Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2012, Az. VII ZR 146/11

7. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1953

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Gegenstand

Internet-Domain: Voraussetzungen eines Providerwechsels nach den Domainbedingungen der Domain-Registrierungsstelle DENIC eG; Erfüllungsverpflichtung nach sukzessivem Abschluss mehrerer Domainverträge


Leitsatz

1. Die Domainbedingungen der Domain-Registrierungsstelle DENIC eG von 2004 erfordern für einen Providerwechsel einen diesbezüglichen vom Domaininhaber autorisierten Auftrag. Nach den Erläuterungen der DENIC zum Providerwechsel (Stand: 29. Oktober 2003) kommt dem Schweigen des bisher die Domain verwaltenden DENIC-Mitglieds auf Anfragen der Beklagten, zu einem Providerwechselauftrag Stellung zu nehmen, nicht der Erklärungswert zu, dass das bisher die Domain verwaltende DENIC-Mitglied im Namen des Domaininhabers dem Providerwechsel zustimmt und damit den neuen Provider im Wege der Erteilung einer Außenvollmacht bevollmächtigt.

2. Schließt die Domain-Registrierungsstelle DENIC eG sukzessive mehrere Domainverträge bezüglich derselben Domain ab, so ist die Frage, welchen Vertrag sie erfüllen muss, grundsätzlich nach dem Prioritätsprinzip zu Gunsten desjenigen zu beantworten, der als erster den Domainvertrag abgeschlossen hat.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] vom 9. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Zusammenhang mit der Registrierung und Konnektierung der Domain "gewinn.de".

2

Im [X.] 1996 beauftragte der Kläger unter der Bezeichnung "N." einen Provider mit der Reservierung der Domain "gewinn.de"; sie wurde von der Vorgängerin der Beklagten am 6. August 1996 für den Inhaber "N." registriert. Mit ihrer Gründung im Dezember 1996 übernahm die Beklagte, eine eingetragene Genossenschaft, die Aufgabe ihrer Vorgängerin und fungiert seitdem als zentrale Registrierungsstelle für Domains unter der Top-Level-Domain ".de". Registrierte Domains können nach den Regelungen der Beklagten von ihren Mitgliedern oder von der Beklagten selbst verwaltet werden.

3

Am 4. Mai 2004 erfolgte ein Wechsel des die Domain "gewinn.de" verwaltenden Providers. An die Stelle des bisherigen Providers trat die [X.], die Mitglied der Beklagten ist. Zudem beauftragte der Kläger die [X.], die nicht Mitglied der Beklagten ist.

4

[X.] trat als neuer Provider des [X.] die [X.] auf, ein Mitglied der Beklagten. Diese leitete der Beklagten per E-Mail vom 22. Mai 2005 einen [X.] betreffend die Domain "gewinn.de" zu. Die Beklagte forderte die [X.] per E-Mail zweimal zur Stellungnahme hierzu auf, wobei sie jeweils darauf hinwies, dass Schweigen als Zustimmung gewertet werde. Der Kläger bestreitet insoweit, dass die [X.] die E-Mails erhalten habe. Nachdem die [X.] auch auf die zweite Aufforderung binnen der gesetzten Frist nicht reagiert hatte, teilte die Beklagte ihr mit, dass die fehlende Reaktion als Zustimmung zu dem vorgelegten [X.] gewertet werde. Am 2. Juni 2005 löschte die [X.] die Domain "gewinn.de" und registrierte sie für einen Dritten, dessen Existenz streitig ist. Derzeit weist eine WHOIS-Abfrage den Streithelfer zu 1 der Beklagten als Domaininhaber aus. Zwischenzeitlich war die Streithelferin zu 2 als Domaininhaberin eingetragen.

5

Die Beklagte ist der Auffassung, die [X.] sei wirksam zum neuen Provider des [X.] berufen worden und habe in dessen Namen ebenso wirksam die Kündigung erklärt. Sie beruft sich auf Domainbedingungen aus dem Jahr 2004. § 1 Abs. 4 der Domainbedingungen 2004 lautet auszugsweise:

"Der Domaininhaber kann die Verwaltung der [X.] von einem auf ein anderes [X.] überleiten. Die Überleitung erfolgt, wenn der Domaininhaber über das [X.], das künftig die Domain verwalten soll, … einen entsprechenden Auftrag erteilt und das bisher die Domain verwaltende [X.] … davon unterrichtet."

6

Zur [X.] auf die [X.] waren auf der Homepage der Beklagten Erläuterungen zum Providerwechsel (Stand: 29. Oktober 2003) veröffentlicht, in denen zudem ein standardisiertes Providerwechselverfahren beschrieben wird.

7

Der Kläger behauptet, weder den Providerwechsel von der [X.] zur [X.] noch eine Kündigung des [X.] veranlasst zu haben. Beides sei ohne sein Wissen erfolgt. Ein in seinem Namen verfasstes Schreiben vom 7. Mai 2005, das einen Antrag auf Provider- und [X.] enthält, sei eine Fälschung.

8

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihn in die [X.] der Beklagten und als Inhaber und administrativen Ansprechpartner der Domain "gewinn.de" einzutragen. Hilfsweise hat er beantragt, die Domain "gewinn.de" mit ihren technischen Daten zu seinen Gunsten in die [X.] der Beklagten aufzunehmen und darin für die Dauer des [X.] zu belassen. Äußerst hilfsweise hat er beantragt, die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, ihm den Schaden zu ersetzen, der ihm daraus entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagte zur Domain "gewinn.de" einen neuen [X.] geschlossen und den Kläger hierdurch von der Nutzung dieser Domain ausgeschlossen hat.

9

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht die Beklagte gemäß dem ersten Hilfsantrag verurteilt, die Domain "gewinn.de" mit ihren technischen Daten zu seinen Gunsten in die [X.] der Beklagten aufzunehmen und darin für die Dauer des [X.] zu belassen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagte sowie deren Streithelfer die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag des [X.] abgewiesen, weil es keine [X.] gebe. [X.] stelle lediglich ein Auskunftssystem dar, das aus der Registrierungsdatenbank gespeist werde.

Begründet sei der erste Hilfsantrag. Der hinsichtlich der Domain "gewinn.de" geschlossene Domainvertrag sei nicht durch Kündigung beendet worden. Der Kläger sei als Vertragspartei des [X.] aktivlegitimiert. Mit der Löschung des [X.] als Domaininhaber habe die [X.] zwar konkludent gegenüber der [X.] die Kündigung des mit dem Kläger bestehenden [X.] erklärt. Dies sei im Namen des [X.] geschehen. Die [X.] habe jedoch als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt.

Es könne offenbleiben, ob die von der [X.] abgegebene Kündigungserklärung dem Kläger dann zuzurechnen wäre, wenn es sich bei der [X.] um den rechtmäßigen Provider des [X.] gehandelt hätte. Ein wirksamer Providerwechsel zur [X.] habe nicht stattgefunden. Der Kläger selbst habe die [X.] nicht mit der Kündigung beauftragt. Bei dem angeblichen Auftrag des [X.] vom 7. Mai 2005 zum Providerwechsel handele es sich um eine Fälschung. Die Voraussetzungen eines Providerwechsels nach den von der [X.] herangezogenen Domainbedingungen von 2004 lägen nicht vor, weil der Kläger als Domaininhaber weder über die [X.] einen wirksamen Auftrag erteilt habe noch der bisherige Provider die Beklagte von dem Providerwechsel unterrichtet habe. Unklar sei auch, ob und welche Domainbedingungen überhaupt Bestandteil des [X.] geworden seien. Ohne Erfolg verweise die Beklagte auf die auf ihrer Homepage abrufbaren Erläuterungen zum Providerwechsel, denen zufolge das Schweigen des alten Providers zur Anfrage hinsichtlich eines Providerwechsels als Zustimmung gewertet werde. Auch diese Erläuterungen gingen davon aus, dass tatsächlich ein entsprechender Auftrag des Domaininhabers vorliege. Es sei zudem nicht zu erkennen, dass es sich bei diesen Erläuterungen um allgemeine Bestimmungen für die Inanspruchnahme von [X.] und für die Benutzung von Gemeinschaftseinrichtungen handele, an die die Mitglieder der [X.] gemäß dem Statut der [X.] gebunden seien. Im Übrigen sei zweifelhaft, ob diese Bestimmungen Wirkung gegenüber den Domaininhabern entfalteten. Mangels wirksamen Providerwechsels habe die [X.] den Domainvertrag nicht wirksam kündigen können.

[X.] des [X.] sei nicht aufgrund subjektiver Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 [X.] ausgeschlossen. Der [X.] sei es faktisch nicht unmöglich, die Domain "gewinn.de" für den Kläger zu registrieren. Die Beklagte sei auch aus rechtlichen Gründen nicht gehindert, diese Domain für den Kläger einzutragen. Dabei könne offenbleiben, ob die Beklagte mit dem Streithelfer zu 1 einen wirksamen Domainvertrag abgeschlossen habe. Die Beklagte stelle durch Eintragung des [X.] einen rechtmäßigen Zustand her, indem sie den zuerst abgeschlossenen Vertrag erfülle. Der Kläger sei der erste gewesen, der mit der [X.] einen [X.] hinsichtlich der streitgegenständlichen Domain abgeschlossen habe, und diese Position könne er auch gegenüber der [X.] durchsetzen.

II.

Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

1. Dem Kläger geht es mit dem ersten Hilfsantrag, wie er mit der Antragsbegründung im Schriftsatz vom 31. Juli 2009, Seite 1 f. klargestellt hat, darum, als Inhaber der Domain "gewinn.de“ in die Registrierungsdatenbank eingetragen zu werden und die Konnektierung der Domain für sich zu erreichen. In diesem Sinne sind der erste Hilfsantrag und der Urteilsausspruch des Berufungsgerichts auszulegen. Der von der [X.] im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemachte Einwand, der erste Hilfsantrag sei in technischer Hinsicht nicht hinreichend, weil neben der Aufnahme technischer Daten in die [X.] die Eintragung des Domaininhabers in die Registrierungsdatenbank erforderlich sei, greift deshalb nicht durch.

2. Das Berufungsgericht hat die Aktivlegitimation des [X.] mit der Begründung bejaht, dass er den Domainvertrag bezüglich der im Jahr 1996 registrierten Domain "gewinn.de" abgeschlossen hat. Dies lässt keine Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht beanstandet.

Mit dem Abschluss eines [X.] entsteht ein Dauerschuldverhältnis zwischen dem Anmelder und der [X.]. Aufgrund dessen schuldet die Beklagte nach erfolgter Konnektierung der Domain insbesondere die Aufrechterhaltung der Eintragung im [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 5. Juli 2005 - [X.], NJW 2005, 3353, 3354 m.w.[X.]). Dieser zunächst gegen die Vorgängerin der [X.] bestehende Anspruch richtete sich nach der Gründung der [X.] gegen diese. Dieser Ausgangspunkt wird von den Parteien nicht in Zweifel gezogen.

3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass die [X.] mit der Löschung der Domain "gewinn.de" am 2. Juni 2005 in der Datenbank der [X.] konkludent zugleich den Domainvertrag bezüglich dieser Domain im Namen des [X.] gekündigt hat. Keinen Erfolg hat der Kläger mit der gegen die Feststellung einer Kündigung erhobenen Gegenrüge. Die Umstände tragen die Würdigung des Berufungsgerichts, dass die [X.] mit der Löschung der bis dahin dem Kläger zugeordneten Domain die Kündigung des [X.] im Namen des [X.] erklärt hat.

4. Der rechtlichen Nachprüfung hält es stand, dass das Berufungsgericht die Kündigung des [X.] für unwirksam erachtet hat. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass es an dem für einen Providerwechsel erforderlichen Auftrag des [X.] als Domaininhaber und damit auch an einer Bevollmächtigung der [X.] zur Kündigung fehlt.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht die Domainbedingungen 2004, auf die sich die Beklagte beruft, dahingehend ausgelegt, dass danach für einen Providerwechsel von einem [X.] zu einem anderen ein vom Domaininhaber erteilter Auftrag erforderlich ist. Nach § 1 Abs. 4 Satz 2 der genannten Domainbedingungen erfolgt die Überleitung der Domainverwaltung von einem [X.] auf ein anderes [X.], wenn der Domaininhaber über das [X.], das künftig die Domain verwalten soll, einen entsprechenden Auftrag erteilt und das bisher die Domain verwaltende [X.] unterrichtet. Nach Sinn und Zweck der Regelung muss dieser Auftrag durch den Domaininhaber autorisiert sein, wie sich daraus ergibt, dass der Domaininhaber einen solchen Auftrag "über“ das [X.] erteilt, das künftig die Domain verwalten soll. Ein solcher Auftrag des Domaininhabers wird auch in den Erläuterungen zum Providerwechsel (Stand: 29. Oktober 2003), auf die sich die Beklagte ebenfalls beruft, vorausgesetzt.

b) Mit dem unter dem Namen des [X.] verfassten Schreiben vom 7. Mai 2005 hat dieser keinen Auftrag zu einem Providerwechsel erteilt und auch keinen Domaininhaberwechsel autorisiert. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass es sich bei diesem angeblichen Schreiben des [X.] um eine Fälschung handelt. Dagegen erinnert die Revision nichts.

c) Ohne Erfolg macht die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung geltend, durch das als stillschweigende Zustimmung zu wertende Schweigen der [X.] auf die E-Mail-Aufforderungen der [X.], zum [X.] Stellung zu nehmen, sei ein wirksamer Providerwechsel zustande gekommen, weshalb die [X.] als neuer Provider zur Kündigung befugt gewesen sei.

aa) In der Revision ist entsprechend dem Vorbringen der [X.] davon auszugehen, dass die [X.] die beiden E-Mail-Aufforderungen der [X.], zum von der [X.] übermittelten [X.] Stellung zu nehmen, erhalten hat.

bb) Die Auslegung, welchen Erklärungswert das Schweigen der [X.] hat, kann der Senat selbst vornehmen, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind. Dieser Erklärungswert ist vor dem Hintergrund der Erläuterungen zum Providerwechsel (Stand: 29. Oktober 2003) zu bestimmen, die dem Schweigen des bisher die Domain verwaltenden [X.]s auf Anfragen der [X.], zu einem [X.] Stellung zu nehmen, eine bestimmte Bedeutung beimessen und denen nach dem Vorbringen der [X.] seinerzeit eine allgemeine Übung entsprach. Unter Berücksichtigung dieser Erläuterungen kommt dem Schweigen der [X.] indes nicht der Erklärungswert zu, dass die [X.] im Namen des [X.] dem Providerwechsel zur [X.] zugestimmt und damit die [X.] im Wege der Erteilung einer Außenvollmacht bevollmächtigt hätte. Aus [X.] und Glauben und nach allgemeinen Grundsätzen ergibt sich nichts anderes.

Soweit die genannten Erläuterungen eine Beteiligung des bisher die Domain verwaltenden [X.]s bei einem Providerwechsel vorsehen, geschieht dies im Interesse dieses [X.]s, das die Verwaltung der Domain abgeben und aus der Geschäftsbeziehung ausscheiden soll. Das bisher die Domain verwaltende [X.] soll den genannten Erläuterungen zufolge auf Anfrage der [X.] zu einem [X.] prüfen, ob der Domaininhaber tatsächlich wechseln möchte, und in Zweifelsfällen versuchen, mit dem Domaininhaber Kontakt aufzunehmen. Erfolgt auf eine zweite Anfrage der [X.] keine Reaktion des bisher die Domain verwaltenden [X.]s, so wird dies von der [X.] nach den genannten Erläuterungen als Bestätigung gewertet, dass die "initiale Prüfung des zukünftigen Providers vom abgebenden Mitglied als korrekt anerkannt“ wird. Diese Bestätigung bezieht sich auf das Ergebnis der eigenen Prüfung, die das bisher die Domain verwaltende [X.] vornehmen soll. Danach kann dem Schweigen des bisher die Domain verwaltenden [X.]s auf derartige Anfragen der [X.] zwar der Erklärungswert beigemessen werden, dass dieses [X.] mit der Abgabe der Domainverwaltung und dem Ausscheiden aus der Geschäftsbeziehung einverstanden ist. Dagegen kann diesem Schweigen nicht der Erklärungswert beigemessen werden, dass das bisher die Domain verwaltende [X.] dem Providerwechsel im Namen des Domaininhabers zustimmt und damit im Wege der Erteilung einer Außenvollmacht das zukünftig die Domain verwaltende [X.] bevollmächtigt. Insbesondere kann einem derartigen Schweigen nicht der Erklärungswert beigemessen werden, dass es einen fehlenden [X.] des Domaininhabers, der sowohl in den Erläuterungen als auch in den Domainbedingungen 2004 vorausgesetzt wird, ersetzt.

d) Unabhängig von diesen Erwägungen kann entgegen der Auffassung der Streithelfer in dem Schweigen der [X.] auf die Aufforderungen der [X.], zum [X.] Stellung zu nehmen, schon deshalb nicht eine Genehmigung (§ 180 Satz 2, § 177 Abs. 1, § 184 Abs. 1 [X.]) der Kündigung des [X.] gesehen werden, weil diesem Schweigen als Reaktion auf die Aufforderungen der [X.] kein Erklärungswert im Sinne einer Genehmigung der Kündigung zukommt. Die genannten Aufforderungen bezogen sich lediglich auf eine Bestätigung oder Ablehnung des Providerwechsels und nicht auf eine Kündigung des [X.], die zum Zeitpunkt der Aufforderungen auch noch nicht erfolgt war. Es ist nicht festgestellt, dass der [X.] die bevorstehende Kündigung mitgeteilt worden wäre. Deshalb bleibt auch die Rüge der Streithelfer ohne Erfolg, die [X.] sei nach [X.] und Glauben gehalten gewesen, auf die Kündigungserklärung einen abweichenden Willen zu äußern.

5. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der vom Kläger mit dem ersten Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch sei nach § 275 Abs. 1 [X.] wegen subjektiver Unmöglichkeit ausgeschlossen.

a) In der Revision ist entsprechend dem Vorbringen der [X.] davon auszugehen, dass der Streithelfer zu 1 mit der [X.] einen wirksamen Domainvertrag hinsichtlich der Domain "gewinn.de“ abgeschlossen und damit ein relativ wirkendes vertragliches Nutzungsrecht an diesem Domainnamen (vgl. [X.], Urteil vom 18. Januar 2012 - [X.], [X.]Z 192, 204 Rn. 23 - gewinn.de) erworben hat. Ferner ist in der Revision entsprechend dem Vorbringen der [X.] davon auszugehen, dass sich der Streithelfer zu 1 endgültig weigert, die Domain "gewinn.de“ zu Gunsten des [X.] aufzugeben.

b) Subjektive Unmöglichkeit ist gegeben, wenn der Schuldner selbst zur Leistung außerstande ist, sie aber von einem anderen oder unter Mitwirkung eines anderen erbracht werden könnte (vgl. [X.]/[X.], 2. Aufl., § 275 Rn. 34; [X.]/[X.], [X.], 71. Aufl., § 275 Rn. 23).

aa) Unmöglichkeit aus tatsächlichen Gründen liegt im Streitfall nicht vor. Denn der [X.] ist es auch bei bereits erfolgter Konnektierung der Domain "gewinn.de" für einen Dritten faktisch möglich, die Domain in Zukunft zu Gunsten des [X.] mit ihren technischen Daten in ihre [X.] aufzunehmen und dort für die Dauer des mit dem Kläger geschlossenen [X.] zu belassen sowie den Kläger als Domaininhaber in der Registrierungsdatenbank einzutragen.

bb) Unmöglichkeit aus rechtlichen Gründen liegt im Streitfall ebenfalls nicht vor. Rechtliche Unmöglichkeit ist gegeben, wenn ein geschuldeter Erfolg aus Rechtsgründen nicht herbeigeführt werden kann oder nicht herbeigeführt werden darf (vgl. [X.], Urteil vom 21. Januar 2010 - [X.], [X.] 2010, 310 Rn. 23 m.w.[X.]). Dies ist hier nicht der Fall. Allerdings ist zu unterstellen, dass die Beklagte einen wirksamen Domainvertrag bezüglich der Domain "gewinn.de" nicht nur mit dem Kläger, sondern auch mit dem Streithelfer zu 1 abgeschlossen hat. Da ein Domainname aus technischen Gründen nur einmal vergeben werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 18. Januar 2012 - [X.], [X.]Z 192, 204 Rn. 23 - gewinn.de; [X.] in [X.], 3. Aufl., [X.]. 2.1 Rn. 6), kann die Beklagte nicht beide Verträge gleichzeitig erfüllen. Indes führt der Umstand, dass sich der Schuldner zwei Gläubigern gegenüber zu einer Leistung verpflichtet, die er nur einmal erbringen kann, nicht ohne Weiteres zu einem Ausschluss der Leistungspflichten (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.] [2009], § 275 Rn. 65). Zwar kann Unmöglichkeit mangels Verfügungsmacht des Schuldners gegeben sein, wenn eine vom Schuldner doppelt eingegangene Verpflichtung auf die Verschaffung eines Gegenstands gerichtet ist und der Schuldner einen der beiden Verträge erfüllt. In derartigen Fällen ist die Leistung gemäß dem anderen Vertrag unmöglich, wenn feststeht, dass der Schuldner die Verfügungsmacht über diesen Gegenstand nicht mehr erlangen kann, etwa weil die erforderliche Zustimmung von demjenigen, der den Gegenstand erworben hat, endgültig verweigert wird (vgl. [X.], Urteil vom 26. März 1999 - [X.], [X.]Z 141, 179, 182 m.w.[X.]; [X.]/[X.]/[X.] aaO § 275 Rn. 69 f.; MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 275 Rn. 52). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die mit dem ersten Hilfsantrag geltend gemachte Leistung bezieht sich nicht auf einen Gegenstand, über den die Beklagte Verfügungsmacht nicht mehr erlangen kann, sondern auf eine Aufnahme von Daten in ihrem Verfügungsbereich.

6. Ohne Erfolg beruft sich die Revision des Weiteren auf ein Leistungsverweigerungsrecht der [X.] mit der Begründung, es sei ihr nicht zumutbar, abwechselnd vom Kläger und vom Streithelfer zu 1 auf Erfüllung des jeweiligen [X.] in Anspruch genommen zu werden. Diese Gefahr besteht nicht.

a) Schließt die Beklagte, wovon hier in der Revision bezüglich der Domain "gewinn.de" auszugehen ist, sukzessive mehrere [X.] bezüglich derselben Domain, so befindet sie sich allerdings in dem Konflikt, nur den einen oder den anderen Vertrag erfüllen zu können. Die Beklagte, die als zentrale Registrierungsstelle Domains unter der Top-Level-Domain ".de" vergibt, hat aus Gründen der Rechtssicherheit ein berechtigtes Interesse, beim Abschluss mehrerer [X.] bezüglich derselben Domain nicht abwechselnd den einen und den anderen Vertrag erfüllen zu müssen. Es kann dahinstehen, ob diese Konstellation von § 275 Abs. 3 [X.] unmittelbar erfasst wird, wie die Beklagte und die Streithelfer meinen. Jedenfalls ist dem Regelungskonzept des § 275 [X.], wie sich aus den Absätzen 2 und 3 dieser Vorschrift ergibt, eine Begrenzung der Leistungspflicht aufgrund von Abwägungen insbesondere im Hinblick auf die Zumutbarkeit für den Schuldner nicht fremd. Es ist deshalb nicht systemwidrig, den genannten Konflikt unter angemessener Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu lösen. Wird die Beklagte aus einem der geschlossenen [X.] auf Erfüllung in Anspruch genommen, so ist jedenfalls auf ihre Einrede hin eine solche Abwägung vorzunehmen. Diese kann zu dem Ergebnis führen, dass der [X.] aus einem der geschlossenen [X.] nicht durchgesetzt werden kann.

b) Auf den Streitfall bezogen geht diese Abwägung im Verhältnis zwischen dem Kläger und der [X.] zu Gunsten des [X.] aus, während sie im Verhältnis der [X.] zum Streithelfer zu 1 zu dessen Lasten ausginge.

aa) Das Interesse des [X.] an der Erfüllung des [X.] ist erheblich, weil er als erster einen Domainvertrag bezüglich der kommerziell verwertbaren Domain "gewinn.de" geschlossen hat. Denn bei der Vergabe von Domains durch die Beklagte, der zentralen Registrierungsstelle für Domains unter der Top-Level-Domain ".de", hat das [X.], dem [X.] zukommt (vgl. [X.], Urteil vom 22. November 2001 - I ZR 138/99, [X.]Z 149, 191, 200 - shell.de), Gewicht. Es kann dahinstehen, ob das Leistungsinteresse des [X.] schwächer zu bewerten wäre, wenn der Kläger Kenntnis von der bevorstehenden Kündigung des [X.] durch die [X.] gehabt hätte oder sich eine solche Kenntnis zurechnen lassen müsste. Das Berufungsgericht hat Entsprechendes nicht festgestellt. Auch aus dem in der Revision zugrunde zu legenden Vorbringen der [X.], diese habe den von der [X.] eingereichten [X.] an die [X.] geschickt, die ihn an die vom Kläger beauftragte [X.] weitergeleitet habe, ergibt sich nicht, dass die [X.], die möglicherweise Wissensvertreter des [X.] ist, Kenntnis von der bevorstehenden Kündigung des [X.] erlangt hätte. Denn die Anfrage der [X.] bezog sich nur auf den von der [X.] eingereichten [X.], nicht auf eine beabsichtigte Kündigung des [X.]. Es bleibt daher dabei, dass das Interesse des [X.] an der Erfüllung des [X.] erheblich ist.

Demgegenüber ist das Interesse der [X.], einer etwaigen vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Streithelfer zu 1 nachzukommen und etwaige Schadensersatzpflichten diesem gegenüber zu vermeiden, von geringerem Gewicht. Dem [X.] entspricht es, beim sukzessiven Abschluss mehrerer [X.] bezüglich derselben Domain das Leistungsinteresse desjenigen, der als erster den Domainvertrag abgeschlossen hat, grundsätzlich höher zu bewerten als das Interesse der [X.], der Verpflichtung aus einem später abgeschlossenen Domainvertrag nachzukommen und etwaige Schadensersatzpflichten gegenüber demjenigen, der den Domainvertrag als zweiter abgeschlossen hat, zu vermeiden. Dies gilt auch deshalb, weil die Beklagte den weiteren Domainvertrag zusätzlich zu dem zuerst abgeschlossenen und nicht beendeten Domainvertrag eingegangen ist.

bb) Im Verhältnis zwischen der [X.] und dem Streithelfer zu 1 ist dementsprechend das Interesse der [X.], den zuerst mit dem Kläger abgeschlossenen Domainvertrag zu erfüllen, höher zu bewerten als das Leistungsinteresse des Streithelfers zu 1, der als zweiter den Domainvertrag geschlossen hat. Dies entspricht dem [X.], das bei der Vergabe von Domains für die Beteiligten gleichermaßen Gewicht hat.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Kniffka                                                   Safari Chabestari                                                    Halfmeier

                            Leupertz                                                                  [X.]

Meta

VII ZR 146/11

25.10.2012

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 9. Juni 2011, Az: 16 U 159/10

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 275 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2012, Az. VII ZR 146/11 (REWIS RS 2012, 1953)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1953

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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