Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2007, Az. III ZR 295/06

III. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 828

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 15. November 2007 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] §§ 13, 14, 312 Zur Abgrenzung von Unternehmer- und Verbraucherhandeln und zu einer Haustürsituation bei einem Rechtsgeschäft, das der Vorbereitung einer Exis-tenzgründung dient (Fortführung der Grundsätze des [X.]sbeschlusses [X.] 162, 253). [X.], Urteil vom 15. November 2007 - [X.]/06 - [X.] - 2 - Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2007 durch [X.], [X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.] gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des [X.] vom 3. November 2006 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des [X.] zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand Die Beklagte beabsichtigte, sich als Mitinhaberin eines Fitness-Studios selbständig zu machen, indem sie in die [X.], die dieses Studio betrieb, eintrat. Auf Einladung der Beklagten und ihres Ehemanns suchte der klagende Steuerberater die Eheleute am 7. Januar 2004 in deren Wohnung auf, um die steuerliche Situation der Eheleute zu "beleuchten". Der Kläger behauptet, bei dieser Gelegenheit sei er von der Beklagten mit der [X.] eines Existenzgründungsberichts beauftragt worden, der insbesondere der Erlangung von Fördermitteln habe dienen sollen. Für die Ausarbeitung des Berichts stellte der Kläger der Beklagten ein Honorar für 40 Stunden zu je 80 • zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung. Diesen Betrag nebst vorgerichtlichen Anwaltskosten und Zinsen hat er im vorliegenden Rechtsstreit eingeklagt. 1 - 3 - Mit Schriftsatz vom 14. September 2005 hat die Beklagte den Vertrag gemäß §§ 312, 355 [X.] vorsorglich widerrufen. 2 Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungs-gericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Forderung weiter. 3 Entscheidungsgründe Die Revision ist nicht begründet. Beide Vorinstanzen haben zutreffend angenommen, dass der vom Kläger behauptete Vertrag über die Erstellung des Existenzgründungsberichts ein Haustürgeschäft im Sinne des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] n.F. gewesen ist. Dementsprechend stand der Beklagten das Widerrufsrecht nach § 355 [X.] zu, das sie wirksam ausgeübt hat. 4 1. Die Beklagte war bei der Erteilung des Auftrags vom 7. Januar 2004 Verbraucherin im Sinne des § 13 [X.], der Kläger Unternehmer im Sinne des § 14 [X.]. 5 a) Der Auftrag konnte weder der gewerblichen noch der selbständigen beruflichen Tätigkeit der Beklagten zugerechnet werden. Zwar hat der [X.] entschieden, dass Unternehmer- und nicht Verbraucherhandeln schon dann vorliegt, wenn das betreffende Geschäft im Zuge der Aufnahme einer gewerbli-chen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit (sogenannte Existenzgründung) geschlossen wird ([X.]sbeschluss [X.] 162, 253, 256 f). Entscheidend [X.] ist die - objektiv zu bestimmende - Zweckrichtung des Verhaltens. Das [X.] stellt nicht auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein geschäftlicher 6 - 4 - Erfahrung, etwa aufgrund einer bereits ausgeübten gewerblichen oder selb-ständigen beruflichen Tätigkeit, ab; vielmehr kommt es darauf an, ob das Verhalten der Sache nach dem privaten - dann Verbraucherhandeln - oder dem gewerblich-beruflichen Bereich - dann Unternehmertum - zuzuordnen ist. Rechtsgeschäfte im Zuge einer Existenzgründung, z.B. die Miete von [X.], der Abschluss eines Franchisevertrags oder der Kauf eines [X.] an einer freiberuflichen Gemeinschaftspraxis, sind nach den objektiven Umständen klar auf unternehmerisches Handeln ausgerichtet ([X.]sbeschluss aaO S. 257 m.w.N.). b) Mit diesen Fallkonstellationen ist die vorliegende - wie beide Vorin-stanzen mit Recht hervorgehoben haben - indessen nicht vergleichbar. Es ging hier nämlich gerade nicht um ein Rechtsgeschäft im Zuge der Existenzgrün-dung, sondern um ein solches, das die Entscheidung, ob es überhaupt zu einer Existenzgründung kommen sollte, erst vorbereiten sollte, indem die betriebs-wirtschaftlichen Grundlagen dafür ermittelt wurden. Erst das Ergebnis dieser Untersuchung eröffnete der Beklagten überhaupt die Möglichkeit, mit [X.] diese Entscheidung zu treffen. Da es - wie bereits ausgeführt - auf den ob-jektiven Zweck des Rechtsgeschäfts ankommt, ist es unerheblich, ob die [X.] subjektiv bereits fest zu einer Existenzgründung entschlossen war. [X.] ist vielmehr, dass die getroffene Maßnahme noch nicht Bestandteil der Existenzgründung selbst gewesen war, sondern sich im Vorfeld einer [X.] bewegte. Dementsprechend ist der Auftrag (noch) nicht dem unternehme-rischen, sondern dem privaten Bereich zuzuordnen. 7 - 5 - c) Die von der Revision hiergegen unter Praktikabilitätsgesichtspunkten geäußerten Bedenken vermag der [X.] nicht zu teilen. Die Unterscheidung zwischen Geschäften, die im Zuge einer Existenzgründung vorgenommen wer-den, und solchen, die diese Gründung vorbereiten sollen oder ihr vorgelagert sind, ist sachgerecht und bringt keine besonderen Abgrenzungsprobleme mit sich. 8 2. Auch eine "Haustürsituation" im Sinne des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] ist hier zu bejahen, da die mündlichen Verhandlungen im Bereich der [X.] stattgefunden haben. Der Ausnahmetatbestand des § 312 Abs. 3 Nr. 1 [X.] liegt nicht vor. Nach dieser Bestimmung besteht ein Widerrufsrecht nicht, wenn die mündlichen Verhandlungen, auf denen der [X.] des Vertrags beruht, auf vorhergehende Bestellung des Verbrauchers geführt worden sind. Das Berufungsgericht hat hierzu tatrichterlich festgestellt, dass der Kläger in das Haus der Beklagten nicht zu dem Zweck bestellt worden war, um über eine Überarbeitung des [X.] der Beklagten zu verhandeln. Vielmehr war der Zweck ausschließlich die steuerliche Situation der Beklagten und ihres Ehemanns im Falle der Aufnahme einer selbständigen Tä-tigkeit und die Erörterung der damit zusammenhängenden Bedenken des Ehe-manns der Beklagten. Bei dieser Sachlage musste die Beklagte nicht damit rechnen, mit dem Angebot konfrontiert zu werden, einen Existenzgründungsbe-richt zu erstellen (vgl. [X.]/[X.], [X.] [2005] § 312 Rn. 159; Münch-Komm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 312 Rn. 98; siehe auch [X.] 110, 308, 310; 109, 127, 135 f; [X.], Urteil vom 19. November 1998 - [X.] = NJW 1999, 575, 576). Dementsprechend sind die mündlichen Verhandlungen, auf denen die Erteilung des Auftrags beruht, nicht auf vorhergehende Bestellung der Beklagten geführt worden. Entgegen der Betrachtungsweise der Revision vermag der [X.] darin, dass diese Konstellation in die gesetzliche [X.] - 6 - regelung des § 312 [X.] einbezogen wird, keine Überspannung des Verbrau-cherschutzes zu erkennen. 3. Da der Kläger die Beklagte unstreitig nicht in einer den gesetzlichen An-forderungen des § 355 Abs. 2 [X.] genügenden Weise über das Widerrufsrecht belehrt hat, konnte es noch im Laufe dieses Rechtsstreits wirksam ausgeübt werden. Eine Verwirkung dieses Rechts durch die Beklagte hat das Berufungs-gericht mit zutreffender Begründung verneint; die Revision erhebt insoweit auch keinen Angriff. 10 4. Einen Wertersatzanspruch nach § 356 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 346 ff [X.] haben die Vorinstanzen rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegrif-fen verneint. 11 - 7 - 5. Die Klage ist nach alledem mit Recht abgewiesen worden; die Revision des [X.] war zurückzuweisen. 12 [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 05.01.2006 - 18 [X.]/05 - [X.], Entscheidung vom 03.11.2006 - 8 S 10/06 -

Meta

III ZR 295/06

15.11.2007

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2007, Az. III ZR 295/06 (REWIS RS 2007, 828)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 828

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