Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.10.2020, Az. 6 StR 244/20

6. Strafsenat | REWIS RS 2020, 2035

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Vorliegen einer natürliche Handlungseinheit


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. März 2020 dahin geändert, dass

a) der Angeklagte wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt ist,

b) der Mitangeklagte S.    des Betruges in zwei Fällen schuldig ist.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges und versuchten Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt (Fälle [X.] und [X.]); den nicht revidierenden Mitangeklagten hat es wegen Betruges in zwei Fällen (Fälle [X.] und [X.]) sowie versuchten Betruges (Fall [X.] der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Nach den Feststellungen spiegelten der Angeklagte und der Mitangeklagte der Geschädigten in einem Gespräch am 21. Dezember 2015 vor, ein Unternehmen gründen zu wollen, um sie dazu zu bringen, sich durch Zahlung von 25.000 Euro daran zu beteiligen. Das lehnte die Geschädigte ab, weil ihr eine solche Summe nicht zur Verfügung stehe ([X.]). In dem Gespräch täuschten die Angeklagten der Geschädigten ferner vor, der Mitangeklagte habe geerbt und müsse zur Abwicklung des Nachlasses und zur Verwertung des Erbes zunächst erhebliche Kosten tragen. Damit wollten sie die Geschädigte dazu veranlassen, den Mitangeklagten dabei finanziell zu unterstützen. Zu diesem Zweck schloss die Geschädigte daraufhin mehrere Kreditverträge ab und übergab im Februar 2016 dem Mitangeklagten 48.000 Euro (Fall [X.]).

3

2. Die Annahme des [X.]s, zwischen dem durch Übergabe der 48.000 Euro vollendeten Betrug und einem versuchten Betrug vom 21. Dezember 2015 bestehe Tatmehrheit, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

4

a) Wenn bei einer Mehrheit gleichartiger strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen die einzelnen [X.] durch ein gemeinsames subjektives Element verbunden sind und zwischen ihnen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des [X.] objektiv auch für einen [X.] als [X.] erscheint, liegt eine natürliche Handlungseinheit und damit eine Tat im materiell-rechtlichen Sinn vor (vgl. [X.], Beschlüsse vom 7. März 2017 - 1 StR 41/17, Rn. 9, und vom 24. März 2015 - 4 StR 52/15, [X.], 269, jeweils mwN). Das ist insbesondere der Fall, wenn sich bei einem gleichzeitig gefassten Entschluss des ein einheitliches Ziel verfolgenden [X.] die Ausführungshandlungen überschneiden (vgl. [X.], Beschluss vom 7. März 2017, aaO; Beschluss vom 6. Oktober 2015 - 4 StR 38/15, [X.], 70).

5

b) So liegt es hier. Aus den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ergibt sich der für die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit erforderliche Zusammenhang der einzelnen Handlungen. Danach täuschten die Angeklagten die Geschädigte in dem Gespräch am 21. Dezember 2015 sowohl über die Absicht einer Unternehmensgründung als auch über die Erbschaft des Mitangeklagten sowie über ihre Bereitschaft und die Fähigkeit zur Rückzahlung des Geldes. Die Täuschung über den Nachlass war zu dieser [X.] nicht bloße Vorbereitungshandlung. Vielmehr hatten die Angeklagten der Geschädigten bereits zuvor wahrheitswidrig von der angeblichen Erbschaft und den damit verbundenen Kosten berichtet und damit ihren Geldbedarf für die vermeintliche Unternehmensgründung erklärt.

6

3. Der [X.] ändert den Schuldspruch entsprechend ab, was nach § 357 Abs. 1 StPO auf den [X.] zu erstrecken ist. Dem steht § 265 Abs. 1 StPO nicht entgegen. Der [X.] kann ausschließen, dass sich die Angeklagten wirksamer als geschehen verteidigt hätten.

7

Aufgrund der Änderung des Schuldspruchs entfallen die für die [X.] verhängten Freiheitsstrafen. Der [X.] lässt jedoch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafen - bei dem Angeklagten als Einzel-strafe - bestehen. Er schließt aus, dass das [X.] allein aufgrund des geänderten [X.] niedrigere Strafen verhängt hätte.

Denn eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung des [X.] bei ‒ wie hier ‒ unverändertem Schuldumfang ist kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschlüsse vom 26. August 2020 - 4 StR 197/20, Rn. 5, und vom 5. Februar 2020 - 3 StR 536/19, Rn. 21; jeweils mwN).

Sander     

        

Schneider     

        

Feilcke

        

Tiemann     

        

Fritsche     

        

Meta

6 StR 244/20

06.10.2020

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Würzburg, 18. März 2020, Az: 961 Js 3388/18 - 8 KLs

§ 263 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.10.2020, Az. 6 StR 244/20 (REWIS RS 2020, 2035)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2035

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

6 StR 244/20 (Bundesgerichtshof)


1 StR 267/19 (Bundesgerichtshof)

Serienbetrug: Konkurrenzverhältnisse bei mehreren Beihilfeakten


2 StR 340/17 (Bundesgerichtshof)

Beweiswürdigung des Tatrichters bei gemeinschaftlichem Betrug


5 StR 155/22 (Bundesgerichtshof)


2 StR 31/18 (Bundesgerichtshof)

Beihilfe zum versuchten Betrug


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 StR 41/17

4 StR 52/15

4 StR 38/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.