Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.02.2005, Az. IX ZB 62/04

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4958

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[X.][X.]/04
vom 17. Februar 2005 in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja [X.]: ja

[X.] §§ 97, 98, 36 Abs. 1

a) Im anordnenden Teil des vom Insolvenzgerichts erlassenen Haftbefehls sind die Mitwirkungspflichten des Schuldners, die mit der Haft durchgesetzt werden sollen, so bestimmt zu bezeichnen, daß der Schuldner ohne weiteres erkennen kann durch welche Handlungen er seinen Mitwirkungspflichten genügt. b) Erweist sich die Haftanordnung gegen den Schuldner im Insolvenzverfahren hin-sichtlich einzelnen von ihm verlangter [X.]spflichten als unbegründet, weil eine entsprechende Pflicht von vornherein nicht bestand oder sich zwischenzeit-lich erledigt hat, hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl auch dann teilweise abzuändern, wenn die Anordnung der Haft im Ergebnis weiterhin berechtigt ist. c) [X.] Honorarforderungen sind grundsätzlich pfändbar und unterliegen dem [X.].
[X.], [X.]uß vom 17. Februar 2005 [X.]/04 Œ AG Köln
LG Köln

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und Neıkovi

am 17. Februar 2005 beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der [X.]uß der 19. Zivilkammer des [X.] vom 17. Februar 2004 teil-weise aufgehoben.

Der Haftbefehl des [X.] vom 4. November 2003
wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel aufrechterhalten, so-weit mit der Haftanordnung durchgesetzt werden soll, daß der Schuldner dem Beteiligten zu 2) die Namen und Anschriften der seit dem 1. Juli 2002 behandelten Privatpatienten mitteilt und [X.], welche Honorarforderungen diesen gegenüber entstanden und in welchem Umfang sie erfüllt worden sind.

Im übrigen wird der [X.]uß aufgehoben und die Sache zur er-neuten Entscheidung - auch über die Kosten des [X.] - an das [X.] zurückverwiesen.

Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 4.000 • (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. analog).

- 3 - Gründe:
[X.]

Der Schuldner ist Internist und betreibt eine Arztpraxis. Mit [X.]uß vom 1. Juli 2002 hat das Amtsgericht auf Gläubigerantrag das Insolvenzverfah-ren über sein Vermögen eröffnet. Der Insolvenzverwalter verlangt vom Schuld-ner [X.] und Mitwirkung zur Klärung der Einkommens- und Vermögens-verhältnisse des fortlaufenden [X.], die er im Schreiben an den Schuldner vom 16. Juni 2003 wie folgt konkretisiert hat:
—1) Welche Privatpatienten hat der Schuldner seit dem [X.], wann und mit welchem Honorar behandelt. Benötigt wird eine Auflistung mit Vornamen, Namen und zustellfähiger Anschrift jedes Privatpatienten (–.). 2) Der Schuldner hat im Nachgang zum Termin zur [X.]serteilung vom 08.01.2003 die angekündigten Einnahmen- und Ausgabenbelege sowie Kassenbü-cher (Frage 5) nicht in ordnungsgemäßer Form vorgelegt. Der Schuldner hat [X.] die angeforderten Einnahmen- und Ausgabenbelege für den Zeitraum ab dem Tag der Insolvenzeröffnung bis zum heutigen Tage [X.] unverzüglich zur Verfü-gung zu stellen. 3) Der Schuldner muß seine derzeitigen Einkünfte offen legen. Der Schuldner muß darlegen, ob er seine Tätigkeit derzeit als Selbständiger oder nichtselbstän-diger Arbeitnehmer fortsetzt. (–) 4) Der Schuldner ist seiner Verpflichtung zur Abrechnung gegenüber der [X.] für die Quartale 04/02 und 01/03 nicht nachge-kommen. Der Schuldner hat die Abrechnungen nunmehr einzureichen und [X.] die für die Abrechnung erforderlichen Unterlagen zugänglich zu machen.fi - 4 - Der Schuldner legte eine Zusammenstellung von Übersichten der [X.] und Einkünfte sowie Aufstellungen über seine Forderungen gegenüber Privatpatienten in anonymisierter Form vor. Er machte geltend, die Honorarfor-derungen am 31. Dezember 1996 an seine Ehefrau abgetreten zu haben. [X.] der Identität der Patienten und der Tatsache der Behandlung berief er sich auf die ärztliche Schweigepflicht.

Das Amtsgericht hat zur Durchsetzung des [X.] [X.] erfolglos die zwangsweise Vorführung und sodann mit [X.]uß vom 4. November 2003 die Haft gegen den Schuldner angeordnet. Hiergegen hat der Schuldner sofortige Beschwerde eingelegt und im Anschluß daran [X.] anonymisierten Privatarztrechnungen überreicht. Der [X.] hat mitgeteilt, daß er die Patientendaten benötige, um etwaige Ansprüche der Masse überprüfen zu können. Die vom Schuldner angegebenen Einnahme- und Kostenpositionen seien unzureichend. Er benötige demgegen-über geordnete Belege, um die einzelnen Zahlungsvorgänge chronologisch nachvollziehen und Gläubiger und Schuldner identifzieren zu können. Im übri-gen habe sich das [X.]sbegehren zu Nr. 3 und 4 im Schreiben vom 16. Juni 2003 zwischenzeitlich erledigt. Später teilte der Insolvenzverwalter mit, daß er Nr. 3 des Ersuchens irrtümlich als erledigt bezeichnet habe; tatsächlich habe der Schuldner nach wie vor seine Einkünfte nicht offengelegt.

Das [X.] hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und dies damit begründet, daß bereits die unzureichende [X.] zu den privatärztli-chen Abrechnungen den Haftbefehl rechtfertige, ohne daß "im derzeitigen [X.]" geprüft werden müsse, ob der Schuldner im übrigen seinen - 5 - [X.]s- und Mitwirkungspflichten genügt habe. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit der Rechtsbeschwerde.

- 6 - I[X.]

Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 7 [X.] statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO) und führt teilweise zur [X.] und Zurückverweisung.

1. Das Beschwerdegericht hat allerdings mit Recht die Voraussetzungen für die Haftanordnung gemäß § 98 Abs. 2 Nr. 1 [X.] bejaht, soweit damit die vom Insolvenzverwalter geforderte Vorlage der privatärztlichen Abrechnungen durchgesetzt werden soll. Gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist der Schuldner im Insolvenzverfahren verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, die zur Ermittlung der Insolvenzmasse erforderlich sind. Der Insolvenzverwalter kann deshalb Anga-ben über Forderungen verlangen, die der Schuldner bei seiner fortdauernden Praxistätigkeit gegenüber Privatpatienten erwirbt, weil diese gemäß § 35 [X.] der Masse gebühren.

a) Honoraransprüche freiberuflich tätiger Personen gegenüber [X.] sind in vollem Umfang pfändbar und fallen ohne Abzüge in die Insolvenzmasse ([X.], [X.]. v. 20. März 2003 Œ [X.] ZB 388/02, [X.], 980, 983; v. 4. März 2004 Œ [X.] ZB 133/03, [X.], 312, 313, z.[X.]. in [X.]). Die nach dem Vor-trag des Schuldners noch vor Insolvenzeröffnung erfolgte Abtretung aller "[X.] aus Einkünften aus Privatliquidationen" an seine Ehefrau steht der Massezugehörigkeit nicht entgegen. Dabei kann offenbleiben, ob diese Abtre-tung sich trotz ihres insofern nicht eindeutigen Wortlauts auch auf zukünftige Rechte erstreckt.
- 7 - [X.]) Gemäß § 91 [X.] vermag die Abtretung einen Rechtserwerb der streitgegenständlichen, nach Insolvenzeröffnung entstandenen Honorarforde-rungen nicht zu begründen. Ein Fall des § 114 Abs. 1 [X.] liegt bereits [X.] nicht vor, weil es sich bei Ansprüchen aus einem privatärztlichen Behand-lungsvertrag nicht um fortlaufende Bezüge aus einem Dienstverhältnis im [X.] der Norm handelt.

[X.]) Im übrigen ist die Abtretung gemäß § 134 BGB nichtig. Wegen der aus § 402 BGB folgenden umfassenden Informationspflicht gegenüber dem neuen Gläubiger hat die Abtretung von Honorarforderungen von Ärzten glei-chermaßen wie die von Rechtsanwälten in aller Regel die Preisgabe von [X.] zur Folge und ist deshalb bei fehlender Einwilligung der Patienten bzw. Mandanten nach der Rechtsprechung des [X.] in der Regel wegen Verstoßes gegen § 203 Abs. 1 StGB gemäß § 134 BGB nichtig ([X.] 115, 123, 124 ff; 116, 268, 272 ff; [X.], Urt. v. 5. Dezem-ber 1995 [X.], [X.], 928, 929).

b) Die aufgrund der privatärztlichen Verträge entstandenen Forderungen sind pfändbar und unterliegen dem [X.].

[X.]) Wie der Senat bereits entschieden hat, sind Honorarforderungen von Steuerberatern und Rechtsanwälten trotz der in § 64 Abs. 2 Satz 2 StBerG, § 43a Abs. 2 [X.], § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB geregelten [X.] grundsätzlich pfändbar und gehören zur Insolvenzmasse ([X.] 141, 173, 176 ff; [X.], [X.]. v. 16. Oktober 2003 Œ [X.] ZB 133/03, [X.], 2176; v. 4. März 2004 Œ [X.] ZB 133/03, [X.], 312, 313, z.[X.]. in [X.]). Das im Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung geschützte [X.] 8 - interesse der betroffenen Mandanten rechtfertigt den Ausschluß des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Befriedigungsrechtes der Gläubiger nicht. Die [X.]spflichten des zur Verschwiegenheit verpflichteten Schuldners erstrek-ken sich weder nach § 807 ZPO noch nach § 836 Abs. 3 ZPO auf uneinge-schränkt schutzwürdige Daten. Zwar ist zur zweckentsprechenden Rechtsver-folgung die Benennung der jeweiligen Drittschuldner unverzichtbar. Der Um-stand allein, daß Mandanten Dienstleistungen von Rechtsanwälten und Steu-erberatern in Anspruch nehmen, ist jedoch keine überragend geheimhaltungs-bedürftige Tatsache ([X.] 141, 173, 177 f).

[X.]) Für Honorarforderungen des Arztes gilt im Grundsatz nichts ande-res. Die durch die Berufsordnung für Ärzte (§ 9 [X.]), den [X.] und § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB geschützte ärztliche Verschwiegenheitspflicht und das sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in seiner speziellen Ausformung des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) ergebende Recht der Patienten auf Ge-heimhaltung seiner persönlichen Umstände stehen dem nicht entgegen.

(1) Die für die Durchsetzung der Pfändung erforderlichen Daten über die Person des Drittschuldners und die [X.], also der Umstand, daß jemand einen Arzt oder ein Krankenhaus aufgesucht hat, unterfallen zwar auch dem [X.] (vgl. Laufs/[X.], Handbuch des [X.]. § 70 Rn. 1; [X.] NStZ 1994, 6; [X.] NJW 1998, 3387, 3388 jeweils m.w.[X.]; vgl. zur entsprechenden Reichweite des Zeugnisverweigerungsrecht eines Arztes [X.]St 33, 148, 152; 45, 363, 366), weil entsprechende [X.] unter Umständen Rückschlüsse auf mögliche Erkrankungen und die In-tensität der erforderlichen Behandlung erlauben. Die Preisgabe dieser Daten - 9 - bedeutet insoweit auch eine Beeinträchtigung des durch Art. 2 Abs. 1 in [X.] mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen [X.], das die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des [X.] garantiert, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. [X.] 65, 1, 41 f; 80, 367, 373).

(2) Die ärztliche Schweigepflicht tritt jedoch zurück, wenn überragende Interessen des Gemeinwohls oder vorrangige Belange Dritter dies gebieten und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist (vgl. [X.] 32, 373, 380; BVerwG NJW 1989, 2961, 2962). Bei einer hierfür erforderlichen Güterabwä-gung der Geheimhaltungsinteressen der Privatpatienten einerseits und der von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Befriedigungsinteressen andererseits haben die Belange der Gläubiger insofern Vorrang, als die Angaben der Namen des Dritt-schuldners und die Höhe der Forderungen für die Durchsetzung der [X.] erforderlich sind. Ein der Güterabwägung von vornherein entzogener Intimbereich der Patienten, der selbst bei schwerwiegenden Interessen der [X.] nicht tangiert werden dürfte (vgl. [X.] 80, 367, 373 m.w.[X.]), ist hierbei nicht betroffen. Die Beeinträchtigung des [X.] ist vielmehr insofern hinnehmbar, als der Patient hierbei notwendigerweise mit seiner Umwelt in Kontakt tritt, indem er z.B. die Räumlichkeiten der Praxis auf-sucht und eine ärztliche Rechnung per Post übersandt bekommt. Die bloße Tatsache eines Arztbesuches offenbart auch keine Einzelheiten über gesund-heitliche Beeinträchtigungen und Erkrankungen. Dementsprechend ist im [X.] anerkannt, daß ein Arzt bei Abgabe der eidesstattlichen Versiche-rung gemäß § 807 Abs. 1 ZPO personenbezogene Daten der Drittschuldner anzugeben hat ([X.] NJW-RR 1998, 1373; [X.] [X.] 2001, 78, - 10 - 79; [X.], ZPO 22. Aufl. § 807 Rn. 37; [X.]/ [X.], 2. Aufl. § 807, Rn. 44; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], 63. Aufl. § 807 Rn. 17 "Arzt"; [X.]/Stöber, ZPO 25. Aufl. § 807 Rn. 28; [X.]/Schütze/[X.], ZPO 3. Aufl. § 807 Rn. 160; vgl. [X.]St 37, 340, 341; a.A. LG Memmingen NJW 1996, 793, 794).
Der Schuldner offenbart danach der Geheimhaltung unterliegende [X.] nicht unbefugt im Sinne von § 203 Abs. 1 StGB, wenn und soweit er durch Gesetz dazu berechtigt (vgl. [X.] 115, 123, 126) bzw. gemäß § 807 ZPO, § 836 Abs. 3 ZPO dazu verpflichtet ist. Im Insolvenzverfahren bildet § 97 Abs. 1 [X.], der den Schuldner zur [X.] über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse verpflichtet, die gesetzliche Grundlage hierfür.

c) Die Rechtsbeschwerde ist demgegenüber der Ansicht, das Interesse der Insolvenzgläubiger an der Verwertung der Honorarforderungen verlange nicht notwendig die Offenlegung der einzelnen Patientenbeziehungen. Habe der Schuldner wie im Streitfall seine Honorare in Rechnung gestellt und einge-zogen, dies dem Insolvenzverwalter offenbart und anonymisierte Rechnungen übergeben, werde eine Grundkontrolle des Rechnungs- und Zahlungsverkehrs ermöglicht. Da der Insolvenzverwalter vorhandene Bankverbindungen in Erfah-rung bringen und Konten kontrollieren könne, lasse sich ohne weiteres feststel-len, welche Beträge der Schuldner "an der Masse vorbei" vereinnahmt habe.

Der Schuldner vermag eine Einschränkung der gemäß § 97 Abs. 1 [X.] bestehenden [X.]s- und Mitwirkungspflicht nicht daraus herzuleiten, daß er die aus der Fortsetzung des [X.] entstandenen Forderungen un-geachtet des [X.]s selbst geltend gemacht und eingezogen hat. Die Insolvenzgläubiger haben ein berechtigtes Interesse daran, feststellen und - 11 - überprüfen zu lassen, inwieweit an den Schuldner erfolgte Zahlungen zur Erfül-lung der Forderungen geführt haben (vgl. § 81 [X.]) und in welchem Umfang bestehende Ansprüche der Masse noch geltend gemacht und durchgesetzt werden können. Notwendige Voraussetzung dafür ist, daß der Insolvenzverwal-ter anhand der Rechnungslegung nachvollziehen und kontrollieren kann, wem gegenüber in welcher Höhe Forderungen bestehen, inwieweit diese getilgt sind und wohin das Geld geflossen ist. Ohne Nennung der Patientendaten ist eine solche Überprüfung nicht möglich. Eine Kontrolle der Zahlungsvorgänge an-hand von Kontoverbindungen scheidet aus, weil der Schuldner über keine Bankverbindung mehr verfügt und ausweislich der vorgelegten anonymisierten Arztrechnungen gegenüber seinen Patienten Barzahlungen verlangt hat.

Die Beeinträchtigung der Rechte der betroffenen Patienten infolge der Mitteilung der Daten an den Insolvenzverwalter ist demgegenüber [X.] geringfügig. Gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter dürfen unabhängig davon, inwieweit sie selbst entsprechenden Verschwiegenheitspflichten des Geheimnisträgers unterworfen sind (vgl. [X.] 141, 173, 179), die ihnen zu-gänglich gemachten Daten nur verwerten, soweit dies zur Erfüllung der ihnen im Insolvenzverfahren obliegenden Aufgaben notwendig ist, wie vom 4. März 2004 - [X.] ZB 133/03, [X.], 312, 313, z.[X.]. in [X.]. Das Insolvenzgericht stellt bei der Auswahl des Insolvenzverwalters hohe persönliche Anforderun-gen, zu denen nicht nur ihre fachliche Qualifikation, sondern auch ihre Integri-tät gehört (vgl. [X.], [X.]. v. 6. Mai 2004 Œ [X.] ZB 349/02, [X.], 1214, 1216). Dies bietet eine hinreichende Gewähr dafür, daß die aus dem Insol-venzverfahren bekannt werdenden Informationen tatsächlich einer vertrauli-chen Behandlung unterliegen.
- 12 - d) Da der Schuldner trotz wiederholter Aufforderungen Namen und An-schriften der Privatpatienten nicht mitgeteilt, sondern lediglich anonymisierte Rechnungen vorgelegt hat und auch die zwangsweise Vorführung erfolglos blieb, ist die Haftanordnung verhältnismäßig und gemäß § 98 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gerechtfertigt. Daß der Schuldner davon ausgegangen ist, aufgrund seiner ärztlichen Schweigepflicht zur Herausgabe der Patientendaten nicht berechtigt zu sein, steht dem nicht entgegen. Ausweislich des Schriftsatzes seines verfah-rensbevollmächtigten Rechtsanwalts vom 27. August 2003 war ihm bekannt, daß er jedenfalls aufgrund der gerichtlichen Anordnungen nicht mit strafrechtli-cher Verfolgung zu rechnen hatte.

2. Die angefochtene Entscheidung beruht jedoch auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 576 Abs. 1, 3, § 546 ZPO), weil das [X.] nicht geprüft und entschieden hat, ob die weiteren vom Insolvenzverwalter geltend gemach-ten [X.]s- und Mitwirkungspflichten des Schuldners, die mit der Haftan-ordnung durchgesetzt werden sollen, noch bestehen.

a) Die Anordnung der Haft gemäß § 98 Abs. 2 Nr. 1 [X.] dient der Er-zwingung der vom Schuldner verweigerten [X.] und Mitwirkung und ver-folgt insoweit ähnliche Zwecke wie die zur [X.] [X.] (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], § 98 Rn. 1; vgl. §§ 901, 888 Abs. 1 ZPO). Diese Zwangsmaßnahme setzt ein konkretes [X.]s- und Mitwirkungsbegehren voraus, dem der Schuldner nicht Folge geleistet hat. [X.] der Schuldner die von ihm verlangte [X.] vollständig erteilt hat, entfal-len die Voraussetzungen für die Haft. Der Haftbefehl ist dann von Amts wegen aufzuheben (§ 98 Abs. 3 Satz 2 [X.]) und ein bereits durchgeführter [X.] umgehend zu beenden. Während der Haft ist dem Schuldner auf [X.] 13 - gen Gelegenheit zu geben, seine Mitwirkungsverpflichtungen zu erfüllen; [X.] ist der Vollzug des Haftbefehls zu diesem Zweck auszusetzen (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], § 98 Rn. 28).

b) Kommt der Schuldner den der Verhaftung zugrundeliegenden Aus-kunftspflichten nur teilweise nach, hat das Insolvenzgericht zu prüfen, ob die Haftanordnung weiterhin gerechtfertigt oder aus Gründen der [X.] ist. Welche Auskünfte bereits erteilt sind und welche Mitwir-kungsverpflichtungen noch nicht erfüllt sind, darf dabei nicht offen bleiben. Auch wenn die Anordnung oder der Vollzug der Haft aufrechterhalten bleibt, ist durch entsprechende Änderung des Haftbefehls oder einen ergänzenden Be-schluß klarzustellen, zur Erzwingung welcher noch nicht erteilten Auskünfte im Einzelnen der Zwangsvollzug dienen soll. Diese Klarstellung ist nicht nur [X.] geboten, weil der Schuldner den mit der Haftanordnung verbundenen schwerwiegenden Eingriff in seine von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG geschützten Freiheitsrechte überprüfen können muß. Da es um die Erzwingung konkreter Handlungen geht, muß vielmehr für den Schuldner und außenstehende Dritte unmißverständlich und eindeutig festgestellt werden, was genau vom Schuld-ner noch verlangt wird und womit dieser den (weiteren) Vollzug der Haft ver-meiden kann.

c) Erweist sich im Verfahren der Beschwerde die Haftanordnung hin-sichtlich einzelner [X.]spflichten als unbegründet, weil eine entsprechende Pflicht von vornherein nicht bestand oder sich zwischenzeitlich erledigt hat, hat das Beschwerdegericht die angefochtene Haftentscheidung auf das [X.] hin auch dann teilweise abzuändern, wenn die Anordnung der Haft im Er-gebnis weiterhin berechtigt ist. Das [X.] hätte deshalb nicht offen [X.] 14 - sen dürfen, ob der Schuldner - von der bislang unterbliebenen [X.] über Namen und Anschriften der Privatpatienten abgesehen - seinen Mitwirkungs-pflichten genügt hat.

II[X.]

Die angefochtene Entscheidung kann hiernach keinen Bestand haben, soweit das [X.] den Haftbefehl auch hinsichtlich der im Schreiben des Insolvenzverwalters zu 2. bis 4. bezeichneten [X.] hat. Insoweit ist die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverwei-sen (§ 577 Abs. 5, § 572 Abs. 3 ZPO), das zu überprüfen und festzustellen hat, ob die übrigen Mitwirkungsverpflichtungen, die mit der Haft erzwungen werden sollen, berechtigt und noch nicht erfüllt sind.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

1. Die Rechtsbeschwerde beanstandet mit Recht, daß im Haftbefehl die vom Schuldner verlangten Auskünfte und Mitwirkungen nicht alle ausdrücklich hervorgehoben werden, sondern insoweit zunächst lediglich auf ein Schreiben des Insolvenzverwalters Bezug genommen wird.

a) Zwar sind in der [X.] die Anforderungen an die Begrün-dung des Haftbefehls nicht konkret geregelt. Auch aus den §§ 904 bis 910 und § 913 ZPO, auf die § 98 Abs. 3 Satz 1 [X.] für die Anordnung von Haft ver-weist, ergibt sich hierzu nichts. Das Erfordernis einer auf den Einzelfall [X.] Begründung der Haftentscheidung folgt jedoch bereits daraus, daß durch diese Zwangsmaßnahme das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG - 15 - diese Zwangsmaßnahme das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG einge-schränkt wird. Der Begründungszwang dient der Selbstkontrolle des Beschul-digten, der Unterrichtung des Betroffenen und soll eine Prüfung durch das Be-schwerdegericht ermöglichen (vgl. zu § 114 StPO: [X.] Kommentar-StPO/[X.], 4. Aufl. § 114 Rn. 4 m.w.[X.]). Neben der gebotenen, konkret auf den Einzelfall bezogenen Würdigung der Berechtigung der Haftanordnung [X.] ein Erzwingungshaftbefehl die genaue Bezeichnung der Handlungen, die mit der Zwangsmaßnahme durchgesetzt werden sollen.

b) Die Bezugnahme auf ein Schreiben des Insolvenzverwalters ist hierfür nicht ausreichend. Damit der Schuldner und jeder Dritte den Grund der Haftan-ordnung deutlich erkennen können, ist es grundsätzlich erforderlich, diesen im Haftbefehl konkret zu benennen, sprachlich sowie optisch hervorzuheben und ähnlich einer Tenorierung voranzustellen. Dies ergibt sich aus dem [X.] Grundrechtseingriff, der mit der Haftanordnung verbunden ist, und ist außerdem erforderlich, damit der Schuldner weiß, durch welche Handlungen er die Aufhebung des Haftbefehls bewirken kann. Die Haftanordnung ist indes ausnahmsweise auch dann rechtmäßig, wenn aus ihrer Begründung unmißver-ständlich hervorgeht, was genau vom Schuldner verlangt wird. Der erlassene Haftbefehl genügt diesen Anforderungen nur insoweit, als sich die im [X.] des Insolvenzverwalters vom 16. Juni 2003 unter 1. bezeichneten [X.]s- und Mitwirkungspflichten aus der Begründung der Entscheidung hinreichend deutlich entnehmen lassen. So ist im Haftbefehl unter anderem ausgeführt, daß der Schuldner verpflichtet ist, sämtliche Namen und Anschrif-ten der seit dem 1. Juli 2002 von ihm behandelten Privatpatienten mit den ent-sprechenden Honorarforderungen mitzuteilen, und bei jeder Forderung an-zugeben hat, ob sie bereits eingezogen worden ist oder nicht. Dagegen ist das - 16 - unter 2. bezeichnete [X.]sersuchen unvollständig und das Ersuchen zu 3. gar nicht wiedergegeben. Soweit das Beschwerdegericht auch in diesen Punk-ten weiterhin einen Haftgrund bejaht, wird es den Haftbefehl durch weitere konkret bezeichnete [X.] des Schuldners zu ergänzen haben. Die in dem betreffenden Schreiben unter 4. geforderte Abrechnung gegenüber der [X.] hingegen hat sich möglicherweise erledigt, so daß sie als Grundlage für den Erlaß des Haftbefehls entfiele. Auch das wird das [X.] zu klären haben.

2. Die Aufforderung im Schreiben des Insolvenzverwalters unter 2., die "angeforderten Einnahmen- und Ausgabenbelege" sowie Kassenbücher "für den Zeitraum ab der Insolvenzeröffnung bis zum heutigen Tage" vorzulegen, genügt, wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt, nicht den [X.], die an eine mit Zwangsmaßnahmen zu vollstreckende Mitwir-kungshandlung des Schuldners zu stellen sind. Ebenso wie bei der [X.] nach §§ 899, 901 ZPO sowie §§ 889, 888 ZPO sind die vom Schuldner verlangten [X.]s- und Mitwirkungshandlungen inhaltlich nach Art und Umfang so bestimmt zu bezeichnen, daß die Aufforderung aus sich heraus verständlich ist und auch für den Schuldner erkennen läßt, was verlangt wird. Eine Zwangsvollstreckung auf Erteilung einer [X.] durch "Vorlage von Belegen" ist unzulässig, wenn nicht genau bezeichnet ist, welche Belege vorzulegen sind (vgl. [X.], Urt. v. 26. Januar 1983 [X.], NJW 1983, 1056; [X.] FamRZ 1994, 1048; OLG S[X.]rbrücken OLGR 2001, 498). Das [X.]sersuchen ist deshalb in der Weise zu konkretisieren, daß die geforderten Belege näher bezeichnet werden.
- 17 - 3. Bei der Prüfung der Berechtigung des im Schreiben des [X.] genannten [X.]sverlangens wird das [X.] fest-zustellen haben, inwiefern noch Veranlassung besteht, der Frage nach einem Arbeitsverhältnis und entsprechenden Konditionen nachzugehen, nachdem der Insolvenzverwalter auch diese [X.] mit Schreiben vom 15. Januar 2004 - 18 - zunächst als erledigt bezeichnet hatte und für eine Fortsetzung der ärztlichen Tätigkeit des Schuldners im Rahmen eines unselbständigen Anstellungsver-hältnisses Näheres nicht ersichtlich ist.

[X.] Ganter [X.]

[X.] Neıkovi

Meta

IX ZB 62/04

17.02.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.02.2005, Az. IX ZB 62/04 (REWIS RS 2005, 4958)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4958

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