Bundessozialgericht, Urteil vom 18.10.2022, Az. B 12 R 7/20 R

12. Senat | REWIS RS 2022, 9344

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Betriebsprüfung - Prüfbescheid - personenbezogene Feststellung der Versicherungs- und/oder Beitragspflicht und Beitragshöhe für bestimmte Zeiträume - materielle Bindungswirkung


Leitsatz

Betriebsprüfungsbescheiden kommt eine materielle Bindungswirkung insoweit zu, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume festgestellt worden sind.

Tenor

Auf die Revision des [X.] werden die Urteile des [X.] vom 13. Juni 2019 und des [X.] vom 6. August 2013 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2010 in der Gestalt des [X.] vom 22. Oktober 2010 und des Widerspruchsbescheids vom 14. März 2011 wird aufgehoben, soweit hinsichtlich der Beigeladenen zu 15. für die Zeiträume 1. Februar bis 30. September 2004, 1. November bis 31. Dezember 2004 sowie 1. Februar bis 31. Dezember 2005 und hinsichtlich der Beigeladenen zu 18. für die Zeiträume 1. bis 31. Januar 2004 sowie 1. März bis 31. Juli 2004 Beitragsforderungen nebst Säumniszuschlägen festgesetzt worden sind. Insoweit wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 6. August 2013 zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 4/5, die Beklagte 1/5 der Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 13 546,59 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

[X.]ie Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Nachforderung von [X.] nebst Säumniszuschlägen anlässlich einer (erneuten) Betriebsprüfung.

2

[X.]er klagende eingetragene Verein ([X.]) betreibt ein [X.]. Nach einer bei ihm im März 2006 für die Jahre 2002 bis 2005 durchgeführten Betriebsprüfung stellte die Beklagte für die Beigeladene zu 15. ein Überschreiten der Gleitzone in den Jahren 2004 und 2005 und für die Beigeladene zu 18. einen von Jan[X.]r bis Juli 2004 fehlerhaft zugrunde gelegten Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung fest; sie traf für hier nicht beteiligte Arbeitnehmerinnen sowie Arbeitnehmer weitere als "Feststellungen" bezeichnete Beanstandungen (Urlaubsabgeltung, Beitragssatz, geringfügige Beschäftigung und Gleitzone) und forderte Beiträge iHv 830,96 Euro nach (Bescheid vom [X.]). Eine anschließend für denselben [X.] bei dem Kläger durchgeführte [X.] ergab eine Steuernachforderung wegen an Arbeitnehmer vergünstigt überlassener Wohnräume und geleisteter Sonntagszuschläge oberhalb von [X.] des jeweiligen Grundlohns (Haftungs- und Nachforderungsbescheid des [X.] vom 16.6.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom [X.]).

3

Nach einer erneuten Betriebsprüfung im Jahr 2010 forderte die Beklagte mit an den Kläger, "vertreten durch den Heimleiter" oder "vertreten durch den Geschäftsführer", gerichteten Bescheiden für den Zeitraum [X.]ezember 2002 bis [X.]ezember 2005 weitere Beiträge nebst Säumniszuschlägen ab [X.] iHv 13 546,59 Euro nach (Bescheid vom [X.] in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 22.10. und 16.12.2010 sowie des Widerspruchsbescheids vom 14.3.2011). [X.]ie "stichprobenweise Überprüfung" der vorgelegten Entgelt- und Beitragsabrechnungsunterlagen habe unter Auswertung der Bescheide des Finanzamts ergeben, dass der mit der Überlassung vergünstigten Wohnraums verbundene geldwerte Vorteil sowie die [X.] des Grundlohns übersteigenden Sonntagszuschläge beitragspflichtig seien. Wegen solcher Zuschläge seien [X.] in Bezug auf die Beigeladene zu 15. für die Zeiträume 1.2. bis 30.9. und 1.11. bis 31.12.2004 sowie 1.2. bis 31.12.2005 und hinsichtlich der Beigeladenen zu 18. für die Zeiträume 1. bis 31.1. und 1.3. bis 31.12.2004 sowie 1.7. bis 31.12.2005 Beiträge festzusetzen.

4

[X.]as [X.] hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben. [X.]er bestandskräftige Bescheid vom [X.] stehe einer erneuten Beitragsnachforderung für denselben [X.] entgegen (Urteil vom [X.]). Auf die Berufung der Beklagten hat das L[X.] das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen. [X.]ie streitigen Bescheide seien dem klagenden Verein ordnungsgemäß zugestellt und damit bekanntgegeben worden. [X.]er geldwerte Vorteil durch Überlassung verbilligten Wohnraums sowie die gewährten nicht steuerfreien Sonntagszuschläge seien als Arbeitsentgelt iS von § 14 [X.]B IV beitragspflichtig. [X.]er bestandskräftige Betriebsprüfungsbescheid vom [X.] stehe einer erneuten Beitragsfestsetzung nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des B[X.] sei für eine materielle Bindungswirkung nur insoweit Raum, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht (und Beitragshöhe) personenbezogen für bestimmte Zeiträume festgestellt worden seien. Zwar bestehe hinsichtlich der Beigeladenen zu 15. und 18. zumindest teilweise eine zeitliche [X.]eckungsgleichheit, doch seien die "Feststellungsgegenstände" der Betriebsprüfungen nicht identisch. [X.]er Bescheid vom [X.] habe sich nicht mit der hier streitigen Beitragspflicht geldwerter Vorteile und gezahlter Sonntagszuschläge befasst. [X.]ie wegen vorsätzlichen Vorenthaltens der Beiträge geltende 30-jährige Verjährungsfrist sei gewahrt. [X.]er Kläger sei jedenfalls mit dem Eintritt der Bestandskraft des Steuerhaftungs- und Steuernachforderungsbescheids im Frühjahr 2007 nachträglich [X.] geworden. [X.]er Bescheid vom [X.] habe ausdrücklich darüber belehrt, im Falle einer stattfindenden [X.] den entsprechenden Prüfbericht sozialversicherungsrechtlich auszuwerten und sich gegebenenfalls an die zuständige Einzugsstelle zu wenden. Eine solche Klärung des beitragsrechtlich relevanten Sachverhalts habe der Kläger jedoch vorwerfbar unterlassen (Urteil vom 13.6.2019).

5

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 28p Abs 1 Satz 5 [X.]B IV iVm § 7 Abs 4 Satz 1 und 2 Beitragsverfahrensverordnung ([X.]), § 45 Abs 2 [X.]B X, § 62 Halbsatz 1 [X.]G iVm Art 103 GG sowie § 103 [X.]G. Unter Berücksichtigung der mit einer Betriebsprüfung einhergehenden Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) und die allgemeine Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 GG) sowie der [X.] des § 7 Abs 4 Satz 2 [X.] müssten Arbeitgeber auf ein Prüfergebnis vertrauen dürfen. Eine Wiederholungsprüfung habe nicht zum Ziel, Fehler einer vorangegangenen Betriebsprüfung nachträglich zu sanktionieren. [X.]ies folge auch aus der Rechtsprechung des B[X.]. Abweichend davon begrenze das L[X.] die materielle Bindungswirkung auf identische Feststellungsgegenstände. [X.]ie Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 45 [X.]B X hätten nicht vorgelegen. In der Feststellung des L[X.], dass "die Klärung der Beitragspflicht als juristische Frage dem Vorstand oblegen" habe, liege zudem eine Überraschungsentscheidung. Auch sei wegen der unterbliebenen Vernehmung der Zeugin [X.] der Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt worden.

6

[X.]er Kläger beantragt,

        

das Urteil des [X.] vom 13. Juni 2019 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 6. August 2013 zurückzuweisen.

7

[X.]ie Beklagte beantragt,

        

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Nach der Rechtsprechung des B[X.] stehe eine abgeschlossene Betriebsprüfung einer späteren Beitragsnachforderung für den bereits geprüften Zeitraum nicht generell entgegen. Ihr sei zu entnehmen, dass sich eine materielle Bindungswirkung aus vorangegangenen Betriebsprüfungsbescheiden nicht auf erst später beurteilte Feststellungsgegenstände beziehen könne. Eine Betriebsprüfung dürfe sich auf Stichproben beschränken. [X.]ie Bindungswirkung des sie abschließenden Verwaltungsakts könne nicht über dessen Feststellungen hinausgehen. [X.]ie erst zum 1.1.2017 in [X.] getretene Vorschrift des § 7 Abs 4 [X.] könne sich nicht auf zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossene Betriebsprüfungen auswirken. Unabhängig davon bezwecke sie lediglich die (bessere) Unterstützung der Arbeitgeber im Umgang mit den konkret festgestellten Sachverhalten.

9

[X.]ie Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt. [X.]ie Beigeladenen zu 2. und 4. teilen die Rechtsauffassung der Beklagten.

Entscheidungsgründe

[X.]ie zulässige Revision des [X.] ist teilweise begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 und [X.]). [X.]as [X.] hat zu Unrecht in vollem Umfang das der Klage stattgebende Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen. [X.]ie erneute Festsetzung von Beiträgen nebst Säumniszuschlägen durch den ordnungsgemäß bekanntgegebenen (dazu 1.) Bescheid vom [X.] in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 22.10. und 16.12.2010 sowie des Widerspruchsbescheids vom 14.3.2011 ist hinsichtlich der Beigeladenen zu 15. für die [X.]räume 1.2. bis 30.9.2004, 1.11. bis 31.12.2004 sowie 1.2. bis 31.12.2005 und hinsichtlich der Beigeladenen zu 18. für die [X.]räume 1. bis 31.1.2004 sowie 1.3. bis 31.7.2004 rechtswidrig. Insoweit steht der Beitragserhebung die Bestandskraft der Beitragsfestsetzung im früheren Bescheid vom [X.] entgegen (dazu 2.). Nur im Übrigen ist die Beitragsfestsetzung rechtmäßig und der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Als Arbeitsentgelt unterlagen sowohl der aus der Überlassung verbilligten Wohnraums resultierende geldwerte Vorteil als auch die steuerfrei gezahlten Sonntagszuschläge der Beitragspflicht (dazu 3.). [X.]ie mangels entgegenstehender Bestandskraft nicht ausgeschlossene Beitragsforderung ist auch nicht verjährt (dazu 4.). Insoweit sind zu Recht Säumniszuschläge erhoben worden (dazu 5.). Schließlich ist das angefochtene Urteil nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen (dazu 6.).

1. [X.]ie nicht an den zur Vertretung des [X.] berechtigten Vorstand (§ 26 BGB), sondern an seinen Geschäftsführer oder Heimleiter gerichteten Bescheide über die Beitragsfestsetzung sind ordnungsgemäß bekannt gegeben worden. Ein Verwaltungsakt ist nach § 37 Abs 1 Satz 1 [X.]B X (idF der Bekanntmachung vom 18.1.2001, [X.]) demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Für eine wirksame Bekanntgabe an eine juristische Person (vgl zur Qualifikation des eV als juristische Person [X.] in [X.], 9. Aufl 2021, Vor § 21 Rd[X.]) muss die vertretungsberechtigte Person oder das vertretungsberechtigte Organ im Verwaltungsakt nicht benannt werden (vgl für die Kommanditgesellschaft B[X.] Beschluss vom 22.3.2001 - [X.] RA 11/00 B - juris). Es reicht aus, den Verwaltungsakt - wie hier - an die richtige Geschäftsadresse der richtig bezeichneten juristischen Person zu senden. [X.]arüber hinaus ist es - auch bei falscher Bezeichnung des vertretungsberechtigten Organs - Aufgabe der juristischen Person als Adressat, sicherzustellen, dass ein Verwaltungsakt wie andere Willenserklärungen auch zur Kenntnis der dazu berufenen Personen gelangt (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl 2022, § 41 Rd[X.]9).

2. [X.]er erneuten Beitragsfestsetzung steht hinsichtlich der Beigeladenen zu 15. für die [X.]räume 1.2. bis 30.9.2004, 1.11. bis 31.12.2004 sowie 1.2. bis 31.12.2005 und in Bezug auf die Beigeladene zu 18. für die [X.]räume 1. bis 31.1.2004 sowie 1.3. bis 31.7.2004 die Bestandskraft (§ 77 [X.]G) des Verwaltungsakts vom [X.] entgegen, der für diese Personen und [X.]räume die Beitragspflicht und -höhe abschließend regelt (dazu a). [X.]essen Bindungswirkung beschränkt sich insoweit nicht auf die genannten [X.] als sog "Feststellungsgegenstände" (dazu b). [X.]ie nicht im Betriebsprüfungsbescheid vom [X.] bezeichneten Arbeitnehmer und [X.]räume werden von der Bindungswirkung dagegen nicht erfasst (dazu c). [X.]iesem Ergebnis stehen § 7 Abs 4 Satz 2 BVV (dazu d) und §§ 44 ff [X.]B X (dazu e) nicht entgegen.

a) Nach der ständigen [X.]srechtsprechung kommt nach einer Betriebsprüfung ergangenen Verwaltungsakten eine materielle Bindungswirkung insoweit zu, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte [X.]räume festgestellt worden sind (vgl ua B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 25/18 R - B[X.]E 129, 95 = [X.]-2400 § 7 [X.], RdNr 30 mwN). [X.]as ist bei dem Bescheid vom [X.] der Fall. Nach dem für die Auslegung von Verwaltungsakten maßgebenden objektiven [X.] (B[X.] Urteil vom 29.3.2022 - [X.] R 2/20 R - juris RdNr 16, zur Veröffentlichung in B[X.]E und [X.]-1300 § 44 [X.] vorgesehen; B[X.] Urteil vom [X.] KR 2/20 R - B[X.]E 132, 245 = [X.]-2500 § 10 [X.], Rd[X.]8 mwN) regelt dieser Bescheid abschließend die konkrete Beitragspflicht und -höhe für die Beigeladene zu 15. in der [X.] vom 1.2. bis 30.9. und 1.11. bis 31.12.2004 sowie vom 1.2. bis 31.12.2005 und für die Beigeladene zu 18. für die [X.]räume 1. bis 31.1. sowie 1.3. bis 31.7.2004. [X.]ass diese Regelungen nicht unmittelbar im [X.] des Bescheids verlautbart werden, steht der Annahme einer personen- und zeitraumbezogenen Beitragsfestsetzung nicht entgegen. Hierfür genügt es, dass - wie hier - die Beschäftigten und [X.]räume in den Anlagen "Berechnung der Beiträge" und "Nachweis der Beiträge" ausgewiesen sind und in dem Bescheid darauf verwiesen wird (vgl B[X.] Urteil vom [X.] R 18/19 R - juris Rd[X.] mwN, zur Veröffentlichung in [X.]-7815 § 10 [X.] vorgesehen).

b) [X.]ie materielle Bindungswirkung hinsichtlich der personen- und zeitraumbezogenen Beitragspflicht und -höhe ist nicht auf die der Beitragsnachforderung zugrunde liegenden beanstandeten Sachverhalte (sog "Feststellungsgegenstände") beschränkt. [X.]abei kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte aus § 6 Abs 1 Beitragsüberwachungsverordnung (ab 1.7.2006: § 11 Abs 1 Satz 1 BVV) die Befugnis ableiten konnte, ihre Prüfung auf Stichproben in Bezug auf beitragsrelevante Sachverhalte zu beschränken. [X.]enn dem Bescheid vom [X.] ist bei Auslegung nach dem objektiven [X.] nicht zu entnehmen, dass sie nur bestimmte Sachverhalte geprüft hätte. [X.]er Bescheid vom [X.] nebst seinen Anlagen, der anders als der streitige Ausgangsbescheid vom [X.] gerade nicht von einer stichprobenweisen Überprüfung spricht, ist so zu verstehen, dass die Beitragszahlungen in Bezug auf diejenigen Personen und [X.]räume umfassend geprüft worden sind, für die Beiträge konkret berechnet worden sind. Zwar werden in dem Bescheid bestimmte, aus der Prüfung resultierende "Feststellungen" im Sinne von Beanstandungen (Urlaubsabgeltung, Beitragssatz, geringfügige Beschäftigung und Gleitzone) aufgelistet. Allerdings bedeutet diese Aufzählung der erkannten weiteren Fehler aus der Sicht eines objektiven Betrachters nicht, dass die Rechtmäßigkeit der für einen bestimmten [X.]raum korrigierten Beitragszahlung ausschließlich in Bezug auf solche Sachverhalte überprüft worden wäre. Solche Beanstandungen schränken als reine Begründungselemente für die konkrete Beitragsnachforderung die Regelungen über die Beitragspflicht und -höhe in Bezug auf die ausgewiesenen Arbeitnehmer und [X.]räume nicht ein (vgl zur regelmäßig fehlenden Bindungswirkung der Begründung eines Verwaltungsakts B[X.] Urteil vom [X.] - [X.]100 § 112 [X.] f mwN; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 13. Aufl 2020, § 77 Rd[X.]b mwN; [X.] in [X.], § 39 [X.]B X RdNr 10 mwN, Stand 1.5.2021). Auch der Hinweis im Bescheid vom [X.], dass im [X.] "keine Lohnsteueraußenprüfung stattgefunden" hätte, ist nur ein Begründungselement und verlautbart nicht den konkreten Prüfungsumfang der Betriebsprüfung. [X.]ie lediglich allgemein gefasste Anknüpfung an eine Lohnsteueraußenprüfung macht nicht deutlich, welche lohnsteuerrechtlichen Fragen nicht Gegenstand der Betriebsprüfung und der daraus resultierenden Beitragsnachforderung in den genannten [X.]räumen waren.

[X.]as [X.]surteil vom 18.11.2015 ([X.] R 7/14 R - juris, insbesondere RdNr 18) führt entgegen der Auffassung der Beklagten zu keinem anderen Ergebnis. Mit dieser Entscheidung hat der [X.] ausdrücklich an seiner bisherigen Rechtsprechung zur materiellen Bindungswirkung von [X.] festgehalten. [X.]ie weiteren vorangestellten Ausführungen, dass durch den früheren Prüfbescheid "seinerzeit personenbezogene Beiträge nur bezüglich der Beschäftigung von [X.], nicht aber hinsichtlich der Beschäftigung der am vorliegenden Rechtsstreit beteiligten Beigeladenen zu 1. und 2. nachgefordert wurden", stehen nicht in Widerspruch zu dem hier gefundenen Ergebnis. Wesentlich für die Ablehnung der Bindungswirkung des früheren Verwaltungsakts für den streitigen Prüfbescheid war auch damals unzweifelhaft die Verschiedenheit der jeweils betroffenen Personen, nicht aber das Vorliegen einer Beschäftigung als den die Versicherungs- und Beitragspflicht auslösenden Sachverhalt.

c) [X.]ie materielle Bindungswirkung besteht allerdings nur insoweit, als der Verwaltungsakt vom [X.] und die hier angefochtenen Verwaltungsakte eine Personen- und [X.]raumidentität aufweisen. [X.]er [X.] hat bereits entschieden, dass bei Erlass eines personenbezogenen Bescheids nicht zugleich (spiegelbildlich bzw mittelbar) eine Regelung darüber getroffen wird, dass "im Übrigen", dh insbesondere hinsichtlich aller sonstigen Beschäftigten, die von der personenbezogenen Beitragsfestsetzung nicht betroffen sind, im Prüfungszeitraum "alles in Ordnung" sei, dass also hinsichtlich dieser zB keine Versicherungspflicht bzw kein Beitragsanspruch besteht (vgl [X.]surteil vom 18.11.2015 - [X.] R 7/14 R - juris RdNr 18). Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des [X.] auch nicht aus dem [X.]surteil vom [X.] ([X.] R 25/18 R - B[X.]E 129, 95 = [X.]-2400 § 7 [X.]). Mit dieser Entscheidung hat der [X.] seine Rechtsprechung dahingehend weiterentwickelt, dass auch eine beanstandungsfreie Betriebsprüfung - an der es hier fehlt - wegen des berechtigten Interesses des Arbeitgebers durch Erlass eines Verwaltungsakts abzuschließen ist, der den Gegenstand und das Ergebnis der Prüfung rechtswirksam feststellt (B[X.] aaO RdNr 33 f). Gleichzeitig ist aber daran festgehalten worden, dass sich eine materielle Bindungswirkung auch weiterhin nur insoweit ergeben kann, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte [X.]räume durch Verwaltungsakt festgestellt worden sind (B[X.] aaO RdNr 32).

d) Weder der Kläger noch die Beklagte können sich erfolgreich auf § 7 Abs 4 Satz 2 BVV berufen. Nach der zum 1.1.2017 durch das 6. [X.]B IV-Änderungsgesetz vom 11.11.2016 ([X.]) eingeführten Vorschrift soll der Arbeitgeber durch den Prüfbescheid oder das Abschlussgespräch zur Prüfung Hinweise zu den festgestellten Sachverhalten erhalten, um in den weiteren Verfahren fehlerhafte Angaben zu vermeiden. Ziel der Regelung ist es, durch Hinweise an die Arbeitgeber die Zahl der fehlerhaften Einschätzungen von Sachverhalten in der Sozialversicherung weiter zu verringern und so die Qualität der Meldungen und Beitragsnachweise noch weiter zu verbessern ([X.]; vgl auch B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 25/18 R - B[X.]E 129, 95 = [X.]-2400 § 7 [X.], RdNr 34). Mit der Gesetzesänderung zum 1.7.2020 (durch das Siebte Gesetz zur Änderung des [X.]B IV und anderer Gesetze vom 12.6.2020, [X.] 1248) durch Anknüpfung an die "beanstandeten" anstelle der "festgestellten" Sachverhalte wurde lediglich klargestellt, dass Arbeitgeber durch die Rentenversicherungsträger in Form gezielter Hinweise (nur) in den konkret beanstandeten Sachverhalten unterstützt werden sollen (vgl BT-[X.]rucks 19/17586 [X.]). § 7 Abs 4 Satz 2 BVV bezweckt(e) damit nicht, ohne entsprechende Regelung durch Verwaltungsakt einen Vertrauens- und Bestandsschutz des Arbeitgebers für die Vergangenheit im Hinblick auf beanstandungsfrei gebliebene Personen und [X.]räume zu begründen oder die materielle Bindungswirkung von bereits erlassenen Verwaltungsakten auf festgestellte Beanstandungen zu beschränken.

e) [X.]ie Bindungswirkung des Verwaltungsakts vom [X.] ist schließlich nicht durch eine mit den streitigen Bescheiden gegebenenfalls erklärte Rücknahme oder Aufhebung nach §§ 44 ff [X.]B X (teilweise) entfallen. Es liegen insbesondere nicht die Voraussetzungen für eine Rücknahme für die Vergangenheit nach § 45 Abs 4 Satz 1 [X.]B X iVm § 45 Abs 2 Satz 3, Abs 3 Satz 2 [X.]B X vor.

3. [X.]ie Beitragsfestsetzung ist im Übrigen, dh in Bezug auf die Beigeladenen zu 11. bis 14., 16. und 17. sowie die Beigeladene zu 18. hinsichtlich der [X.]räume August bis [X.]ezember 2004 sowie Juli bis [X.]ezember 2005 rechtmäßig.

Rechtsgrundlage der Beitragsfestsetzung ist § 28p Abs 1 Satz 1 und 5 [X.]B IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, [X.] 3710). [X.]anach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem [X.]B IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen, insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a [X.]B IV) mindestens alle [X.] (Satz 1). Sie erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (Satz 5).

Arbeitgeber haben für versicherungspflichtig Beschäftigte den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen 28d Satz 1 und 2 [X.]B IV idF des [X.] vom [X.], [X.] 594; § 28e Abs 1 Satz 1 [X.]B IV idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, [X.] 3710). [X.]er Beitragsbemessung liegt in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der [X.] Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde (§ 162 Nr 1 [X.]B VI idF der Bekanntmachung vom [X.], [X.] 754; § 226 Abs 1 Satz 1 Nr 1 [X.]B V; § 57 Abs 1 [X.]B XI idF des [X.] vom 22.12.1999, [X.] 2534, und des [X.] am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.] 4607; § 342 [X.]B III). Als Arbeitsentgelt unterlagen sowohl der aus der Überlassung verbilligten Wohnraums resultierende geldwerte Vorteil als auch die steuerfrei gezahlten Sonntagszuschläge der Beitragspflicht.

Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs 1 Satz 1 [X.]B IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, [X.] 3710) alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. [X.]er gesetzlich nicht definierte Begriff der Einnahmen umfasst jeden geldwerten Vorteil, der dem Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließt. Hierzu gehören die Gegenleistungen des Arbeitgebers für die erbrachte Arbeitsleistung des Beschäftigten. [X.]arunter fallen in erster Linie der tarif- oder einzelvertraglich vereinbarte Bruttoverdienst, aber auch Sachbezüge, also Sachgüter in Geldeswert (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 21/18 R - B[X.]E 131, 260 = [X.]-2400 § 14 [X.], RdNr 11 mwN).

Wird als Sachbezug eine Wohnung zur Verfügung gestellt, bestimmt sich nach § 2 der Sachbezugsverordnung 1995 ([X.]) vom 19.12.1994 ([X.] 3849; hier idF der Änderungsverordnung vom 5.11.2001, [X.] 2945, vom 7.11.2002, [X.] 4339, vom 23.10.2003, [X.] 2103 und vom [X.], [X.] 2663) ihr Wert nach den §§ 3 bis 5 [X.]. [X.]anach ist eine Wohnung mit dem ortsüblichen Mietpreis unter Berücksichtigung der sich aus der Lage der Wohnung zum Betrieb ergebenden Beeinträchtigungen zu bewerten (§ 4 Abs 1 Satz 1 [X.]). Wird die Wohnung verbilligt zur Verfügung gestellt, ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem vereinbarten und dem ortsüblichen Mietpreis dem Arbeitsentgelt hinzuzurechnen (§ 5 [X.]). [X.]ie Beitragsbemessung der Beklagten anhand der dem Haftungs- und Nachforderungsbescheid des Finanzamtes zugrunde liegenden ortsüblichen Miete iHv 400 Euro ist danach nicht zu beanstanden und vom Kläger auch nicht beanstandet worden.

[X.]ie Verbeitragung der geleisteten Sonntagszuschläge als Arbeitsentgelt, soweit sie [X.] des Grundlohns betragen, richtete sich in dem streitigen [X.]raum nach § 1 Arbeitsentgeltverordnung ([X.] - idF der Verordnung zur Änderung der [X.] und der Sachbezugsverordnung 1989 vom 12.12.1989, [X.] 2177). [X.]anach sind [X.], die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gezahlt werden, lediglich dann nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie lohnsteuerfrei sind und sich aus § 3 [X.] (in Bezug auf die gesetzliche Unfallversicherung) nichts Abweichendes ergibt. Gemäß § 3b Abs 1 [X.], 3 und 4 EStG (idF des [X.], [X.] 1093, gültig vom 3.8.1988 bis 31.12.2006) sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntagsarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, steuerfrei, soweit sie - vorbehaltlich des 1.5., 24.12. ab 14 Uhr, 25.12., 26.12., 31.12. ab 14 Uhr sowie gesetzlicher Feiertage - [X.] des Grundlohns nicht übersteigen. Auch die danach zutreffende Beitragsfestsetzung hat der Kläger nicht beanstandet.

4. [X.]ie der Bestandskraft des Verwaltungsakts vom [X.] nicht entgegenstehende Beitragsforderung ist auch nicht verjährt. Gemäß § 25 Abs 1 [X.]B IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, [X.] 3710) verjähren Ansprüche auf Beiträge in [X.]n (Satz 1) oder, sofern sie vorsätzlich vorenthalten wurden, in 30 Jahren (Satz 2) nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ein solch vorsätzliches Verhalten liegt vor, wenn der Schuldner die Beiträge mit zumindest bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (stRspr; vgl ua B[X.] Urteil vom 16.12.2015 - [X.] R 11/14 R - B[X.]E 120, 209 = [X.]-2400 § 28p [X.], Rd[X.]4; B[X.] Urteil vom 18.11.2015 - [X.] R 7/14 R - juris Rd[X.]7 mwN). [X.]er Arbeitgeber muss es zumindest für denkbar halten, dass bestimmte Zuwendungen an die Arbeitnehmer dem Grunde nach [X.] Arbeitsentgelt und, sofern noch nicht geschehen, Beiträge und die Umlage zu zahlen sind.

Vorsätzliches Verhalten liegt dabei von vornherein nahe, wenn die Beitragspflicht eine verbreitete Nebenleistung zum Arbeitsentgelt betrifft, bei der zwischen steuer- und beitragsrechtlicher Behandlung eine bekannte oder ohne Weiteres erkennbare Übereinstimmung besteht (B[X.] Urteil vom 30.3.2000 - [X.] KR 14/99 R - [X.] 3-2400 § 25 S 35 f = juris Rd[X.]). [X.]ies gilt insbesondere dann, wenn - wie vorliegend - ein die Steuerpflicht regelnder Haftungs- und Nachforderungsbescheid des Finanzamts vorliegt. [X.]enn aufgrund der prinzipiellen Übereinstimmung von Steuer- und Beitragspflicht von Lohn iS von § 19 EStG und Arbeitsentgelt iS von §§ 14, 17 [X.]B IV kann davon ausgegangen werden, dass ein Lohnsteuerhaftungsbescheid in aller Regel auch in sozialrechtlicher Hinsicht Konsequenzen hat (vgl B[X.] Urteil vom 18.11.2015 - [X.] R 7/14 R - juris Rd[X.]7). [X.]ie 30-jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs 1 Satz 2 [X.]B IV gilt dabei auch dann, wenn der Arbeitgeber zwar bei Fälligkeit der Beiträge noch gutgläubig war, er jedoch noch vor Ablauf der Verjährungsfrist nach § 25 Abs 1 Satz 1 [X.]B IV bösgläubig wird (B[X.] Urteile vom 16.12.2015 - [X.] R 11/14 R - B[X.]E 120, 209 = [X.]-2400 § 25 [X.], Rd[X.]4, und vom 18.11.2015 - [X.] R 7/14 R - juris Rd[X.]7, jeweils mwN). Maßgebend ist bei einer juristischen Person des Privatrechts die Kenntnis zumindest eines vertretungsberechtigten Mitglieds des Organs von der Beitragspflicht (B[X.] Urteil vom 16.12.2015 aaO Rd[X.]6 mwN).

Gemessen daran hat das [X.] nach seinen nicht mit zulässigen sowie begründeten Verfahrensrügen (dazu 6.) angegriffenen und damit bindenden Feststellungen (§ 163 [X.]G) rechtsfehlerfrei ein bedingt vorsätzliches Vorenthalten von Beiträgen ab Februar 2007 mit der Kenntniserlangung des Vorstands des [X.] von dem Haftungs- und Nachforderungsbescheid des Finanzamts angenommen. Anhaltspunkte dafür, dass das [X.] von einem unrichtigen Verschuldensmaßstab (vgl B[X.] Urteil vom 12.12.2018 - [X.] R 15/18 R - B[X.]E 127, 125 = [X.]-2400 § 24 [X.], RdNr 11 ff) ausgegangen sein könnte, liegen nicht vor. Vielmehr spricht der Umstand, dass nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] der Vorstand des [X.] die Haftungs- und Nachforderungsbescheide des Finanzamts der Angestellten Frau [X.] zur Prüfung vorgelegt hat, für sein Erkennen einer jedenfalls möglichen Beitragspflicht. [X.]er durch die Auskunft von Frau [X.], dass in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht "keine Gefahr" von dem Haftungs- und Nachforderungsbescheid ausgehe, gegebenenfalls ausgelöste Irrtum des Vorstands war vermeidbar und schließt den Vorsatz damit nicht aus. Bei der sich hier aufdrängenden Möglichkeit einer Beitragspflicht hätte er verlässlichen und sachkundigen Rat einholen müssen (vgl so zur Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums iS von § 17 StGB [X.] Urteil vom 16.5.2017 - [X.]/16 - juris Rd[X.]8 f; vgl zur Vorwerfbarkeit des Unterlassens einer Klärung der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit durch fachkundige Stellen B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 20/14 R - [X.]-2400 § 7 [X.]9 RdNr 35).

5. [X.]ie Beklagte hat daher auch zu Recht auf die ihr zustehende Beitragsforderung ab März 2007 Säumniszuschläge festgesetzt. Gemäß § 24 [X.]B IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, [X.] 3710) ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des [X.] gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen (Abs 1 Satz 1); wird eine Beitragsforderung - wie hier - durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag (nur dann) nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (Abs 2). Auch diese Ausnahmeregelung setzt ebenso wie § 25 Abs 1 Satz 2 [X.]B IV voraus, dass dem Arbeitgeber nicht wenigstens bedingter Vorsatz vorzuwerfen ist, wobei im Falle einer juristischen Person des Privatrechts wiederum die Kenntnis zumindest eines Mitglieds des vertretungsberechtigten Organs von der Zahlungspflicht ausreicht (B[X.] Urteil vom 12.12.2018 - [X.] R 15/18 R - B[X.]E 127, 125 = [X.]-2400 § 24 [X.], Rd[X.] ff). [X.]ie unter 4. dargelegten, die Annahme eines vorsätzlichen Vorenthaltens von Beiträgen rechtfertigenden Umstände schließen zugleich die unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht aus. Ausgehend von der vielmehr bestehenden verschuldeten Unkenntnis mit Eintritt der Bestandskraft des Haftungs- und Nachforderungsbescheids im Februar 2007 hat die Beklagte zutreffend ab März 2007 Säumniszuschläge erhoben (vgl zur Erhebung von Säumniszuschlägen ab Eintritt der Kenntnis oder verschuldeten Unkenntnis B[X.] Urteil vom 12.12.2018 - [X.] R 15/18 R - B[X.]E 127, 125 = [X.]-2400 § 24 [X.], Rd[X.]1). [X.]eren Höhe ist vom Kläger nicht angegriffen worden und auch nicht zu beanstanden.

6. [X.]as Berufungsurteil ist nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Weder liegt eine Überraschungsentscheidung (dazu a) noch ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht (dazu b) vor.

a) [X.]er Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, §§ 62, 128 Abs 2 [X.]G) soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten. [X.]as Prozessgericht ist aber grundsätzlich gerade nicht verpflichtet, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte vorher mit den Beteiligten zu erörtern. Von einer Überraschungsentscheidung kann daher nur dann ausgegangen werden, wenn sich das Gericht ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl B[X.] Urteil vom 16.3.2016 - B 9 V 6/15 R - [X.]-3100 § 60 [X.] Rd[X.]6 mwN).

[X.]er Kläger hält die Feststellung des [X.], dass "die Klärung der Beitragspflicht als juristische Frage dem Vorstand oblegen" habe, für überraschend. [X.]ie Beurteilung einer vorsätzlichen Vorenthaltung von Beiträgen gemäß § 25 Abs 1 Satz 2 [X.]B IV war aber bereits Gegenstand des Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahrens. Zudem ist der Prozessbevollmächtigte des [X.] im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] zu den Abläufen der Prüfung der sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen des Haftungs- und Nachforderungsbescheids des Finanzamts angehört worden. [X.]amit lag die Auseinandersetzung des [X.] mit einer etwaigen Verletzung von Prüfpflichten durch den vertretenden Vorstand nahe. Eines ausdrücklichen Hinweises darauf hat es nicht bedurft.

b) [X.]ie Rüge der mangelhaften Sachaufklärung (§ 103 [X.]G) wegen unterbliebener Vernehmung der Angestellten [X.]ose als Zeugin ist jedenfalls unbegründet, weil sie keine entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen betrifft. [X.]ie Frage des vorsätzlichen Vorenthaltens von Beiträgen iS von § 25 Abs 1 Satz 2 [X.]B IV ließ sich auch ohne die Vernehmung der Zeugin [X.] beurteilen.

7. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm § 155 Abs 1 Satz 1, § 162 Abs 3 VwGO und berücksichtigt das teilweise Obsiegen des [X.].

8. [X.]ie Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.

[X.]

Meta

B 12 R 7/20 R

18.10.2022

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Schwerin, 6. August 2013, Az: S 7 R 228/11, Urteil

§ 28p Abs 1 S 1 SGB 4, § 28p Abs 1 S 5 SGB 4, § 7 Abs 4 S 2 BeitrVV

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 18.10.2022, Az. B 12 R 7/20 R (REWIS RS 2022, 9344)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9344

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