Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.11.2020, Az. 35 W (pat) 401/19

35. Senat | REWIS RS 2020, 286

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Gegenstand

Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren - Löschungsverfahren – Feststellung der Unwirksamkeit – Unzulässigkeit der Erweiterung des Schutzbereichs


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Gebrauchsmuster 20 2010 018 385

(hier: Feststellung der Unwirksamkeit)

hat der 35. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] sowie des Richters Dr. [X.] und der Richterin Schenk

beschlossen:

1. Der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des [X.] vom 18. Oktober 2018 wird abgeändert. Es wird festgestellt, dass das [X.] 20 2010 018 385 in dem Umfang von Anfang an unwirksam war, in welchem es über den Gegenstand der Schutzansprüche 1 – 7 gemäß Hilfsantrag 3, übergeben in der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2020, hinausgeht. Im Übrigen werden der Feststellungsantrag der Antragstellerin und die Beschwerde der Antragsgegnerin 3 zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Löschungs- und des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit des Gebrauchsmusters 20 2010 018 385 (i. F.: [X.]).

2

Das am 2. März 2016 beantragte [X.] ist aus der Patentanmeldung 10 2020 013 148.2 mit Anmeldetag 27. März 2010 abgezweigt worden. Es ist am 16. März 2016 mit den [X.]n 1 – 11 und der Bezeichnung „[X.]“ in das Gebrauchsmusterregister eingetragen worden. Es ist Ende März 2020 nach Ablauf der Schutzdauer erloschen. Die Antragsgegnerin 3 war mit dem Antragsgegner 1, der Antragsgegnerin 2 und dem Antragsgegner 4 als Mitinhaber des [X.]s eingetragen.

3

Die dem [X.] zugrundeliegende Erfindung betrifft eine zweiteilige Münze, die aus einem inneren scheibenförmigen Teil und einem konzentrischen äußeren ringförmigen Teil besteht. Beide Teile sind form- und kraftschlüssig miteinander verbunden und bestehen üblicherweise aus unterschiedlichen massiven Legierungen und/oder aus metallischen mehrschichtigen Werkstoffen (Abs. 0001 der Gebrauchsmusterschrift, [X.].). Aufgabe der Erfindung ist gemäß Abs. 0003 [X.], eine [X.] bereitzustellen, die die Sicherheit der Prüfung der elektronischen Messparameter in Münzautomaten erhöht, die dauerhaft einen definierten Übergangswiderstand zwischen [X.] und Scheibe gewährleistet, die im üblichen Hand-zu-Hand-Umlauf eine verbesserte visuelle Erkennung ermöglicht und die elektrochemische Korrosionseffekte an der Grenzfläche zwischen [X.] und Scheibe ausschließt.

4

Der eingetragene Schutzanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

5

1. [X.]

6

mit einem inneren scheibenförmigen Teil (1) und einem konzentrischen äußeren ringförmigen Teil (2), die dauerhaft zu einem Verbund gefügt sind,

7

sowie einer zwischen innerem scheibenförmigen Teil (1) und äußerem ringförmigem Teil (2) angeordneten elektrisch isolierenden Isolierschicht (3),

8

wobei die Isolierschicht (3) transluzente Eigenschaften hat und Farbeffekte einschließt.

9

Die eingetragenen [X.] 2 bis 9 sind auf den Schutzanspruch 1 rückbezogene [X.], zu deren Wortlaut auf die [X.]. verwiesen wird.

Die eingetragenen, nebengeordneten [X.] 10 und 11 haben folgenden Wortlaut:

10. Münze mit dem [X.] nach einem der Ansprüche 1 bis 9, wobei der Verbund aus innerem scheibenförmigen Teil (1) und äußerem ringförmigen Teil (2) eine Prägung aufweist.

11. Medaille mit dem [X.] nach einem der Ansprüche 1 bis 8.

Gegen das [X.] hat die Antragstellerin mit Schriftsatz v. 15. April 2016 Löschungsantrag in vollem Umfang gestellt. Sie hat den Löschungsantrag auf die Löschungsgründe der fehlenden Schutzfähigkeit und der unzulässigen Erweiterung gestützt. Der Gegenstand des [X.]s sei gegenüber dem Gegenstand der [X.] deswegen unzulässig erweitert, weil die [X.] auf eine [X.] und nicht allgemein auf einen [X.] gerichtet gewesen sei, ferner der Gegenstand der [X.] auf eine Isolierschicht gerichtet sei, die die Eigenschaften „transparent, halbtransparent (translucent) und opalisierend“ nebeneinander aufweise und „transluzent“ nicht isoliert für sich in der [X.] offenbart worden sei, und die „Münze mit [X.]“ nach Schutzanspruch 10 sowie die „Medaille“ nach Schutzanspruch 11 ebenfalls nicht nur auf [X.]n beschränkt seien. Zum Stand der Technik hat die Antragstellerin die [X.] [X.] – [X.] in das Verfahren eingeführt. Aus ihrer Sicht sei der Gegenstand des [X.] 1 sei nicht schutzfähig, weil er von der [X.] neuheitsschädlich vorweggenommen sei. Außerdem fehle es mit Blick auf die vom [X.] beanspruchten Farbeffekte, die keine technische Wirkung hätten und im Belieben des Fachmanns stünden, an einem erfinderischen Schritt. Ferner sei der Gegenstand des eingetragenen [X.] 1 auch ausgehend von der [X.] und unter Einbeziehung des fachmännischen Wissens und Könnens nahegelegt. Auch die weiteren [X.] 2 – 11 enthielten nichts Schutzfähiges.

Der Löschungsantrag ist den Antragsgegnerinnen am 9. Mai 2016 zugestellt worden. Sie haben dem Löschungsantrag mit Schriftsatz v. 7. Juni 2016, eingegangen am selben Tag widersprochen. In ihrer Widerspruchsbegründung v. 11. Oktober 2016 haben die Antragsgegnerinnen das [X.] an erster Stelle in der eingetragenen Fassung verteidigt, aber auch vier Hilfsanträge mit jeweils geänderten [X.] eingereicht. Unzulässige Erweiterung liege nicht vor. Der Gegenstand des eingetragenen [X.] 1 sei neu und aus dem Stand der Technik auch nicht nahegelegt, was auch für die Hilfsanträge gelte.

Nach weiteren gewechselten Schriftsätzen, wobei die Antragsgegnerinnen noch eine weitere geänderte Anspruchsfassung als Hilfsantrag 5 eingereicht hatten, hat die [X.] den Beteiligten mit Zwischenbescheid v. vom 29. Januar 2018 als vorläufige Auffassung mitgeteilt, dass mit einer Löschung des [X.]s zu rechnen sei.

Mit Schriftsatz v. 13. September 2018 haben die Antragsgegnerinnen einen neuen Hauptantrag mit geänderten [X.]n 1 – 11, sowie neue [X.] – 4 eingereicht. Zum Wortlaut dieser geänderten [X.] wird auf die Akten verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung vor der [X.] am 18. Oktober 2018 hat die Antragstellerin die vollständige Löschung des [X.]s beantragt. Die Antragsgegnerinnen haben die Zurückweisung des Löschungsantrags im Umfang des [X.] vom 13. September 2018 beantragt. Hilfsweise haben sie das [X.] im Umfang der [X.] – 4 vom 13. September 2018 verteidigt.

Mit in der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2018 verkündetem Beschluss hat die [X.] das [X.] gelöscht und den Antragsgegnerinnen die Kosten des Löschungsverfahrens auferlegt.

Zur Begründung hat die [X.] i. W. folgendes ausgeführt:

Die Anspruchsfassung nach Hauptantrag weise keine unzulässige Erweiterung auf, da es insoweit nicht auf den [X.] der [X.] ankomme, sondern auf die bei Anmeldung des [X.]s eingereichten Unterlagen. Mangels Erfindungsidentität liege aber keine wirksame Abzweigung vor, da sich die [X.] auf Medaillen in Form einer bimetallischen Prägung beziehe, Schutzanspruch 11 sich aber allgemein auf Medaillen beziehe. Der Anmeldetag der [X.] könne daher nicht für den Gegenstand nach Hauptantrag beansprucht werden. Der Gegenstand der unabhängigen [X.] 1 und 11 nach Hauptantrag sei durch die [X.] in Kombination mit der [X.] und der [X.] nahegelegt. Der Gegenstand des [X.] 11 sei durch die zum Stand der Technik zu zählende [X.] neuheitsschädlich vorweggenommen.

Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 sei gegenüber den bei Anmeldung eingereichten Unterlagen unzulässig erweitert, da dort nur eine Dotierung eines organischen [X.] mit anorganischem Material offenbart worden sei. Schutzanspruch 11 nach Hilfsantrag 1 sei aus den zum Hauptantrag insoweit genannten Gründen schutzunfähig.

Die Fassung des [X.] 1 nach Hilfsantrag 2 sei zwar zulässig. Ihr Gegenstand weise aber keinen erfinderischen Schritt auf, da er in einer Zusammenschau von [X.] und [X.] nahegelegt sei.

Die Fassung des [X.] 1 nach Hilfsantrag 3 sei wegen der Streichung „transluzenter Eigenschaften“ unzulässig erweitert. Der Gegenstand des nebengeordneten [X.] 8 sei nicht als zur Erfindung gehörig ursprungsoffenbart und aus den zu Schutzanspruch 11 nach Hauptantrag genannten Gründen nicht schutzfähig.

Der Gegenstand des [X.] 1 nach Hilfsantrag 4 sei zwar zulässig, aber mangels eines erfinderischen Schritts in Zusammenschau von [X.] und [X.] nicht schutzfähig. Auch der nebengeordnete Schutzanspruch 8 nach Hilfsantrag 4 sei entsprechend den zu Schutzanspruch 11 nach Hauptantrag genannten Gründen nicht schutzfähig.

Der Beschluss ist den Beteiligten am 28. Oktober 2018 zugestellt worden.

Gegen diesen Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerinnen mit Schriftsatz v. 29. November 2018, eingereicht am selben Tag, Beschwerde erhoben, aber nur eine Beschwerdegebühr eingezahlt. Im [X.] ist als Beschwerdeführerin nur die Antragsgegnerin 3 genannt. Der Senat hat darauf den Beteiligten mit Hinweis v. 16. Januar 2019 mitgeteilt, dass aufgrund dieser Umstände nur die Antragsgegnerin 3 als Beschwerdeführerin beteiligt sei, während die weiteren Antragsgegner als Streitgenossen und insoweit als weitere Beteiligte anzusehen seien.

Mit Beschwerdebegründung vom 17. April 2019 hat die Antragsgegnerin 3 weitere geänderte [X.] eingereicht, und zwar geänderte [X.] 1 – 11 als neuen Hauptantrag, sowie Hilfsantrag 1 mit geänderten [X.]n 1 – 9 und Hilfsantrag 2 mit geänderten [X.]n 1 – 9. Sie hat hierzu auf den Beschluss des [X.] vom 15. Januar 2019 (12 W (pat) 10/17) verwiesen; mit diesem Beschluss, an welchem die am vorliegenden Beschluss mitwirkenden beisitzenden [X.] ebenfalls mitgewirkt hatten, ist das Stammpatent, aus dessen Anmeldung das [X.] abgezweigt worden ist, mit den dortigen [X.]n 1 – 9 erteilt worden. Diese Anspruchsfassung hat die Antragsgegnerin 3 unter Verweis auf den vorgenannten Beschluss zum Gegenstand ihres [X.] gemacht.

Nachdem der Senat den Beteiligten einen eingehenden Hinweis zur Sach- und Rechtslage und zu seiner vorläufigen Auffassung mit Schreiben v. 9. November 2020 erteilt hatte, hat die Antragsgegnerin 3 mit Schriftsatz v. 18. November 2020 weitere [X.] eingereicht, und zwar neben dem bisherigen Hauptantrag neue [X.] – 11. Nach weiterem Hinweis zur Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung v. 26. November 2020 hat die Antragsgegnerin 3 nochmals geänderte [X.] als neuen Hilfsantrag 1 und neuen Hilfsantrag 3 eingereicht und erklärt, das [X.] in einer geänderten Rangfolge verteidigen zu wollen. Der bisherige Hilfsantrag 1 vom 18. November 2020 solle neuer Hauptantrag werden, während bei den [X.] folgende Reihenfolge gelten solle: Neuer Hilfsantrag 1 vom 26. November 2020 als Hilfsantrag 1, bisheriger Hilfsantrag 2 als Hilfsantrag 2, neuer Hilfsantrag 3 vom 26. November 2020 als Hilfsantrag 3, bisherige Hilfsanträge 3 – 11 als Hilfsanträge 4 – 12.

Schutzanspruch 1 nach zuletzt gestelltem Hauptantrag (= bisheriger Hilfsantrag 1 v. 18. November 2020) hat folgenden Wortlaut:

1. [X.]

mit einem inneren scheibenförmigen Teil (1) und einem konzentrischen äußeren ringförmigen Teil (2), die dauerhaft zu einem Verbund gefügt sind,

sowie einer zwischen innerem scheibenförmigen Teil (1) und äußerem ringförmigem Teil (2) konzentrisch form- und kraftschlüssig angeordneten elektrisch isolierenden Isolierschicht (3),

wobei die Isolierschicht (3) transluzente Eigenschaften hat und anorganische Farbpigmente enthält.

Die [X.] 2 – 8 nach zuletzt gestelltem Hauptantrag sind auf den vorgen. Schutzanspruch 1 rückbezogene [X.], zu deren Wortlaut auf die Akten verwiesen wird.

Schutzanspruch 9 nach zuletzt gestelltem Hauptantrag lautet wie folgt:

9. Bimetallische Medaille

mit einem inneren scheibenförmigen Teil (1) und einem konzentrischen äußeren ringförmigen Teil (2), die dauerhaft zu einem Verbund gefügt sind,

sowie einer zwischen innerem scheibenförmigen Teil (1) und äußerem ringförmigem Teil (2) konzentrisch form- und kraftschlüssig angeordneten elektrisch isolierenden Isolierschicht (3),

wobei die Isolierschicht (3) transluzente Eigenschaften hat und anorganische Farbpigmente enthält.

Schutzanspruch 1 nach zuletzt gestelltem Hilfsantrag 1 (übergeben in der mündlichen Verhandlung v. 26. November 2020) hat folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber der Anspruchsfassung nach Hauptantrag optisch hervorgehoben):

1. [X.]

mit einem inneren scheibenförmigen Teil (1) und einem konzentrischen äußeren ringförmigen Teil (2), die dauerhaft zu einem Verbund gefügt sind,

sowie einer zwischen innerem scheibenförmigen Teil (1) und äußerem ringförmigem Teil (2) konzentrisch form- und kraftschlüssig angeordneten elektrisch isolierenden Isolierschicht (3),

wobei die Isolierschicht (3) transluzente Eigenschaften hat und anorganische Farbpigmente enthält und der Verbund aus innerem scheibenförmigen Teil (1) und äußerem ringförmigen Teil (2) eine Prägung aufweist.

Die [X.] 2 – 7 nach zuletzt gestelltem Hilfsantrag 1 sind auf den vorgenannten Schutzanspruch 1 rückbezogene [X.], zu deren Wortlaut auf die Akten verwiesen wird. Schutzanspruch 8 nach zuletzt gestelltem Hilfsantrag 1 stimmt mit dem o.g. Schutzanspruch 9 nach neuem Hauptantrag überein.

Die geänderten [X.] 1 – 8 nach zuletzt gestelltem Hilfsantrag 2 (= bisheriger Hilfsantrag 2 v. 18. November 2020) stimmen mit den [X.]n 1 – 8 nach zuletzt gestelltem Hauptantrag überein, während der nebengeordnete Schutzanspruch 9 nach neuem Hauptantrag in der Fassung nach Hilfsantrag 2 gestrichen ist.

Schutzanspruch 1 nach zuletzt gestelltem Hilfsantrag 3 (übergeben in der mündlichen Verhandlung v. 26. November 2020) stimmt mit dem Wortlaut des [X.] 1 nach neuem Hilfsantrag 1 überein. Die [X.] 2 – 7 sind auf diesen Schutzanspruch 1 rückbezogene [X.]; der nebengeordnete Schutzanspruch 8 nach neuem Hilfsantrag 1 ist in Hilfsantrag 3 hingegen gestrichen.

Zum Wortlaut der vorgenannten [X.] im Übrigen und zu denjenigen der weiteren Hilfsanträge 4 – 12 wird auf die Akten verwiesen.

Die Antragsgegnerin 3 ist der Auffassung, dass die [X.] nach neuem Hauptantrag zulässig seien, insbesondere weder gegenüber der Ursprungsoffenbarung noch gegenüber dem Schutzbereich der eingetragenen Fassung erweitert seien und auch nicht aufgrund eingeschränkter Verteidigung des [X.]s im erstinstanzlichen Löschungsverfahren ausgeschlossen seien. Ihr jeweiliger Gegenstand sei auch schutzfähig, insbesondere durch keine im Verfahren befindliche Entgegenhaltung neuheitsschädlich vorweggenommen und durch den Stand der Technik auch nicht nahegelegt. Dem von der Antragstellerin nach Erlöschen des [X.]s geltend gemachten Feststellungsinteresse ist sie nicht entgegengetreten.

Die Antragsgegnerin 3 beantragt,

den Beschluss der [X.] des [X.] vom 18. Oktober 2018 aufzuheben und den Feststellungsantrag der Antragstellerin im Umfang der [X.] 1 – 9 gemäß Hilfsantrag 1 vom 18. November 2020 zurückzuweisen (neuer Hauptantrag),

hilfsweise in nachfolgend genannter Reihenfolge,

geänderter Hilfsantrag 1, übergeben in der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2020 (neuer Hilfsantrag 1), Hilfsantrag 2 vom 18. November 2020, geänderter Hilfsantrag 3, übergeben in der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2020 (neuer Hilfsantrag 3), Hilfsantrag 3 vom 18. November 2020 (neuer Hilfsantrag 4), Hilfsantrag 4 vom 18. November 2020 (neuer Hilfsantrag 5), Hilfsantrag 5 vom 18. November 2020 (neuer Hilfsantrag 6), Hilfsantrag 6 vom 18. November 2020 (neuer Hilfsantrag 7), Hilfsantrag 7 vom 18. November 2020 (neuer Hilfsantrag 8), Hilfsantrag 8 vom 18. November 2020 (neuer Hilfsantrag 9), Hilfsantrag 9 vom 18. November 2020 (neuer Hilfsantrag 10), Hilfsantrag 10 vom 18. November 2020 (neuer Hilfsantrag 11), Hilfsantrag 11 vom 18. November 2020 (neuer Hilfsantrag 12),

den Feststellungsantrag im Umfang der [X.] nach einem dieser Hilfsanträge zurückzuweisen.

Die weiteren, auf Seiten der Antragsgegnerin 3 streitgenössisch Beteiligten haben sich dem Antrag der Antragsgegnerin 3 angeschlossen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde der Antragsgegnerin 3 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass das [X.] von Anfang an unwirksam war.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass auch die [X.] nach neuem Hauptantrag und den neuen [X.] unzulässig seien. Die Antragsgegner hätten das [X.] in der ersten Instanz nur noch eingeschränkt verteidigt, so dass das [X.] im darüber hinausgehenden Umfang ohne weitere Sachprüfung zu löschen sei. Unzulässige Erweiterung sei auch deswegen gegeben, weil in den ursprünglichen Unterlagen nur eine Dotierung des [X.] mit einem anorganischen Material offenbart sei, nicht aber, dass die Isolierschicht anorganische Farbpigmente enthalte. Außerdem unterschieden das [X.] und die [X.] zwischen Polymer und Kompositmaterial, wobei eine Kombination aus Polymer und Farbpigmenten, die von der breiten Beanspruchung „Farbeffekte einschließt“ anspruchsgemäß umfasst sei, nicht offenbart gewesen sei. Des Weiteren fehle es an einem erfinderischen Schritt.

Die Antragstellerin habe auch das für die Fortführung des Verfahrens als Feststellungsverfahren nach Erlöschen des [X.]s erforderliche Rechtsschutzinteresse. Sie habe die Antragsgegnerinnen mit Schreiben vom 16. April 2020 gebeten, zu erklären, dass sie gegen die Antragstellerin keine Ansprüche aus dem [X.] geltend machen bzw. auf solche Ansprüche verzichten werde. Die Antragsgegnerinnen hätten darauf mit E-Mail vom 23. April 2020 erklärt, dass sie eine solche Erklärung nicht abgeben würden.

In das Verfahren sind die nachfolgend genannten Dokumente und [X.] eingeführt worden:

[X.]/[X.]: [X.] 6 112 876 A

[X.]/[X.]: EP 1 136 958 [X.]

[X.]/[X.]: [X.] 06 392 T2

[X.]: [X.]: Stichwort „[X.]“ Bearbeitungsstand: 12. September 2009; URL: https://de.wikipedia.org/wiki/bimetallmünze [abgerufen am 11.04.2016]

D5: [X.]: Stichwort „Transluzenz“ Bearbeitungsstand: 6. Februar 2010; URL: https://de.wikipedia.org/wiki/transluzenz [abgerufen am 11.04.2016]

[X.]: [X.] 2010 013 148 [X.] ([X.])

D7: [X.]: Stichwort „[X.]“; URL: https://de.wikipedia.org/wiki/bimetallkorrosion [abgerufen am 05.12.2016]

D8: [X.], 1993, Seite 1551

D9: [X.]: Stichwort „[X.]“; URL: https://de.wikipedia.org/wiki/polyetheretherketon [abgerufen am 09.12.2016]

[X.]: [X.]: Stichwort „Dotierung“ Bearbeitungsstand: 17. März 2010;

URL: https://de.wikipedia.org/wiki/dotierung [abgerufen am 31.08.2017]

[X.]1: [X.]: Stichwort „[X.]“, Bearbeitungsstand: 14. April 2009.; URL: https://de.wikipedia.org/wiki/kontaktwiderstand [abgerufen am 15.06.2016]

[X.]2: [X.]: Stichwort „Volumenstreuung“, Bearbeitungsstand: 9. März 2010; URL: https://de.wikipedia.org/wiki/volumenstreuung [abgerufen am 16.06.2016]

[X.]3: [X.]: Stichwort „Verbundwerkstoff“, Bearbeitungsstand: 25. März 2010; URL: https://de.wikipedia.org/wiki/verbundwerkstoff [abgerufen am 20.04.2017]

[X.]: [X.] 2 375 215 A.

Die [X.] [X.] bis [X.] stammen aus dem die [X.] betreffenden Patentanmeldebeschwerdeverfahren 12 W (pat) 10/17. Sie sind dort als [X.] – [X.] bezeichnet worden und werden hier als [X.] – [X.] bezeichnet, um Verwechslungen zu vermeiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die [X.]., den angefochtenen Beschluss der [X.], die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin 3 ist teilweise begründet.

1. Der Senat konnte in der im Rubrum genannten Besetzung entscheiden. Unerheblich ist, dass die technischen Beisitzer an der Entscheidung über die Beschwerde im Patenterteilungsverfahren betreffend die [X.] 10 2020 013 148, aus der das [X.] abgezweigt worden ist, beteiligt waren. Sie sind hierdurch an der Mitwirkung am vorliegenden Löschungs-Beschwerdeverfahren nicht nach §§ 18 Abs. 2 Satz 1 [X.], 86 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ausgeschlossen (vgl. [X.], 50 – Schrankbett).

2. Die Beschwerde ist zulässig.

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 18 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 [X.], 73 Abs. 2 [X.]). Zwar ist innerhalb der Beschwerdefrist nur eine Beschwerdegebühr eingezahlt worden, obwohl am erstinstanzlichen Löschungsverfahren die vier Inhaber des [X.]s als Antragsgegner beteiligt waren und für jeden Beteiligten eine Gebühr zu zahlen gewesen wäre (§§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 PatKostG i.V.m. mit Nr. 401 100 der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG – Gebührenverzeichnis). Im [X.] vom 29. November 2018 ist jedoch nur die Antragstellerin 3 als Beschwerdeführerin genannt; ihr lässt sich daher auch ohne weiteres die eingezahlte Beschwerdegebühr zuordnen (vgl. [X.], 1255 – Mauersteinsatz).

Die weiteren Inhaber und Antragsgegner sind daher nicht Beschwerdegegner geworden, sondern als Streitgenossen weitere Beteiligte auf Seiten der Antragsgegnerin 3 (vgl. §§ 18 Abs. 2 Satz 1 [X.], 99 Abs. 1 [X.], 59, 62 ZPO).

3. Die Antragstellerin hat das zur Fortführung des Löschungsverfahrens als Feststellungsverfahren nach Erlöschen des [X.]s erforderliche Feststellungsinteresse.

Ein solches Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn die Antragstellerin Anlass zu der Besorgnis hat, aus dem [X.] in Anspruch genommen zu werden, wobei Kleinlichkeit nicht angebracht ist (vgl. Busse, [X.], 9. Aufl., § 16, Rn. 18). Unstreitig hat die Antragsgegnerin auf Anfrage der Antragstellerin, ob sie bereit sei, zu erklären, dass sie gegen die Antragstellerin keine Ansprüche aus dem [X.] geltend machen bzw. auf solche Ansprüche verzichten werde, eine solche Erklärung abgelehnt. Hiervon ausgehend ist eine hinreichende Besorgnis der Antragstellerin, sie könne aus dem [X.] noch in Anspruch genommen werden, zu bejahen (vgl. auch [X.], 871 – [X.]), zumal die Antragsgegnerin 3 das Feststellungsinteresse der Antragstellerin auch nicht in Frage gestellt hat.

4. Soweit die Antragstellerin 3 das [X.] in der Fassung der Schutzansprüche 1 – 9 nach Hauptantrag verteidigt, ist ihre Beschwerde nicht begründet.

a) Zum einen sind zwar die Merkmale des [X.] 1 nach Hauptantrag ursprünglich offenbart, er ist jedoch unzulässig, weil sein Schutzbereich durch Weglassen eines Merkmals gegenüber dem Schutzbereich des ebenfalls auf eine Münze gerichteten eingetragenen [X.] 10 erweitert ist.

Der Gegenstand des [X.] 1 nach Hauptantrag lässt sich wie folgt gliedern:

[X.] [X.]

mit einem inneren scheibenförmigen Teil (1)

und einem konzentrischen äußeren ringförmigen Teil (2),

die dauerhaft zu einem Verbund gefügt sind,

[X.] sowie einer zwischen innerem scheibenförmigen Teil (1)

und äußerem ringförmigem Teil (2)

konzentrisch form- und kraftschlüssig angeordneten

elektrisch isolierenden Isolierschicht (3),

[X.] wobei die Isolierschicht (3) transluzente Eigenschaften hat

und anorganische Farbpigmente enthält.

aa) Die Merkmale des [X.] 1 nach Hauptantrag sind ursprünglich offenbart.

Das Merkmal [X.] ist in der [X.] im Anspruch 1 offenbart, siehe die [X.] ([X.]), und auch in der Gebrauchsmusteranmeldung, siehe den Absatz 0010 Abschnitt 1 der [X.].

Zum Merkmal [X.] siehe den Anspruch 1 und hinsichtlich der Angabe „elektrisch isolierend“ den Abschnitt „Beispiel 1“, Abs. 0010 der [X.] zur [X.] ([X.]), sowie in der Gebrauchsmusteranmeldung den Absatz 0010 Abschnitt 1 und hinsichtlich der Angabe „elektrisch isolierend“ den Abschnitt „Beispiel 1“, Absatz 0007 der [X.].

Das Merkmal [X.] unterscheidet sich vom Anspruch 4 der [X.] (siehe [X.]) und dem Abschnitt 4 im Absatz 0010 der Gebrauchsmusteranmeldung zum einen durch die [X.] Schreibweise des Begriffs „transluzent“ anstelle des ursprünglich offenbarten [X.] „translucent“. Die Schreibweise ändert nichts am Inhalt. Die transluzenten Eigenschaften sind im ersten Absatz des Beschreibungsabschnitts „[X.]“, siehe Absatz 0004 in der [X.] und auch der [X.], in der 8. Zeile als eine von mehreren möglichen Alternativen genannt: „transparente, halbtransparente ([X.] translucente), opalisierende und/oder Farbeffekte“. Dass es sich bei den Begriffen „transparent, halbtransparent ([X.] translucent), opalisierend“ entgegen den Ausführungen der Antragsgegnerin nicht um eine Gruppe von Merkmalen handelt, die gemeinsam verwirklicht sein müssen, sondern um Alternativen, ergibt sich nicht nur rein sprachlich aus dem darauffolgenden „und/oder“, sondern auch aus der Bedeutung dieser Angaben, die sich teilweise, wie z.B. im Fall „transparent – halbtransparent“, so voneinander unterscheiden, dass sie einander ausschließen.

Das Merkmal [X.] unterscheidet sich vom Anspruch 4 der [X.] (siehe [X.]) und dem Abschnitt 4 im Absatz 0010 der Gebrauchsmusteranmeldung zum anderen dadurch, dass anstelle der ursprünglichen Formulierung, dass die Isolierschicht „Farbeffekte einschließt“ nunmehr beansprucht wird, dass die Isolierschicht „anorganische Farbpigmente enthält“.

Dadurch wird der Gegenstand des Anspruchs nicht erweitert, sondern beschränkt. Denn aus dem ersten Absatz des Beschreibungsabschnitts „[X.]“, Absatz 0004 in der [X.] und auch der [X.], in dem in der 8. Zeile die Farbeffekte eingeführt werden, und in der 14. Zeile anorganische Farbpigmente als möglicher Zusatz zu einem Basismaterial genannt werden, entnimmt der Fachmann, dass es sich bei den anorganischen Farbpigmenten um eine mögliche Ausführungsform zur Realisierung der Farbeffekte handelt.

Die Antragstellerin hat weiter ausgeführt, eine unzulässige Erweiterung ergebe sich daraus, dass anstelle der ursprünglichen Formulierung „dotiert“ bzw. „Dotierung“ in Zeile 14 des Abs. 0004 nunmehr die Formulierung „enthält“ gewählt wurde. Denn „Dotierung“ bezeichne in der Halbleitertechnik das Einbringen von Fremdatomen in eine Schicht oder ins Grundmaterial eines integrierten Schaltkreises in sehr geringen Mengen. Dem gegenüber sei die Formulierung „enthält“ erweiternd, weil sie auch größere Mengen bzw. Anteile umfasse. Dem kann der Senat sich nicht anschließen. Denn der Fachmann legt seinem Verständnis des Begriffs „dotieren/ Dotierung“ in der Beschreibung des [X.]s die Bedeutung zugrunde, die sich aus der Verwendung dieses Begriffs im [X.] selbst ergibt, nämlich die eines Hinzugebens der im Absatz 0004 genannten möglichen Komponenten, wie z.B. Farbpigmenten, im Sinne der eigentlichen Bedeutung des Begriffs „dotieren“ als „ausstatten mit“, nicht dagegen eine Bedeutung, die dieser Begriff in einem entfernten Fachgebiet wie der Halbleitertechnik besitzt. Daher ist dem Begriff „dotieren“ im [X.] keine Beschränkung auf eine sehr geringe Menge zu entnehmen. Im Ergebnis ist die Formulierung des Merkmals [X.], dass die Isolierschicht anorganische Farbpigmente „enthält“, nicht weiter als die ursprüngliche Formulierung, wonach sie damit „dotiert ist“.

Auch der Einwand der Antragstellerin, eine unzulässige Erweiterung ergebe sich daraus, dass anorganische Farbpigmente ursprünglich nur in Verbindung mit einem Kompositwerkstoff offenbart seien, trifft nicht zu. Denn wie sich aus Zeilen 13 bis 17 des Absatzes 0004 der [X.] und der [X.]. ergibt, wird nicht etwa ein Kompositwerkstoff mit anorganischen Farbpigmenten kombiniert, sondern ein Kompositwerkstoff entsteht durch die Zugabe von organischen Farbpigmenten zu einem Basismaterial. Die Zeilen 13, 14 und 16 nennen beispielhaft verschiedene Basismaterialien, in der letzten Zeile 17 des Absatzes 0004 ist jedoch klargestellt, dass auch weitere [X.]e Werkstoffe nicht ausgeschlossen sind. Diese im Ergebnis einzige ursprünglich offenbarte verbindliche Anforderung an das Basismaterial, dass es [X.] sein muss, ist im Anspruch 1 nach Hauptantrag bereits durch die Angabe des Merkmals [X.] enthalten, wonach die Schicht, die gemäß Merkmal [X.] die anorganischen Farbpigmente enthält, eine elektrisch isolierende Isolierschicht (3) – also [X.] – ist.

bb) Der Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag ist unzulässig, weil sein Schutzbereich gegenüber dem Schutzbereich des eingetragenen [X.] 10 erweitert ist.

Das Gebrauchsmusterrecht enthält zwar keinen dem [X.] des § 22 Abs. 1 2. Halbsatz [X.] entsprechenden Löschungsgrund. Dies schon deswegen, weil es keine – nach einem materiellen Prüfungsverfahren – „erteilte“ Fassung gibt, sondern nur eine – materiell ungeprüfte – eingetragene Fassung, welche durch das Einreichen neuer [X.] gerade nicht ohne weiteres inhaltlich geändert wird (vgl. auch Busse, [X.], 9. Aufl., § 15 [X.], Rn. 5).

Das bedeutet aber keinesfalls einen „Freibrief“ für Erweiterungen des Schutzbereichs der durch einen Löschungsantrag angegriffenen, eingetragenen Fassung dadurch, dass der Gebrauchsmusterinhaber das [X.] mit einer zwar von der Ursprungsoffenbarung gedeckten, aber über den Umfang der eingetragenen [X.] hinausgehenden Fassung verteidigt. Denn aus einer derartigen Erweiterung können jedenfalls nach § 4 Abs. 5 Satz 2 [X.] keine Rechte hergeleitet werden (vgl. Busse, [X.], 9. Aufl., § 15, Rn. 5; [X.], [X.], 8. Aufl., § 15, Rn. 21). Letztlich hat die Eintragung des [X.]s, mit der dem Inhaber die Verbietungsrechte des § 11 [X.] zustehen, eine vergleichbare Zäsurwirkung wie eine Patenterteilung. Insbesondere wird dadurch gegenüber der Öffentlichkeit der Schutzbereich des [X.]s nach § 12a [X.] dokumentiert. Dann aber kann die Öffentlichkeit auch darauf vertrauen, dass dieser Schutzbereich nachträglich nicht noch erweitert wird. Dementsprechend sind Erweiterungen des Schutzbereichs in einem Löschungsverfahren „zu vermeiden“ (Busse, a.a.[X.]), da es nicht Sinn des Löschungs- bzw. Feststellungsverfahren sein kann, ein Scheinrecht – in Form der eingetragenen, wie gesagt, materiell ungeprüften – Fassung durch ein neues Scheinrecht in Form einer geänderten Fassung, die als solche, ebenfalls wie ausgeführt, keine Rechte entfalten kann, zu ersetzen. Insbesondere darf eine „Beschränkung“ des Gegenstands des [X.]s nicht in einer Weise erfolgen, dass das [X.] auf einen Gegenstand erstreckt wird, der von den eingetragenen [X.]n nicht umfasst ist, was im Löschungsverfahren von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. z.B. [X.], [X.], § 15, Rn. 87).

Im vorliegenden Fall setzt die eingetragene Fassung der beanspruchten [X.] gemäß dem eingetragenen, selbständigen Schutzanspruch 10 voraus, dass der Verbund aus innerem scheibenförmigem Teil (1) und äußerem ringförmigem Teil (2) eine Prägung aufweist. In der Fassung des [X.] 1 nach jetzigem Hauptantrag ist dieses Merkmal nicht enthalten, sondern ist erst Gegenstand des Unteranspruchs 8. Auch wenn sich eine Münze von einem Rohling gerade dadurch unterscheidet, dass die Münze eine – irgendwie geartete – Prägung aufweist, ist die Art und Weise der Prägung in der eingetragenen Fassung spezifiziert. Mithin wird im [X.] nach neuem Hauptantrag eine Münze ohne die Prägung beansprucht, wie sie im eingetragenen Schutzanspruch 10 konkret spezifiziert ist. Mit dem Schutzanspruch nach Hauptantrag wird daher etwas beansprucht, was über den Schutzumfang der eingetragenen Fassung hinausgeht.

b) Zum anderen ist der Gegenstand des [X.] 9 nach Hauptantrag mangels erfinderischen Schritts nicht schutzfähig. Der Schutzanspruch 9 unterscheidet sich vom Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch, dass er auf eine bimetallische Medaille statt auf eine Bimetallmünze gerichtet ist, also auf ein Sammlerobjekt ohne Zahlungsmittelfunktion.

Der für die Gestaltung von Medaillen zuständige Fachmann zieht auch den Stand der Technik zu Münzen und anderen Wertmarken heran und damit auch die [X.].

Die Entgegenhaltung [X.] betrifft ein „token“, wobei von diesem Begriff sowohl Münzen als von einer Regierung herausgegebenes gesetzliches Zahlungsmittel umfasst sind, als auch jedweder Ersatz dafür, wie z.B. von Einrichtungen wie Spielcasinos herausgegebene Wertmarken, siehe in [X.] Spalte 1 den Absatz von Zeile 13 bis Zeile 20 und im darauffolgenden Absatz von Zeile 23 bis Zeile 47 insbesondere die Zeilen 30 bis 36 und 39 bis 41. [X.] lehrt weiterhin ein „token validation device“, d.h. eine Vorrichtung zur Echtheitsprüfung der „tokens“.

[X.] lehrt grundsätzlich zwei Ausführungsformen von „tokens“, von denen die erste Ausführungsform 10 gemäß den [X.]uren 1 und 2 und Spalte 6 Zeilen 41 bis 43 vollständig aus Metall hergestellt ist („made form metal or metallic alloy material“) und daher lichtundurchlässig und undurchsichtig ist („totally opaque“) und auch keine Isolierschicht aufweist.

Die zweite Ausführungsform 10‘ gemäß den [X.]uren 3 und 4 und der Beschreibung ab Spalte 7 Zeile 62 weist dagegen einen inneren kreisrunden Teil 14‘ aus Metall auf, der von einem weiteren ringförmigen Teil 15‘ aus Metall umgeben ist. Die aus diesen beiden metallischen Teilen 14‘ und 15‘ gebildete Scheibe ist von einem transparenten ringförmigen Teil 16‘ aus Kunststoff umgeben, und dieser wiederum von einem weiteren ringförmigen Teil 17‘ aus Metall (Spalte 8 Zeilen 1 bis 6).

Das metallische Material des äußeren ringförmigen Teils 17‘ unterscheidet sich von dem des inneren Teils 14‘, denn beide sollen laut Spalte 8 Zeilen 6 bis 9 unterschiedliche induktive Charakteristiken für eine induktive Messung aufweisen.

Abbildung

[X.] [X.]. 3, 4

Die zweite Ausführungsform des „tokens“ 10‘ ist somit in den Worten der Merkmale [X.] und [X.] des [X.] 1 nach Hauptantrag ein bimetallisches „token“

mit einem inneren scheibenförmigen Teil (14‘, 15‘)

und einem konzentrischen äußeren ringförmigen Teil (17‘),

die dauerhaft zu einem Verbund gefügt sind,

sowie einer zwischen innerem scheibenförmigen Teil (14‘, 15‘)

und äußerem ringförmigem Teil (17‘)

konzentrisch form- und kraftschlüssig angeordneten (siehe [X.]. 4)

elektrisch isolierenden Isolierschicht (16‘).

Die optisch ansprechende Gestaltung des „tokens“ 10‘ bietet sich auch für eine Medaille an. Der Fachmann gelangt so aufgrund der Lehre der [X.] ohne Weiteres zu einer Medaille entsprechend den Merkmalen [X.] und [X.] des [X.] 9 nach Hauptantrag.

Nicht offenbart ist dagegen in der [X.] das Merkmal [X.]. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Angabe des Merkmals [X.], wonach die Isolierschicht transluzente Eigenschaften hat, von der Angabe der [X.] abgrenzen kann, wonach die dortige Isolierschicht 16‘ im Gegensatz zu dem optisch undurchlässigen Metall („optically reflectively ([X.])“, Spalte 8 Zeilen 10 bis 11) auf seine optische Durchlässigkeit („optically transmissive (transparent)“, Spalte 8 Zeilen 10 bis 12) hin vermessbar sein soll. Denn jedenfalls ist in [X.] eine Isolierschicht, die gemäß der weiteren Angabe des Merkmals [X.] anorganische Farbpigmente enthält, nicht offenbart.

Ausgehend von der [X.], die zur Auswahl des Kunststoffes („plastic material“, Spalte 8 Zeile 4) weiter nichts offenbart, hat der Fachmann Anlass sich hierzu weiter zu informieren und stößt auf die [X.], die eine weitere Münze bzw. Spielmarke lehrt (Seite 2 Absatz 1), die einen Metallkranz 2 und [X.] 5, 6 aufweist (Seite 7 Absatz 4 und 6). Zum Kunststoff lehrt die [X.], dass als Material Polycarbonat, [X.] und [X.] in Frage kommt, das in verschiedenen Farben ausgeführt werden kann (Seite 8 Absatz 1 und 2).

Ein üblicher Weg Kunststoffe einzufärben besteht in der Zugabe von organischen oder anorganischen Farbpigmenten. Durch die Zugabe von Farbpigmenten wird ein transparenter Kunststoff außerdem zwangsläufig transluzent. Der Fachmann gelangt so ausgehend von der [X.] durch farbige Ausführung des Kunststoffteils entsprechend der Lehre der [X.] ohne erfinderisches Zutun zu einer Medaille entsprechend allen Merkmalen des Anspruchs 9 nach Hauptantrag.

Die Antragsgegnerin hat ausgeführt, eine farbige Gestaltung des transparenten ringförmigen Teils 15‘ gemäß [X.] habe nicht nahegelegen, weil in [X.] gemäß Spalte 8 Zeilen 7 bis 13 vorgesehen sei, gerade die Lichtdurchlässigkeit dieses Teils 15‘ zur Echtheitsprüfung mittels der ebenfalls von [X.] gelehrten Vorrichtung „token validation device“ zur Echtheitsprüfung von Münzen und Wertmarken einzusetzen. Die Lichtdurchlässigkeit werde aber durch die Zugabe von Farbpigmenten beeinträchtigt.

Jedoch betrifft dies die automatische Echtheitsprüfung von Münzen und Wertmarken beim Einwurf in Münzautomaten wie z.B. Spielautomaten in Spielcasinos („[X.]“, Spalte 8 Zeilen 46 bis 49), nicht dagegen eine Echtheitsprüfung von Medaillen, also Sammlerobjekten ohne Zahlungsmittelfunktion. Soweit bei Medaillen eine Echtheitsprüfung eine Rolle spielt, wie von der Antragsgegnerin ausgeführt, erfolgt diese jedoch nicht durch Einwurf in einen Münzautomaten.

Die Eignung zur Echtheitsprüfung in einem Münzautomaten spielt daher bei der Gestaltung einer Medaille keine Rolle, vielmehr handelt es sich bei der Frage, ob ein Kunststoffteil einer Medaille transparent oder farbig ausgeführt werden soll, um eine rein ästhetische Überlegung, die somit ohne einen erfinderischen Schritt zu einer farbigen Gestaltung führt.

5. [X.] ist auch im Umfang des [X.] nicht stattzugeben. Der selbständige Schutzanspruch 8 nach Hilfsantrag 1 stimmt mit Schutzanspruch 9 nach Hauptantrag überein. Sein Gegenstand ist daher nach den oben unter 4. b) gemachten Ausführungen nicht schutzfähig.

6. Der Gegenstand des [X.] 1 nach Hilfsantrag 2 entspricht dem Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag und geht daher aus den oben unter 4. a) bb) genannten Gründen über den Schutzbereich der eingetragenen Fassung hinaus. Die Beschwerde der Antragsgegnerin 3 bleibt daher auch insoweit erfolglos.

7. Erfolg hat die Beschwerde der Antragsgegnerin 3 jedoch im Umfang der Schutzansprüche 1 – 7 nach Hilfsantrag 3.

a) Hier ist der auf die nicht schutzfähige Medaille gerichtete Schutzanspruch 9 nach Hauptantrag bzw. Schutzanspruch 8 nach Hilfsantrag 1 gestrichen. Weiter ist im Schutzanspruch 1 wie bereits im Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 das Merkmal ergänzt, dass

M4 der Verbund aus innerem scheibenförmigen Teil (1)

und äußerem ringförmigen Teil (2) eine Prägung aufweist.

b) In dieser Fassung ist der Schutzanspruch 1 zulässig. Die Merkmale [X.] bis [X.] sind ursprünglich offenbart wie unter 4. a) aa) ausgeführt. Das Merkmal M4 ist in der [X.] im Anspruch 1 offenbart, siehe die [X.] ([X.]), und auch in der Gebrauchsmusteranmeldung, siehe den Schutzanspruch 10 und Absatz 0010 Abschnitt 1) der [X.]. Mit der Aufnahme des Merkmals M4 aus dem eingetragenen Schutzanspruch 10 in den Schutzanspruch 1 ist auch die wie unter 4. a) bb) ausgeführt beim Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag vorliegende Schutzbereichserweiterung nunmehr beseitigt.

c) Der Gegenstand des [X.] 1 nach Hilfsantrag 3 ist auch schutzfähig. Wie bereits unter 4. b) ausgeführt, offenbart zwar die [X.] ein „token“ im Sinne einer Wertmarke oder auch einer Münze gemäß den Merkmalen [X.] und [X.].

Die [X.] offenbart jedoch nicht die Angabe des Merkmals [X.], wonach die Isolierschicht anorganische Farbpigmente enthält. Vielmehr ist gemäß [X.] das aus einem Kunststoff bestehende ringförmige Band 16‘ ausdrücklich transparent („optically transmissive (transparent)“, Spalte 8 Zeilen 10 bis 12) im Gegensatz zu den optisch undurchlässigen („optically reflectively ([X.])“, Spalte 8 Zeilen 10 bis 11) metallischen Bestandteilen der Münze. Mit Hilfe dieses Unterschieds wird gemäß der [X.] ein zur induktiven Messung hinzukommendes Merkmal geschaffen ([X.] Spalte 8 Zeilen 7 bis 13) für die Vermessung der Münze in der von [X.] ebenfalls gelehrten Vorrichtung zur Echtheitsprüfung von Münzen und Wertmarken ([X.] Spalte 8 Zeilen 23 bis 26).

Selbst wenn also der Fachmann die [X.] zur Kenntnis genommen hätte, aus der bekannt war, kreisförmige Kunststoffteile (Schilde 5, 6, [X.]. 3, 4 und Seite 8 Absatz 1 und 2) von Spielmarken farbig zu gestalten, oder die [X.], die lehrt, einem oder mehreren in Spiel- bzw. Wertmünzen eingebrachten [X.] 6, 14, 12 metallisches Pulver beizufügen ([X.]ur 1 bis 3 und Absätze 13, 14 sowie 25 bis 35), konnte dies nicht nahelegen, dem Kunststoffmaterial des ringförmigen Bandes 16‘ der Münze nach [X.] Farbpigmente entsprechend dem Merkmal [X.] hinzuzufügen, da dies die gemäß [X.] ausdrücklich vorgesehene optische Durchlässigkeit des ringförmigen Bands 16‘ beeinträchtigt hätte.

Auch umgekehrt, ausgehend von [X.] oder [X.], konnte der Fachmann auch unter Berücksichtigung der [X.] nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des [X.] 1 gelangen. Weder [X.] noch [X.] offenbaren, die jeweiligen Kunststoffteile als ringförmige Isolierschicht zwischen einem inneren scheibenförmigen Teil und einem konzentrischen äußeren ringförmigen Teil auszubilden und anzuordnen. Hätte der Fachmann jedoch aufgrund der in [X.] gelehrten verbesserten Echtheitsprüfung mit dem zur induktiven Vermessung hinzukommenden Unterscheidungsmerkmal „optisch durchlässig (transparent) – optisch undurchlässig (opaque)“ ein ringförmiges Band 16‘ entsprechend der [X.] vorgesehen, so war es wiederum nicht naheliegend, entgegen der Lehre der [X.] die optische Durchlässigkeit des ringförmigen Bandes 16‘ durch eine Zugabe von Farbpigmenten oder Metallpulver zu verschlechtern.

Der Einwand der Antragstellerin, die [X.] offenbare keine Vermessung auf optische Durchlässigkeit, sondern lediglich eine Messung reflektierten Lichts, wie in [X.]. 18 dargestellt und in Spalte 13 ab Zeile 26 beschrieben sei, ist nicht zutreffend. Denn die dort dargestellte Messung betrifft lediglich das erste der zwei in [X.] offenbarten Ausführungsformen, nämlich das völlig aus Metall hergestellte („made form metal or metallic alloy material“) und dementsprechend lichtundurchlässige („totally opaque“) „token“ 10 gemäß den [X.]uren 1 und 2 und Spalte 6 Zeilen 41 bis 45. Für dieses „token“ 10 ist die reflexive Messung gemäß [X.]ur 18 vorgesehen, vergleiche Spalte 13 Zeilen 47 bis 45.

Beim „token“ 10 gemäß der zweiten in [X.] offenbarten Ausführungsform, das im Unterschied zur ersten Ausführungsform ein zwischen einem inneren scheibenförmigen Teil (14‘, 15‘) und einem äußeren ringförmigen Teil (17‘) angeordnetes ringförmiges Band aus transparentem Kunststoff (16‘) entsprechend dem Merkmal [X.] aufweist, ist dagegen ausdrücklich offenbart, dieses Band (16‘) auf optische Durchlässigkeit zu vermessen, siehe Spalte 8 Zeilen 7 bis 12.

Die [X.] ([X.]) ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin bei der Prüfung auf Schutzfähigkeit nicht als Stand der Technik zu berücksichtigen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Gegenstand des eingetragenen [X.] 1 über den Inhalt der [X.] hinausging. Denn dies hat nicht eine Unwirksamkeit der Abzweigung zur Folge, sondern führt lediglich dazu, dass gemäß §4 Abs. 5 Satz 2 [X.] aus einer solchen Änderung, die den Gegenstand der Anmeldung erweitert, keine Rechte hergeleitet werden können (vergl. [X.] Urt. vom 13.05.2003, [X.]/00 GRUR 2003, 867 – [X.]). Im Übrigen ist hinsichtlich des Gegenstands des [X.] 1 nach Hilfsantrag 3 eine Erweiterung gegenüber dem [X.] der [X.] nicht gegeben (s.o. 4. a) aa) und die oben unter b) erfolgten Ausführungen zur Zulässigkeit der Fassung des [X.] 1 nach Hilfsantrag 3).

d) Die zulässigen Schutzansprüche 2 – 7 nach Hilfsantrag 3 werden aufgrund ihres Rückbezugs auf den Schutzanspruch 1 von diesem getragen.

8. Auf die weiteren Hilfsanträge 4 bis 12 der Antragsgegnerin kommt es nach alledem nicht mehr an.

9. [X.] beruht auf §§ 18 Abs. 2 Satz 2 [X.], 84 Abs. 2 [X.] i.V.m. §§ 97, 92 ZP[X.] Billigkeitsgesichtspunkte, die eine anderweitige Kostenentscheidung erfordern, sind nicht gegeben.

Meta

35 W (pat) 401/19

26.11.2020

Bundespatentgericht 35. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 4 Abs 5 S 2 GebrMG, § 11 GebrMG, § 12a GebrMG, § 15 GebrMG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.11.2020, Az. 35 W (pat) 401/19 (REWIS RS 2020, 286)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 286

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