Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2016, Az. V ZB 125/15

V. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 5099

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:220916BVZB125.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.]/15
vom

22. September 2016

in der Zwangsversteigerungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GG Art. 25
Ist das inländische Grundstück eines ausländischen Staates mit einer [X.] belastet
worden, führt eine danach [X.] hoheitliche Zweckbestimmung des Grundstücks dazu, dass die [X.] Gerichtsbarkeit nicht mehr eröffnet und die Anordnung der [X.] deshalb unzulässig ist.
[X.], Beschluss vom 22. September 2016 -
V [X.]/15 -
LG [X.]

AG [X.]

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 22. September 2016
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterin Dr.
Brückner, [X.]
Kazele, die Richterin [X.] und [X.] Hamdorf

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der 6.
Zivilkammer des [X.] vom 17. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussrechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der vorgenannte Beschluss insoweit aufgehoben, als der
Gläubigerin die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens nicht auferlegt worden sind, und der Beschluss des [X.] vom 16.
Januar 2015 dahingehend abgeändert, dass die Gläubigerin auch die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt.

Die Gläubigerin trägt die Kosten des [X.].

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.500.000 [X.] sowohl für die Gerichtskosten als auch für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 1 und 2.
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3
-
Gründe:

I.

Die Schuldnerin, die Republik I.

,
ist Eigentümerin der im Eingang des Beschlusses genannten, in [X.] belegenen Grundstücke (die im Folgenden Gebäude befand sich von 1996 bis 2002 die i.

Botschaft. Die Gläubige-rin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach niederländischem Recht, erwirkte am 31. Oktober 2000 ein Urteil des [X.] (Nie-derlande), durch das die Schuldnerin gesamtschuldnerisch mit der C.

Bank verurteilt wurde, an die Gläubigerin 6.808.248 [X.] nebst Zinsen und Kosten zu zahlen. Am
13. Juli 2011 trug das Grundbuchamt auf Antrag der Gläubigerin [X.] an dem Grundstück ein. Mit Beschluss vom 2.
August 2011 ordnete das [X.] an, das Urteil gemäß Art.
31 ff. EuGVÜ mit der Vollstreckungsklausel zu versehen.
Die Vollstreckungsklausel wurde mit der Maßgabe erteilt, dass die Zwangsvollstreckung nicht über Maßregeln der Siche-rung hinausgehen darf, bis eine gerichtliche Anordnung oder ein Zeugnis vor-liegt, dass die Zwangsvollstreckung uneingeschränkt stattfinden darf.

Mit [X.] vom 5. Dezember 2013 erbat die Schuldnerin die [X.] zur Eröffnung einer Botschaftsaußenstelle auf dem Grundstück. Dies lehnte das [X.] mit [X.] vom 19. März
2014 wegen planungs-
und bauordnungsrechtlicher Bedenken ab. Mit [X.] vom 22. April 2014 erneuerte die Schuldnerin ihr Ersuchen unter Hinweis darauf, dass sie einen Anwalt mit der Einholung der erforderlichen Genehmigungen beauftragt habe.
Durch Vermerk des [X.]s vom 20. August 2014 wurde die unbeschränk-te Zwangsvollstreckung aus dem [X.] Urteil für zulässig erklärt.
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Mit Beschluss vom 10. Oktober 2014 ordnete das Amtsgericht ohne Ein-willigung der Schuldnerin wegen der dinglichen und der persönlichen Ansprü-che der Gläubigerin antragsgemäß die Zwangsversteigerung des Grundstücks an. Mit [X.] vom 17. Oktober 2014 erklärte die Schuldnerin gegenüber dem [X.], ein Attaché der Botschaft werde in dem Gebäude seine Wohnung nehmen. Mit [X.] vom 19. November 2014 teilte das Auswärti-ge Amt der Schuldnerin mit, dass keine Bedenken gegen die beabsichtigte [X.] als Wohnung sowie die vorübergehende Einrichtung einer Außenstelle der Botschaft mit untergeordneter Nutzung und geringem Besucherverkehr [X.]. Seit dem 1. Juni 2015 wird das Gebäude als vorläufige Außenstelle der Botschaft genutzt und von dem Attaché bewohnt.

Auf die Erinnerung der Schuldnerin hat das Amtsgericht die
Anordnung der Zwangsversteigerung aufgehoben und den Antrag der Gläubigerin [X.]. Das [X.] hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Gläubigerin die Fortsetzung des Verfahrens erreichen; mit der Anschlussrechtsbeschwerde beantragt die Schuldnerin, der Gläubigerin auch die Kosten des erstinstanzli-chen Verfahrens aufzuerlegen. Die Beteiligten beantragen jeweils die Zurück-weisung des gegnerischen Rechtsmittels.

II.

Das Beschwerdegericht sieht die Anordnung der Zwangsvollstreckung nach einer allgemeinen Regel des Völkerrechts als unzulässig an, weil das Grundstück bei Beginn der Vollstreckungsmaßnahme hoheitlichen Zwecken gedient habe. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Zweckbestimmung sei die Anord-3
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nung der Zwangsversteigerung und nicht die Eintragung der Sicherungshypo-theken. Dies ergebe sich schon daraus, dass letztere zunächst gemäß §
720a ZPO nur der Sicherung gedient hätten.

Bei Anordnung der Zwangsversteigerung sei bereits beabsichtigt gewe-sen, die Immobilie als Diplomatenwohnung zu nutzen. Der immunitätsrechtliche Schutz erstrecke sich nicht nur auf eine tatsächlich vorhandene, sondern auch auf eine -
wie hier -
erstrebte Nutzung zu hoheitlichen (diplomatischen) Zwe-cken. Der Zweck der Immunität, das ungehinderte Funktionieren der diplomati-schen Vertretung des [X.]s im Empfangsstaat zur Erfüllung ihrer dip-lomatischen Aufgaben zu gewährleisten, werde verfehlt, wenn dem [X.] bereits die Einrichtung von Gebäuden zwecks späterer Nutzung zu diplo-matischen Zwecken verwehrt oder erschwert würde. Die Schuldnerin habe glaubhaft gemacht, dass sie schon vor Anordnung der Zwangsversteigerung eine hoheitliche Nutzung ernsthaft beabsichtigt habe, da sie sich schon seit dem 25. November 2013 in regelmäßigem Austausch mit dem [X.] über die Modalitäten der angestrebten hoheitlichen Nutzung befunden habe. Zudem habe sie bereits Ende des Jahres 2013 diverse Arbeiten auf dem Grundstück durchführen lassen.

III.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung verneint das Beschwerdegericht die Eröffnung der [X.]n Gerichtsbarkeit.

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1. Die Eröffnung der [X.]n Gerichtsbarkeit ist eine allgemeine [X.]. Ihr Bestehen und ihre Grenzen sind vorrangig und in jeder Lage des Verfahrens, auch im Revisions-
oder Rechtsbeschwerdeverfah-ren, von Amts wegen zu prüfen (st.
Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 24.
März
2016 -
VII ZR 150/15, [X.] 2016, 365 Rn.
16 mwN). Genießt die Schuldnerin [X.] als Ausprägung des Grundsatzes der [X.]immunität, unterliegt sie nicht der [X.]n Gerichtsbarkeit, und gegen sie gerichtete Vollstreckungsmaßnahmen sind unzulässig.

2. Die [X.] steht der Anordnung der [X.] entgegen; daher kann dahinstehen, ob der Vortrag der Schuldnerin zu-trifft, wonach es bislang ohnehin an der Verwertungsberechtigung fehlt.

a) Es besteht eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art.
25 GG hinsichtlich der [X.]. Hiernach ist die Zwangs-vollstreckung durch den [X.] aus einem Vollstreckungstitel gegen ei-nen fremden Staat, der über ein nicht hoheitliches Verhalten (acta iure gestio-nis) dieses Staates ergangen ist, in dessen Vermögengegenstände ohne seine Zustimmung unzulässig, soweit diese Gegenstände hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienen (st. Rspr., vgl. [X.] 46, 342, 392; 64, 1, 40; [X.], NJW 2012, 293, 295; [X.], Beschluss vom 28. Mai 2003
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IXa [X.], NJW-RR 2003, 1218, 1219; Beschluss vom 25. Juni 2014
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VII [X.], NJW-RR 2014, 1088 Rn.
13; Urteil vom 24. März 2016
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VII ZR 150/15, [X.] 2016, 365 Rn.
36; siehe auch [X.] ([X.]) vom 3. [X.] 2012 [[X.] , Judgement, [X.] 2012, p. 99 Rn.

Insbesondere darf nicht auf Gegenstände zugegriffen werden, die der diplomatischen Vertretung des fremden Staates zur Wahrnehmung ihrer amtli-8
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chen Funktionen dienen (ne impediatur [X.]). Wegen der Abgrenzungs-schwierigkeiten bei der Beurteilung einer Gefährdung dieser Funktionsfähigkeit und wegen der latent gegebenen Missbrauchsmöglichkeiten zieht das allge-meine Völkerrecht den Schutzbereich zugunsten des fremden Staates sehr weit und stellt auf die typische, abstrakte Gefahr, nicht aber auf die konkrete Ge-fährdung der Funktionsfähigkeit der diplomatischen Vertretung durch [X.] des [X.] ab (vgl. [X.] 46, 342, 395; 117, 141, 156; [X.], NJW 2012, 293, 295; [X.], Beschluss vom 28.
Mai 2003 -
IXa [X.], NJW-RR 2003, 1218, 1219; Urteil vom
24. März 2016 -
VII ZR 150/15, [X.] 2016, 365 Rn. 36; [X.], [X.]. 1986, 733, 734).

b) Daran gemessen ist die
Zwangsversteigerung unzulässig.

aa) Maßgeblicher Zeitpunkt, in dem der Gegenstand, in den vollstreckt wird, hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienen muss, ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde die Anordnung der Zwangsversteigerung und nicht die vorhergehende Eintragung der [X.]en.

(1) Ob dies -
wie die Schuldnerin meint -
schon daraus folgt, dass die [X.]en als nichtig anzusehen sind, erscheint dem Senat allerdings zweifelhaft. Richtig ist zwar, dass das bereits am 31. Oktober 2000 verkündete Urteil des Gerechtshofs [X.] nach dem insoweit noch an-wendbaren Art. 31 EuGVÜ ([X.] EWG-Übereinkommen über die gerichtli-che Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen
in Zivil-
und Handelssachen vom 27. September 1968, [X.] [X.], [X.] des [X.] vom 29. November 1996, [X.] [X.], [X.]), nur dann im Inland vollstreckt werden konnte, wenn es zuvor für vollstreckbar erklärt worden war; dies ist erst durch den Beschluss des [X.] 11
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vom 2. August 2011 und damit nach der Eintragung der [X.] am 13. Juli 2011 geschehen. Richtig ist auch, dass die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung die Grundlage der Zwangsvollstreckung im [X.] bildet (vgl. [X.], Urteil vom 6. November 1985 -
IVb 73/84, NJW 1986, 1440; Beschluss vom 4. März 1993 -
IX ZB 55/92, [X.]Z 122, 16, 18). Aber ob daraus der Schluss zu ziehen ist, dass die [X.]en trotz des
vorhandenen ausländischen Titels nichtig sind (so wohl [X.], ZPO, 22. Aufl., vor § 704 Rn. 129 [X.]. 551; vgl. auch MüKoZPO/[X.], 5. Aufl., §
724 Rn. 8), oder ob ein solcher Mangel viel-mehr geheilt wird, wenn die Vollstreckbarerklärung -
wie hier durch den Be-schluss des [X.] vom 2. August 2011 -
später erfolgt, ist bislang ungeklärt.

(2) Im Ergebnis kann diese Frage offen bleiben. Auch dann, wenn das inländische Grundstück eines ausländischen Staates (wirksam) mit einer [X.] belastet worden ist, führt eine danach eingetretene hoheitliche Zweckbestimmung des Grundstücks dazu, dass die [X.] Ge-richtsbarkeit nicht mehr eröffnet und die Anordnung der Zwangsversteigerung deshalb unzulässig ist.

(a) Nach der durch das [X.] festgestellten allge-maßgeblich ([X.] 46, 342, 364; 64, 1, 44; [X.], Beschluss vom 28. Mai 2003 -
IXa [X.], NJW-RR 2003, 1218, 1219), also nicht das Vollstre-ckungsverfahren insgesamt. Die Zwangsversteigerung ist gegenüber der Ein-tragung einer [X.] eine eigenständige Maßnahme der Zwangsvollstreckung (§ 866 Abs. 1 ZPO, vgl. Senat, Beschluss vom 13.
September 2001 -
V [X.], [X.]Z 148, 392, 396 f.; Beschluss vom 14
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Juli 2013
-
V
ZB 151/12, [X.], 1714 Rn. 7).
Schon deshalb müssen im Zeitpunkt ihrer Anordnung die allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen vorlie-gen, zu denen unter anderem die [X.] Gerichtsbarkeit gehört.

allgemeinen Regel des Völkerrechts auch Sicherungsmaßnahmen umfasst (vgl. [X.] 46, 342, 388; 64, 1, 40). Zwar hat das [X.] Si-cherungsmaßnahmen in Bankguthaben, die im Zeitpunkt des Beginns der Maßnahme nicht hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienen, als zuläs-sig angesehen ([X.] 64, 1, 44). Dies erlaubt aber nicht den Rückschluss, dass der fremde Staat bei der
späteren
Verwertung des wirksam gesicherten Vermögensgegenstands keine [X.] genießt, wenn er die-sen zwischenzeitlich
für eine Nutzung zu hoheitlichen Zwecken bestimmt
hat. Im Gegenteil werden Sicherungsmaßnahmen, die sich auf hoheitlich genutztes Eigentum fremder [X.] beziehen,
grundsätzlich in den völkerrechtlichen Schutz einbezogen, um diesen umfassend zu gewährleisten. Dieses Ziel wird nur erreicht, wenn die [X.] des Schuldners bei der [X.] jeder selbstständigen Zwangsvollstreckungsmaßnahme -
also auch bei der späteren Verwertung -
eigenständig geprüft wird. Nichts anderes gilt, wenn die [X.] durch
bestimmte Arten von Sicherungsmaßnah-men
nicht beeinträchtigt werden sollte
(so für die [X.], [X.] 2004, 100
ff; nachgehend [X.],
[X.], 2084
ff.). Dann
müsste bei der Verwertung nämlich erst Recht geprüft werden, ob die Vollstreckungs-immunität dieser entgegensteht (so ausdrücklich
OLG Köln, [X.] 2004, 100, 101 f.
für die Anordnung der Zwangsversteigerung).

(c) Dies entspricht zudem der Funktion einer [X.] als einer rangwahrenden Sicherungsmaßnahme. Ihre Sicherungsfunktion bleibt 16
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auch bei einer späteren hoheitlichen Nutzung des gesicherten Grundstücks [X.]. Zwar kann aus der [X.] aufgrund der [X.] nicht mehr vollstreckt werden; aber weitere Belastungen des Grundstücks können nur nachrangig erfolgen und werden infolgedessen er-schwert. Auch wenn dies den Schuldner nicht zu einer freiwilligen Ablösung veranlasst, kann der Gläubiger jedenfalls nach einer späteren Aufgabe der ho-heitlichen Nutzung aus seiner gesicherten Rangposition vollstrecken.

(d) Nichts anderes folgt aus der in der völkerrechtlichen Literatur und äl-teren Entscheidungen vertretenen Auffassung, wonach für die Vollstreckung aus dinglichen Rechten an inländischen Grundstücken, die hoheitlichen Zwe-cken dienen, eine gewohnheitsrechtliche Ausnahme von dem Grundsatz der allgemeinen [X.]immunität bestehen soll (Königlich Preußischer Gerichtshof vom 25. Juli 1910, [X.] (1910), 252, 264; [X.], Internationales Zivilpro-zessrecht, 7. Aufl., Rn. 627; [X.], Die Immunität ausländischer [X.] nach Völkerrecht, S. 33 f., 147 f.; [X.], Die Immunität ausländischer [X.] nach [X.]m Zivilprozeßrecht, S. 264 f.; [X.], [X.]immunität und [X.], [X.] f.; offen gelassen von BGE 112 Ia, 148, 151; vgl. auch [X.] 46, 342, 365). Es fehlt schon an der Vollstreckung aus dinglichen Rechten. Zwar kann die Zwangsversteigerung aus einer [X.] gemäß § 867 Abs. 3 ZPO regelmäßig ohne gesonderten Duldungstitel eingeleitet werden. Dies ändert aber nichts daran, dass sie eine Vollstre-ckungsmaßnahme ist, die der Durchsetzung eines Zahlungstitels dient; sie be-ruht nicht auf einem dinglichen Recht an dem Grundstück.

bb) Bei der danach maßgeblichen Anordnung der Zwangsversteigerung am 10.
Oktober 2014 diente das Grundstück hoheitlichen Zwecken.
Daran hat sich in der Folgezeit nichts geändert.
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(1) Für die [X.] kommt es nicht darauf an, ob ein Gegenstand zum relevanten Zeitpunkt bereits für hoheitliche Zwecke genutzt wird. Vielmehr genügt es, dass seitens des ausländischen Staates eine ent-sprechende Zweckbestimmung besteht (vgl. [X.], Urteil vom 24. März 2016

-
VII ZR 150/15, [X.] 2016, 365 Rn. 37; [X.]/[X.]/[X.], Völkerrecht I/1, 2. Aufl., S. 471
f.; [X.], Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Rn.
590 f.; [X.]/Pröpstl, Art. 22 [X.] Anm. 1.2.2).
Die Vollstreckung in
ein zu diplomatischen Zwecken bestimmtes Grundstück wäre mit der beson-ders geschützten Wahrnehmung der amtlichen Funktionen der diplomatischen nbar. Damit korrespondiert das
noch nicht in [X.] getretene Übereinkommen der [X.] über die Im-munität der [X.] und ihres Vermögens vom 2. Dezember 2004, das
für die Zulässigkeit von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen das für die Wahrnehmung der Aufgaben der diplomatischen Missionen des Staates bestimmte Vermögen dem bereits hierfür genutzten Vermögen gleichstellt
(Art. 19 Buchstabe a, Art.
21 Nr. 1 Buchstabe
a).

(2) Daran gemessen dient das Grundstück jedenfalls seit dem
5.
Dezember 2013 durchgehend hoheitlichen Zwecken.

(a) Die Schuldnerin hat in den
an das [X.] gerichteten [X.] vom 5. Dezember 2013 und vom 22. April 2014 erklärt, das [X.] als Außenstelle ihrer Botschaft nutzen zu wollen, um Kontakte mit den in [X.] ansässigen internationalen Organisationen zu unterhalten. Es liegt auf der Hand, dass eine derartige Nutzung des Grundstücks durch die Botschaft der Schuldnerin hoheitlichen Charakter aufweist. Unerheblich ist insoweit, dass sich die Zustimmung des [X.]es auf eine vorläufige Nutzung als [X.] der Botschaft beschränkt, da auch eine solche Nutzung eines Grund-20
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stücks zur Erfüllung der einer diplomatischen Vertretung obliegenden Aufgaben unerlässlich ist und mithin den völkerrechtlichen Schutz diplomatischer Vertre-tungen genießt (vgl. [X.], Beschluss vom 28.
Mai 2003 -
IXa [X.], NJW-RR 2003, 1218, 1220).

(b) Durch die Vorlage der [X.]n hat die Schuldnerin ihr Vorbringen auch hinreichend glaubhaft gemacht. Es reicht nämlich aus, dass ein zuständi-ges Organ des ausländischen Staates versichert, eine hoheitliche Zweckbe-stimmung sei erfolgt. Das folgt aus dem Schutz, den das Völkerrecht diploma-tisch und konsularisch genutzten Gegenständen gewährt. Es wäre als völker-rechtswidrige Einmischung in die Angelegenheiten eines fremden Staates zu werten, wenn
dieser vor Gericht die Verwendungszwecke eines ihm gehören-den Vermögensgegenstandes näher darlegen müsste (vgl. [X.] 46, 342, 399 f.; [X.], Beschluss vom 28. Mai 2003 -
IXa [X.], NJW-RR 2003, 1218, 1220; Urteil vom 24. März 2016 -
VII ZR 150/15, [X.]
2016, 365 Rn. 41). Hinzu kommt, dass das Grundstück seit dem 1. Juni 2015 auch tatsächlich derart ge-nutzt wird.

c) Die Anwendbarkeit der genannten allgemeinen Regel des Völker-rechts ist auch nicht -
wie die Rechtsbeschwerde meint -
durch das [X.] Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 ([X.] 1964 II, [X.], 971
ff.; künftig: [X.]) ausgeschlossen.

aa) Art. 22 Abs. 3 [X.] enthält allerdings eine besondere völkervertragli-che Regelung der [X.]. Danach genießen unter anderem die Räumlichkeiten der Mission Immunität von jeder Vollstreckung. Ob diese Norm hier die [X.] begründet, lässt sich nicht ohne [X.] beantworten. Denn gemäß Art. 12 [X.] darf der [X.] ohne die 23
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vorherige ausdrückliche Zustimmung des [X.] keine zur Mission gehörenden Büros an anderen Orten als denjenigen einrichten, in denen die Mission selbst ihren Sitz hat. Die hiernach erforderliche Zustimmung zur Ein-richtung eines auswärtigen Büros in [X.] hat das
[X.] erst nach dem Beginn der Zwangsvollstreckungsmaßnahme erteilt. In Rechtsprechung und Literatur ist nicht abschließend geklärt, ab welchem Zeitpunkt Art. 22 Abs. 3 [X.] eingreift, wenn -
wie hier -
eine diplomatische Mission (bzw. eine Außen-stelle derselben) eingerichtet wird; im Vordergrund steht bei der Diskussion die Erkennbarkeit für den Empfangsstaat, der seine besonderen Schutzpflichten gegenüber dem [X.] wahrnehmen muss (vgl. dazu [X.]/Raasch/Pröbstl, [X.], Art. 22 Anm.
1.2.2.).

bb) Ab wann der durch Art. 22 Abs. 3 [X.] gewährte Schutz beginnt, bedarf hier aber keiner näheren Erörterung, da die Anordnung der [X.] jedenfalls nach dem allgemeinen Grundsatz der [X.]immunität unzulässig ist.

(1) Nach der Rechtsprechung des [X.]s regelt Art.
22 Abs. 3 [X.] die Immunität nicht abschließend.
Die dort genannten und weitere Vermögensgegenstände können nach der allgemeinen Regel des [X.] auch dann Immunitätsschutz genießen, wenn sie nicht unter den sachlichen oder räumlichen Anwendungsbereich von Art. 22 Abs. 3 [X.] fallen. Zur Begründung hat das [X.] unter anderem auf die [X.] des [X.] verwiesen, wonach die Regeln des Völkergewohnheitsrechts weiterhin für alle Fragen gelten sollen, die nicht ausdrücklich in dem Überein-kommen geregelt sind (eingehend [X.] 46, 342, 395 ff.).

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(2) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es nicht [X.] an, dass das [X.] seine nach Art. 12 [X.] erforderliche
[X.] zu der beabsichtigten Nutzung des Grundstücks als Außenstelle der Botschaft erst nach der Anordnung der Zwangsversteigerung erteilt hat. Dies ergibt die Auslegung von Art. 12 [X.], die der Senat selbst vornehmen kann (vgl. [X.] 118, 124, 134 f. mwN). Das Zustimmungserfordernis soll sicher-stellen, dass der Empfangsstaat die für den Schutz eines auswärtigen Büros notwendigen Maßnahmen treffen kann; ferner soll eine gewisse Übersichtlich-keit in den Beziehungen zur diplomatischen Vertretung des [X.]es geschaffen werden (vgl. [X.], [X.], 4. Aufl., [X.]; [X.]/Raasch/Pröpstl, Art. 12 [X.] Anm. 1). Ob das [X.] Übereinkommen über diplomatische Beziehungen so zu verstehen ist, dass der [X.] schon während der Einholung der
Zustimmung Immunität genießt, kann dahin-stehen. Denn jedenfalls ist es nicht Zweck des Art. 12 [X.], den allgemeinen völkerrechtlichen Schutz des hoheitlichen Handelns außer [X.] zu setzen. Wie oben [[X.])[X.])] ausgeführt, genießt der ausländische [X.], sobald er einen Gegenstand für eine Nutzung zu hoheitlichen Zwe-cken bestimmt hat. Die Immunität endet zwar, wenn der Empfangsstaat die gemäß Art. 12 [X.] erforderliche Zustimmung zu der Einrichtung eines aus-wärtigen Büros endgültig verweigert; hier ist sie aber erteilt worden.

d) Schließlich entfällt die [X.] auch nicht -
wie die Rechtsbeschwerde meint -
unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs. Ihre Behauptung, die hoheitliche Nutzung sei lediglich erfolgt, um die Vollstre-ckung zu behindern, beruht ohnehin auf Vermutungen. Insbesondere kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Schuldnerin die Eintra-gung der [X.] bekannt war, als sie die Absicht zu einer ho-heitlichen Nutzung fasste; die Kenntnis von dem die Vollstreckbarerklärung be-28
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treffenden Beschluss des [X.]s vom 2. August 2011 reicht hierfür [X.] nicht aus, ohne dass es darauf ankommt, wann diese erlangt wurde (vgl. hierzu den hinsichtlich der Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung ergan-genen Beschluss des [X.] vom 24.
September 2015 -
IX [X.], juris). [X.] davon verweist das Beschwerdegericht zu Recht auf die Rechtspre-chung des [X.]s, wonach es Sache der zuständigen [X.] der [X.] ist, einem funktionswidrigen Gebrauch der Immunität diplomatischer Vertretungen mit diplomatischen und sonstigen, völkerrechtlich zulässigen Mitteln zu begegnen; dem privaten Einzelnen, der in privatwirtschaftliche Beziehungen zu einem fremden Staat treten will, bleibt es unbenommen, etwa durch Vereinbarungen über die Art und Weise der [X.] der Leistungen, über das Verfahren im Streitfall -
insbesondere einen Ver-zicht auf Immunität -
oder über Sicherheiten seine Interessen soweit als möglich zu wahren (näher [X.] 46, 342, 401 f.).

IV.

Die Anschlussrechtsbeschwerde hat Erfolg.

1. Sie ist gemäß § 574 Abs. 4 ZPO statthaft und auch im Übrigen zuläs-sig. Insbesondere steht § 99 Abs. 1 ZPO der Zulässigkeit des Anschluss-rechtsmittels nicht entgegen (Senat, Urteil vom 21.
Februar
1992
-
V [X.], NJW 1992, 1897, 1898; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 13.
Aufl., § 99 Rn. 5). Eine von der Gläubigerin vorrangig angeregte Berichti-gung des erstinstanzlichen Beschlusses scheidet aus, weil sich der Entschei-dung nicht entnehmen lässt, warum das Amtsgericht von einer Kostenentschei-30
31
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16
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dung abgesehen hat. Daher ist nicht auszuschließen, dass es bewusst keine Kostenentscheidung getroffen hat, weil es sie für entbehrlich hielt.

2. Die Anschlussrechtsbeschwerde ist begründet. Der Gläubigerin sind die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens aufzuerlegen. Bereits das Amtsge-richt hätte über die Kosten des Erinnerungsverfahrens nach §§ 91
ff. ZPO [X.] müssen, da sich die Beteiligten beim Streit um die Anordnung der Zwangsversteigerung in der Regel -
und so auch hier -
wie in einem kontradik-torischen Verfahren gegenüberstehen (vgl. Senat, Beschluss vom
25.
Januar
2007 -
V [X.]/05, [X.]Z 170, 378, 381 Rn. 6 ff.). Das [X.] hätte die erstinstanzliche Entscheidung insoweit gemäß §
308 Abs. 2 ZPO von Amts wegen korrigieren und der unterlegenen Gläubigerin die Kosten des Erinnerungsverfahrens auferlegen müssen (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 13. Juni 1995 -
V [X.], NJW-RR 1995, 1211). Eine Bindung an das Verschlechterungsverbot besteht insoweit nicht (vgl. [X.], Urteil vom
9.
Februar 1993 -
XI ZR 88/92, NJW 1993, 1260, 1261).

32
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17
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V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für die Gerichtskosten beruht auf §
47 Abs. 1 Satz 1, §
54 GKG; die Wertfestsetzung für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten folgt aus § 26 Nr. 1 HS 4, § 26 Nr. 2 RVG.

Stresemann

Brückner

Kazele

[X.] Hamdorf

Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 16.01.2015 -
23 [X.]/14 -

LG [X.], Entscheidung vom 17.07.2015 -
6 [X.] -

33

Meta

V ZB 125/15

22.09.2016

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2016, Az. V ZB 125/15 (REWIS RS 2016, 5099)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5099

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 Wx 34/03 (Oberlandesgericht Köln)


2 BvR 2984/09, 2 BvR 3057/09, 2 BvR 1842/10 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Völkerrechtliche Vollstreckungsimmunität eines fremden Staates wegen hoheitlicher Nutzung des Vollstreckungsobjekts - Voraussetzungen einer Verletzung …


VII ZB 37/08 (Bundesgerichtshof)


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V ZB 125/15

VII ZR 150/15

VII ZB 23/13

IX ZB 91/13

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