. in seiner Gegenwart vorgelesen, durch beide erschiene-nen Eheleute ([X.]. ) genehmigt und eigenhändig unterschrieben [X.]. Die Angeklagte [X.]. , die im Notariat des Angeklagten [X.] als Büroan-gestellte arbeitete, hatte zuvor der Zeugin [X.]. mitgeteilt, daß sie die Ur-kunde zuhause durch ihren Ehemann unterschreiben lassen und mit [X.] zurückkommen solle.In dem [X.] zwischen Herrn [X.]. (dessen Unterschrift vonFrau [X.]. gefälscht wurde) und der Kreissparkasse S. überdie Löschung beider Grundschulden wurde der Angeklagte [X.]vor seinerZeugenaussage vor der 5. Zivilkammer des [X.] Mühlhausen überseine Wahrheitspflicht und eine Strafbarkeit im Falle einer Falschaussage alsZeuge belehrt. Wider besseren Wissens sagte er unter anderem aus, daß [X.] gewesen sei, daß Frau [X.]. mit bereits unterschriebenenUrkunden zu ihm in die Praxis hätte kommen können. Auf seine bewußt falscheAussage wurde er vereidigt.In einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen Frau [X.]. sagte er nach Belehrung über seine Wahrheitspflicht als Zeuge über den [X.] erneut bewußt falsch aus. Er wurde auf seine Aussage ver-eidigt. Im anschließenden Strafverfahren gegen Frau [X.]. wurde er [X.] über seine Wahrheitspflicht als Zeuge belehrt und zusätzlich darüber, daß- 4 -er auf solche Fragen, durch deren richtige Beantwortung er sich selbst belaste,nicht zu antworten brauche. Er sagte gleichwohl bewußt wahrheitswidrig ausund wurde vereidigt.Die Angeklagte [X.]. wurde ebenfalls im strafrechtlichen Ermittlungsver-fahren und später im Strafverfahren jeweils gegen Frau [X.]. als Zeuginvernommen und sagte bei beiden Vernehmungen bewußt wahrheitswidrig unteranderem aus, daß die Urkunden den Parteien nicht zur Unterschrift nach [X.] mitgegeben wurden. Sie war zuvor jeweils als Zeugin über ihre Wahrheits-pflicht belehrt worden und im Strafverfahren zusätzlich auch darüber, daß sieauf Fragen, mit deren richtiger Beantwortung sie sich oder einen nahen [X.] selbst belaste, nicht zu antworten brauche. In beiden Fällen wurde sieauf ihre wissentlich falsche Aussage vereidigt.Das Verfahren gegen den Angeklagten [X.] bezüglich der [X.]en im Amt und weiterer Delikte wurde in der Hauptverhandlung ge-mäß § 154 Abs. 1, Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt (UA S. 22).Das [X.] hat beim Angeklagten [X.] in allen drei Fällen [X.] des § 157 StGB für gegeben erachtet und jeweils den [X.] nach § 49 Abs. 2 StGB gemildert. [X.] schwere Fälle (§ 154 Abs. 2StGB) hat es abgelehnt. Bei der Angeklagten [X.]. hat das [X.] jeweilseinen minder schweren Fall (§ 154 Abs. 2 StGB) angenommen, die Vorausset-zungen des § 157 StGB aber für beide Taten [X.] -C. Beide Strafaussprüche haben rechtlich keinen Bestand.[X.] Angeklagter [X.]1. [X.] im [X.] (Herr [X.]. gegen [X.])Das [X.] hat rechtsfehlerhaft nicht zugunsten des [X.], daß ihm bei seiner Vernehmung gemäß § 384 Nr. 2 ZPO [X.] aus sachlichen Gründen zustand, über das er nichtbelehrt wurde. Zwar ist eine solche Belehrung - anders als bei einem Teil [X.] aus persönlichen Gründen (§ 383 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1Nrn. 1 bis 3 ZPO) - nicht ausdrücklich vom Gesetz vorgeschrieben. [X.] weitgebend die Übung, eine Belehrung zu erteilen. Ist sie [X.] läßt sich - wie hier - weder ausschließen, daß der Angeklagte in [X.] vom Weigerungsrecht war, noch daß er möglicherweise sonst nicht [X.] hätte, liegt ein bedeutsamer Strafmilderungsgrund vor (vgl. auch [X.] vom 20. Juli 1977 - 2 StR 282/77). Darauf, ob dem [X.]Gericht bekannt war, daß beim Angeklagten die Voraussetzungen des § 384ZPO vorlagen, kommt es nicht an (vgl. [X.], 134).2. [X.] im Ermittlungsverfahren gegen Frau [X.]. a) Der Tatrichter hat rechtsfehlerhaft nicht zugunsten des Angeklagtengewertet, daß dieser über sein Auskunftsverweigerungsrecht (§ 55 Abs. 2StPO) nicht belehrt wurde (vgl. hierzu u.a. [X.], 341). Maßgebend istauch hier, daß objektiv ein Auskunftsverweigerungsrecht gegeben war; auf [X.] des [X.] Richters kommt es nicht an (vgl. u.a. [X.]R [X.] 157 Abs. 1 Falschaussage, uneidliche 3; [X.] StV 1987, 195; 1995, 249).- 6 -Der [X.] kann zum einen nicht sicher ausschließen, daß dem Ange-klagten sein Auskunftsverweigerungsrecht nicht bekannt war, zum anderenauch nicht, daß dieser ansonsten keine Aussage gemacht hätte, mag auch [X.], daß er bei seiner dritten Vernehmung nach Belehrung über s[X.] von diesem keinen Gebrauch gemacht hat, eingegenteiliges Indiz sein.b) Der Tatrichter hat es rechtsfehlerhaft auch unterlassen, zugunstendes Angeklagten zu erörtern, ob ein Eidesverbot gemäß § 60 Nr. 2 StPO be-stand.Den Urteilsgründen läßt sich nicht (eindeutig) entnehmen, welche Straf-tat(en) Frau [X.]. in dem Ermittlungsverfahren vorgeworfen wurde(n). [X.] nahe, daß der Angeklagte der Tat, die den Gegenstand der Untersuchunggegen Frau [X.]. bildete, oder der Beteiligung an ihr verdächtig war. [X.] insbesondere in Betracht, wenn Frau [X.]. eine mittelbare [X.] (§ 271 StGB) oder Teilnahme (§§ 26, 27 StGB) an der [X.] im Amt (§ 348 StGB) vorgeworfen wurde.Ein Verstoß gegen das [X.] stellt einen Strafmilderungs-grund dar, unabhängig davon, ob [X.] zu diesem Zeit-punkt einen entsprechenden Verdacht haben konnte (vgl. u.a. [X.], 30 f.;[X.]R StGB § 154 Abs. 2 Milderungsgründe 1 und [X.] 1 und2).3. [X.] im Strafverfahren gegen Frau [X.]. Hier wurde zwar nach § 55 Abs. 2 StPO belehrt, aber trotz der objektivgegebenen Voraussetzungen des § 60 Nr. 2 StPO [X.] abgenommen. [X.] hat der Tatrichter rechtsfehlerhaft nicht [X.] gewürdigt. Der Strafmilderung steht nicht entgegen, daß [X.] sich als Zeuge nicht auf sein Aussageverweigerungsrecht nach§ 55 StPO berufen hat (vgl. u.a. [X.], 521; [X.]R StGB § 157 Abs. 1Selbstbegünstigung 1 und 6; [X.]sbeschluß vom 16. August 2000 - 2 [X.]/00).4. Der [X.] kann nicht ausschließen, daß die verhängten [X.] die Rechtsfehler für den Angeklagten günstiger ausgefallen wären. [X.] Tatrichter in allen drei Fällen den Strafrahmen des § 154 StGB gemäߧ§ 157, 49 Abs. 2 StGB gemildert hat, steht dem nicht entgegen. Sowohl diefehlende Belehrung über ein Zeugnisverweigerungsrecht (§ 384 ZPO) oder [X.] (§ 55 Abs. 2 StPO) als auch der Verstoß gegenein [X.] (§ 60 Nr. 2 StPO) sind jeweils selbständige Strafmilde-rungsgründe, die kumulativ zugunsten eines Angeklagten zu werten sind (vgl.hierzu u.a. [X.], 341; 1995, 249 = wistra 1993, 258; [X.]R [X.] 157 Abs. 1 Selbstbegünstigung 4; [X.]R StGB § 154 Abs. 2 [X.] Aufhebung der Einzelstrafen zieht die Aufhebung der [X.] nach sich.I[X.] Angeklagte [X.]. 1. [X.] im Ermittlungsverfahren gegen Frau [X.]. a) Der Tatrichter hat rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen des § 157StGB unter Hinweis darauf, daß sich die Angeklagte im Vorfeld des [X.]nicht strafbar gemacht habe, verneint. Es liegt nahe, daß der Angeklagten [X.] im Notariat jedenfalls bekannt war, daß ein Notar nicht [X.] darf, daß zwei Personen in seiner Gegenwart ihre Unterschrift geleistet- 8 -haben, wenn nur eine Person - noch dazu im Wartezimmer - anwesend ist. In-soweit kommt durch die Mitgabe der Urkunden nach Hause mit der Aufforde-rung, sie dort von Herrn [X.]. unterschreiben zu lassen, eine Strafbarkeitnach §§ 348, 27 StGB in Betracht. Es drängte sich daher auf, daß bei der [X.] die Voraussetzungen des § 157 StGB gegeben waren, der einenvertypten Strafmilderungsgrund darstellt. Zur Anwendung des § 157 StGB wür-de im übrigen genügen, wenn der Beweggrund nicht auszuschließen ist (vgl.[X.]R StGB § 157 Abs. 1 Falschaussage uneidliche, 2).b) Der Tatrichter hat es weiter rechtsfehlerhaft unterlassen, zugunstender Angeklagten zu werten, daß sie nicht über ihr Auskunftsverweigerungsrecht(§ 55 Abs. 2 StPO) belehrt wurde (vgl. dazu oben C. [X.] 2. a). Der [X.] [X.] ausschließen, daß die Angeklagte nach entsprechender Belehrung [X.] verweigert hätte. Bei ihrer zweiten Vernehmung hat sie zwar nachBelehrung auch gemäß § 55 Abs. 2 StPO zunächst ausgesagt, dann aber -ohne ihre Aussage konkludent zu widerrufen - doch weitere Auskünfte verwei-gert.c) Ein weiterer Rechtsfehler ist darin zu sehen, daß die Angeklagte unterVerstoß gegen § 60 Nr. 2 StPO vereidigt wurde, obwohl sie - objektiv - der Tat,welche den Gegenstand der Untersuchung gegen Frau [X.]. bildete oderder Beteiligung an ihr verdächtig war (vgl. dazu oben C. [X.] 2. b).2. [X.] im Strafverfahren gegen Frau [X.]. a) Auch hier sind die Voraussetzungen des § 157 StGB rechtsfehlerhaftverneint worden. Soweit der Tatrichter insoweit die Anwendung des § 157StGB wegen "verschuldeten [X.]" ([X.]) abgelehnt hat, kanndem nicht gefolgt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu u.a.- 9 -[X.]R StGB § 157 Abs. 1 Selbstbegünstigung 5 = [X.], 249, 250; [X.],Beschluß vom 21. März 1995 - 4 StR 87/95) wird die durch § 157 StGB eröff-nete Strafmilderungsmöglichkeit nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Ange-klagte den Aussagenotstand durch seine früheren falschen Angaben [X.] herbeigeführt hat.Unabhängig davon waren hier die Voraussetzungen des § 157 [X.] unter dem Aspekt zu prüfen, daß bereits im Vorfeld (vgl. oben C. I[X.] 1. a)der [X.]e eine Straftat der Angeklagten im Raume stand, die bei ihr zu ei-nem Aussagenotstand führte.Der Anwendung des § 157 StGB steht nicht entgegen, daß die Ange-klagte trotz Belehrung über ihr Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 [X.] hat (vgl. u.a. [X.]R StGB § 157 Abs. 1 Selbstbegünstigung 1; [X.] vom 16. August 2000 - 2 StR 279/00 m.w.[X.]) Der Tatrichter hat es auch hier rechtsfehlerhaft unterlassen, zuguns-ten der Angeklagten zu werten, daß - objektiv - ein [X.] bestand(vgl. oben C. I[X.] 1. c).3. Auch bei der Angeklagten [X.]. beruht der jeweilige Einzelstrafaus-spruch auf den aufgezeigten [X.]. Zwar hat der Tatrichter im [X.] eine "Zwangslage" der Angeklagten für beide Taten einen minder schwerenFall (§ 154 Abs. 2 StGB) bejaht und mit Freiheitsstrafen von sechs [X.] sieben Monaten Strafen an der untersten Grenze verhängt. Gleichwohlkann der [X.] nicht ausschließen, daß der Tatrichter "ohne Verbrauch" desvertypten Milderungsgrundes des § 157 StGB minder schwere Fälle bejaht [X.] - ohne Verstoß gegen § 50 StGB - zusätzlich eine Verschiebung [X.] des § 154 Abs. 2 StGB gemäß §§ 157 Abs. 1, 49 Abs. 2 [X.] 10 -vorgenommen hätte (vgl. dazu [X.], 134). Dann kann weiter nichtsicher ausgeschlossen werden, daß der Tatrichter noch mildere Einzelstrafenverhängt hätte.Die Aufhebung der beiden Einzelstrafen zieht die Aufhebung der Ge-samtfreiheitsstrafe nach sich.D. Durch die Teilaufhebung des angefochtenen Urteils ist die Beschwer-de des Angeklagten [X.] gegen den Strafaussetzungsbeschluß (§ 268 aAbs. 1 StPO) des [X.] gegenstandslos. Ohnehin war im vorliegendenFall die Sache insoweit noch nicht entscheidungsreif, da der [X.] nicht begründet wurde, eine (begründete) Nichtabhilfeentscheidungnicht ergangen ist und das Beschwerdevorbringen erhebliche Tatsachenbe-hauptungen enthält (vgl. [X.]St 34, 392).Rissing-van Saan Detter [X.]
Meta
13.02.2004
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2004, Az. 2 StR 408/03 (REWIS RS 2004, 4559)
Papierfundstellen: REWIS RS 2004, 4559
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
2 StR 279/00 (Bundesgerichtshof)
5 StR 328/04 (Bundesgerichtshof)
5 StR 219/12 (Bundesgerichtshof)
Meineid: Minder schwerer Fall bei Verstoß gegen Vereidigungsverbot
4 StR 275/09 (Bundesgerichtshof)
5 Ws 375/14 (Oberlandesgericht Hamm)
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