Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2014, Az. IX ZR 314/12

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2628

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 314/12

vom

25. September 2014

in dem Rechtsstreit

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr.
Kayser,
[X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und die
Richterin Möhring

am
25. September 2014
beschlossen:

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 15. November 2012 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

e-setzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist Eigentümerin einer Wohnung,
die
sie von U.

H.

, der Mutter ihres [X.],
erworben hat. An dem Grundbesitz
ist zugunsten des beklagten [X.] eine Sicherungshypothek im Grundbuch eingetragen, welche das Land
gegenüber der [X.] we-1
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gen [X.] erwirkt hat. Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zustimmung zur Löschung der Sicherungshypothek mit der Begründung, diese
sei ihr gegenüber wegen einer zuvor zu ihren Gunsten eingetragenen Auflas-sungsvormerkung unwirksam. Der Beklagte hält den Erwerb der Auflassungs-vormerkung durch die Klägerin für anfechtbar nach § 3 Abs. 1 und 2 [X.].

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-rin hat das [X.] den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Be-rufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet
sich die Beschwerde des Beklagten.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet und führt gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin
auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungser-heblicher Weise verletzt.

1. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Klage sei aus § 883 Abs. 2, §
888 Abs.
1 [X.] begründet, weil die von der [X.] zugunsten der Klägerin bewilligte, am 23. November 2010 im Grundbuch eingetragene Auflas-sungsvormerkung nicht der Gläubigeranfechtung unterliege. Es hat dazu [X.], eine Anfechtung nach § 3
Abs. 1 [X.] scheitere, weil der Grundbesitz
wertausschöpfend belastet gewesen sei und die Bewilligung der Auflassungs-vormerkung deshalb die Gläubiger objektiv nicht benachteiligt habe. Zur [X.] hat es auf ein Grundpfandrecht 2
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abgestellt, das früher der [X.]

zugestanden habe, nach deren Befrie-digung zur Eigentümergrundschuld geworden und von der vormaligen Eigentü-merin an eine Dritte -
die V.

GmbH
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abgetreten worden sei.

2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht unter an-derem, das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (st. Rspr., vgl. [X.] 86, 133, 146; [X.] ZIP 2004, 1762, 1763;
[X.], Beschluss vom 27.
März 2003 -
V [X.], [X.], 288, 300).
Erhebliche Beweisanträge muss das Gericht berücksichtigen. Die Nichterhebung eines Beweises wegen mangelnder Substantiierung der unter Beweis gestellten Tatsache verletzt Art.
103 Abs. 1 GG, wenn die Anforderungen an eine ausreichende Substantiie-rung der unter Beweis gestellten Tatsache in offenkundig unrichtiger Weise [X.] werden (vgl. [X.], Beschluss vom 7. Dezember 2009 -
II ZR 229/08, NJW-RR 2010, 246 Rn. 3; vom 11. Mai 2010 -
VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217
Rn. 10; vom 28. Februar 2012 -
VIII ZR 124/11, [X.], 311 Rn.
5
f; vom 5. Dezember 2013 -
IX ZR 6/13, [X.] Rn. 8, jeweils
mwN). Diesen
Verpflich-tungen
ist das Berufungsgericht in zweifacher Hinsicht nicht nachgekommen.

a) Das Berufungsgericht legt bei der Prüfung einer wertausschöpfenden Belastung
zugrunde, dass bei einer Zwangsvollstreckung aus dem Grundbesitz

zu dem der
Grund-besitz
in einer vorangegangenen Zwangsversteigerung am 12. März 2011 (rich-tig: 8. April 2010, vgl. Anlage
K 10)
zugeschlagen worden sei. Damit übergeht es die nach dem Vortrag der Parteien unstreitige Tatsache, dass der Zuschlag zu einem Bargebot von 302.000

war. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht anders entschieden hätte, wenn es diesen Vortrag berücksichtigt hätte. Möglicherweise wäre es dann zu dem Ergebnis 5
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gelangt, dass eine Vollstreckung durch den Beklagten wenigstens einen [X.] hätte haben können, auch wenn zuvor die [X.].

GmbH übertragen worden sein sollte.

b) Der Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör ist ferner dadurch verletzt, dass das Berufungsgericht die Abtretung der Eigentümergrundschuld an die V.

GmbH mit der Begründung als wirksam erachtet hat, der Beklagte habe die Echtheit der von der Klägerin vorgelegten Abtretungsur-kunde nicht in Abrede gestellt und seinen Verdacht, die Abtretung sei fingiert, nicht substantiiert. Bei der vorgelegten Fotokopie einer Abtretungsurkunde ([X.]) handelt es sich nicht um eine Urkunde im Sinne der §§ 415 ff ZPO; die in diesen Bestimmungen normierten Beweisregeln gelten deshalb für sie nicht. Der Tatrichter hat im Wege des [X.] zu beurteilen, ob die mit der Fotokopie zu beweisende Tatsache wahr ist oder nicht ([X.], Urteil vom 21.
Januar 1992 -
XI [X.], [X.], 829, 830; [X.]/[X.], ZPO, 30.
Aufl., vor § 415 Rn. 2). Der Beklagte hat die behauptete Abtretung in [X.] gestellt
und ausgeführt, man halte die Abtretungsvereinbarung für fingiert. Zur Begründung dieser Annahme hat er darauf hingewiesen, dass erstens die Abtretung erst spät im Prozess behauptet wurde, dass zweitens das gesicherte Darlehen
der V.

GmbH
in der Abtretungsvereinbarung
mit dem Datum 12.03.2011 (statt 2010) bezeichnet sei und dass drittens die [X.] auf der Abtretungsvereinbarung
teilweise ein anderes Erscheinungs-bild aufwiesen als auf anderen Dokumenten aus demselben Zeitraum. Zum Beweis seiner Behauptung, die Abtretungsvereinbarung sei fingiert,
hat sich der Beklagte auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens berufen. Mit der Beurteilung, zu dem vom Beklagten geäußerten Verdacht fehle es an substanti-iertem Vortrag, überspannt das Berufungsgericht die Anforderungen
an einen 7
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substantiierten [X.]. Dass bei Erhebung des beantragten Sachver-ständigenbeweises und bei einer Würdigung der vom Beklagten dargestellten Umstände die Entscheidung anders hätte ausfallen können, ist nicht [X.].

III.

Bei der neuen Verhandlung der Sache
wird das Berufungsgericht im Üb-rigen die
folgenden rechtlichen Gesichtspunkte
zu berücksichtigen haben.

1.
Einer wertausschöpfenden Belastung des Grundbesitzes könnte [X.] davon, ob die Abtretungserklärung tatsächlich vom 27. Oktober 2010 stammt oder erst nachträglich fingiert wurde, entgegenstehen, dass zum maß-geblichen Zeitpunkt der Eintragung der Auflassungsvormerkung ein Fremd-grundpfandrecht zugunsten der V.

GmbH mangels Eintragung eines solchen Grundpfandrechts im Grundbuch nicht entstanden war. Bei der im August 2010 zugunsten der [X.]

nach §§ 118, 128 [X.] eingetra-genen Sicherungshypothek (vgl. Anlage
B 4) handelte es sich
um eine solche nach §
1184 [X.] ([X.], [X.], 5. Aufl., § 128 Rn. 6; [X.]/[X.], [X.], 73.
Aufl., § 1184 Rn. 6 [X.]) und damit um eine Buchhypothek (§
1185 Abs.
1 [X.]). Sie dürfte aufgrund der von der V.

GmbH am 27.
Oktober 2010 an die [X.]

erbrachten Zahlung über 255.000

gemäß §
1163 Abs.
1 Satz 2, §
1177 Abs.
1 [X.] zur Eigentümergrundschuld geworden sein, wenn man die Zahlung dahin auslegt, dass sie zumindest auch auf die durch die Sicherungshypothek gesicherte Forderung
der [X.]

gegen die Ersteherin U.

H.

und nicht nur auf die von der ursprüng-lichen Grundschuld gesicherte Forderung der [X.]

erfolgte. Bei der 8
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dann entstandenen
Eigentümergrundschuld handelte es sich, wie zuvor bei der Sicherungshypothek, um ein briefloses Buchgrundpfandrecht. Eine [X.] wird wie eine [X.] nach § 1192 Abs. 1, §
1154 [X.] übertragen ([X.]/[X.], aaO § 1196 Rn. 6 iVm § 1191 Rn.
8). Auf eine Buchgrundschuld finden gemäß § 1154 Abs. 3 [X.] die §§ 873, 878 [X.] Anwendung. Die Übertragung setzt deshalb die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch voraus (§ 873 Abs. 1 [X.]).
Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.

2.
Sollte mangels einer Eintragung im Grundbuch die V.

GmbH kein Grundpfandrecht erworben haben, könnte zum Zeitpunkt der Ein-tragung der Auflassungsvormerkung eine Eigentümergrundschuld zugunsten der U.

H.

bestanden haben. Zu einer wertausschöpfenden Belas-tung des Eigentums, die eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne von
§ 1 [X.] ausschließt, führt
eine Eigentümergrundschuld aber regelmäßig nicht, weil sie vom Gläubiger nach § 857 Abs. 6, § 830 ZPO gepfändet werden kann ([X.], Urteil vom 9. Februar
1989 -
IX ZR 17/88, [X.], 403; [X.]/
Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 857 Rn. 20 mwN). Dies gilt nicht nur für [X.], die
im Grundbuch eingetragen sind, sondern auch für solche, die aus dem Grundbuch nicht ersichtlich sind, etwa weil die durch eine Hypo-thek gesicherte Forderung erloschen ist (vgl. [X.]/Stöber, aaO Rn. 19, 24).

Im Übrigen wurde die zugunsten der [X.]

eingetragene Siche-rungshypothek am 17. November 2010, noch vor der Eintragung der Auflas-sungsvormerkung am 23. November 2010, im Grundbuch gelöscht. Vieles spricht dafür, dass danach auch die Eigentümergrundschuld nicht mehr [X.]. Wenn die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen für die Löschung der zugunsten der [X.]

eingetragenen Sicherungshypothek vorlagen, 10
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also auch die Zustimmung der Eigentümerin U.

H.

nach § 27 GBO, kann
darin auch deren
nach § 1183 [X.] erforderliche
materiell-rechtliche Zu-stimmung zur Aufhebung der Hypothek oder
der entstandenen Eigentümer-grundschuld zu sehen sein
(vgl. [X.]/[X.], aaO § 1183 Rn. 3).
Dann hätte nach der Löschung der Hypothek im Grundbuch, also noch vor der Ein-tragung der Auflassungsvormerkung, auch keine Eigentümergrundschuld mehr bestanden.

Kayser
Gehrlein
Pape

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.01.2012 -
9 O 278/11 -

OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 15.11.2012 -
3 U 70/12 -

Meta

IX ZR 314/12

25.09.2014

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2014, Az. IX ZR 314/12 (REWIS RS 2014, 2628)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2628

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