Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.06.2020, Az. VIII ZR 315/19

8. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1407

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde nach Klageabweisung für ein Nacherfüllungsverlangen wegen des Kaufs eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neufahrzeugs wegen Verjährung von Ansprüchen gegen den Kraftfahrzeughändler: Anforderungen an die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit entscheidungserheblicher Rechtsfragen


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] - 17. Zivilsenat - vom 7. November 2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 25.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin erwarb von der beklagten Vertragshändlerin im Dezember 2013 ein Dieselfahrzeug    mit einem von der Herstellerin eingebauten Motor [X.], Schadstoffklasse 5, zum Preis von 22.890,01 €. Die Software zur Motorsteuerung verfügt über zwei unterschiedliche Betriebsmodi. Auf dem Prüfstand wird der "Modus 1" aktiviert, der den [X.] verringert, während bei den im normalen Straßenverkehr anzutreffenden Bedingungen der zu einem höheren Austritt von [X.] führende "Modus 0" eingeschaltet ist. Das Fahrzeug wurde der Klägerin am 20. Februar 2014 übergeben.

2

Mit Anwaltsschreiben vom 22. September 2017 verlangte sie Neulieferung eines mangelfreien Fahrzeugs, was die Beklagte ablehnte. Dieser Anspruch ist - neben einem Antrag auf Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten (1.899,24 €) und einem Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten - auch Gegenstand der vorliegenden Klage. Diese wurde am 25. April 2018 eingereicht und der Beklagten am 15. Mai 2018 zugestellt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

3

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ([X.], NJW-RR 2020, 377) ausgeführt, der Anspruch auf Nachlieferung gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB sei gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB verjährt. Ein arglistiges Verhalten der Beklagten, das zur Anwendung der Regelverjährung führe (§ 438 Abs. 3 BGB), sei nicht gegeben. Ein mögliches arglistiges Verhalten der Herstellerin sei der Beklagten nicht zuzurechnen, weil der Hersteller nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers sei. Ein zum Neubeginn der Verjährung führendes Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch das Aufspielen eines Software-Updates sei nicht erfolgt. Die Nachrüstung sei erst nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils und damit nach Ablauf der maßgeblichen Verjährungsfrist von zwei Jahren ab Auslieferung durchgeführt worden. Zudem habe die Beklagte ihre Verpflichtung zur Nachbesserung stets bestritten und damit das Update nicht in dem Bewusstsein aufgespielt, zur Mangelbeseitigung verpflichtet zu sein. Die Erhebung der Einrede der Verjährung sei auch nicht treuwidrig.

4

Der von der Klägerin verfolgte [X.] könne entgegen der Ansicht der Klägerin nicht im Wege eines Schadensersatzanspruchs nach §§ 311, 241 Abs. 2 BGB geltend gemacht werden. Denn Rechtsfolge eines derartigen Anspruchs sei lediglich der Ersatz des [X.]; ein [X.] bestehe dagegen nicht.

5

Schließlich könne der von der Klägerin geltend gemachte [X.] auch nicht auf §§ 280, 241, 443, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 12, 18 der Richtlinie 2007/46/[X.], §§ 4, 6, 25 [X.]-FGV gestützt werden. Eine Garantie nach § 443 BGB habe die Beklagte nicht eingeräumt. Aus den weiter zitierten Normen ergebe sich - ungeachtet der Frage ihrer Einschlägigkeit - ebenfalls kein [X.], der auf Lieferung eines mangelfreien fabrikneuen Fahrzeugs gerichtet sei. Denn Schadensersatzansprüche aus einer unerlaubten Handlung richteten sich, weil die deliktische Haftung nicht an das Bestehen einer Verbindlichkeit und deren Nicht- oder Schlechterfüllung anknüpfe, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung in der Regel allein auf das - hier nicht verfolgte - Erhaltungsinteresse.

6

Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der sie die Zulassung der Revision mit dem Ziel anstrebt, ihr Klagebegehren weiterzuverfolgen.

II.

7

Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Klägerin die von ihr geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und der Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) nicht dargelegt hat (§ 544 Abs. 4 Satz 3 ZPO).

8

1. Entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerde kommt den von ihr als grundsätzlich bewerteten Rechtsfragen (Zurechnung des Verhaltens der Herstellerin im Rahmen des § 438 Abs. 3 BGB; Treuwidrigkeit der [X.]; Aufspielen eines Software-Updates als Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB; Unkenntnis vom Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung als verjährungshemmende "höhere Gewalt" im Sinne von § 206 BGB; § 27 Abs. 1 [X.]-FGV und weitere Vorschriften als zur Vertragsnichtigkeit führende Schutzgesetze im Sinne von § 134 BGB; Vorliegen eines deliktischen Eingriffs in die Eigentümerbefugnisse bei Aufhebung der bestimmungsgemäßen Brauchbarkeit des Kraftfahrzeugs durch die Motorsteuerungssoftware) keine Grundsatzbedeutung zu.

9

a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, das heißt allgemein von Bedeutung ist (vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 27. März 2003 - [X.], [X.]Z 154, 288, 291; vom 2. Juli 2019 - [X.], NJW-RR 2019, 1202 Rn. 10; jeweils mwN). Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 544 Abs. 4 Satz 3 ZPO); die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, genügt hierfür nicht. Der Beschwerdeführer muss vielmehr konkret auf die Rechtsfrage, ihre Entscheidungserheblichkeit, [X.]keit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen. Insbesondere sind Ausführungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die betreffende Rechtsfrage umstritten ist ([X.], Beschlüsse vom 1. Oktober 2002 - [X.], [X.]Z 152, 182, 191; vom 27. März 2003 - [X.], aaO; vom 2. Juli 2019 - [X.], aaO; jeweils mwN).

[X.] sind (nur) solche entscheidungserheblichen Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht höchstrichterlich geklärt sind ([X.], Beschlüsse vom 26. August 2009 - 1 BvR 2111/08, juris Rn. 6; vom 6. Juni 2018 - 2 BvR 350/18, juris Rn. 17 mwN).

b) Diesen Darlegungsanforderungen genügt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht.

aa) Dies gilt zunächst für die Frage der Zurechnung eines möglichen arglistigen Verhaltens der Herstellerin.

(1) Die Nichtzulassungsbeschwerde führt zum Beleg eines hierzu bestehenden Meinungsstreits (die obergerichtliche Rechtsprechung verneint - soweit ersichtlich - durchgängig eine solche Zurechnung, vgl. nur die vom Berufungsgericht angegebenen Nachweise) drei instanzgerichtliche Entscheidungen an, wobei es sich bei einer um einen unveröffentlichten Hinweis- und Beweisbeschluss des [X.] vom 30. Mai 2017 (32 O 219/16) handelt, dessen Inhalt von der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mitgeteilt wurde und bei dem es sich um eine reine Zwischenentscheidung handelt, die von vornherein keinen zulassungsrelevanten Meinungsstreit begründen kann.

Bei der weiter angeführten Entscheidung des [X.] vom 23. März 2017 (3 U 4316/16, juris Rn. 15) handelt es sich um einen Kostenbeschluss nach § 91a ZPO, der nicht die Frage der Zurechnung eines arglistigen Verhaltens im Rahmen des § 438 BGB oder des § 123 BGB betraf. Vielmehr hatte sich das [X.] mit der Frage zu befassen, ob sich ein Käufer im Hinblick auf eine erst in Zukunft bestehende Nachbesserungsmöglichkeit (Software-Update) auf eine Nachfrist von mehr als einem Jahr einlassen muss. Dies hat es verneint und in diesem Zusammenhang ausgeführt, der Verkäufer, der sich insoweit das Verhalten des Herstellers zurechnen lassen müsse, da er sich dessen Mithilfe zur Nacherfüllung zunutze mache, habe innerhalb von mehr als 14 Monaten die Nacherfüllung nicht zu Wege gebracht und müsse daher den Rücktritt des Käufers hinnehmen. Im Übrigen hat derselbe Senat des [X.] mit Urteil vom 3. Juli 2019 (3 U 4029/18, juris Rn. 37) eine Zurechnung des Wissens der Herstellerin gemäß § 166 BGB und damit eine Arglist im Sinne des § 438 Abs. 3 BGB verneint.

Das von der Nichtzulassungsbeschwerde ferner angeführte Urteil des [X.] vom 5. Oktober 2017 (12 O 201/16, juris) betraf ebenfalls eine andere Fallgestaltung. Es ging um ein Minderungsverlangen, bei dem sich die Frage stellte, ob eine Nachfristsetzung entbehrlich war. Dabei hat es das [X.] ausdrücklich dahinstehen lassen, ob der Käufer durch die Verkäuferin getäuscht wurde und ob beziehungsweise inwieweit eine etwaige Täuschung durch die Herstellerin der Verkäuferin zuzurechnen wäre (Urteil vom 5. Oktober 2017 - 12 O 201/16, aaO Rn. 37).

(2) Davon abgesehen sind die Grundsätze der Wissenszurechnung höchstrichterlich hinreichend geklärt.

(a) Die vom [X.] aufgestellten Grundsätze, wonach nicht nur Verhandlungsführer und -gehilfen (hier gilt § 166 BGB analog), sondern auch solche Beteiligte, die wegen ihrer engen Beziehungen zum betreffenden Vertragspartner als dessen Vertrauensperson erscheinen, nicht als Dritte im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB anzusehen sind (vgl. etwa [X.], Urteile vom 17. November 1960 - [X.], [X.]Z 33, 302, 310; vom 20. November 1995 - [X.], NJW 1996, 1051 unter 3; vom 20. Januar 2005 - [X.], NJW-RR 2005, 1277 unter [X.] mwN), bedürfen im Streitfall keiner weiteren Klärung. Denn eine solche Beziehung zwischen (Vertrags-)Händler und Herstellerin, die aus Billigkeitsgründen eine Zurechnung des Verhaltens der Herstellerin gebieten würde, besteht bezüglich des vorliegend allein maßgeblichen Abschlusses des Kaufvertrags mit dem Kunden ersichtlich nicht. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde angeführten Gesichtspunkte tragen eine solche Annahme nicht.

(b) Weiter ist höchstrichterlich geklärt, dass sich die Zurechnung des Verhaltens einer sonstigen Hilfsperson nach denselben Maßstäben wie bei § 278 BGB bestimmt, so dass es darauf ankommt, ob eine von ihr vorgenommene Handlung zu dem allgemeinen Umkreis des Aufgabenbereichs gehört, zu dessen Wahrnehmung sie bestellt ist (Senatsurteile vom 28. September 1988 - [X.], NJW 1989, 287 unter II 4 c; vom 30. März 2011 - [X.], NJW 2011, 2874 Rn. 16; jeweils mwN). Wie der Senat aber in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, ist ein Hersteller oder Lieferant nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers im Rahmen seiner kaufrechtlichen Pflichten (vgl. etwa Urteil vom 2. April 2014 - [X.], [X.]Z 200, 337 Rn. 31 mwN). Dies ist auch in der Begründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drucks. 14/6040, [X.]) so festgehalten ("Bei der Erfüllung der Verschaffungspflicht bedient sich der Verkäufer nicht des Herstellers, die Herstellung der Sache ist nicht in den [X.] einbezogen. Der Warenhersteller ist deshalb ebenso wenig Erfüllungsgehilfe des Verkäufers, wie […]"). Dies gilt - anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint - auch für die [X.] (vgl. etwa Senatsurteil vom 24. Oktober 2018 - [X.], [X.]Z 220, 134 Rn. 97). Unter Anwendung der Maßstäbe des § 278 BGB kann daher - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - eine Zurechnung des Verhaltens der Herstellerin nicht erfolgen.

bb) Auch bezüglich der Frage der Treuwidrigkeit der Erhebung der [X.] fehlt es an der Darlegung einer Grundsatzbedeutung. Diese Frage ist einer abstrakten Klärung nicht zugänglich, weil es bei der Beurteilung der Treuwidrigkeit auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls ankommt. Zudem fehlt es an Feststellungen des Berufungsgerichts zur "Betreuertätigkeit" der Beklagten beim Kaufvertragsabschluss, was die Nichtzulassungsbeschwerde nicht hinreichend angegriffen hat.

cc) Hinsichtlich der Fragen, ob das Aufspielen eines Software-Updates ein den Neubeginn der Verjährung auslösendes Anerkenntnis nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB darstellen und die Unkenntnis von der eingebauten Steuerungssoftware eine Verjährungshemmung nach § 206 BGB wegen "höherer Gewalt" auslösen kann, führt die Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls nicht aus, weshalb insoweit höchstrichterlicher Klärungsbedarf bestehen soll. Sie beschränkt sich auf die nicht näher begründete Behauptung, diese Fragen seien für tausende Verfahren von Bedeutung, legt aber nicht dar, dass insoweit ein Meinungsstreit besteht oder aus sonstigen Gründen eine Entscheidung des [X.] geboten ist. Durch die höchstrichterliche Rechtsprechung sind die Voraussetzungen und der Anwendungsbereich der genannten Vorschriften hinreichend konturiert, so dass ihre Anwendung auf Fallgestaltungen wie die vorliegende vorgezeichnet ist.

Davon abgesehen stellen sich diese Fragen im Streitfall nicht, weil das Software-Update erst nach Ablauf der Verjährung aufgespielt worden ist und eine Verjährungshemmung nach § 206 BGB ohnehin nicht in Betracht kommt, da die von der Nichtzulassungsbeschwerde als "höhere Gewalt" bewertete Unkenntnis von dem Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung bereits vor Eintritt der Hemmung nach § 206 BGB (die nur während der letzten sechs Monate der zweijährigen Verjährungsfrist - hier also ab 20. August 2015 - erfolgen kann) spätestens Ende 2015 durch das von sämtlichen Medien bekannt gemachte Vorgehen der Herstellerin behoben war.

dd) Hinsichtlich des angeblichen Verbotscharakters der von der Nichtzulassungsbeschwerde angeführten Vorschriften mit der Folge einer Nichtigkeit nach § 134 BGB ist ein Zulassungsgrund ebenfalls nicht dargelegt. Die Nichtzulassungsbeschwerde begnügt sich auch hier mit dem unzureichenden pauschalen Verweis auf eine Bedeutung für eine Vielzahl von Verfahren.

Davon abgesehen ist die von der Nichtzulassungsbeschwerde formulierte Frage nicht entscheidungserheblich. Denn wären die von ihr genannten Vorschriften Verbotsnormen im Sinne von § 134 BGB und der Kaufvertrag nichtig, könnte sie die begehrte Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB nicht verlangen. Die weiter von ihr genannten Vorschriften geben keinen Anspruch auf Lieferung eines neuen Fahrzeugs. Dies gilt nicht nur für deliktische Ansprüche (dazu näher unter ee), sondern - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch für Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss, die unabhängig davon auch deswegen nicht bestehen, weil - wie das Berufungsgericht im Zusammenhang mit Ansprüchen aus Delikt rechtsfehlerfrei entschieden hat - das Verhalten der Herstellerin der Beklagten nicht zuzurechnen ist.

ee) Hinsichtlich der von der Nichtzulassungsbeschwerde weiter für rechtsgrundsätzlich erachteten Frage, ob ein Eingriff in die Eigentümerbefugnisse im Sinne eines Deliktrechtstatbestands vorliegt, wenn durch eine [X.] die bestimmungsgemäße Brauchbarkeit des Fahrzeugs aufgehoben wird, ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt, dass solche - gemäß § 249 Abs. 1 BGB zwar auf Naturalrestitution (und nicht nur auf Geldersatz) gerichtete - Ansprüche in der Regel nicht den Ersatz des [X.] ermöglichen, weswegen der Anspruchsteller grundsätzlich nicht verlangen kann, so gestellt zu werden, als ob eine Verbindlichkeit ordnungsgemäß erfüllt worden wäre ([X.], Urteile vom 18. Januar 2011 - [X.]/09, [X.]Z 188, 78 Rn. 8; vom 14. Mai 2012 - [X.], NJW 2012, 3510 Rn. 14).

Wird - wie vorliegend - ein Schaden geltend gemacht, der lediglich den auf der Mangelhaftigkeit beruhenden Unwert der Sache für das Nutzungs- und Äquivalenzinteresse des Käufers ausdrückt, ist für deliktische Schadensersatzansprüche kein Raum ([X.], Urteile vom 18. Januar 1983 - [X.], NJW 1983, 810 unter [X.]; vom 16. Dezember 2008 - [X.]/07, [X.], 272 Rn. 19 mwN). Denn die deliktischen Verkehrspflichten sind grundsätzlich nicht darauf gerichtet, die Erwartung des Käufers zu schützen, Wert und Nutzungsmöglichkeit einer mangelfreien Sache zu erhalten ([X.], Urteile vom 18. Januar 1983 - [X.], aaO; vom 16. Dezember 2008 - [X.]/07, aaO). Da die deliktische Haftung nicht an das Bestehen einer Verbindlichkeit und deren Nicht- oder Schlechterfüllung anknüpft, stellt sich im Deliktsrecht die Frage nach dem [X.] regelmäßig nicht; vielmehr richtet sich der deliktische Schadensersatzanspruch grundsätzlich allein auf Ersatz des Erhaltungsinteresses und damit auf das negative Interesse ([X.], Urteile vom 18. Januar 2011 - [X.]/09, aaO Rn. 8 f.; vom 14. Mai 2012 - [X.], aaO).

2. Soweit - was mangels Eingehens auf die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO unklar ist - die Nichtzulassungsbeschwerde auch hinsichtlich der von ihr breiter ausgeführten Frage, ob §§ 6, 27 [X.]-FGV oder die Vorschriften der Verordnung 715/2007/[X.] beziehungsweise der Richtlinie 2007/46/[X.] Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellen, einen Zulassungsgrund für gegeben erachten sollte, scheidet eine (ohnehin nicht dargelegte) [X.]keit aus, weil sich hieraus - wie vorstehend bereits ausgeführt - der geltend gemachte Anspruch auf Nachlieferung nicht ergeben kann. Daher ist auch eine Vorlage an den [X.] nach Art. 267 AEUV zu den von der Nichtzulassungsbeschwerde auf der Grundlage eines Vorlagebeschlusses des [X.]s Gera vom 30. August 2019 (7 O 1188/18, juris) formulierten Fragen nicht veranlasst.

3. Entgegen der Annahme der Nichtzulassungsbeschwerde ist eine Zulassung der Revision auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Fortbildung des Rechts geboten.

a) Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde Fortbildungsbedarf bezüglich der von ihr für erforderlich gehaltenen Klärung sieht, ob die Einrede der Verjährung treuwidrig ist, wenn der Vertragshändler für den Hersteller als "Betreuer" gegenüber dem Käufer tätig ist, lässt sich die auf einen Einzelfall bezogene Frage der Treuwidrigkeit nicht abstrakt klären. Die Grundsätze zur Treuwidrigkeit sind inzwischen höchstrichterlich so ausgereift, dass sie eine hinreichende Orientierungshilfe für den Tatrichter bilden. Davon abgesehen stellt sich diese Frage im Streitfall nicht, weil nicht festgestellt ist, dass die Beklagte die Klägerin für die Herstellerin beim Kaufvertragsabschluss "betreut" hat, und die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen keine durchgreifenden [X.] erhebt.

b) Ohne Erfolg beruft sich die Nichtzulassungsbeschwerde schließlich auf Fortbildungsbedarf bezüglich der Frage, ob das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht - wie vom Senat in seinem Hinweisbeschluss vom 8. Januar 2019 ([X.]/17, NJW 2019, 1133) angenommen - (nur) einen Sachmangel, sondern (auch) einen Rechtsmangel im Sinne von § 435 BGB darstellt. Auch insoweit legt die Nichtzulassungsbeschwerde bereits einen Zulassungsgrund nicht dar, sondern beschränkt sich darauf vorzutragen, weshalb aufgrund der von ihr zitierten Rechtsprechung des Senats (auch) ein Rechtsmangel anzunehmen sei.

aa) Davon abgesehen besteht ein Bedürfnis für eine höchstrichterliche Orientierungshilfe nicht. Aufgrund der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass ein Rechtsmangel vorliegt, wenn Rechte eines Dritten eine individuelle Belastung des Käufers ergeben, also geeignet sind, ihn in der ungestörten Ausübung der ihm nach § 903 Satz 1 BGB gebührenden Rechtsposition zu beeinträchtigen (Senatsurteil vom 18. Januar 2017 - [X.], NJW 2017, 1666 Rn. 16 mwN). Weiter ist geklärt, dass auf öffentlichem Recht beruhende Eingriffsbefugnisse, Beschränkungen und Bindungen, die die Nutzung der [X.] beeinträchtigen, einen Rechtsmangel begründen können und dies in Abgrenzung zu den dem Bereich der Sachmängelgewährleistung (§ 434 BGB) zuzuordnenden Sachverhalten jedenfalls dann gilt, wenn das Eingreifen öffentlich-rechtlicher Normen nicht Folge der (auch) einen Sachmangel begründenden nicht vertragsgemäßen Beschaffenheit der [X.] ist; andernfalls liegt es nahe, (nur) einen Sachmangel anzunehmen (Senatsurteil vom 18. Januar 2017 - [X.], aaO Rn. 18 mwN).

Ferner hat der Senat deutlich gemacht, dass sich ein Kraftfahrzeug zur gewöhnlichen Verwendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB) nur eignet, wenn es eine Beschaffenheit aufweist, die weder seine (weitere) Zulassung zum Straßenverkehr hindert noch ansonsten seine Gebrauchsfähigkeit aufhebt oder beeinträchtigt (vgl. Hinweisbeschluss vom 8. Januar 2019 - [X.]/17, aaO Rn. 5 mwN). Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat das - zu einem möglichen Eingreifen der Behörden führende und damit die weitere Zulassung zum Straßenverkehr gefährdende - Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung als Sachmangel (und nicht als Rechtsmangel) eingestuft.

bb) Davon abgesehen ist die Frage, ob das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung (auch) als Rechtsmangel anzusehen sei, nicht entscheidungserheblich. Die Nichtzulassungsbeschwerde geht wohl unausgesprochen davon aus, dass in diesem Falle andere Verjährungsregeln als bei einem Sachmangel Anwendung fänden. Dies trifft aber nicht zu, denn Sach- und Rechtsmängel haben nach neuem Recht dieselben Rechtsfolgen; die Vorschriften der §§ 437 ff. BGB - und damit auch die Verjährungsregelung des § 438 BGB - gelten für beide Arten von Mängeln ([X.], Urteil vom 27. Februar 2015 - [X.], juris Rn. 16 f.).

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 544 Abs. 6 Satz 2 BGB ab.

5. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Dr. Milger     

      

[X.]     

      

[X.]

      

Dr. Bünger     

      

Kosziol     

      

Meta

VIII ZR 315/19

09.06.2020

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 7. November 2019, Az: 17 U 245/18, Urteil

§ 123 Abs 2 BGB, § 134 BGB, § 166 BGB, § 206 BGB, § 212 Abs 1 Nr 1 BGB, § 249 Abs 1 BGB, § 278 BGB, § 434 Abs 1 S 2 Nr 2 BGB, § 435 BGB, § 438 Abs 3 BGB, § 439 Abs 1 Alt 2 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 903 S 1 BGB, § 6 EG-FGV, § 27 Abs 1 EG-FGV, § 543 Abs 2 S 1 Nr 1 ZPO, § 543 Abs 2 S 1 Nr 2 Alt 1 ZPO, § 544 Abs 4 S 3 ZPO, Art 5 EGV 715/2007, Art 12 EGRL 46/2007, Art 18 EGRL 46/2007

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.06.2020, Az. VIII ZR 315/19 (REWIS RS 2020, 1407)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1407


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. VIII ZR 315/19

Bundesgerichtshof, VIII ZR 315/19, 09.06.2020.


Az. 17 U 245/18

Oberlandesgericht Karlsruhe, 17 U 245/18, 07.11.2019.


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