Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.12.2022, Az. XII ZR 34/22

12. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 7758

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Gegenstand

Anspruch auf Mautgebühr für Benutzung ungarischer Autobahnen bei Angabe eines falschen Länderkennzeichens


Leitsatz

Die Bestimmungen des ungarischen Rechts über die Erhebung einer Straßenmaut verstoßen auch hinsichtlich der für die Angabe eines falschen Länderkennzeichens in der ungarischen Mautverordnung getroffenen Regelungen nicht gegen den deutschen ordre public (Fortführung von BGH, Urteil vom 28. September 2022 - XII ZR 7/22, NJW 2022, 3644).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 51 des [X.] vom 14. März 2022 aufgehoben, soweit darin zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Maut für die Benutzung [X.] Autobahnen.

2

Die Klägerin ist eine [X.] Gesellschaft, deren Geschäftszweck die Eintreibung der [X.]n Autobahnmaut ist. Der Beklagte befuhr am 21. Juni und 3. August 2019 jeweils einmal einen Abschnitt der [X.]n Autobahn, für den auf Grundlage des [X.]n Gesetzes Nr. I von 1988 über den Straßenverkehr (im Folgenden: Straßenverkehrsgesetz) i.V.m. der Verordnung des [X.]n Ministers für Wirtschaft und Verkehr Nr. 36/2007 (III. 26.) [X.] über die Maut von Autobahnen, Autostraßen und Hauptstraßen (im Folgenden: [X.]) eine Straßenmaut zu entrichten ist. Gemäß § 4 Abs. 2a [X.] müssen beim Verkauf der Berechtigung unter anderem das Kennzeichen und das Länderkennzeichen des berechtigten Fahrzeugs eingegeben werden.

3

Schuldner der Maut ist nach § 15 Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz der Halter des Fahrzeugs. Wird die Maut nicht vor der Benutzung des Straßenabschnitts durch Kauf einer virtuellen Vignette (e-Matrica) entrichtet, ist gemäß § 33/A Abs. 1 des [X.] in Verbindung mit § 7/A Abs. 10 und Anlage 1 [X.] eine Grundersatzmaut von 14.875 [X.]n [X.] ([X.]) bei Zahlung innerhalb von 60 Tagen nach Zahlungsaufforderung zu zahlen bzw. eine erhöhte Zusatzgebühr von 59.500 [X.] bei einer Zahlung nach mehr als 60 Tagen.

4

Vor den Befahrungen der mautpflichtigen Straßen hatte der Beklagte jeweils eine gültige elektronische Vignette erworben. Hierbei hatte er das Kennzeichen seines Fahrzeugs korrekt in die Rubrik „Licence plate number“ der elektronischen Eingabemaske eingegeben. Unter „[X.]“ war jedoch „[X.]“ eingetragen, obgleich das Fahrzeug des Beklagten in [X.] zugelassen war. Aufgrund der nicht übereinstimmenden Länderkennung wurden im Rahmen des automatisierten Abgleichs der Fahrzeugkennzeichen mit den erworbenen Vignetten insgesamt zwei Straßenbenutzungen ohne vorherigen Erwerb einer Benutzungsberechtigung registriert.

5

Mit Schreiben vom 30. August 2019 forderte ein im Inland ansässiges Inkassounternehmen den Beklagten zur Zahlung der Grundersatzmaut für die Straßenbenutzung am 21. Juni 2019 und mit Schreiben vom 28. Oktober 2019 zur Zahlung der Grundersatzmaut für die Straßenbenutzung am 3. August 2019 auf. Nachdem der Beklagte diese nicht beglichen hatte, forderte die Klägerin ihn mit weiteren Schreiben vom 2. Januar 2020 zur Zahlung der erhöhten Zusatzgebühren auf.

6

Mit der Klage hat die Klägerin die Zahlung von 364,80 € nebst Zinsen sowie von 163,74 € außergerichtlichen Inkassokosten verlangt. Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß mit Ausnahme der Zinsen verurteilt. Das [X.] hat die zugelassene Berufung des Beklagten zurückgewiesen; hiergegen richtet sich dessen zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

I.

8

Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Klägerin habe gegen den [X.]n als Halter des PKW einen Anspruch auf Zahlung einer erhöhten Zusatzgebühr für das Befahren der [X.] am 21. Juni 2019 in Höhe von 182,28 € und am 3. August 2019 in Höhe von 182,52 € gemäß Anlage 1 [X.]. Der [X.] habe die gebührenpflichtigen Autobahnen ohne entsprechende Berechtigung befahren. Dem stehe nicht entgegen, dass der [X.] tatsächlich zwei Vignetten erworben habe, denn diese wiesen nicht das zutreffende Länderkennzeichen auf.

9

Auf das Rechtsverhältnis sei gemäß Art. 4 Abs. 2, 19 Abs. 1 und 3 [X.] I-VO das [X.] Recht anzuwenden. Ein Verstoß gegen den ordre public, der zur Nichtanwendung der Vorschriften der [X.] führen könnte, liege nicht vor. Bei der [X.] handle es sich um einen mit den Kosten des durch die nachträgliche Mauterhebung verbundenen Verwaltungsaufwands zu rechtfertigenden Schadensersatz. Auch die erhöhte Zusatzgebühr vermöge einen Verstoß gegen den ordre public nicht zu begründen. Ein [X.] sei darin nicht zu sehen, sondern eine Vertragsstrafe für den hier vorliegenden Fall, dass der Schuldner die [X.] nicht innerhalb der - als angemessen anzusehenden - Zahlungsfrist von 60 Tagen leistet. Bei dem Vergleich der [X.]n Regelungen mit der [X.] Rechtsordnung sei zu [X.]ücksichtigen, dass auch das [X.] Zivilrecht eine Sanktionierung des Zahlungsverzugs in einer Verzinsung (§ 288 BGB) unabhängig vom Eintritt eines konkreten Schadens kenne.

II.

Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung insoweit nicht stand, als es an Feststellungen zur Berechtigung der Klägerin fehlt, die Zahlung in inländischer Währung zu fordern.

1. Die Klage ist zulässig erhoben.

Das [X.] hat die von ihm nicht eigens erörterte internationale Zuständigkeit [X.]r Gerichte, die in der Revisionsinstanz unbeschadet des § 545 Abs. 2 ZPO uneingeschränkt zu ü[X.]prüfen ist, zu Recht bejaht. Wie der [X.] [X.]eits entschieden hat, fällt eine Klage auf gerichtliche Beitreibung der [X.]n Straßenmaut unter den Begriff der „Zivil- und Handelssache“ im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates ü[X.] die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 12. Dezem[X.] 2012 ([X.] Ia-VO = EuGVVO; [X.]. [X.] 351 S. 1). Nach Art. 4 Abs. 1 EuGVVO sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen ([X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 9 [X.]).

2. [X.] richtet sich nach der Verordnung ([X.]) Nr. 593/2008 des [X.] und des Rates vom 17. Juni 2008 ü[X.] das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ([X.] I-VO; [X.]. [X.] 177 S. 6, [X.]. [X.] [X.]. L 309 S. 87). Zutreffend hat das [X.] angenommen, dass die geltend gemachte Forderung aus einem vertraglichen Schuldverhältnis im Sinne von Art. 1 Abs. 1 [X.] I-VO herrührt. Der Begriff des „vertraglichen Schuldverhältnisses“ bezeichnet eine von einer Person gegenü[X.] einer anderen freiwillig eingegangene rechtliche Verpflichtung und ist nicht eng auszulegen. Hierunter fällt auch eine Verpflichtung, die dadurch freiwillig eingegangen wird, dass der Fahrzeugführer das als [X.] in der Bereitstellung des mautpflichtigen Straßenabschnitts liegende Angebot durch schlichtes Befahren annimmt ([X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 18 [X.]).

Offenbleiben kann, ob hier die Kollisionsnorm für Dienstleistungsverträge (Art. 4 Abs. 1 Buchst. b [X.] I-VO) anzuwenden ist, nach der das Recht des Staates [X.]ufen ist, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Denn wäre dies nicht der Fall, käme die Auffangnorm des Art. 4 Abs. 2 [X.] I-VO zur Anwendung, wonach der [X.] unterläge, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Beides führt im vorliegenden Fall gleichermaßen zur Anwendung [X.]n Sachrechts ([X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 19).

Die Frage, ob der [X.] in seiner Eigenschaft als Halter auf Zahlung der vertragsmäßig begründeten Mautforderung in Anspruch genommen werden kann, unterliegt keiner gesonderten Anknüpfung. Denn das [X.] bestimmt grundsätzlich, wer Schuldner und Gläubiger ist. Die Reichweite des [X.]s erstreckt sich nach dem autonom auszulegenden Art. 12 Abs. 1 Buchst. b [X.] I-VO auf die Erfüllung der durch den Vertrag begründeten Verpflichtungen und damit auch darauf, ob der Fahrer auch in seiner Eigenschaft als Halter in den Vertrag einbezogen ist (vgl. [X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 20 f.).

3. Nach den vom [X.] im Freibeweis (vgl. [X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 22 [X.]) getroffenen Feststellungen zum Inhalt des [X.]n Rechts ist, wenn die Maut nicht vor der Benutzung des Straßenabschnitts durch Kauf einer virtuellen Vignette entrichtet ist, gemäß § 33/A Abs. 1 des [X.] in Verbindung mit § 7/A Abs. 10 und Anlage 1 [X.] eine [X.] von 14.875 [X.] bei Zahlung innerhalb von 60 Tagen nach Zahlungsaufforderung zu zahlen bzw. eine erhöhte Zusatzgebühr von 59.500 [X.] bei einer Zahlung nach mehr als 60 Tagen. Schuldner der nachträglich zu entrichtenden Maut ist nach § 15 Abs. 2 des [X.] der Halter des Fahrzeugs. Aufgrund von zwei Benutzungen von [X.] an verschiedenen Tagen, für die auf Grundlage der [X.] eine Straßenmaut anfällt, ergibt sich eine Forderung gegen den [X.]n als Halter des Fahrzeugs in Höhe von zweimal der erhöhten Zusatzgebühr.

4. Zu Unrecht meint die Revision, der [X.] habe die Straßenabschnitte aufgrund des vorangegangenen Erwerbs von elektronischen Vignetten, die auf das Kennzeichen des vom [X.]n benutzten Fahrzeugs personalisiert gewesen seien, [X.]echtigt befahren. Denn der rechtsgültige Erwerb der Straßenbenutzungs[X.]echtigung setzt nach § 4 Abs. 2a [X.] die zutreffende Eingabe sowohl des Kennzeichens als auch des [X.] des [X.]echtigten Fahrzeugs voraus. Hieran fehlt es, da das eingegebene Länderkennzeichen nicht mit dem des Fahrzeugs ü[X.]einstimmte.

5. Die Anwendung der Vorschriften des [X.]n Rechts ü[X.] die zu entrichtende erhöhte Zusatzgebühr kann auch nicht gemäß Art. 21 [X.] I-VO deshalb versagt werden, weil diese mit der inländischen öffentlichen Ordnung („ordre public“) offensichtlich unvereinbar wäre. Denn ein ordre public-Verstoß läge nur dann vor, wenn das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der [X.] Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch stünde, dass es nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheint ([X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 25 [X.]).

Der ordre public-Vorbehalt ist mit Rücksicht auf die vorrangig anzuwendende ausländische Rechtsordnung gegenü[X.] dem Recht eines anderen Mitgliedsstaates restriktiv zu handhaben. Dabei kommt es auch darauf an, dass der zu prüfende Sachverhalt ü[X.]haupt einen Inlandsbezug hat, und wie stark dieser ausgeprägt ist ([X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 26 [X.]).

Im vorliegenden Fall besteht ein starker Auslandsbezug dadurch, dass das Vertragsverhältnis in [X.] begründet und die charakteristische Leistung in [X.] erbracht worden ist. Demgegenü[X.] besteht nur ein geringer Inlandsbezug, der allein darin liegt, dass das Fahrzeug auf einen Halter im Inland zugelassen ist. In dieser Konstellation mit nur schwach ausgeprägtem Inlandsbezug führt die Anwendung des ausländischen Rechts zu keinem Ergebnis, das mit wesentlichen Grundsätzen des inländischen Rechts offensichtlich unvereinbar wäre (vgl. [X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 27).

a) Ein Verstoß gegen den ordre public liegt nicht darin begründet, dass nach [X.]m Recht im Falle der Benutzung der mautpflichtigen Straße durch einen vom Halter verschiedenen Fahrer ein Vertrag zulasten Dritter begründet würde ([X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 28 ff. [X.]).

Diese abstrakte Frage stellt sich im vorliegenden Fall im Übrigen schon deshalb nicht, weil für einen Verstoß gegen den ordre public nicht nur die abstrakte Unvereinbarkeit der ausländischen Rechtsordnung mit den Grundsätzen des [X.] Rechts in den Blick zu nehmen ist, sondern es zusätzlich entscheidend darauf ankommt, ob das konkrete Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts aus der Sicht des [X.] Rechts zu missbilligen ist ([X.]sbeschluss vom 29. Septem[X.] 2021 - [X.] 309/21 - FamRZ 2022, 93 Rn. 32 [X.]). Dieses wäre hier schon deshalb zu verneinen, weil mit dem Halter des Fahrzeugs diejenige Person in Anspruch genommen ist, die das Fahrzeug auch selbst gefahren und damit die mautpflichtige Straße persönlich genutzt hat.

b) Der [X.] ist auch nicht dadurch in einer dem ordre public widersprechenden Weise benachteiligt, dass die erworbene Vignette eine Straßenbenutzungs[X.]echtigung zunächst nur für ein Fahrzeug vermittelt, das sowohl hinsichtlich des Kennzeichens als auch hinsichtlich des [X.] ü[X.]einstimmt. Denn es ist nicht auszuschließen, dass es bei der Vergabe von Fahrzeugkennzeichen in den verschiedenen [X.] zu Ü[X.]schneidungen kommt. Daher wird ein Fahrzeug erst durch die Kombination von Kennzeichen und Länderkennzeichen eindeutig individualisiert. Es entspricht einem [X.]echtigten Interesse, die Straßenbenutzungs[X.]echtigung nur für dementsprechend eindeutig individualisierte Fahrzeuge zu erteilen.

c) Ebenso verstößt es nicht gegen den ordre public, dass der [X.] zu einer höheren Maut als bei Vorabentrichtung herangezogen wird. Eine Tarifgestaltung, die die Vorabentrichtung der Maut preislich günstiger offeriert als bei einer Nachentrichtung, ist schon deshalb nicht unangemessen, weil mit der nachträglichen Einziehung der Maut sowohl ein erhöhter Aufwand als auch Realisierungsrisiken verbunden sind. Schließlich sollen durch die unterschiedliche Preisgestaltung auch im Massengeschäft notwendige Lenkungseffekte erreicht werden, die auf eine Vorabentrichtung der Maut zielen. Regelungen mit dieser Zielsetzung sind auch dem inländischen Recht nicht grundsätzlich fremd; beispielsweise erheben Beförderungsunternehmen gemäß § 9 Abs. 1 der Verordnung ü[X.] die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. Februar 1970 ([X.]) ein erhöhtes Beförderungsentgelt, wenn der Fahrgast sich keinen gültigen Fahrausweis beschafft hat ([X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 33 [X.]).

d) Ist danach [X.]eits die [X.] nicht als pauschalierter Schadensersatz, sondern als gewöhnliches Vertragsentgelt im nachträglichen [X.] zu verstehen, geht auch die Auffassung der Revision fehl, die bei Nichtentrichtung innerhalb von 60 Tagen nach der Zahlungsaufforderung anfallende erhöhte Zusatzgebühr stelle der Sache nach einen [X.] in Form einer zweiten Vertragsstrafe auf die Nichterfüllung der ersten Vertragsstrafe dar, was gegen den ordre public verstoße. Die erhöhte Zusatzgebühr stellt sich vielmehr als eine (erste) Vertragsstrafe dar, mit der der Zahlungsverzug hinsichtlich der [X.] sanktioniert und der [X.] pauschaliert wird. Der Charakter eines pauschalierten [X.]es zeigt sich etwa darin, dass zusätzliche Verzugszinsen nicht geschuldet sind (§ 33/B Abs. 5 Satz 4 Straßenverkehrsgesetz). Schließlich verstößt die Regelung auch nicht gegen das im inländischen Recht für Vertragsstrafen verankerte Verschuldensprinzip, da die erhöhte Zusatzgebühr erst anfällt, wenn der Fahrzeughalter die Maut nicht innerhalb von 60 Tagen nach der ihm zugegangenen Zahlungsaufforderung entrichtet ([X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 34 [X.]).

Zwar kann auch eine ü[X.]mäßig hohe Vertragsstrafe für sich genommen gegen den ordre public verstoßen. Die Vertragsstrafe für sich genommen beträgt hier a[X.] nur den Aufschlag von (59.500 - 14.875 =) 44.625 [X.], was derzeit rund 110 € entspricht und keinen unangemessen hohen absoluten Betrag darstellt. Relativ betrachtet bedeutet die erhöhte Zusatzgebühr einen dreifachen Aufschlag auf das Vertragsentgelt für den nachträglichen [X.], was ebenfalls noch nicht ordre public-widrig ü[X.]höht ist ([X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 35).

Selbst wenn man in den Blick nimmt, dass die erhöhte Zusatzgebühr das Zwanzigfache des Entgelts bei Vorabentrichtung der Maut beträgt (59.500 [X.] gegenü[X.] 2.975 [X.]), hält sich die Vervielfachung der betragsmäßig geringen Ausgangsmaut um diesen Faktor noch im Rahmen dessen, was nach inländischem Recht beispielsweise von Beförderungsunternehmen als gewöhnliches erhöhtes Beförderungsentgelt verlangt werden kann, und widerspricht deshalb nicht offensichtlich hiesigen Rechtsgrundsätzen ([X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 36).

e) Schließlich wird der [X.] auch nicht im Hinblick darauf, dass er Vignetten vorab erworben und dabei lediglich das Länderkennzeichen falsch angegeben hatte, durch die Heranziehung zur [X.] und zur erhöhten Zusatzmaut ordre public-widrig benachteiligt.

(1) Denn für den Fall der falschen Eingabe eines [X.] eröffnet § 8 Abs. 5a [X.] die Möglichkeit, das richtige Länderkennzeichen innerhalb von 60 Kalendertagen nach Beginn der Gültigkeitsdauer der Straßennutzungs[X.]echtigung bzw. innerhalb von 60 Tagen nach Erhalt der Aufforderung zur Zahlung der Zusatzgebühr wegen eines falschen [X.] im [X.] der Nationale Mauterhebung geschlossene Dienstleistungs-AG ([X.]) oder der von der [X.] einbezogenen Stelle sowie auf die von der [X.] andersartig gewährte Weise durch die entsprechende Änderung des [X.] erfassen zu lassen.

(2) Das in § 8 Abs. 9 und 10 [X.] näher geregelte Verfahren der Änderung des [X.] ist auch nicht in einer Weise ausgestaltet, die das Beschreiten dieses Weges unzumutbar erschweren würde und deshalb für sich genommen einen ordre public-Verstoß begründete.

Nach § 8 Abs. 10 [X.] setzt die Änderung des [X.] lediglich voraus, gleichzeitig mit der Einreichung seines Antrags oder spätestens innerhalb von 90 Tagen nach der Aufforderung der [X.] alle für die Inanspruchnahme der Dienstleistung erforderlichen Unterlagen restlos vorzulegen; dieses sind die Zulassung des Kraftfahrzeugs und der Kontrollabschnitt oder die Quittungsmitteilung zum Nachweis des Kaufs der Berechtigung (§ 8 Abs. 5a Satz 2 [X.]). Auch ist die in § 8 Abs. 9 [X.] vorgesehene Gebühr für die Änderung des [X.] von 1.470 [X.], was derzeit rund 3,60 € entspricht, nicht unangemessen hoch, zumal sie für mehrere für dasselbe Fahrzeug beim gleichen Kaufvorgang gekaufte Berechtigungen nur einmal zu zahlen ist.

Im Falle einer Durchführung dieses Verfahrens, das der [X.] nicht beschritten hat, hätte die Berechtigung für das geänderte Länderkennzeichen rückwirkend für die gesamte Gültigkeitsdauer gegolten (§ 8 Abs. 5a Satz 4 [X.]). Der [X.] hat keine Umstände dargelegt, die ihn gehindert hätten, auf diese Weise der ansonsten durch die [X.] vorgesehenen Inanspruchnahme auf die [X.] und die im Falle deren Nichtentrichtung einsetzende erhöhte Zusatzmaut zu entgehen.

6. Rechtlich zu beanstanden ist allerdings, dass das [X.] den [X.]n - wie von der Klägerin beantragt - zur Zahlung einer Geldschuld in inländischer Währung verurteilt hat.

Fremdwährungsschulden sind als solche, also in fremder Währung einzuklagen. Die Inlandswährung ist kein minus, sondern ein aliud dazu. Eine auf die falsche Währung gerichtete Zahlungsklage wäre somit abzuweisen ([X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 38 [X.]).

Für die Frage, in welcher Währung vertragliche Zahlungsansprüche geschuldet sind, gilt das Statut, das den Vertrag insgesamt beherrscht, hier also das [X.] Recht (vgl. [X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 39 [X.]). Insoweit fehlt es an Feststellungen, dass die Klägerin nach [X.]m Sachrecht dazu [X.]echtigt ist, die [X.] in [X.] zu fordern. Aus der vom [X.] herangezogenen [X.] ergibt sich nur eine Zahlungspflicht in [X.]n [X.].

Denkbar wären allerdings vom [X.] nicht ermittelte Vorschriften im allgemeinen [X.]n Schuldrecht, die entweder einen Wechsel in eine andere Währung erlauben oder die eine Ersetzungsbefugnis entsprechend der inländischen Regelung des § 244 BGB enthalten, auf die hin auch eine stillschweigende Einigung im Prozess ü[X.] eine Umwandlung in die Heimwährungsschuld in Betracht käme (vgl. [X.]surteil vom 28. Septem[X.] 2022 - [X.] - NJW 2022, 3644 Rn. 41 [X.]).

Einer revisionsrechtlichen Verfahrensrüge der mangelnden Aufklärung des [X.]n Rechts (vgl. [X.] Beschlüsse vom 30. April 2013 - VII ZB 22/12 - WM 2013, 1225 Rn. 39 [X.] und [X.]Z 198, 14 = NJW 2013, 3656 Rn. 24 ff. [X.]) bedurfte es insoweit nicht. Denn die angefochtene Entscheidung gibt keine Begründung für die vorgenommene Umwandlung in inländische Währung. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass das [X.] [X.]eits die Anwendbarkeit des [X.]n Rechts insoweit verkannt hat.

III.

Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Der [X.] kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da er die noch erforderlichen Feststellungen zum ausländischen Recht hinsichtlich einer dort verankerten Berechtigung, den Zahlbetrag anstatt in [X.]n [X.] auch in [X.] zu verlangen, nicht selbst treffen kann. Hierzu ist den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben.

[X.]     

      

Günter     

      

Nedden-Boeger

      

Botur     

      

Krüger     

      

Meta

XII ZR 34/22

07.12.2022

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 14. März 2022, Az: 51 S 4/21

Art 21 EGV 593/2008, § 244 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.12.2022, Az. XII ZR 34/22 (REWIS RS 2022, 7758)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 7758 MDR 2023, 289-291 REWIS RS 2022, 7758

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 7/22

XII ZB 309/21

VII ZB 22/12

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