Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2019, Az. 4 StR 538/18

4. Strafsenat | REWIS RS 2019, 2330

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[X.]:[X.]:[X.]:2019:231019B4STR538.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 538/18

vom
23. Oktober
2019
in der Strafsache
gegen

wegen schwerer Vergewaltigung
u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 23.
Oktober 2019
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 [X.] beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. Mai 2018 aufgehoben
a)
hinsichtlich der Einzelstrafen für die Taten zum Nachteil der Nebenklägerin B.

und der Gesamtstrafe mit den jeweils zugehörigen Feststellungen sowie
b)
im Ausspruch über das Berufsverbot und die Einziehung;
die [X.] entfällt.
2.
Im
Umfang der Aufhebung des Straf

und Maßregelaus-spruchs wird die Sache zu
neuer Verhandlung und
Entschei-dung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine [X.] des [X.] zurückverwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverlet-zung, gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf
Jahren und neun [X.]
-
3
-
ten verurteilt,
ihm für die Dauer von drei Jahren untersagt, als Arzt, auch als Notarzt, tätig zu sein,
und die Einziehung eines Speichermediums sowie eines Laptops mit eingebauter Festplatte vorbehalten. Hiergegen richtet sich die Re-vision des Angeklagten mit zahlreichen Verfahrensbeanstandungen und der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als offen-sichtlich unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.].
1.
Die Einzelstrafen für die beiden Taten
der gefährlichen Körperverlet-zung zum Nachteil der Nebenklägerin B.

sowie die Gesamtstrafe haben keinen Bestand.
Das [X.] hat bei der Prüfung minder schwerer Fälle nach §
224 Abs.
1 StGB jeweils auf das Ausmaß der für die
Nebenklägerin begründeten Gefahren abgestellt und zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt, dass sich die Nebenklägerin nach Einschätzung der toxikologischen Sachverständi-gen bei beiden Taten nicht nur abstrakt, sondern sogar konkret in Lebensgefahr befunden habe. Diese Erwägung steht in einem unauflösbaren Widerspruch zu den Ausführungen der [X.] im Rahmen der Beweiswürdigung, wonach die Sachverständige dargelegt habe, dass die Vergabe von Propofol im häusli-chen Umfeld aufgrund der potentiell tödlichen Nebenwirkungen des [X.] und der Nichtbeachtung der erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen eine abstrakt lebensgefährdende Handlung darstelle. Auch der Sachverhaltsschilde-rung des angefochtenen Urteils lässt sich nicht entnehmen, dass die Nebenklä-gerin aufgrund der [X.] in eine konkret lebensbedrohliche Lage geriet.
Der [X.] kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass sich die widersprüchliche Erwägung der [X.] bei der Strafrah-2
3
4
-
4
-
menwahl zu Ungunsten
des Angeklagten ausgewirkt hat. Die Aufhebung der beiden Einzelstrafen von jeweils zwei Jahren Freiheitsstrafe entzieht der [X.].
2.
Die Anordnung des [X.] hält einer rechtlichen Prüfung eben-falls nicht stand.
a) Allerdings hat die [X.] die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 70 Abs.1 Satz 1 StGB rechtsfehlerfrei bejaht. Der für
einen Missbrauch des Berufs
erforderliche
berufstypische Zusammenhang
mit der beruflichen Tä-tigkeit (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
Februar 2017

1
StR 362/16, [X.]R StGB §
70 Abs.
1 Pflichtverletzung 9; Urteil vom 11.
März 2015

2
StR 423/14, [X.], 110, 111;
Beschluss vom 1.
Juni 2007

2
StR 182/07, [X.], 80) ist bei den Taten zum Nachteil der Nebenklägerin B.

gegeben, weil der Angeklagte zur Begehung der Taten ein ihm aufgrund seiner berufli-chen Tätigkeit zugängliches Narkosemittel verwendete und er das ihm in seiner Eigenschaft als behandelnder Arzt entgegengebrachte Vertrauen ausnutzte, um die Nebenklägerin zur Hinnahme der nicht lege
artis durchgeführten Betäubun-gen
zu veranlassen.
b) Die Ausführungen des [X.] im angefochtenen Urteil lassen aber weder erkennen, dass sich die [X.] des ihr durch die Vorschrift des §
70
Abs.
1 Satz
1 StGB auf der Rechtsfolgenseite eingeräumten Ermes-sens bewusst gewesen ist (vgl. [X.], Urteil vom 7.
November 2007

1
StR 164/07, [X.], 58, 60
mwN; [X.], StGB, 66.
Aufl., §
70 Rn.
11; [X.] in:
MK-StGB,
3.
Aufl.,
§
70 Rn.
25), noch
auf welche Weise sie von ihrer tatrichterlichen Entscheidungsbefugnis Gebrauch gemacht hat. Erwägun-5
6
7
-
5
-
gen zu den Gründen, die für eine Ausübung des Ermessens leitend gewesen sind, enthalten die Urteilsgründe nicht.
Über den [X.] ist daher in tatrichterlicher Verantwortung erneut zu entscheiden. Die von der unzureichenden Begründung der Entschei-dung nicht berührten tatsächlichen Feststellungen können bestehen bleiben.
3.
Schließlich begegnet die Einziehungsentscheidung durchgreifenden
rechtlichen Bedenken.
Gemäß §
74 Abs.
1 StGB können als Tatmittel Gegenstände eingezogen werden, die zur Begehung oder Vorbereitung der Anknüpfungstat verwendet wurden oder nach der Planung des [X.] hierzu bestimmt waren. Erfasst wer-den alle Gegenstände, deren Gebrauch gezielt die Verwirklichung des delikti-schen Vorhabens gefördert hat oder nach den [X.] des [X.] fördern sollte (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8.
Dezember 2004

2
StR 372/04, [X.], 210; vom 9.
Juli 2002

3
StR 165/02, [X.]R StGB §
74 Abs.
1 Tatmittel 7; vom 7.
Mai 1997

1
StR 217/97, NStZ-RR
1997, 318, 319). Die nur gelegentliche Benutzung eines Gegenstandes im Zusammenhang mit der Tat reicht dagegen nicht aus (vgl. [X.], Beschluss vom 9.
Juli 2002

3
StR 165/02,
aaO). Die Ein-ziehung im subjektiven Verfahren setzt schließlich voraus, dass die
Anküp-fungstat, die durch die Verwendung des Tatmittels gefördert wurde oder geför-dert werden sollte, Gegenstand der Anklage und vom Tatrichter festgestellt worden ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 7.
Mai 1997

1
StR 217/97,
aaO; vom 19.
Juli 1996

2
StR 256/96, [X.]R StGB §
74 Abs.
1 Tatmittel 6; vom 7.
Februar 2017

3
StR 557/16, [X.], 220; vom 19.
Februar 2019

3
StR 210/18 Rn. 2).
8
9
10
-
6
-
Danach kommt auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen tat-sächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils eine Einziehung sowohl des Speichermediums als auch des Laptops nicht in Betracht. Hinsichtlich des Speichermediums scheidet eine Einziehung nach §
74 Abs.
1 StGB aus, weil die als gefährliche Körperverletzungen zum Nachteil der Nebenklägerin B.

abgeurteilten [X.] durch die nachfolgende Fertigung von Lichtbildern und [X.] von der bewusstlosen Nebenklägerin weder objektiv gefördert
wur-den
noch nach den Vorstellungen des Angeklagten gefördert werden sollten, es
sich bei
dem
Speichermedium mithin nicht um ein Tatmittel der gefährlichen Körperverletzungen handelte. Eine Einziehung des Laptops mit Festplatte scheidet aus, da dieser Gegenstand nach den Feststellungen der [X.] in keinem Zusammenhang mit den abgeurteilten Taten steht.
Der [X.] entscheidet in entsprechender Anwendung des §
354 Abs.
1 [X.] selbst und lässt die

unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht kommende

[X.] entfallen.
Sost-Scheible
Bender
Quentin

Feilcke
Bartel

11
12

Meta

4 StR 538/18

23.10.2019

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2019, Az. 4 StR 538/18 (REWIS RS 2019, 2330)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2330

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