Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2001, Az. VII ZR 475/00

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 1052

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:11. Oktober 2001Seelinger-Schardt,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: jaAGBG § 9 Abs. 1 Bf, [X.] § 635Wer eine auch nur stichprobenartige Kontrolle des Bauvorhabens und diegutachterliche Erfassung von Mängel übernimmt, kann in seinen Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen eine Haftung für "Schadenersatzforderung jedweder Art infolgenicht erkannter, verdeckter oder son[X.] Mängel" nicht wirksam vollständig aus-schließen.[X.], Urteil vom 11. Oktober 2001 - [X.]/00 - [X.] LG München I- 2 -Der VII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mliche [X.] 11. Oktober 2001 durch [X.] Dr. Ullmann unddie Richter Prof. Dr. Thode, [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] vom 16. Mai 2000 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,aucr die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurckverwiesen.Von Rechts [X.]:Die [X.] verlangt von der [X.] Schadensersatz.Sie erwarb von der [X.] ein von dieser zu [X.] in M. Mit der [X.] schloß sie auf deren Angebot 1994 einen Inge-nieurvertrr [X.]erfassung wrend der Bauausfrung. Nach Nr. 1des Vertrages solltige Gutachter der [X.] Baustellenbesu-che durchfren. Beabsichtigt waren nach dem [X.] ff [X.] ("Audits") bei ca. einer [X.]erfassung pro Monat.- 3 -Nr. 1 des Vertrages lautet [X.] Baustellenbesuche sind eine gutachterliche Erfassung von[X.]n, Abweichungen von den einschligen [X.] den Regeln der Baukunst.[X.] hinaus wird die Übereinstimmung der Prospektbaube-schreibung mit der Baumaßnahme beachtet und dokumentiert.Die erfaßten Abweichungen und [X.] werden nach jedem Auditmit dem vom Auftraggeber zu benennenden Projektleiter bespro-chen und Maßnahmen zur Abstellung beraten. Die Ergebnisse ei-nes jeden Baustellenbesuches werden in einem Bericht erfaßt,der dem Auftraggeber unmittelbar nach Fertigstellung auf postali-schem Wrgeben wird.Die [X.]erfassung wrend der Bauausfrung ist eine Pr-ventivmaßnahme. Sie hat stichprobenartigen Charakter und er-setzt in keinem Fall die Brwachung nach der [X.] fr Architekten und Ingenieure."Die Leistung sollte mit 19.700 DM vertet werden, weitere "Audits" [X.] 3.500 DM und 5.700 DM. Insgesamt hat die Beklagte frihre Ttigkeit ca. 82.000 DM erhalten.Hinsichtlich der Haftung der [X.] sah der [X.] [X.] anderem [X.] Auftraggeber erkennt an, daß durch die vertragsgemße T-tigkeit des Auftragnehmers eine vollstige [X.]freiheit [X.] nicht zwingend erreicht werden kann. [X.] GmbH (= die Beklagte) rnimmt somit keinerlei Haftung [X.] jedweder Art infolge nicht erkannter,verdeckter oder son[X.] [X.]."- 4 -In nachfolgenden Vereinbarungen verpflichtete sich die Beklagte zuweiteren, schlieûlich wöchentlichen Baustellenbesuchen. Die Beklagte fertigte mehrere Prfberichtr festgestellte [X.].Sie erstellte ein Protokoll r "Schluûabnahme nach VOB § 12". Darin findetsich die Feststellung: "... die noch erkannten [X.] sind nicht von gravieren-der Natur, die eine Verweigerung der Abnahme begr. ..."Die [X.] behauptet, die Beklagte habe gravierende [X.] bei denFenstern, den Fuûböden sowie den [X.] nicht er-kannt. Sie habe deshalb einen völlig unzureichenden Gewrleistungseinbe-halt vorgenommen. Da die Verkferin inzwischen in Vermögensverfall geratensei und [X.] gegen sie nicht mehr realisiert werden könnten, verlangt die[X.] von der [X.] Schadensersatz in Höhe von 1.329.088,22 DM. [X.] bestreitet die Schlechterfllung des Auftrags und beruft sich auf dievereinbarte Haftungsbeschrkung.Die Klage war in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit ihrer Revision ver-folgt die [X.] ihr Begehren weiter.[X.]:Die Revision hat Erfolg. Sie [X.] zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurckverweisung der Sache an das [X.] 5 -I.Das Berufungsgericht ist wie das Erstgericht der Ansicht, die [X.] wirksam die Haftung fr Schadensersatzforderungen jeder Art infolgenicht erkannter oder verdeckter [X.] ausgeschlossen. Die [X.] Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 des Vertrages sei wirksam. Dabei [X.], ob es sich bei der Klausel um eine Formularklausel oder um eine indi-viduell vereinbarte Bestimmung handele.Der [X.] erscheine unbedenklich, weil er weder den [X.], noch wesentliche Vertragspflichten einschrke. Es [X.] nur monatliche Baustellenbesuche vereinbart worden, die als Prventiv-maûnahmen nur stichprobenartigen Charakter gehabt tten. Die Beklagte ha-be sich gerade nicht verpflichtet, alle vorhandenen [X.] aufzusren und frdie Mangelfreiheit ihres Werkes gleich einem Unternehmer zu garantieren. [X.] vielmehr eine zeitlich fixierte Dienstleistung erbringen sollen. Die ge-schuldete stichprobenartige [X.]erfassung wrend der vereinbarten [X.] sei eine Gescftsbesorgung mit Dienstleistungscharakter(§ 675 Abs. 1 BGB). Auch die stere Vertragserweiterung auf einen wchent-lichen Baustellenbesuch in der Endphase der Bauarbeiten habe zu keiner Än-derung des Haftungsumfangs ge[X.]. Die streitgegenstlichen [X.] t-ten wegen des Baufortschritts zu diesem Zeitpunkt nicht mehr festgestellt wer-den k, was die [X.] nicht bestritten habe.[X.] sei darauf hinzuweisen, [X.] die [X.] an [X.] statische Probleme und nicht auf Fehler in der Bauaus-frung zurckzufren seien. Die Erfassung statischer [X.] sei von [X.] nicht geschuldet [X.] 6 -II.Diese Ausfrungen halten der rechtlichen Nachprfung nicht stand.Das Berufungsgericht verkennt, [X.] sich die Beklagte zu einer werkvertragli-chen Leistung verpflichtet hat (1.) und der [X.] unwirksam [X.] Die Parteien haben eine werkvertragliche Verpflichtung der [X.]vereinbart. Bei der gegenteiligen Auslegung des Vertrages, es sei ein Ge-scftsbesorgungsvertrag mit Dienstleistung [X.] § 675 Abs. 1 BGB ge-schlossen worden, hat das Berufungsgericht gegen anerkannte Auslegungs-grundstze verstoûen.a) Nach § 631 Abs. 2 BGB kann Gegenstand eines Werkvertrages so-wohl die Herstellung oder die Verrung einer Sache als auch ein andererdurch Arbeit oder Dienstleistung herbeizufrender Erfolg sein. [X.] kennzeichnend ist nach [X.] Rechtsprechung des [X.], [X.] ein erfolgsbezogener Beitrag zur Verwirklichung eines Werkeszu leisten ist (Urteil vom 3. Mrz 1998 - [X.], NJW-RR 1998, 1027). [X.] der [X.] fr den mit der Bauaufsicht beauftragten [X.], [X.] dieser einen derartigen Erfolg und nicht einen nur [X.] nur mittelbar bedeutsamen Arbeitseinsatz schuldet ([X.], Ur-teil vom 22. Oktober 1981 - [X.], [X.]Z 82, 100). Auch die Ge-scftsbesorgung der Ermittlung des Verkehrswerts eines Grundstcks und dersich danach richtenden [X.] ist vom [X.] alsWerkvertrag qualifiziert worden (Urteil vom 10. Juni 1976 - [X.]/74,[X.]Z 67, 1). Bei der Frage, ob ein Projektsteuerungsvertrag ein Dienst- oderWerkvertrag ist, hat der [X.] es fr die Qualifizierung als Werk-vertrag maûgebend gehalten, ob die zentrale Aufgabe des Projektsteuerers die- 7 -technische Brwachung ist (Urteil vom 7. Juni 1999 - [X.] 1999, 3118 = [X.] 1999, 1317 = [X.] 1999, 336).b) Die Beklagte schuldete keine bloûe Dienstleistung, sondern eine er-folgsbezogene Ttigkeit. Dies ergibt Inhalt und Zweck des Vertrages sowie [X.] der Parteien. Als Leistungsgegenstand des Vertrages wird be-stimmt die "gutachterliche Erfassung von [X.]n, Abweichungen von deneinschligen DIN-Vorschriften und den Regeln der Baukunst". [X.] hinauswird vereinbart, [X.] die Übereinstimmung der Prospektbeschreibung mit [X.] zu beachten und dokumentieren ist. Mit dieser Formulierungorientiert sich der [X.] des § 633 BGB. Überprft werdensollen die Ist-Beschaffenheit und die Soll-Beschaffenheit sowie ob die [X.] objektiven Kriterien mangelfrei ist, da die Übereinstimmung nach [X.] und den Regeln der Baukunst erfaût werden soll. Fr die Qualifi-zierung als Werkvertrag spricht auch die von der [X.] selbst erklrte"Schluûabnahme nach VOB § 12", eine spezifisch werkvertragliche Regelung.c) An der [X.] nicht, [X.] die [X.]erfassung nurprventiv und stichprobenartig erfolgen sollte und eine Brwachung "nachder Honorarordnung fr Architekten und Ingenieure" nicht ersetzen sollte. Dadie [X.]erfassung dem Wortsinn nach sich nur auf vorhandene [X.] be-ziehen kann, kann mit Prventivmaûnahmen nur gemeint sein, [X.] erkannte[X.] nach ihrer Erfassung beseitigt werden sollten und diese Prventivmaû-nahme zur [X.] eines mangelfreien Gesamtwerkes fren sollte.Auch stichprobenartige Kontrollen sind eine erfolgsbezogene, auf die [X.] der jeweiligen Begutachtung erkennbaren [X.] gerichtete T-tigkeit. Der geschuldete Erfolg bezieht sich darauf, [X.] die bei den [X.] von einem Fachkundigen erkennbaren [X.] ermit-- 8 -telt und beanstandet werden. Der in Nr. 7 des Vertrags angesprochene [X.] vollstige Mangelfreiheit rt nichts daran, [X.] die[X.]erfassung bei den einzelnen Baubesuchen dergestalt erfolgsbezogenwar, [X.] dabei die vorhandenen [X.] festzustellen waren.2. Der in dieser Vertragsklausel weiter vereinbarte [X.]fr "Schadensersatzforderungen jedweder Art infolge nicht erkannter verdeck-ter oder son[X.] [X.]" ist unwirksam.Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob es sich bei dieser [X.] um eine Allgemeine Gescftsbedingung handelt. Als solche verstûtsie gegen § 9 [X.] im kaufmischen Gescftsverkehr ist eine Klausel in [X.] unwirksam, durch die sich der Verwender von [X.] fr eine Verletzung der [X.] Vertragspflichten vollstigfreizeichnet. Allein die Schadensersatzhaftung der [X.] (§ 635 BGB)vermag eine ordnungs[X.]e Erfllung des Vertrages zu sichern. Die ver-schuldensigen Gewrleistungsansprche, welche vom [X.] nicht erfaût sind, erffnen der [X.] keine wirksame [X.]ichkeit,ihr Erfllungsinteresse durchzusetzen.Der [X.] jedweder Haftung der [X.] fr Schadensersatzan-sprche wegen nicht erkannter, verdeckter oder son[X.] [X.] igvom Grad des Verschuldens ist unwirksam. Die Klausel [X.] eine Freizeich-nung von einer Schadensersatzhaftung auch fr den Fall, [X.] sich die [X.] der Aufdeckung von [X.]n bewuût verschlieût oder ihre Verpflichtungzur Feststellung erkennbarer [X.] grob [X.] -III.Weil das Berufungsgericht die Klage wegen des Haftungsausschlussesabweist, beruht das Urteil auf den aufgezeigten [X.].Bei Unwirksamkeit der Freizeichnungsklausel als einer von der [X.] gestellten Allgemeinen Gescftsbedingung haftet sie [X.] § 635 BGB,wenn sie bei der [X.], [X.] monatlichen, am Ende wchentli-chen Prfung schuldhaft nicht erkannt hat, [X.] die von der [X.] behaup-teten [X.] ig von ihrer Verursachung im Bereich der Leichtbau-w-decken, der Fenster und der Fuûvorlagen.Dazu hat die [X.] unter Vorlage von Sachverstigengutachtenvorgetragen, [X.] in diesen Bereichen erkennbare Ausfrungsfehler vorlagen,bei denen [X.] Vertrages gegen "einschligeDIN-Vorschriften" verstoûen und den "Regeln der Baukunst" zuwider gehandeltwurde. Ohne Bedeutung ist dabei, [X.] [X.] wegen des Baufortschritts nach"dem 09.02." (gemeint: 9. Februar 1995) nicht mehr tten festgestellt [X.], wenn die Beklagte sie unter [X.] gegen ihre vertragliche [X.] 10 -tung vorher nicht erkannt hat. [X.] die [X.] vorher bei einem Besuch [X.] nicht feststellbar waren, ist eine nicht mit Tatsachen belegte Vermutung.[X.] Wie-bel Kuffer Bauner

Meta

VII ZR 475/00

11.10.2001

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2001, Az. VII ZR 475/00 (REWIS RS 2001, 1052)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1052

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