26. Senat | REWIS RS 2020, 223
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Markenbeschwerdeverfahren – „EASY MÖBEL (IR-Marke)“ – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache
…
betreffend die international registrierte Marke IR 1 315 912
hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 26. Oktober 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Schödel
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 – [X.] – des [X.] vom 12. November 2019 wird aufgehoben.
I.
Die am 22. Februar 2016 unter der Nummer 1 315 912 international registrierte und auf der [X.] Basisanmeldung vom 13. April 2015 beruhende Wortmarke
[X.] MÖBEL
hat zunächst in der [X.] Schutz beansprucht für Waren der
Klasse 20: Furniture, beds, children's beds, play beds, youth's beds, spare beds, double beds, cabinets, wardrobes, [X.], tables, chairs, [X.], mattresses, bedside cabinets, [X.], [X.], [X.], desks, [X.], [X.], coffee tables;
[X.]: [X.] in other classes; blankets, tablecloths.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der [X.]ninhaberin. Sie hat auf die gerichtlichen Schreiben vom 15. Juni 2020 und 18. September 2020, in denen sie unter Beifügung von [X.] (jeweils Anlagen 1 bis 3, [X.]. 16 – 36, 47 – 50 GA) auf die teilweise Aussichtslosigkeit ihrer Beschwerde hingewiesen worden ist, das Warenverzeichnis wie folgt beschränkt:
[X.]: [X.] in other classes; blankets, tablecloths.
Sie vertritt die Ansicht, nach der Beschränkung des [X.] stehe einer Schutzerstreckung der [X.] auf das Inland nichts mehr entgegen, weil Webstoffe, Textilwaren sowie Bett- und Tischdecken keine Möbel seien.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 – [X.] – des [X.] vom 12. November 2019 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Der [X.] Anteil einer international registrierten Marke kann mit Wirkung für die [X.] auch noch im Beschwerdeverfahren eingeschränkt werden, soweit die von der Einschränkung betroffenen Waren – wie hier – vom vorläufigen Schutzverweigerungsbescheid betroffen sind ([X.] (pat) 5/09 – [X.]; 24 W (pat) 65/06 – [X.]; 33 W (pat) 249/04 – [X.]; 27 W (pat) 145/04 – [X.]; Fezer/Gaedert/[X.], Handbuch der Markenpraxis, 3. Aufl., [X.]nverfahren I 3 [X.]. 438).
2. Der international registrierten Marke „[X.] MÖBEL“ fehlt für die noch verfahrensgegenständlichen Waren der [X.] weder jegliche Unterscheidungskraft, noch stellt sie eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe dar. Deshalb kann ihr der Schutz für die [X.] nicht nach den §§ 119, 124, 113, 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] i. V. m. Art. 5 PMMA, Art. 6
a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unter-scheidet ([X.] [X.] 2015, 1198 [X.]. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.], 932 [X.]. 7 – #darferdas?; [X.] 2018, 301 [X.]. 11 – [X.]; [X.] 2016, 934 [X.]. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.] 2010, 228 [X.]. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] [X.]. 15 – [X.]).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer [X.] zum relevanten Zeitpunkt der internationalen Registrierung ([X.] [X.] 2017, 1262 [X.]. 14 – [X.]) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnitts-verbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.] 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] 2014, 376 [X.]. 11 – grill meister).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.] 2004, 674, [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] [X.]. 8 – #darferdas?; [X.] 2012, 270 [X.]. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.]n Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] – #darferdas?; a. a. [X.]. 12 – [X.]; [X.] 2014, 872 [X.]. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unter-scheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht ([X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.] 2004, 146 [X.]. 32 – [X.]; [X.] [X.] 2014, 569 [X.]. 18 – [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 [X.]. 77 f. – [X.]; [X.] [X.] 2014, 1204 [X.]. 16 – DüsseldorfCongress).
b) Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen kann der [X.] „[X.] MÖBEL“ zum maßgeblichen Zeitpunkt der internationalen Registrierung am 22. Februar 2016 nach der Einschränkung des [X.] nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in Bezug auf die Waren der [X.] abgesprochen werden.
aa) Von den verbliebenen Waren werden sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch die Textilwarenhersteller und der Textilwarenfachhandel angesprochen.
bb) Die [X.] setzt sich aus den Bestandteilen „[X.]“ und „MÖBEL“ zusammen.
aaa) Das zum [X.] Grundwortschatz gehörende Adjektiv „easy“ wird mit „leicht, bequem, einfach, mühelos, unschwer, nicht schwierig“ oder mit „ungezwungen, locker, ruhig, behaglich, lässig“ übersetzt (Weis, Grund- und Aufbauwortschatz [X.], 2. Aufl. 1977, S. 39; https://dict.leo.org/englisch-deutsch/easy; BPatG 25 W (pat) 505/19 – [X.]; 28 W (pat) 547/18 – [X.]; 26 W (pat) 548/17 – [X.]QUICK; 28 W (pat) 555/17 – [X.]CLIP; 25 W (pat) 128/14 – easySchutz; 29 W (pat) 541/13 – [X.]; 28 W (pat) 43/06 – [X.]; 29 W (pat) 221/96 – QUICK & [X.]). Mit der Bedeutung „leicht, keine Schwierigkeiten mit sich bringend“ und den Synonymen „entspannt, leicht, locker, mühelos, simpel, spielend, unbefangen, ungehemmt, unkompliziert, unproblematisch“ hat das Wort „easy“ bereits Eingang in die [X.] Alltagssprache gefunden (https://www.duden.de/rechtschreibung/easy; [X.] – [X.]QUICK; a. a. O. – [X.]CLIP).
bbb) Das Substantiv „Möbel“ bezeichnet einen „Einrichtungsgegenstand, mit dem ein Raum ausgestattet ist, damit er benutzt und bewohnt werden kann, der zum Sitzen, Liegen, Aufbewahren von Kleidung, Wäsche, Hausrat dient“, oder einen großen, unhandlichen oder ungefügen [lästigen] Gegenstand (www.duden.de, s. Anlage 1 zum ersten gerichtlichen Hinweis).
cc) In seiner Gesamtheit kommt der Marke aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise die Bedeutung „ohne Mühe/leicht/einfach zu handhabender Einrichtungsgegenstand“ zu.
dd) Für die noch verfahrensgegenständlichen Waren der [X.] hat die [X.] aus Sicht der angesprochenen inländischen Verkehrskreise im maßgeblichen Registrierungszeitpunkt entgegen der Ansicht der Markenstelle weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt vermittelt noch einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen hergestellt hat. Somit hat sie über die erforderliche Eigenart verfügt, um als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen aufgefasst zu werden.
aaa) Bei den in Rede stehenden Produkten „[X.] in other classes; blankets, tablecloths“ [übersetzt: Gewebe und Textilstoffe, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Decken; Tischdecken] handelt es sich nicht um Möbel, so dass „[X.] MÖBEL“ nicht als werblich anpreisende Beschaffenheitsangabe in Betracht kommt.
bbb) Der Senat konnte auch nicht feststellen, dass es Stoffe, z. B. Polsterstoffe, oder Heimtextilien gibt, die für leicht handhabbare Einrichtungsgegenstände oder Möbel für den einfachen Eigenaufbau besonders geeignet sind. Denn dieses Mobiliar unterscheidet sich in der Verwendung und Nutzung von Stoffen, Decken und Tischtüchern nicht von schwer zu handhabenden bzw. schwierig aufzubauenden Möbelstücken. Deshalb stellt die [X.] auch keine Bestimmungsangabe dar.
c) Wegen der fehlenden Eignung der [X.] zur unmittelbaren Beschreibung der noch beschwerdegegenständlichen Waren kann auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht bejaht werden.
Meta
26.10.2020
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, Art 5 Abs 1 MAbk Madrid, Art 6quinquies Abschn B Nr 2 PVÜ
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.10.2020, Az. 26 W (pat) 538/20 (REWIS RS 2020, 223)
Papierfundstellen: REWIS RS 2020, 223
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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