30. Senat | REWIS RS 2012, 2153
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Markenbeschwerdeverfahren – "NC" – teilweise fehlende Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis -
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2009 064 962.6
hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 18. Oktober 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] am Amtsgericht Backes
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 24. November 2010 und vom 21. März 2011 aufgehoben, soweit darin die Anmeldung für andere Waren als „Datenverarbeitungsgeräte und Computer“ und für die beanspruchten Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Zur Eintragung als Wortmarke in das vom [X.] geführte Register ist angemeldet
[X.]
für die Waren und Dienstleistungen
„Klasse 9:
Wissenschaftliche, Vermessungs-, fotografische, optische, Mess-, Signal-, Kontrollapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Apparate und Instrumente für die Regulierung und Steuerung von elektrischem Strom; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und [X.]; Software; elektrische Steuerungseinrichtungen für Windenergieanlagen und Windparks, Programme (Software) zur Steuerung von Windenergieanlagen und Windparks; elektrische Schutzvorrichtungen (Sicherungen), insbesondere gegen Überspannungen, [X.], [X.], Kurzschlüsse; Überwachungsapparate (elektrisch), Stromwandler, elektrische Schalter (Stromunterbrecher), elektrische Schalter, Schaltgeräte (elektrisch), integrierte Schaltkreise, Schaltpulte (Elektrizität), Chips (integrierte Schaltkreise); elektrische Schaltungen, elektrische Frequenzumrichter, elektrische Sensoren, elektrische Sensoren zur Messung meteorologischer Größen; Anemometer (Windmesser), [X.], [X.], Interfaces (Schnittstellengeräte oder Programme für [X.]), Spannungsmesser, Stromstärkemesser, elektrische Transformatoren, Zentraleinheiten für die Datenverarbeitung
[X.]:
Elektrogeneratoren, Notstromaggregate, Notstromgeneratoren, Stromgeneratoren, Wechselstromgeneratoren
Klasse 38:
Telekommunikation; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im [X.]; Verschaffen des Zugriffs zu Datenbanken, Bereitstellung des Zugriffs auf Datenbanken im [X.], Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen, Daten, Messwerte im [X.], Telekommunikation mittels Plattformen und Portalen im [X.], elektronischer Austausch von Daten mittels [X.]plattformen; Bereitstellung des Zugriffs auf [X.]programme in Datennetzen; E-Mail-Dienste, [X.], Kurzmitteilungsdienste, nämlich Versand von [X.] ([X.]) und [X.] (MMS) über Telekommunikationsnetze; Kommunikation durch faseroptische Netzwerke, Personenrufdienste (Rundfunk, Telefon oder mit anderen Mitteln elektronischer Kommunikation), Übermittlung von Nachrichten
Klasse 42:
Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von [X.]hard- und -software; technische und ökologische Energieberatung, technische Konfiguration von Energienetzwerken, soweit in Klasse 42 enthalten; technische Entwicklung von Energienetzwerken, technische Planung für Dritte im Zusammenhang mit dem Betrieb von Anlagen zur Versorgung mit Elektrizität, Wärme, Wasser und Kälte; Konfiguration von [X.] durch Software; Erstellung, Pflege, Wartung und Aktualisierung von [X.]; Design und Erstellung von [X.]seiten; Beratung auf dem Gebiet der Energieeinsparung; technische Beratung für den Betrieb und technische Betreuung von Windparks, technische Beratung von Windenergieanlagenbetreibern; wissenschaftliche Forschung in Bezug auf Windenergieanlagen und deren Teilen; technische Entwicklung und technische Überprüfung (Inspektion) von Windenergieanlagen und deren Teilen; Entwicklung von Programmen (Software) zur Steuerung von Windenergieanlagen und Windparks, Dienstleistungen von Ingenieuren, Forschungen auf dem Gebiet der Technik“.
Die Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen vom 24. November 2010 und vom 21. März 2011 - letzterer ist im Erinnerungsverfahren ergangen - wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Das angemeldete Zeichen sei für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen unmittelbar sachlich beschreibend. Es stehe als Abkürzung für „Network [X.]“ („Netzwerk [X.]“) und weise deshalb darauf hin, dass es sich bei den so bezeichneten Waren um solche für Netzwerk [X.] bzw. um Netzwerk [X.] handele. Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 38 bringe „[X.]“ zum Ausdruck, dass diese mittels eines [X.]s erbracht würden bzw. die kommunikationstechnische Infrastruktur hierfür bereitstellten. Die beanspruchten EDV-Dienstleistungen, die wissenschaftlichen Dienstleistungen und Forschungsarbeiten könnten dem Betrieb und der (Weiter-) Entwicklung von Netzwerk [X.]n dienen oder mit solchen erbracht werden. Für die angesprochenen Verkehrskreise, insbesondere technisch versierte Fachkreise, sei dies eindeutig, da sonstige [X.] im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ausschieden.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, dass der Buchstabenfolge „[X.]“ im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen keine beschreibende Bedeutung entnommen werden könne. Vom angesprochenen Verkehr, der sowohl aus versierten Fachkreisen als auch aus durchschnittlich informierten Verbrauchern bestehe, werde sie weder mit „Netzwerk [X.]“ oder „[X.]“ gleichgesetzt noch in diesem Sinne auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen bezogen. „[X.]“ sei eine vieldeutige Abkürzung, wobei insbesondere für Verbraucher die Bedeutung „Netzwerk [X.]“ nicht im Vordergrund stehe. Den von der Markenstelle zitierten Fundstellen sei nur zu entnehmen, dass es sich beim Netzwerk [X.] um ein technisches Konzept aus der Vergangenheit handele.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s vom 24. November 2010 und vom 21. März 2011 aufzuheben.
Hilfsweise hat sie ein eingeschränktes Waren- und Dienstleistungsverzeichnis eingereicht.
Insoweit und wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache zum überwiegenden Teil Erfolg. Die angemeldete Marke ist nur hinsichtlich der Waren „Datenverarbeitungsgeräte und [X.]“ wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen. Die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb insoweit zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]). Im Übrigen kann dem angemeldeten Zeichen weder jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden noch liegt ein Freihaltebedürfnis vor.
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. [X.] [X.], 228, Nr. 33 - [X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 220, Nr. 27 - BioID; [X.], 935, Nr. 8 - [X.]; [X.], 138, Nr. 23 - [X.]; [X.], 850, 854, Nr. 18 - [X.]). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist dabei zum einen in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen.
Hiervon ausgehend sind Wortmarken von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann ([X.], 417, 418 - [X.]; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch) oder wenn es sich um Angaben handelt, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.], 1100, Nr. 23 - [X.]!; [X.], 411, Nr. 9 - [X.]; [X.], 850, Nr. 19 - [X.]; [X.], 465, 468 - Bonus).
näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen. Ein der Annahme der Unterscheidungskraft entgegenstehender Aussagegehalt der Marke muss deshalb so deutlich und unmissverständlich hervortreten, dass er für die beteiligten Verkehrskreise unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennbar ist. Die bloße theoretische Möglichkeit, dass die eine oder andere Sachaussage durch die Marke vermittelt werden könnte, reicht zur Verneinung der Unterscheidungskraft nicht aus (vgl. [X.], 270, Nr. 12 - Link economy). Besondere Bedeutung gewinnt dies bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit von nicht als Wort aussprechbaren Buchstabenfolgen bzw. Abkürzungen. Insoweit muss in einer auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen bezogenen Einzelfallbeurteilung festgestellt werden, dass die betreffende Zeichenfolge auf dem einschlägigen Gebiet als beschreibende Angabe benutzt und verstanden werden kann ([X.] 2012, 283, 284 - B&P m. w. N.).
2. Nach diesen Grundsätzen verfügt die angemeldete Bezeichnung „[X.]“ für „Datenverarbeitungsgeräte und [X.]“ nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft.
Wie die Markenstelle ermittelt und belegt hat, ist „[X.]“ in einer Reihe von Abkürzungsverzeichnissen und sonstigen Nachschlagewerken als Abkürzung für „Netzwerk-[X.]“ bzw. „network computer“ aufgeführt. Allerdings finden in derartige Verzeichnisse nicht selten auch solche Abkürzungen Eingang, die nur vereinzelt benutzt werden, im Verkehr aber nicht als Fachabkürzungen gebräuchlich sind; andererseits stellt es ein Indiz für den beschreibenden Sinngehalt einer Abkürzung dar, wenn sich in einschlägigen Verzeichnissen oder sonstigen Quellen auch die Langform mit der betreffenden Abkürzung findet (vgl. [X.] 38, 182, 183 - [X.]). Das ist hier nach den Ermittlungen der Markenstelle der Fall (s. Anlagen zum Beschluss vom 24. November 2010 sowie [X.] zum Stichwort „[X.]“). Bei dieser Sachlage kommt eine Eintragung der angemeldeten Marke für „Datenverarbeitungsgeräte und [X.]“ nicht in Betracht, da es sich insoweit um [X.] handeln kann.
Für die übrigen Waren und Dienstleistungen ist hingegen eine andere Beurteilung angezeigt. Diese weisen ganz überwiegend schon keinen ersichtlichen, jedenfalls keinen spezifischen Zusammenhang mit [X.]n auf. Was z. B. elektrische Frequenzumrichter oder die technische Entwicklung von Energienetzwerken mit Netzwerk-[X.]n zu tun haben sollen, zeigt die Markenstelle nicht auf und ist auch nicht ersichtlich. Dass einige dieser Waren mit einem Netzwerk-[X.] benutzt, ihn mit Informationen versorgen oder von ihm angesteuert werden könnten, reicht insoweit nicht aus. Die Waren sind nämlich insofern universell einsetzbar, als sie auch mit jedem bzw. für jeden anderen [X.] verwendet werden können, der kein Netzwerk-[X.] ist. Besonders deutlich ist dies für die Waren der [X.], die von einem [X.] nur gesteuert werden können. Dasselbe gilt für den Großteil der beanspruchten Dienstleistungen, insbesondere die der Klasse 38.
Ein kleiner Teil der beanspruchten Waren und Dienstleistungen kann allerdings einen engeren Zusammenhang mit [X.]n aufweisen, etwa Software, Chips oder die Forschungen auf dem Gebiet der Technik. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Buchstabenfolge „[X.]“ als Abkürzung für „Netzwerk-[X.]“, soweit ersichtlich, keine weite Verbreitung gefunden hat und es sich um ein weitgehend überholtes technisches Konzept handelt. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht wahrscheinlich, dass der Verkehr der angemeldeten Marke für Waren und Dienstleistungen, für die „[X.]“ keine unmittelbar beschreibende Bedeutung hat, in erster Linie eine Sachinformation, nicht aber einen betrieblichen Herkunftshinweis entnimmt.
Für das angemeldete Zeichen besteht in Bezug auf diese Waren und Dienstleistungen auch kein Freihaltungsbedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Denn es ist aus den genannten Gründen nicht ersichtlich, dass „[X.]“ als konkrete Angabe über Eigenschaften oder die Bestimmung dieser Waren und Dienstleistungen dienen könnte. Es besteht folglich kein Allgemeininteresse, die freie Verwendung des Zeichens insoweit einzuschränken.
Die Beschwerde hat deshalb mit Ausnahme der Waren „Datenverarbeitungsgeräte und [X.]“ Erfolg.
3. Erörterungen zu dem gestellten Hilfsantrag erübrigen sich, da die Beschwerde über die mit dem Hilfsantrag beanspruchten Waren und Dienstleistungen hinaus Erfolg hat.
Meta
18.10.2012
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.10.2012, Az. 30 W (pat) 54/11 (REWIS RS 2012, 2153)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 2153
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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