Bundessozialgericht, Urteil vom 09.10.2012, Az. B 5 RS 5/11 R

5. Senat | REWIS RS 2012, 2531

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - fiktive Einbeziehung - betriebliche Voraussetzung - VEB Starkstromanlagenbau Cottbus/VEB Automatisierungsanlagen Cottbus


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 8. Dezember 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung der [X.] vom [X.] bis 30.6.1990 als [X.] der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz ([X.]) sowie der während dieser [X.] erzielten Arbeitsentgelte hat.

2

Der 1956 geborene Kläger ist berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen (Urkunde der [X.] vom 20.7.1979).

3

Vom [X.] bis 31.12.1985 übte er beim [X.] und vom [X.] bis 30.6.1990 bei dem [X.] folgende Tätigkeiten aus:

-       

[X.] bis 31.12.1983

Bereichsingenieur Montage

-       

1.1.1984 bis 30.6.1990

Leitkraft Chefmontage Ausland

-       

ab 23.3.1987

in der Funktion eines [X.].

4

Eine förmliche Versorgungszusage erhielt der Kläger zur [X.] der [X.] nicht.

5

Den Antrag des [X.] auf Feststellung von [X.] lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 10.1.2005 und Widerspruchsbescheid vom 29.3.2005).

6

Klage und Berufung des [X.] sind erfolglos geblieben (Urteil des [X.] vom 5.4.2007; Urteil des [X.] vom 8.12.2010). Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die beantragte Feststellung von [X.] zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz einschließlich der erzielten Arbeitsentgelte. Er erfülle nicht die ausdrücklich in § 1 Abs 1 [X.] genannten Tatbestände. Auch sei der Kläger nicht aufgrund einer Verwaltungs- oder Rehabilitierungsentscheidung in das Versorgungssystem einbezogen worden. Ebenso wenig sei er Inhaber einer fingierten [X.]. Dabei könne offen bleiben, ob der Senat der diesbezüglichen Rechtsprechung des [X.] folge. Denn die höchstrichterlich aufgestellten Voraussetzungen für eine fiktive Zugehörigkeit zum System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz lägen nicht vor. Zwar erfülle der Kläger als "Ingenieur" die persönliche Voraussetzung und sei am Stichtag 30.6.1990 als "Leitkraft Chefmontage Ausland" bzw "Inbetriebnahmeingenieur" im Rahmen seines Berufsbildes tätig gewesen. Zu diesem [X.]punkt sei er jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Der [X.] sei kein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen. Der Begriff des [X.] erfasse nach der Rechtsprechung des [X.] nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt hätten. Die industrielle Serienproduktion müsse dem Betrieb das Gepräge gegeben haben. Dies sei hier nicht der Fall. Der "ubw-Bericht" vom 25.6.1990, der das Unternehmen analysiert und bewertet habe, unterscheide zwischen folgenden Sparten: [X.] einschließlich frei programmierbarer Steuerungen (im Folgenden [X.] 1990: 161 [X.]), [X.] (68 [X.]), Kraftwerksautomation (71 [X.]), Industrie- und Stromverteilungsanlagen (38 [X.]) und eigene Erzeugnisse (70 [X.]). Letztere Sparte falle gegenüber den anderen minder ins Gewicht. Danach stelle sich der [X.] als Industrieausrüster der Investitionsgüterindustrie dar. Diese Beurteilung werde gestützt durch die [X.] und [X.] 1990 (in [X.] M-[X.]). Hierbei werde zwischen der Produktgruppe "Anlagen" und der Produktgruppe "Produkte" differenziert. Zur Produktgruppe "Anlagen" zählten [X.], Tagesanlagen, Energieverteilung, Brikettfabriken, Beleuchtung, Steuerung und Regelung, [X.] (Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik) Kraftwerke, [X.] Wasseraufbereitung, [X.] Chemie, [X.] Speziallösungen, [X.] Siloanlagen, [X.] Brauereien, [X.] Glasindustrie und sonstige Industrieanlagen. Der gesamte [X.] dieser Produktgruppe sei mit 310,7 [X.] - beispielhaft für das Absatzgebiet in der [X.] - angegeben worden. Zur Produktgruppe "Produkte" gehörten [X.], transportable Umspannstationen, Pumpensteuerungen, [X.], Zentraleinrichtungen [X.], frei programmierbare Steuerungen für [X.] und "sonstige Niederspannung". Der gesamte [X.] dieser Produktgruppe sei für 1990 - wiederum beispielhaft für den Absatz in der [X.] - mit 60,5 [X.] angegeben worden. Die in der Produktgruppe "Anlagen" verzeichneten Wirtschaftsgüter hätten nicht zum Bereich der serienmäßig wiederkehrenden Fertigung, Herstellung, Anfertigung oder Fabrikation von Sachgütern gehört. Diese Produkte seien jeweils auf die konkreten betrieblichen Bedürfnisse der einzelnen Industrie(groß)kunden - etwa im Bereich des Braunkohletagebaus, der [X.] (Brikettfabriken) und der Braunkohleverstromung - hin entworfen und geliefert worden. Sie seien nicht nach der vom [X.] geforderten "fordistischen" Produktionsweise in großen Massen für einen anonymen Markt in gleicher Ausführung und Beschaffenheit hergestellt worden wie dies im Bereich der Leichtgüterindustrie für Bedarfe in privaten Haushalten typisch sei. Dies möge allenfalls - in Teilen - auf die Produktgruppe "Produkte" zutreffen. Diese habe indes einen deutlich weniger gewichtigen Teil der Wertschöpfung des Betriebes dargestellt und ihm daher nicht das Gepräge gegeben. Die vom Kläger für eine standardisierte Fließfertigung angeführten Beispiele stellten sich lediglich als Teilefertigung für Vorprodukte dar. Diese innerbetriebliche Fertigung häufig und vielseitig verwendbarer Montageteile und deren typische Bestückung in elektrotechnischer Hinsicht sei eine dem jeweiligen Endprodukt nach Tiefe und Breite vorgelagerte Hilfstätigkeit. Der [X.] sei schließlich auch kein gleichgestellter Betrieb gewesen.

7

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 1, 5, 8 [X.] sowie der §§ 103, 128 SGG. Hierzu trägt er im Wesentlichen vor: Das [X.] habe den Begriff "Produktionsbetrieb" iS des § 1 Abs 1 der [X.] ([X.]) zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe (VO-[X.]) vom [X.] (GBl [X.]) falsch verstanden und damit gleichzeitig § 1 Abs 1 [X.] verletzt. Stelle ein Betrieb Bauteile im Wege industrieller Massenproduktion selbst her, könne nach dem Urteil des [X.] vom 19.7.2011 ([X.] RS 7/10 R - [X.]E 108, 300) auch der Zusammenbau dieser Teile zum fertigen Produkt seinerseits Teil der industriellen Produktion sein. Dies werde stets der Fall sein, wenn diese Produkte ihrerseits massenhaft hergestellt würden und ihr Zusammenbau mehr oder weniger schematisch anfalle. Danach habe das [X.] zu Unrecht die im [X.] vorgenommene innerbetriebliche Fertigung von Montageteilen bei der Bewertung des Betriebes als Produktionsbetrieb unberücksichtigt gelassen. Der Bezug zur industriellen Massenproduktion entfalle beim Zusammenbau massenhaft hergestellter Einzelteile nach dem [X.] nur dann, wenn individuelle Kundenwünsche, wie der zusätzliche Einbau von besonders gefertigten Teilen oder der Bau eines zwar aus standardisierten Einzelteilen bestehenden, so aber vom Hersteller nicht vorgesehenen und allein auf besondere Anforderung gefertigten Produkts, in den Vordergrund träten. Derartige Feststellungen habe das [X.] aber nicht getroffen. Angesichts dessen entbehre die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Produktgruppe "Produkte" gegenüber der Produktgruppe "Anlagen" im [X.] einen deutlich weniger gewichtigen Teil der Wertschöpfung ausgemacht habe, der Grundlage. In diesem Zusammenhang seien die Feststellungen des Berufungsgerichts zudem widersprüchlich, weil es einerseits von den aus dem Wirtschaftsbericht übernommenen Werten des "[X.]es 1990" ausgegangen sei, diese dann aber in das Verhältnis der "Wertschöpfung", also des Ertrags gesetzt habe. Darüber hinaus habe das [X.] den Begriff der industriellen Produktion im Sinne der versorgungsrechtlichen Vorschriften auch insoweit verkannt, als es deren Vorliegen von einer Produktionsweise in "großen" Massen für einen "anonymen Markt" abhängig gemacht habe. Nach dem Urteil des [X.] vom 9.5.2012 ([X.] RS 8/11 R - Juris RdNr 23 f) könne der Zusammenbau im Wege industrieller Produktion hergestellter Teile zum fertigen Produkt seinerseits Teil der industriellen Produktion sein, ohne dass es auf eine bestimmte Stückzahl ("Kleinserie oder große Masse") ankomme. Hinsichtlich der Beschäftigung des [X.] in der [X.] vom [X.] bis 31.12.1985 beim [X.] fehle es hinsichtlich der betrieblichen Voraussetzung an jeglichen Feststellungen des [X.]. Gleichwohl habe das Berufungsgericht auch über diesen [X.]raum entschieden. Damit seien die verfahrensrechtlichen Garantien der §§ 103 und 128 SGG verletzt. Insoweit seien weder die Entscheidungsgrundlagen erkennbar noch habe sich der Kläger hierzu äußern können.

8

Der Kläger beantragt,

        

1.    

die Urteile des [X.] vom 8. Dezember 2010 und des [X.] vom 5. April 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2005 aufzuheben und

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, die [X.] vom 1. September 1979 bis 30. Juni 1990 als [X.] der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem [X.]raum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

9

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 [X.] 2 [X.] SGG). Eine Entscheidung in der Sache kann der [X.] nicht treffen, weil hierzu weitere Tatsachenfeststellungen des [X.] erforderlich sind.

Der Kläger begehrt im Revisionsverfahren, die Beklagte zu verurteilen, seine Beschäftigungszeit vom [X.] bis 30.6.1990 als [X.] zur [X.] nebst der dabei erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Ob die Beklagte die begehrten rechtlichen Feststellungen hätte treffen müssen, lässt sich ohne weitere Tatsachenfeststellungen nicht entscheiden. Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 8 [X.] 2, [X.] und [X.] 4 [X.] in Betracht. Nach § 8 [X.] [X.] hat die Beklagte als Versorgungsträger für die [X.] der Anlage 1 bis 27 (§ 8 [X.] 4 [X.]) dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach [X.] 2 aaO bekanntzugeben. Diese Mitteilung hat folgende Daten zu enthalten (vgl [X.]-8570 § 1 [X.]): [X.]en der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, das hieraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, die [X.] sowie - jedenfalls bis zum Inkrafttreten des 2. [X.]-ÄndG zum 3.8.2001 (vgl hierzu Urteil des erkennenden [X.]s vom 14.12.2011 - [X.] R 2/10 R - Juris) - alle Tatumstände, die erforderlich sind, um eine besondere Beitragsbemessungsgrenze anzuwenden (§§ 6, 7 [X.]).

Allerdings hat der Versorgungsträger diese Daten nur festzustellen, wenn das [X.] anwendbar ist ([X.]-8570 § 1 [X.] und [X.]). Den Anwendungsbereich des [X.], das am [X.] in [X.] getreten ist (Art 42 [X.] 8 [X.] vom 25.7.1991, [X.] 1606), regelt dessen seither unveränderter § 1 [X.] 1. Danach gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigung), die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme iS der Anlage 1 und 2) im Beitrittsgebiet (§ 18 [X.] 3 [X.]V) erworben worden sind ([X.]). Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten ([X.]), sodass das [X.] auch in diesen Fällen Geltung beansprucht.

Aufgrund der Feststellungen des [X.] kann nicht entschieden werden, ob der Kläger vom persönlichen Anwendungsbereich des [X.] erfasst ist, weil er am [X.] aus bundesrechtlicher Sicht eine "aufgrund der Zugehörigkeit" zur [X.] "erworbene" Anwartschaft hatte. Hierauf kommt es deshalb entscheidend an, weil der Kläger weder einen "Anspruch" iS von § 1 [X.] 1 [X.] [X.] noch eine fiktive Anwartschaft gemäß [X.] aaO innehat.

1. Der Ausdruck "Anspruch" umfasst in seiner bundesrechtlichen Bedeutung das (Voll-)Recht auf Versorgung, wie die in § 194 BGB umschriebene Berechtigung, an die auch § 40 [X.] anknüpft, vom Versorgungsträger (wiederkehrend) Leistungen, nämlich die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zu verlangen. Dagegen umschreibt "Anwartschaft" entsprechend dem bundesdeutschen Rechtsverständnis eine Rechtsposition unterhalb der [X.], in der alle Voraussetzungen für den Anspruchserwerb bis auf den Eintritt des Versicherungs- bzw [X.] ([X.]) erfüllt sind ([X.]-8570 § 1 [X.] und [X.] 54).

Ausgehend von diesem bundesrechtlichen Begriffsverständnis hat der Kläger schon deshalb keinen "Anspruch" auf Versorgung iS des § 1 [X.] 1 [X.] [X.] erworben, weil bei ihm bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes am [X.] kein [X.] (Alter, Invalidität) eingetreten war. Zu seinen Gunsten begründet auch nicht ausnahmsweise § 1 [X.] 1 [X.] [X.] eine (gesetzlich) fingierte Anwartschaft ab dem [X.], weil der Kläger in der [X.] nie konkret in ein Versorgungssystem einbezogen worden war und diese Rechtsposition später auch nicht wieder verlieren konnte (vgl dazu [X.]-8570 § 1 Nr 2 [X.]5 und Nr 3 [X.]0 f; [X.] 4-8570 § 1 [X.] RdNr 8 f).

2. Dagegen kann auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht entschieden werden, ob der Kläger "aufgrund der Zugehörigkeit" zu einem Zusatzversorgungssystem eine "Anwartschaft" auf Versorgung iS von § 1 [X.] 1 [X.] [X.] erworben hat. Der erkennende [X.] hat die Rechtsprechung des 4. [X.]s des BSG (vgl [X.] 3-8570 § 1 [X.]) zum Stichtag 30.6.1990 und zur sog erweiternden Auslegung im Ergebnis in seinen Entscheidungen vom [X.] (vgl nur [X.], 160 = [X.] 4-8570 § 1 [X.]) ausdrücklich fortgeführt. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage einer fiktiven Zugehörigkeit zum System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben auf der Grundlage des am [X.] geltenden Bundesrechts am Stichtag 30.6.1990 sind die "Regelungen" für die Versorgungssysteme, die gemäß Anlage [X.] [X.]chn [X.] des Vertrags zwischen der [X.] und der [X.] über die Herstellung der Einheit [X.] vom 31.8.1990 ([X.]I 889) mit dem Beitritt am 3.10.1990 zu - sekundärem - Bundesrecht geworden sind. Dies sind insbesondere die VO-[X.] vom 17.8.1950 ([X.]) und die hierzu ergangene [X.], soweit sie nicht gegen vorrangiges originäres Bundesrecht oder höherrangiges Recht verstoßen.

Nach § 1 VO-[X.] und der dazu ergangenen [X.] hängt das Bestehen einer fingierten [X.] von folgenden drei Voraussetzungen ab (vgl [X.]-8570 § 1 Nr 2 [X.]4, [X.], [X.] f, [X.] 60; [X.] 4-8570 § 1 [X.]), die kumulativ vorliegen müssen,

        

1.    

von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung),

        

2.    

von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung),

        

3.    

und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 [X.] 1 [X.]) oder in einem durch § 1 [X.] 2 [X.] gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

Nach den für den [X.] bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) erfüllt der Kläger die persönliche und sachliche Voraussetzung. Er ist berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen und ist am Stichtag entsprechend seiner Qualifikation tätig gewesen.

Ob der Kläger auch die betriebliche Voraussetzung erfüllt, konnte der [X.] nicht abschließend entscheiden. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des [X.] lässt sich nicht beurteilen, ob der [X.] ein VEB der Industrie oder des Bauwesens ist. Hierunter fallen nur Produktionsdurchführungsbetriebe, denen unmittelbar die industrielle Massenproduktion von Sachgütern das Gepräge gibt. Der erkennende [X.] hält auch insoweit an der Rechtsprechung des 4. [X.]s (vgl etwa [X.]-8570 § 1 [X.] f sowie [X.] 4-8570 § 1 [X.] RdNr 21 und 22) fest, was er zuletzt in mehreren am 19.7.2011, 28.9.2011 und [X.] verkündeten Urteilen (ua [X.], 300, 303; [X.] RS 8/10 R - Juris RdNr 19; [X.] RS 8/11 R - Juris RdNr 21) nochmals betont hat.

Ob der [X.] nach diesen Maßgaben sein Gepräge durch die industrielle Massenproduktion erhalten hat, lässt sich den Feststellungen des [X.] nicht entnehmen.

Nach diesen verfügte der VEB über die Sparten [X.] einschließlich frei programmierbarer Steuerungen ([X.] 1990: 161 [X.]), [X.] (68 [X.]), [X.]werksautomation (71 [X.]), Industrie- und Stromverteilungsanlagen (38 [X.]) und eigene Erzeugnisse ([X.] 1990: 70 [X.]) bzw die Produktgruppe "Anlagen" ([X.] für das [X.]atzgebiet der [X.]: 310,7 [X.] M-[X.]) und die hiervon zu unterscheidende Produktgruppe "Produkte" ([X.] für den [X.]atz in der [X.]: 60,5 [X.] M-[X.]). Aufgrund des Vergleichs der verschiedenen Sparten ist das [X.] zu dem Ergebnis gelangt, dass der [X.] kein industrieller Produktionsbetrieb sei, und hat diese Beurteilung durch die zwei unterschiedlichen Produktgruppen bestätigt gesehen. Diese Einschätzung ist für den [X.] nicht nachvollziehbar. Es ist bereits nicht klar erkennbar, inwieweit die genannten "Sparten" den aufgeführten "Produktgruppen" entsprechen. So gehört etwa die Sparte "[X.] einschließlich frei programmierbarer Steuerungen" nach dem Berufungsurteil wohl nicht zum Bereich der industriellen Produktion. Denn diese steht neben der Sparte "eigene Erzeugnisse", die nach Auffassung des [X.] offensichtlich den Bereich der industriellen Produktion kennzeichnet. Zu einem (jedenfalls teilweise) anderen Ergebnis führt dagegen eine Betrachtung der Produktgruppen. Hier sind "die frei programmierbaren Steuerungen für [X.]" der Produktgruppe "Produkte" zugeordnet, in der nach dem Berufungsurteil "in Teilen" industriell produziert worden sein dürfte.

Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, welche genauen Tätigkeiten in den genannten Sparten bzw Produktgruppen erfolgt sind. Sollten - wofür die Ausführungen im Berufungsurteil sprechen - zB in der Produktgruppe "Anlagen" Montagearbeiten angefallen sein, wäre festzustellen, ob bzw in welchem Umfang die montierten Bauteile in dem VEB selbst - oder ggf in einem anderen Betrieb ([X.] vom 19.7.2011 - [X.] R[X.]/11 R - Juris RdNr 27) - im Wege der industriellen Massenproduktion hergestellt worden sind, und ob ihr Zusammenbau mehr oder weniger schematisch angefallen ist sowie das Produkt einer vom Hersteller standardmäßig angebotenen Palette entsprochen hat. In diesem Fall wäre auch der Zusammenbau der Einzelteile zum fertigen Produkt seinerseits Teil der industriellen Produktion einschließlich des Bauwesens. Nur wenn Gebrauchtteile mit verbaut worden oder individuelle Kundenwünsche - wie der zusätzliche Einbau von besonders gefertigten Teilen oder der Bau eines zwar aus standardisierten Einzelteilen bestehenden, so aber vom Hersteller nicht vorgesehenen und allein auf besondere Anforderung gefertigten Produkts - in den Vordergrund getreten sind, wäre beim Zusammenbau der Bezug zur industriellen Massenproduktion entfallen (vgl Urteil des erkennenden [X.]s vom 19.7.2011 - [X.] RS 7/10 R - [X.], 300 RdNr 31).

An die Feststellungen des [X.], die in der Produktgruppe "Anlagen" verzeichneten Wirtschaftsgüter gehörten nicht zum Bereich der industriell serienmäßig wiederkehrenden Fertigung, Herstellung, Anfertigung oder Fabrikation von Sachgütern, ist der [X.] nicht nach § 163 SGG gebunden. Das angefochtene Urteil gibt den Sachverhalt diesbezüglich nur undeutlich an; insbesondere wird die pauschale Aussage, die Produkte würden jeweils auf die konkreten betrieblichen Bedürfnisse der einzelnen Industrie(groß)kunden hin entworfen und geliefert, nicht mit konkreten Tatsachenangaben untermauert, die eine Überprüfung des Ergebnisses des [X.] ermöglichten (vgl BSG [X.] Nr 6 zu § 163 SGG).

Zudem geht das [X.] von falschen Voraussetzungen aus, wenn es ausführt, die in der Produktgruppe "Anlagen" verzeichneten Wirtschaftsgüter seien nicht nach der vom BSG geforderten "fordistischen" Produktionsweise in großen Massen für einen anonymen Markt in gleicher Ausführung und Beschaffenheit hergestellt worden. Der [X.] hat bereits klargestellt (Urteil vom [X.] - [X.] RS 8/11 R - Juris RdNr 23), dass der versorgungsrechtliche Begriff der Massenproduktion im Sinne der [X.] auf die standardisierte Herstellung einer unbestimmten Vielzahl von Sachgütern gerichtet ist. Er ist damit in quantitativer Hinsicht allein durch die potentielle Unbegrenztheit der betrieblichen Produktion gekennzeichnet. Dagegen kommt es nicht auf das konkrete Erreichen einer bestimmten Anzahl von Gütern an, die der Betrieb insgesamt produziert oder an einzelne Kunden abgegeben hat. Ebenso wenig ist maßgeblich, welchen Anteil die Produktion des jeweiligen VEB an der [X.]-Gesamtproduktion hatte. In ihrem wesentlichen qualitativen Aspekt unterscheidet sich die Massenproduktion von der auftragsbezogenen Einzelfertigung mit Bezug zu individuellen Kundenwünschen als ihrem Gegenstück (vgl [X.], 300, 305) dadurch, dass der Hauptzweck des Betriebs auf eine industrielle Fertigung standardisierter Produkte in einem standardisierten und automatisierten Verfahren gerichtet ist (so grundlegend [X.]-8570 § 1 [X.]; [X.] vom 6.5.2004 - B 4 RA 44/03 R - Juris Rd[X.]). Es ist in erster Linie diese Produktionsweise, die den Begriff der Massenproduktion im vorliegenden Zusammenhang kennzeichnet, und die inhaltliche Gesamtbetrachtung des Betriebes, die ihn zu einem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens macht. "Standardisiert und automatisiert" in diesem Sinn ist alles hergestellt, was mit einem vom Hersteller vorgegebenen Produkt nach Art, Aussehen und Bauweise identisch ist, aber auch dasjenige Sachgut, das aus mehreren ihrerseits standardisiert und automatisiert hergestellten Einzelteilen zusammengesetzt und Teil einer einseitig und abschließend allein vom Hersteller vorgegebenen Produktpalette ist.

Das Berufungsgericht wird nunmehr zunächst die konkreten Tätigkeiten des [X.] in den jeweiligen Sparten oder Produktgruppen am Stichtag festzustellen haben. Diese müssen anschließend nach jeweils einheitlichen Maßstäben - zB Umsatz oder Ertrag - bewertet und zueinander in Beziehung gesetzt werden. Sollte sich hierbei etwa ergeben, dass die Produktgruppe "Anlagen" den Hauptzweck des Betriebs bestimmte, wird das [X.] konkret angeben müssen, wie sich der Zusammenbau der Anlagen gestaltet hat, insbesondere ob sie aus standardisierten oder individuell konzipierten Bestandteilen im oben dargelegten Sinne gefertigt worden sind. Sollte die Prüfung des [X.] ergeben, dass die einzelnen Bauteile im Wege der industriellen Massenproduktion - im VEB selbst oder einem anderen Betrieb - hergestellt worden sind, die Endprodukte dagegen individualisiert zusammengebaut worden sind, wird es zu prüfen haben, durch welchen dieser Bereiche der [X.] sein Gepräge erhalten hat. Dabei kann im Rahmen der [X.] allerdings nur die Produktion solcher Bauteile Berücksichtigung finden, die im jeweiligen VEB selbst hergestellt worden sind.

Hat der Kläger am Stichtag neben der persönlichen und sachlichen Voraussetzung auch die betriebliche Voraussetzung erfüllt, wird das [X.] weiter zu prüfen haben, ob die betriebliche Voraussetzung gleichfalls in der [X.] vom [X.] bis 31.12.1985 vorgelegen hat, in der der Kläger beim Vorgängerbetrieb, dem [X.] beschäftigt gewesen ist. [X.] wird das Berufungsgericht außerdem festzustellen haben, ob der Kläger in der [X.] vom [X.] bis 31.12.1983 in seiner Tätigkeit als Bereichsingenieur Montage ebenso die sachliche Voraussetzung erfüllt hat.

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung durch das [X.] vorbehalten.

Meta

B 5 RS 5/11 R

09.10.2012

Bundessozialgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: RS

vorgehend SG Cottbus, 5. April 2007, Az: S 5 R 365/05, Urteil

§ 1 Abs 1 S 1 AAÜG, § 8 Abs 2 AAÜG, § 8 Abs 3 S 1 AAÜG, § 8 Abs 4 Nr 1 AAÜG, Anl 1 Nr 1 AAÜG, § 1 ZAVtIV, § 1 Abs 1 ZAVtIVDBest 2, § 1 Abs 2 ZAVtIVDBest 2

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 09.10.2012, Az. B 5 RS 5/11 R (REWIS RS 2012, 2531)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2531

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