Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.03.2021, Az. 14 W (pat) 1/20

14. Senat | REWIS RS 2021, 7657

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – zur Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit – Überprüfung einer verdächtigen Briefsendung an den Richter


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend den Einspruch gegen das Patent 10 2013 016 701

(hier: Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit)

hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] am 22. März 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Dr. Maksymiw sowie des [X.]s [X.] und der [X.]innen [X.] und Dr. Philipps

beschlossen:

Das Ablehnungsgesuch vom 5. November 2020 gegen den [X.] am [X.] wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Auf den Einspruch der Beschwerdegegnerin hat die [X.] des [X.] mit [X.]uss vom 24. Oktober 2019 das Patent 10 2013 016 701 widerrufen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.

2

Der abgelehnte [X.] ist das rechtskundige Mitglied des 14. [X.]. In dieser Eigenschaft wirkte er auch am inzwischen abgeschlossenen Einspruchs-beschwerdeverfahren 14 W (pat) … mit, in dem die dortigen Patentinhaber von der gleichen Anwaltskanzlei mit Patentanwalt [X.] als bearbeitendem Patentanwalt vertreten waren, der auch im hiesigen Verfahren die Beschwerdeführerin und Patentinhaberin vertritt und für sie den Ablehnungsantrag gestellt hat.

3

Im o. g. [X.] (pat) … fand am 18. Juli 2017 eine Fortsetzung der mündlichen Verhandlung mit Beweisaufnahme statt. Im Verlauf der Befragung eines Zeugen durch Patentanwalt [X.] beanstandete [X.] [X.] mehrfach Fragen des Anwalts. Zudem kritisierten die dortigen Patentinhaber, dass Patentanwalt [X.] den [X.] der Einsprechenden nicht als Zeugen habe vernehmen können. Daraufhin äußerte Patentanwalt [X.] gegenüber dem [X.] den Vorwurf der schwerwiegenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Der [X.] habe es den [X.] und ihrem Verfahrensbevollmächtigten unmöglich gemacht, einen wichtigen Zeugen zu hören, insbesondere durch Ausnutzung eines Überraschungsmoments (vgl. Schriftsatz der Patentinhaberin und Beschwerdeführerin vom 24. Juli 2017 im Verfahren 14 W (pat) … ([X.]. 410 ff. [X.] (pat) …). Im [X.] an die mündliche Verhandlung hat der [X.] den angefochtenen [X.]uss aufgehoben und das Patent widerrufen. Die hiergegen gerichtete zulassungsfreie Rechtsbeschwerde hat der [X.] auf Kosten der Patentinhaber zurückgewiesen.

4

Anschließend ist beim [X.] auf Antrag der Einsprechenden und Kostengläubigerin das [X.] über die Kosten des [X.] durchgeführt worden (Aktenzeichen: [X.] … (zu 14 W (pat) …)). Mit Schriftsatz vom 25. November 2019 hat die Kostengläubigerin geltend gemacht, dass sie vorsteuerabzugsberechtigt sei und um entsprechende Festsetzung gebeten ([X.]. 540 [X.] (pat) …). Hierauf hat Patentanwalt [X.] als Prozessbevollmächtigter der Kostenschuldner mit einem eine Seite umfassenden Schriftsatz vom 27. November 2019 Stellung genommen ([X.]. 542 [X.] (pat) …). Im Kopf des Schriftsatzes ist der Adressat wie folgt aufgeführt:

5

"[X.]

6

Geschäftsstelle 14. [X.]

7

RiB[X.] [X.]

8

Postfach 90 02 53

9

81 502 München

DEUTSCHLAND

[X.]@bpatg.bund.de

Fax 089 699375314"

Das so adressierte Schreiben fand [X.] [X.] am 9. Dezember 2019 in seinem Posteingang vor. Daraufhin ist die Polizei telefonisch darüber benachrichtigt worden, dass im [X.] "verdächtige Post" gefunden worden sei. Der zuständige Polizeibeamte, [X.], Polizeidirektion 23 – [X.], möglicherweise - insoweit weichen die [X.] voneinander ab - auch noch weitere Beamte, fuhren daraufhin zum [X.]. Dort schilderte [X.] [X.] der Polizei, dass der Absender an einem Verfahren beteiligt gewesen sei, das aber bereits 2017 abgeschlossen worden sei. Er könne sich deshalb nicht vorstellen, welcher Schriftverkehr jetzt noch erforderlich sei. Der Posteingang komme ihm darum "verdächtig" vor. In der mündlichen Verhandlung sei es nach seiner Erinnerung "etwas lauter" zugegangen. Möglicherweise "übertreibe" er auch, er wolle aber "auf Nummer sicher gehen" (vgl. Strafanzeige v. 6. Februar 2020, Ziff. I.3).

[X.] rief daraufhin in der Kanzlei von Patentanwalt [X.] an. Dieser schilderte ihm, dass der Brief nur eine Stellungnahme zum [X.] enthalte, die er der Geschäftsstelle noch wenige Tage zuvor angekündigt habe und die die Geschäftsstelle zuvor selbst angeregt habe. Daraufhin öffnete [X.] den Brief und übergab ihn, nachdem sich so die Harmlosigkeit herausgestellt hat, an einen Gerichtsangehörigen. Nach den weiteren Angaben von Patentanwalt [X.] habe es darüber hinaus einen "sehr unangenehmen Besuch eines SEK" in seiner Kanzlei gegeben (Schriftsatz v. 07.01.2021, [X.] 2 u.).

Mit Schriftsatz vom 5. November 2020 hat die Beschwerdeführerin im vorliegenden Einspruchsbeschwerdeverfahren 14 W (pat) 1/20 [X.] am [X.] [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur näheren Begründung verweist sie auf die Strafanzeige mitsamt Strafantrag vom 6. Februar 2020, die Patentanwalt [X.] durch seine Anwälte gegen [X.] [X.] wegen des Verdachts des Missbrauchs von Notrufen (§ 145 StGB), des Vortäuschens einer Straftat (§ 145d Abs. 1 StGB), der falschen Verdächtigung (§ 164 Abs. 1 StGB), der üblen Nachrede (§ 186 StGB) sowie der Verleumdung (§ 187 StGB) gestellt hat. Nach dem Inhalt der Strafanzeige habe [X.] [X.] ohne jeden Anlass die Polizei verständigt und sie gebeten, den Inhalt der angeblich verdächtigen Post zu überprüfen. Damit habe er suggeriert und zugleich i.[X.]d. §§ 186, 187 StGB behauptet, dass Patentanwalt [X.] Briefe potentiell gefährlichen Inhalts verschicke. Diese Tatsache sei geeignet, Patentanwalt [X.] verächtlich zu machen und in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Hierbei habe [X.] [X.] augenscheinlich auch wider besseres Wissen gehandelt. Er habe gegenüber der Polizei zwar angegeben, dass er sich nicht vorstellen könne, welcher Schriftverkehr im Verfahren noch erforderlich sei. Jedoch sei die Stellungnahme von der Geschäftsstelle des [X.] von [X.] [X.] zuvor zweimal schriftlich angefordert worden und darüber hinaus sogar von Patentanwalt [X.] telefonisch bei der Geschäftsstelle angekündigt worden. Es sei anzunehmen, dass der Brief entsprechend den gerichtlichen Gepflogenheiten zusammen mit der Verfahrensakte vorgelegt worden sei. Es erscheine fernliegend, dass [X.] [X.] nicht gewusst haben will, worum es sich bei dem Schriftsatz gehandelt habe. Vielmehr liege es auf der Hand, dass er dies zuvor bei den Mitarbeitern seiner Geschäftsstelle erfragt und dennoch die Polizei gerufen habe. Er habe darüber hinaus, "mutmaßlich", um Patentanwalt [X.] "eins auszuwischen", ohne Anlass die Polizei gerufen und so einen missbräuchlichen Notruf getätigt. Aufgrund der Umstände sei davon auszugehen, dass er den Inhalt des Briefes gekannt, jedenfalls gewusst habe, dass davon keine Gefahr ausgehe. Das Verhalten von [X.] [X.] könne nur den Zweck haben, Patentanwalt [X.] als unzurechnungsfähig oder gar gefährlich zu brandmarken, was ein perfides Vorgehen darstelle, da dieser regelmäßig am [X.] auftrete und sich Gerüchte in Justizkreisen rasch verbreiteten. In Anbetracht des Vorgehens von [X.] [X.] sei nicht damit zu rechnen, dass ein faires und unparteilich geführtes Verfahren mit ihm als [X.]mitglied möglich erscheine.

Das Strafverfahren ist eingestellt worden. Nach den Angaben des [X.] ist das Verfahren nur deswegen nicht weitergeführt worden, weil sich der Sachverhalt wegen einer nachlässigen Dokumentation der Polizeidirektion 23 in [X.] nicht mehr eindeutig nachvollziehen lasse (vgl. Schriftsatz v. 5. November 2020, [X.] 3u., [X.]. 33 Sonderheft "Befangenheitsablehnung").

Der abgelehnte [X.] hat zu dem Befangenheitsantrag eine dienstliche Stellungnahme vom 18. November 2020 abgegeben. Darin hat er ausgeführt, dass ihm, als er den Brief in seinem Posteingang vorgefunden habe, bewusst gewesen sei, dass momentan kein Verfahren mit der Kanzlei des [X.] anhängig gewesen sei. Ihm sei auch bewusst gewesen, dass ihm Patentanwalt [X.] in einem im Jahr 2017 abgeschlossenen Verfahren (14 W (pat) …) vorgeworfen habe, dass der [X.] durch unzulässige Vorgehensweise die Einvernahme eines Zeugen verhindert habe. Der [X.] habe eine gegen die Entscheidung des [X.] eingelegte zulassungsfreie Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Dem abgelehnten [X.] sei nicht bekannt gewesen, dass zu dieser [X.] ein [X.] bezüglich der Kosten des [X.] anhängig gewesen sei. Mit diesem Verfahren seien weder der [X.] noch er als juristischer Beisitzer befasst gewesen. Insbesondere habe er von der Ankündigung des Schriftsatzes, die vermutlich an die [X.] gerichtet gewesen sei, nichts gewusst. Da das Schreiben an ihn persönlich adressiert gewesen sei, wofür er keinen nachvollziehbaren Grund gesehen habe, sei es ihm verdächtig vorgekommen. Entsprechend gerichtsinterner Vorgaben habe er die zuständige Mitarbeiterin der Verwaltung informiert. Zu seiner Überraschung sei später der Leiter der Hausverwaltung mit einer "größeren Anzahl von Polizisten" in seinem Büro erschienen, um das Schreiben zu überprüfen. Er selbst habe die Polizei nicht informiert oder angefordert. Das Schreiben sei dann außerhalb seines Büros überprüft worden, wobei sich dessen Harmlosigkeit herausgestellt habe.

Auf die ihr zugestellte dienstliche Stellungnahme des abgelehnten [X.]s hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 7. Januar 2021 ergänzend ausgeführt, dass ihr eine gerichtsinterne Vorgabe, nach der ein 20 g - Brief eine Befassung der Polizei verlange, nicht bekannt sei und diese auch der Öffentlichkeit schwer vermittelbar sei. Als Jurist müsse [X.] [X.] wissen, mit welchen Folgen seine Äußerungen verbunden sein können. Seine Schilderung, die nur auf der Mutmaßung eines Milzbrandbriefes oder ähnlichen Gefährdungen basieren könne, müsse unnötig dramatisiert gewesen sein. Solche Äußerungen seien geeignet, massiv einschüchternd zu wirken, da Patentanwalt [X.] nunmehr in jedem folgenden Verfahren befürchten müsse, abermals Besuch eines SEK zu erhalten. Auch ein solch leichtfertiger Umgang mit "einer stark anzunehmenden Dramatisierung des Briefes" wäre in sich schon ein Grund, an der Unvoreingenommenheit des [X.]s zu zweifeln.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Das Ablehnungsgesuch ist nicht begründet.

Nach § 86 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO kann ein [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des [X.]s zu rechtfertigen. Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit des abgelehnten [X.]s aufkommen lassen, während rein subjektive Vorstellungen oder Gedankengänge des [X.] als Ablehnungsgründe ausscheiden ([X.], [X.]. v. 10. April 2018 – [X.]; v. 20. November 2017 – [X.]/15; v. 10. Oktober 2017 – [X.], juris Rn. 3; v. 18. Februar 2014 – [X.], juris Rn. 7; jeweils m. w. N.).

Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Gründe rechtfertigen die Besorgnis der Befangenheit des [X.]s [X.] nicht. Die Benachrichtigung der für den Schutz des Gerichts und der darin befindlichen Personen zuständigen Stellen über eine vom abgelehnten [X.] als verdächtig bezeichnete Briefsendung rechtfertigt nach den hier vorliegenden [X.] nicht die Besorgnis der Befangenheit.

1. Es liegt allerdings auf der Hand, dass die Begehung von Straftaten, wie falscher Verdächtigung, übler Nachrede oder Verleumdung durch einen [X.] zu Lasten einer Prozesspartei oder ihres Vertreters ein sehr schwerwiegender Grund wäre, an der Unparteilichkeit des betreffenden [X.]s zu zweifeln. Dies gilt vor allem dann, wenn der verdächtigte Parteivertreter als Anwalt neben strafrechtlichen auch berufliche Konsequenzen befürchten muss und darüber hinaus sein Ruf in Misskredit gebracht wird. Dass ein Ablehnungsgesuch erfolgreich wäre, wenn ein solcher oder vergleichbarer Sachverhalt vorliegen würde, bedarf keiner weiteren Ausführungen.

2. Vorliegend kann jedoch nicht festgestellt werden, dass [X.] [X.] die Hausverwaltung (genauer: Mitarbeiter des Sachgebiets 3.2 - Innerer Dienst), ggf. die Polizei, benachrichtigt hat, um Patentanwalt [X.] wider besseres Wissen zu Unrecht einer (versuchten) Straftat, insbesondere eines Sprengstoff- oder Giftanschlags, zu verdächtigen.

a) Hierbei kann es dahingestellt bleiben, ob der abgelehnte [X.], wie er in seiner dienstlichen Stellungnahme sinngemäß ausführt, nur die Gerichtsverwaltung benachrichtigt hat und diese dann zu seiner Überraschung mit der Polizei in seinem Büro erschienen ist oder ob er selbst die Polizei benachrichtigt hat, wovon die Beschwerdeführerin ausgeht. Wer die für die Sicherheit der Gerichtsbediensteten und des Gebäudes zuständigen Mitarbeiter der Gerichtsverwaltung auf einen verdächtigen Brief aufmerksam macht und damit einen entsprechenden Vorgang der Überprüfung dieser Postsendung anstößt, muss davon ausgehen, dass die für die Aufklärung eines solchen Verdachts weder ausgebildete noch ausgerüstete Gerichtsverwaltung die Polizei oder vergleichbare Sicherheitskräfte hinzuzieht, wenn sich die Harmlosigkeit der Postsendung nicht ohne weiteres sofort herausstellt.

b) Nach den [X.] konnte und musste [X.] [X.] es als ungewöhnlichen Vorgang empfinden, dass im November 2019 eine von der Kanzlei [X.] stammende Briefsendung an ihn persönlich adressiert war und so in seinen Posteingang gelangte.

aa) Das [X.] (pat) …, in dessen Verlauf es offenbar zu unerfreulichen und allen Beteiligten noch erinnerlichen Wortwechseln und Vorwürfen kam, war zu diesem [X.]punkt als solches beendet. Auch das Verfahren über die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde war durch Entscheidung des [X.]s vom 7. Mai 2019 beendet. In solchen Fällen wird die Akte im Umlaufverfahren den am Beschwerdeverfahren beteiligten [X.]n des [X.]s zur Kenntnisnahme der rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens durch Entscheidung des [X.]s vorgelegt. Dies ist auch im Verfahren 14 W (pat) … so geschehen. [X.] [X.] hat seine Kenntnisnahme am 4. Juli 2019 abgezeichnet ([X.]. 517 [X.] (pat) …).

bb) Danach sind die [X.] des [X.] grundsätzlich nicht mehr mit dem Fall befasst (zu Ausnahmen: s.u.). Insbesondere haben sie entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin i.d.R. keine Berührung mehr mit einem sich ggf. anschließenden [X.].

aaa) Zuständig für ein sich ggf. auf Antrag (§ 103 Abs. 2 ZPO i.V.m. 109 Abs. 3 [X.]) anschließendes [X.], ist beim [X.] der Rechtspfleger (§ 23 Abs. 1 Nr. 12 [X.]). Dies gilt auch für Kosten, die im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 109 Abs. 1 [X.] vom [X.] auferlegt werden (Zuständigkeit des [X.] des Gerichts des ersten Rechtszugs nach §§ 103 Abs. 2, 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 23 Abs. 1 Nr. 12 [X.] i.V.m. § 109 Abs. 3 [X.], vgl. a. Busse/Keukenschrijver, [X.], 9. Aufl., § 109 Rdn. 24; [X.], [X.], 10. Aufl., §109, Rdn. 15). Die nach dem § 23 Abs. 1 Nr. 12 [X.] i.V.m. der Geschäftsverteilung unter den Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern beim [X.], gültig ab 1. September 2019, zuständige Rechtspflegerin hatte das [X.] [X.] … (zu 14 W (pat) …) eigenverantwortlich zu führen und mit [X.]uss abzuschließen.

bbb) Eine Befassung von [X.]n mit Angelegenheiten, die in die funktionelle Zuständigkeit des [X.] fallen, kommt nach dem Gesetz nur in Betracht in den Fällen der

- Vorlage nach § 5 [X.]. Eine solche Vorlage ist in der Praxis der Bearbeitung von Kostenfestsetzungssachen völlig unüblich. Den [X.]mitgliedern ist insoweit auch kein einziger Fall bekannt. In der Sache [X.] … hat es jedenfalls keine Vorlage, Anfrage o.Ä. durch die Rechtspflegerin gegeben, was angesichts des kurzen und unkomplizierten Verlaufs dieses Verfahrens, in dem sich nur die in [X.] völlig alltägliche Frage nach der Berechtigung zum Vorsteuerabzug stellte, auch verwunderlich gewesen wäre;

- Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des [X.] (§ 23 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 11 Abs. 2 [X.]). Abgesehen davon, dass der fragliche Vorfall im Laufe der erstinstanzlichen Bearbeitung durch die Rechtspflegerin stattfand und dann auch keine Erinnerung gegen ihren [X.]uss eingelegt worden ist, besteht beim [X.] nach dessen Geschäftsverteilung eine besondere Zuständigkeit des 7. [X.] für Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungsentscheidungen bei den technischen Beschwerdesenaten (vgl. Geschäftsverteilung des [X.]s, [X.] 10 (Geschäftsaufgaben des 7. [X.]), dort Buchstabe g) (seit 2019 unverändert), vgl. a. [X.], a.a.[X.], § 80 Rdn. 106).

ccc) Damit ist kein Fall der Befassung der [X.] des [X.] mit der Kostenfestsetzungssache eingetreten. Es gab daher keinen Grund, die Akte oder einzelne Posteingänge im laufenden [X.] einem der [X.] des [X.] vorzulegen oder ihn sonst wie einzubinden. Dies wäre im Hinblick auf die sachliche Unabhängigkeit des [X.] aus § 9 [X.] auch problematisch gewesen. Bei einer Durchsicht des Kostenfestsetzungsteils ([X.] …) der Akte des Einspruchsbeschwerdeverfahrens 14 W (pat) … konnten auch keine Hinweise, wie [X.], [X.], Abzeichnungen o.Ä. aufgefunden werden, die darauf hindeuten, dass [X.] [X.] zu irgendeinem [X.]punkt Berührung mit der Kostenfestsetzungssache hatte.

ddd) Ein solcher Kontakt ergab sich entgegen der insoweit auf Mutmaßungen basierenden Darstellung in der Strafanzeige auch nicht über die "Geschäftsstelle des [X.] von Herrn [X.]", "seine Geschäftsstelle" bzw. "der Geschäftsstelle von Herrn [X.]" (vgl. Strafanzeige v. 06.02.2020, [X.] 6, 2. u. 3. Abs., [X.] 7, 2. Abs.). Es ist klarzustellen, dass es nur eine Geschäftsstelle des 14. [X.] gibt, nicht aber eine Geschäftsstelle von oder für [X.] S…. Die [X.]geschäftsstelle ist für den gesamten [X.] zuständig und führt die Akten der beim 14. [X.] anhängigen Verfahren. Sie legt Akten mit den zugehörigen neuen Eingängen, Wiedervorlagen usw. dem jeweils für die Kenntnisnahme, Weiterverfügung und/oder Bearbeitung zuständigen Angehörigen des [X.] vor, in Beschwerdeverfahren also zumeist dem Vorsitzenden und dem Berichterstatter, entsprechende Umläufe erfolgen auch bei den weiteren [X.]mitgliedern, Vorgänge mit rechtlicher Problematik (z. B. Zulässigkeitsfragen, offenkundige Vorbenutzungen, streitige [X.], Verfahrenskostenhilfesachen, …) werden auch dem rechtskundigen Mitglied vorgelegt.

Die Akten von [X.] und Eingänge in solchen Verfahren werden von der [X.]geschäftsstelle hingegen ausschließlich der/dem zuständigen Rechtspfleger(in) vorgelegt (s.o.). Die [X.] des [X.] sind in keiner Weise damit befasst. Ihnen wird weder mitgeteilt, dass ein solches Verfahren überhaupt angängig ist, noch werden ihnen die Akten, Posteingänge, Vermerke oder sonstige Vorgänge des [X.]s vorgelegt oder sonstwie zur Kenntnis gegeben. Die Geschäftsstelle hält insoweit allein Kontakt mit der/dem zuständigen Rechtspfleger/in. Sofern die [X.] also nicht aus irgendeinem außergewöhnlichen Grund auf ein [X.] aufmerksam werden, haben sie regelmäßig noch nicht einmal Kenntnis von dessen Existenz. Erst recht nicht werden die [X.] des [X.] mit der Anforderung von Stellungnahmen oder telefonischen Ankündigungen von Eingaben bei der Geschäftsstelle in erstinstanzlichen Kostenfestsetzungssachen behelligt.

Unter diesen Umständen hält der [X.] die Stellungnahme von [X.] [X.], dass ihm zur fraglichen [X.] nicht bekannt gewesen sei, dass ein [X.] in der Sache 14 W (pat) … anhängig gewesen sei, für nachvollziehbar und glaubhaft. Dies entspricht sowohl den oben dargestellten Verfahrensabläufen als auch der eigenen praktischen Erfahrung der [X.]mitglieder.

c) Damit konnte und musste [X.] [X.], als ihm die persönlich an ihn adressierte Briefsendung vorgelegt wurde, dies als außergewöhnlichen Vorgang wahrnehmen. Üblicherweise wird dienstliche Post, die ein am Gericht anhängiges Verfahren betrifft, bereits in der Poststelle des Gerichts geöffnet und anhand des gerichtlichen Aktenzeichens der zuständigen [X.]geschäftstelle zugeleitet, die das Schreiben, je nach Inhalt, zur Akte nimmt oder es mit der Akte dem jeweiligen Bearbeiter (Vorsitzender, Berichterstatter, Rechtspfleger) zuleitet (s.o.). Briefsendungen, die persönlich an einen Gerichtsangehörigen adressiert sind, werden dagegen von der Poststelle ungeöffnet und mit einem Eingangsstempel auf dem Briefumschlag versehen an den Gerichtsangehörigen weitergeleitet (Ziff. 5.1 Abs. 4 i.V.m. Ziff. 5.6 Abs. 1 der Dienstanweisung zur Behandlung der Ein- und Ausgänge beim [X.] ([X.]) vom 26. November 2014). Handelt es sich bei der betreffenden Postsendung nicht um einen der üblichen Briefe, die die [X.] häufig verschlossen erhalten und bei denen sie zumeist schon anhand äußerer Merkmale auf den ungefähren Inhalt schließen können (z.B. Besoldungsmitteilungen, [X.], Briefverkehr in Zusammenhang mit bestimmten Nebentätigkeiten, …), so wird der Adressat naturgemäß aufmerken und sich fragen, mit welchem Hintergrund an ihn persönlich adressierte, verschlossene Post vorgelegt wird.

d) Die Benachrichtigung der für die Sicherheit zuständigen Stellen durch einen [X.], der in einer solchen Situation unsicher über Art und Hintergrund der Briefsendung war, kann ohne Hinzutreten weiterer Umstände noch nicht als Grund angesehen werden, an der Unparteilichkeit des [X.]s zu zweifeln.

Ein [X.] darf, wie jede andere Person auch, im Hinblick auf die Sicherheit seiner Person und der im beruflichen Umfeld befindlichen weiteren Personen im Gerichtsgebäude besorgt sein. Die Zunahme z.T. auch tödlich verlaufender Gewalttaten gegen [X.] bei [X.] Gerichten ist aus der Tagespresse allgemein bekannt. Dementsprechend sind beim [X.] in jüngerer [X.] bspw. erhöhte Anforderungen bei der Eingangskontrolle eingeführt worden.

Grundsätzlich muss ein [X.] auch sein persönliches Bedürfnis nach Sicherheit und den Wunsch nach Klärung einer ihm ungewöhnlich erscheinenden Situation über die Interessen des anwaltlichen Vertreters an der Wahrung seines Rufs stellen dürfen. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass insoweit auf Seiten des betroffenen [X.]s höherrangige Rechtsgüter auf dem Spiel stehen, wenn die Gefährdungslage, die er in der konkreten Situation sieht, nicht sofort aufgeklärt, ggf. entschärft wird. Vom [X.] kann nicht erwartet werden, dass er stattdessen von ihm gesehene Risiken in Kauf nimmt, um unter allen Umständen Unannehmlichkeiten von den beteiligten Anwälten fernzuhalten und so den Eindruck möglicher Befangenheit zu vermeiden. Eine solche Rücksichtnahme auf die Belange Dritter könnten [X.], Staatsanwälte und andere [X.] früher oder später mit ihrem Leben oder ihrer Gesundheit bezahlen.

Daher ist hier auch nicht darüber zu befinden, ob ein anderer [X.] in der konkreten Situation ebenfalls die Einschaltung der für die Sicherheit zuständigen Beamten in oder außerhalb des Gerichts in Erwägung gezogen hätte. Maßgebend kann auch nicht sein, ob es in der konkreten Situation "zumutbare" andere Lösungen gegeben hätte, insbesondere ob es nicht zweckmäßiger gewesen wäre, zunächst mit Hilfe der Geschäftsstelle und/oder durch einen Anruf bei der [X.] Kanzlei eine Klärung zu versuchen. Bei der Frage, ob ein Grund vorliegt, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines [X.]s zu rechtfertigen, kann es in Situationen, in denen der [X.] aufgrund einer nachvollziehbar als ungewöhnlich empfundenen Situation eine körperliche Gefährdung für sich oder andere sieht, nicht auf einen optimalen, die Beteiligten oder ihre Anwälte besonders schonenden Versuch der Bewältigung dieser Situation ankommen.

Maßgebend für die Frage der Befangenheit ist allein, ob die Hinzuziehung von für die Sicherheit des Gerichts zuständigen Personen und die damit zwangsläufig verbundene Prüfung der Briefsendung auf etwaige Gefährdungen unter Inkaufnahme absehbarer Unannehmlichkeiten für die Beteiligten nach den feststellbaren [X.] erkennbar durch die Sorge des abgelehnten [X.]s um die Sicherheit veranlasst war und sich damit als reine Schutzmaßnahme darstellte. In diesem Fall besteht kein ausreichender Grund, an der Unparteilichkeit des [X.]s zu zweifeln (vgl. zu Schutzvorkehrungen bzw. Schutzmaßnahmen auch: [X.] NJW-RR 2015, 1471 – Hinzuziehung von Justizwachtmeistern; Zöller-Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 42 Rdn. 29; [X.], ZPO, 5. Aufl., § 42 Rdn. 24). Anders wäre dies hingegen zu beurteilen, wenn der äußere Eindruck besteht, dass das Verhalten des [X.]s auf einer Absicht der Schädigung oder Einflussnahme zu Lasten einer Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten beruht, so dass aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit des abgelehnten [X.]s aufkommen müssen, bspw. wenn vom [X.] (mit) verursachte ergebnislose Polizeieinsätze wiederholt die gleiche Anwaltskanzlei betreffen, wenn eine Sicherheitsprüfung erkennbar ohne nachvollziehbaren Anlass angestoßen wird oder wenn bspw. ein Bemühen des [X.]s erkennbar ist, behördliche Ermittlungen ohne nachvollziehbare Anhaltspunkte hierfür gezielt auf eine bestimmte Kanzlei oder Person zu lenken. Solche oder ähnliche Umstände liegen hier nicht vor. Vielmehr sprechen die oben dargestellten Gesamtumstände dafür, dass der abgelehnte [X.] aus Verunsicherung und Sorge im Hinblick auf die Sicherheit gehandelt hat. Darin kann kein Verhalten gesehen werden, das i.[X.]d. § 42 Abs. 2 ZPO geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des [X.]s zu rechtfertigen.

III.

Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ist unanfechtbar ([X.]Z 110, 25, 26 – Wasserventil; [X.]Z 95, 302, 304 – [X.]).

Meta

14 W (pat) 1/20

22.03.2021

Bundespatentgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 86 Abs 1 PatG, § 42 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.03.2021, Az. 14 W (pat) 1/20 (REWIS RS 2021, 7657)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 7657

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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