Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2006, Az. 5 StR 236/06

5. Strafsenat | REWIS RS 2006, 2647

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

5 [X.][X.]BESCHLUSS vom 12. Juli 2006 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a. - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 12. Juli 2006 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Februar 2006 nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben a) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit der [X.] im Fall 1. der Urteilsgründe verurteilt [X.] ist, b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen. [X.]e
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter [X.] von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Œ jeweils in nicht geringer Menge Œ in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Revision des [X.]n hat hinsichtlich der Verurteilung im ersten Fall Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 1 - 3 - 1. Das [X.] hat sich aufgrund der Aussage der zur [X.] Jahre alten Zeugin [X.]

davon überzeugt, dass diese im Auftrag des Angeklagten aus der [X.] am 15. Oktober 2004 etwa 480 g in ca. 60 Packungen verschlucktes hochwertiges Kokain nach [X.] und am 14. [X.]ovember 2004 auf die gleiche Art weitere 650 g nach [X.] transportierte. Eine Durchsuchung der Wohnung der Freundin des Angeklagten in [X.], in der auch die Zeugin [X.]

gemeldet war, förderte den Angeklagten belastende Indizien, dessen Reisepass, Bu-chungsunterlagen für eine Reise von [X.] in die [X.] mit einem Rückflug am 7. [X.]ovember 2004 und zwei den Auftraggeber verschleiernde Überweisungsträger zu Tage. Danach wurden der am 30. Ok-tober 2004 in [X.] befindlichen Zeugin 470 • überwiesen. Die Zeugin hat in einer Vernehmung durch Zollbeamte am 2. Dezember 2004 den hier ausgeurteilten ersten Drogentransport und in der Hauptverhandlung eine weitere im April 2004 durchgeführte Einfuhr eingeräumt, ohne dass dafür Verdachtsmomente bestanden hätten. Sie zeigte in [X.] Zollbeamten eine Wohnung, in der sie ihren ehemaligen Freund, einen [X.] Drogenhändler, besucht hatte. Das Amtsgericht [X.] hat die Zeugin wegen der Tat vom [X.]ovember 2004 zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. 2 2. Die Revision bleibt erfolglos, soweit sie sich gegen die [X.] wegen der am 14. [X.]ovember 2004 erfolgten Einfuhr richtet. Die Verfahrensrüge, das [X.] habe gegen § 244 Abs. 6 StPO verstoßen, weil ein Antrag der Verteidigung, den —zur Zeit im Justizvollzug in [X.] befindlichen, namentlich benannten ehemaligen Freund der [X.] zu Reisen in die [X.] zu hören, scheitert bereits an § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Im [X.] wird die Angabe eines [X.] bezeichneten Beweismittels in dem Antrag nicht belegt (vgl. [X.]St 40, 3, 5; [X.]R StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 40), weil der Aufenthaltsort des Zeugen nicht mitgeteilt wird (vgl. [X.], 4). Als [X.] müsste die Beanstandung unter demselben Gesichtspunkt unvollständigen 3 - 4 - Rügevorbringens scheitern (vgl. [X.]R aaO m.w.[X.]). Die Beweiswürdigung des [X.]s hält darüber hinaus sachlichrechtlicher Prüfung ohne [X.] stand. Die Aussage der Belastungszeugin wird insoweit durch objektive, den schweigenden Angeklagten belastende Indizien gestützt. 3. Indes ist das Rechtsmittel erfolgreich, soweit es sich mit der Sachrüge gegen die Verurteilung wegen der Einfuhr am 15. Oktober 2004 richtet. Zwar entfalten objektive Belastungsindizien in der Regel über den sie betreffenden Einzelfall hinaus eine den Angeklagten belastende Wirkung auch für einen angelasteten Parallelfall (vgl. [X.], 260, 262; 430, 431). Solches reicht vorliegend aufgrund der Besonderheiten der Beweislage aber nicht aus, um zusammen mit der Aussage der Belastungszeugin eine tragfähige Tatsachengrundlage für eine Verurteilung zu bilden (vgl. [X.], 235), weil das [X.] zahlreiche Qualitätsmängel der Aussage der Belastungszeugin mit unzutreffenden Erwägungen relativiert hat (vgl. [X.], 45, 47). 4 Die Belastungszeugin konnte in der Hauptverhandlung nicht präzisieren, wann sie mit ihrem früheren Freund, mit dem sie ihrer [X.] nach 2004 über drei Monate eine intime Beziehung unterhalten hatte, in die [X.] gereist war. Während ihrer Vernehmung durch Zollbeamte am 2. Dezember 2004 hat die Zeugin angegeben, der [X.] habe sie (erst) vor etwa zwei Monaten zum Kokainschmuggel überredet. Die Angaben der Zeugin zu dem vom Angeklagten versprochenen Kurierlohn schwankten in ihren Aussagen vom 15. und 16. [X.]ovember 2004, 5. Ja-nuar 2005 und in der Hauptverhandlung zwischen 10.000, 3.000, 4.000 und etwa 3.000 •. Ferner hat die Zeugin in der Hauptverhandlung widersprüchli-che Angaben zu den Männern gemacht, die ihr am 15. Oktober und 14. [X.]ovember 2004 in [X.] das Rauschgift übergeben hatten. [X.]ach ihrer ersten Aussage habe es sich jeweils um die gleichen Œ unbekannten Œ Personen gehandelt, danach hat sie erklärt, im Oktober sei dies der Bruder des Angeklagten gewesen. 5 - 5 - Das [X.] würdigt diese Qualitätsmängel in der Aussage der Zeugin als Ungereimtheiten, die auf ungenaue Gedächtnisleistungen [X.] zu führen seien, weil die Zeugin, wie ihr früherer Verteidiger bekundet habe, nicht in der Lage sei, komplexe Sachverhalte wiederzugeben. Indes reicht diese Erwägung, wie es die Revision auch vorträgt, nicht aus, die fest-gestellten Fragwürdigkeiten in der gebotenen Gesamtschau (vgl. [X.], 513, 514; [X.], Beschluss vom 16. Februar 2005 Œ 5 StR 490/04) plausibel zu erläutern. Die Qualitätsmängel betreffen mit dem Zeitpunkt der Anwerbung durch den Angeklagten, der erzielten Höhe des [X.] und vor dem Hintergrund des medikamentös unterstützten, von den [X.] demonstrierten, für die Zeugin sogar eine Lebensgefahr begrün-denden Verschluckens der [X.] wesentliche Tatumstände. Diese und auch die zeitliche Einordnung von vier Fernreisen innerhalb eines Jahres betreffen gerade keine komplexen, sondern einfache Sachverhalte, weshalb eine weitergehende kritische Prüfung geboten gewesen wäre, [X.] die unsicheren und widersprüchlichen Angaben der ersichtlich normal begabten, noch jungen Zeugin ihre Aussagen zur Täterschaft des [X.]n nicht erfassen konnten. Dies gilt umso mehr, als die Zeugin auch über ihren ehemaligen Freund in eine gewisse [X.]ähe zum Drogenmarkt in der [X.] gelangt sein könnte. Die Sache bedarf demnach neuer Aufklärung und Bewertung. 6 4. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 1 führt wegen des Wegfalls der Einsatzstrafe zur Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe. Die im Fall 2 ausgeurteilte Freiheitsstrafe von drei Jahren kann bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird naheliegend die von der Mutter der [X.] geäußerte Verwicklung des Freundes ihrer Tochter in Drogengeschäfte des Angeklagten (Revisionsbegründung S. 11) zu prüfen und gegebenenfalls zu bewerten haben. Sollten sich in der Aussage der Belastungszeugin die bisher festgestellten Qualitätsmängel wiederholen, wird es eine ins einzelne gehende Darstellung und Bewertung der die Mängel begründenden [X.] und einer Betrachtung der Entwicklung der verschiedenen Aussagen in 7 - 6 - einer lückenlosen Gesamtwürdigung bedürfen (vgl. [X.] [X.]JW 2003, 2250 m.w.[X.].; [X.] StV 2005, 253, 254). [X.] [X.]

Meta

5 StR 236/06

12.07.2006

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2006, Az. 5 StR 236/06 (REWIS RS 2006, 2647)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2647

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.